Kein Grote am Millerntor

Kein Grote am Millerntor

Es ist ein altes Lied oder Leid: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen.
Und seine Fans oftmals auch nur bedingt.
Dementsprechend ist es leider Fakt, dass sich der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) als Fan (und Vereinsmitglied) des FC St.Pauli bezeichnet. Seine Rolle (nicht nur) beim G20 sollte bekannt sein, die permanenten Repressionen seitens der Hamburger Polizei gegen Fußballfans in Hamburg ebenfalls.

Dementsprechend gibt es immer mal wieder ein vernehmliches Murren, wenn sich die Beziehung Grote/FCSP irgendwo öffentlich abbildet. Sei es durch Stadionbesuche, Freikarten, die Idee eines Vereinsausschlusses oder zuletzt im Februar bei einer Podiumsdiskussion.

Am kommenden Donnerstag bittet der eingetragene Fanclub „fairnetzer.1910“ erneut zu einer Podiumsdiskussion, erneut ist Andy Grote zu Gast. Der aktuell ebenfalls nicht gerade als leuchtendes Vorbild geltende Dr.Rainer Koch ergänzt das Podium, zusätzlich dürfen Jonas Bold (HSV, Nebenrolle bei Football Leaks), Oke Göttlich (FCSP), Gerhard Delling (NDR) und Annika Rittmann (Fridays for Future) Platz nehmen. Fanvertreter fehlen hingegen leider völlig.
Das Thema des Abends ist mit „Unser Fußball braucht neue Werte“ durchaus interessant, der Eintritt ist frei.
Andy Grote ist als Vereinsmitglied und Fan neben Innensenator auch noch Sportsenator – wo zur Hölle ist also das Problem?

Siehe oben, unter den Links ist das alles nachzulesen. Insbesondere seine Rolle als Innensenator beim G20 und dem wiederholten Verhalten der Hamburger Polizei gegen Fußballfans sind hier die Punkte, die sein Erscheinen bei so einer Podiumsdiskussion alleine schon fragwürdig erscheinen lassen. Der große Unterschied zum letzten Termin im Februar, als man das eher noch mit der Faust in der Tasche grummelnd ignorierte, ist dieses Mal der Veranstaltungsort.
In der Südtribüne, bekanntlich Fankurve und Heimat der Ultras soll es jetzt also stattfinden. Auch wenn es sich natürlich „nur“ um den Ballsaal handelt, ein Affront den (nicht nur) USP dann auch nicht mehr zähneknirschend ausblenden kann. So kam es heute auch zu einer ausführlichen Stellungnahme seitens USP, in der weitere Details nachgelesen werden können, der Magische FC schließt sich an.
Mit dem üblichen Augenzwinkern sei auch die Stellungnahme der G.A.S. durch den weltbesten Pressesprecher Frank Leitermann erwähnt:

Wie schon im Text von USP erwähnt, geht es hier nicht darum, den Fanclub oder die dortigen Aktivitäten zu verurteilen. Wir sollten froh sein über jeden Fanclub, der über die Pflicht der Beitragszahlung und das Recht der Ticketbestellung hinaus weitere Aktivitäten durchführt, noch dazu mit solchem Aufwand.
Auch in der Vergangenheit kam aus dem Kreis der fairnetzer.1910 durchaus Geld für sinnvolle Dinge, insbesondere in Fanzusammenhängen.

Allerdings muss hier auch ein klares Zeichen dafür gesetzt werden, dass Andy Grote in unserem Stadion nicht erwünscht ist. Wenn der Verein ihn in seiner politischen Funktion meint einladen zu müssen, ist dies eine Sache… die müssen wir nicht gut finden, aber notfalls akzeptieren. Wenn Fanclubs ihn ohne Not einladen, noch dazu zu Themen, in denen er aufgrund seiner Handlungen der letzten Jahre einfach denkbar ungeeignet erscheint, so ist dies zwar zunächst mal deren Sache, kann dann aber entsprechend auch ein Echo erzeugen.

USP schreibt folgendes:

Wir bedauern, dass wir die Organisatoren vor Herausforderungen stellen. Grundsätzlich begrüßen wir es, wenn Fanclubs und Initiativen Diskussionen über Werte im Fußball anregen. Aus den dargelegten Gründen wünschen wir uns in diesem Fall von den Veranstaltern dennoch, wahlweise die beiden genannten Personen auszuladen oder den Veranstaltungsort zu verlegen.
Sollte sich keine Lösung abzeichnen, rufen wir alle dazu auf, die Veranstaltung entsprechend zu begleiten.

Zunächst der Blick auf die Forderungen: Eine Ausladung von Koch könnte man aufgrund der aktuellen Vorwürfe gegen ihn vielleicht sogar noch überlegen und auch seitens der Einladenden rechtfertigen, wobei dies dann sicher zur Folge hat, dass er auch zukünftig nicht mehr erscheinen wird (was zu verschmerzen wäre) – eine Ausladung von Grote wäre umso wünschenswerter, aus meiner Sicht aber wenig realistisch, zumal Grote bisher selten durch „Der Klügere gibt nach„-Verhaltensweisen aufgefallen ist.

Bleibt also Möglichkeit zwei, eine Verlegung raus aus dem Stadion, gesichtswahrend für alle Seiten. Ist das so kurzfristig noch möglich? Keine Ahnung.

Wenn es zur Veranstaltung im Stadion kommen sollte und die Aufforderung von USP „die Veranstaltung entsprechend zu begleiten“ in die Tat umgesetzt wird, dürfte es nur Verlierer geben. Was das nun konkret an Aktionen bedeutet, darf sich gerne jeder selbst ausmalen, für den Boulevard dürfte es hingegen ein gefundenes Fressen sein, um die „Aber die Ultras…!„-Diskussion neu anzufachen. Ungeachtet dessen, dass (siehe G.A.S. oder auch unser Medium) sich der Gegenwind bei weitem nicht auf USP oder „Ultras“ beschränkt.

Wir haben hier nach der (vorerst aufgeschobenen) Debatte um Cenk Sahin nun die nächste Diskussion über das Verhalten mit/in Situationen, die bei vielen anderen Vereinen kaum auftreten würden.
Hier ist allerdings weniger der Verein im Zugzwang (der zwar die Räumlichkeiten vermietet hat und in Person Oke Göttlich auf dem Podium sitzt), sondern ein Fanclub – was aus den ebenfalls oben beschriebenen Punkten natürlich auch sehr unglücklich ist.

Bleibt zu hoffen, dass diese Kuh irgendwie noch zeitnah vom Eis gebracht wird – und sich keiner am Donnerstag in seiner Abendfreizeit mehr als unbedingt nötig mit Andy Grote beschäftigen muss. // Maik

Wenn Dir gefällt was wir hier tun, findest Du hier die Infos dazu, ob und wenn ja wie Du uns unterstützen kannst.

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