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„Spieler kommen, Trainer gehen – Nur St.Pauli bleibt besteh’n!“
Wahrscheinlich nur bei wenigen Vereinen wird so inkonsequent einerseits auf Spielerkult verzichtet und gleichzeitig ab und an dann doch jemand bis zur Selbstaufgabe verehrt. Leonardo Manzi, Fabian Boll, André Trulsen, Ralph Gunesch, Holger Stanislawski – es brauchte bei uns meist nicht viel, um sich in die Herzen zu spielen, außer eben ein Mindestmaß an Einsatz und… tja, ein bisschen Vereinstreue und vielleicht ab und an einen Blick über den Tellerrand.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Die Datenerfassung von Jan-Philipp „Schnecke“ Kalla auf Transfermarkt.de geht zurück bis in die Saison 2003/04, wo er in 19 Spielen in der A-Jugend Bundesliga immerhin ein Tor erzielt hat – und sein erstes Spiel über 90 Minuten war dann auch gleich das 2:0 im Derby am 4.Spieltag. Gut möglich, dass dies dann auch das erste Mal war, dass ich ihn gesehen habe, meine Datenerfassung von Jugendspielen geht leider nicht so weit zurück.
Jedenfalls zeigt diese Seite keinen einzigen anderen Verein an, für den Schnecke je angetreten ist – und im Sinne einer guten Geschichte belassen wir es dabei, denn das neben Cordi kurze Zeit auch noch ein anderer Hamburger Verein beteiligt war, will ja eh keiner lesen.

Ich kann mich nicht an viele Artikel erinnern, die ich über den Abschied von einzelnen Spielern geschrieben habe. Tatsächlich war da mal was bei den Feuchten Bibern, ganz früher, als Carsten Wehlmanns Wechsel zum HSV ein tiefes Loch in meine Seele brannte. Ich weiß aber auch nicht mehr genau, ob das alles jugendfrei war. Und dann hab ich im Übersteiger-Blog den Abschied von Ralph Gunesch verarbeitet.
Tja, mehr war nicht, glaube ich. Und wahrscheinlich werden da auch nicht mehr viele Artikel kommen.

Also, Schnecke, dieser Text ist für Dich, bei dir mache ich nämlich eine Ausnahme.
Eine 2:0-Niederlage beim 1.FC Kaiserslautern war im Mai 2008 Dein erstes Spiel für die Profis.
Jahaha, Lautern… wir merken uns das mal,
Da warst Du aber natürlich über die U19 und die U23 schon für viele von uns ein fester Begriff. Spieler, die es aus der Jugend in die erste Mannschaft schafften – gab es damals ja noch seltener als heute. Und schon in der Folgesaison gab es dann „oben“ mehr Einsätze als in der U23.
Und seitdem warst Du immer da. Auch in der 1.Liga, immerhin fünf Bundesligaspiele, beim Derbysieg 2011 im Volkspark im Kader.
Nicht immer erste Reihe, in den letzten 3-4 Jahren dann auch mit deutlich mehr Zeit draußen als auf dem Platz, aber selbst dann immer da wenn es darum ging durch einen Wechsel auch nochmal ein Zeichen für das Publikum zu setzen. Immer mit Vollgas auf dem Platz und mit vollem Einsatz.

173 Spiele für die Profis, 132 für die U23 – unter anderem auch ein gehaltener Elfer für die U23 als Not-Torhüter. Vier Tore in der 2.Liga, das erste bei einem 3:0 gegen Union Berlin, das zweite bei einer 1:4-Niederlage auf dem Betzenberg und das letzte dann bei einem 1:1 gegen Bochum.
Das Tor aber, welches Du nach Deiner Karriere unbedingt mindestens wöchentlich als GIF auf sämtliche Social Media-Kanäle ballern solltest, ist jener Treffer im Mai 2015 auf dem Betzenberg. Jene Saison, die am letzten Spieltag in Darmstadt mit viel Drama endete, in der vorher (nach Deiner Rückkehr von einem Innenbandriss) noch Siege in Braunschweig (2:0), gegen Düsseldorf (4:0), Nürnberg (1:0) und RaBa Leipzig (1:0) geholt wurden, die uns bei der Reise in die Pfalz zum Tabellenzweiten noch geringe Restchancen ließen.
Und dann läufst Du als Kapitän auf – und in der 47.Minute gibt es vor der Gästekurve einen grausamen Fehlpass unsererseits, der von einem Lauterer so abgefälscht wird, dass Du am 16er dazwischenspritzen und den Ball mit links im kurzen Ecke versenken kannst.
Wer da noch vorm Gästeblock in der Verpflegungsschlange oder auf Klo war, dürfte bei der Rückkehr ob des erfreulichen Zwischenstandes zwar begeistert gewesen sein, sich aber bei der Schilderung des Tores dann doch ernsthaft gefragt haben, was zur Hölle ausgerechnet Du denn da vorne in der Situation gemacht hast?!
Egal, fantastisch.
Hier das GIF, Danke an Ralph G. für technischen Support. (Soll eigentlich im Browser angezeigt werden, klappt wohl aber je nach Device und Browser nicht immer, daher zusätzlich als Link)

Aber ernsthaft… wenn es um die Leistung auf dem Platz ging, würden wir hier regelmäßig (?) auch andere Spieler feiern. Tun wir aber eher nicht. Und damals, als noch Zuschauer ins Millerntor durften, da wurde der Zusatz „Fußballgott“ nach dem gerufenen Nachnamen eben nur Dir regelmäßig gewidmet.
Und das erreicht man beim FCSP nicht nur durch Leistung auf dem Platz, sondern dadurch, dass man diesen Verein liebt und lebt.

  • Nette Worte auf dem Trainingsplatz? Kann jeder.
  • Im Gästeblock (u.a.) in Leipzig aufschlagen, mit Antifascist Action Shirt?
  • Die 3.Frauen trainieren?
  • So ein Projekt wie den Friendscup auf die Beine stellen? Über Jahre? Und nicht etwa, um es effekthaschend zu vermarkten, sondern um wirklich Gutes zu tun?
  • Oder wie jetzt auch das 20359-Projekt mit Marvin Knoll?
  • Bei jedem Holocaust-Gedenktag des Fanladen dabei zu sein – unabhängig davon, ob es der Mannschaft gerade mal wieder verordnet wurde oder nicht.
  • Bei Fanclub-Turnieren oder dem Antira auftauchen – auch und gerade, wenn es nicht vom Veranstalter „angefragt“ war.
  • Sich selbst dem Erfolg der Mannschaft unterordnen, und auch wenn mal wieder ein Trainer Deine Qualitäten unterschätzt eben nicht mit dem Boulevard reden? Haben wir leider oft genug anders erlebt.
  • Und ja, auch Dein Auftritt bei unserer Monatssendung (Du meine Güte, ist das schon lange her) hat uns sehr gefallen, da freuen wir uns aber auf jeden Fall noch auf einen weiteren Auftritt nächste Saison.
  • Und ja, natürlich: Zwei von nur vier Toren in der Profikarriere gegen „die Region“! Weltklasse.

Man muss in der Karriere schon einiges richtig gemacht haben, wenn die Kollegen sich beim Verabschieden alle gegenseitig überbieten:

Nun ist es also soweit, Schnecke hat seinen letzten Auftritt als Fußballprofi am Millerntor gehabt. Und bei allem, was Corona eh an schlimmen Dingen bewirkt hat, ist (nur im Fußballkontext, selbstverständlich!) die Art dieses Abschiedes sicherlich besonders traurig.
Was wäre das für eine Verabschiedung geworden. Das ganze Stadion ein Meer von Tränen, Schnecke am Mittelkreis, Eva Kalla irgendwo im Innenraum auch mit einem Paket Taschentüchern unterwegs, YNWA-Gesänge – und stattdessen jetzt ein leeres Stadion und der Beifall von den Mitspielern und leider nur wenigen auf der Haupttribüne. Das hätte wirklich anders laufen sollen. Mit diversen Wegbegleiter*innen aus Deiner Zeit hier, 1.910 Ehrenrunden und Umarmungen, eine emotionale Rede am Stadionmikro, noch mehr Gesänge, noch mehr Umarmungen, noch mehr Tränen. Niemand traut sich zu gehen, weder auf dem Platz noch auf den Rängen, denn es würde dann eben etwas beenden, was man nicht beenden will.

Und natürlich schließe ich mich da Philipp Heerwagen an, der Tag der „richtigen“ Verabschiedung wird noch kommen. Und hoffentlich auch die „Neues von den Alten“-Meldung, dass Du Dich mit dem Verein auf eine Zusammenarbeit in neuer Rolle geeinigt hast.

You’ll never walk alone, Schnecke.
Danke für alles!

// Maik

Links:
– Fotos einer Karriere, von Ariane Gramelspacher und Antje Frohmüller (Der Übersteiger, Facebook)

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„Spieler kommen, Trainer gehen – Nur St.Pauli bleibt besteh’n!“ [Players come, managers go only St- Pauli will remain!]
There are probably not many clubs around which inconsistently try to avoid to create cult players and – at the same time – almost worship some of their players beyond the usual. Leonardo Manzi, Fabian Boll, André Trulsen, Ralph Gunesch, Holger Stanislawski – it usually doesn’t take much as a player to play themselves straight into our hearts besides a certain level of performance and … err, a little bit of club loyalty and, from time to time, a somewhat broader view.
(Cover picture by 
Stefan Groenveld)

The data about Jan-Philipp „Schnecke“ Kalla on Transfermarkt.de dates back until the season of 2003/04 in which he scored at least one goal in his 19 appearances in the squad of the U19 – his first full match of 90 minutes was the 2:0 win in the derby at matchday 4. There’s a fair chance that this was also the first time when I saw him playing. My own data record of watching youth players, unfortunately, does not date back as long.
However, this website does not show any other club for which Schnecke did ever play. And to keep it a good story, we don’t dig any further because nobody really wants to read that besides Cordi, he also played for another club of Hamburg for a very short time.

I cannot remember many articles which I wrote with regard to the farewell of players. Actually, I did write a piece for the Feuchte Biber, very early, when Carsten Wehlmann’s transfer to the HSV did burn a deep hole into my soul. I actually also don’t know if all that was G-rated. And then I tried to cope with Ralph Gunesch’s parting in the Übersteiger -Blog.
And that’s it, I think. And there won’t be many more articles to come, I suppose.

So, Schnecke, this text is for you as I make an exemption for you only. 
A 2:0-defeat at the 1.FC Kaiserslautern in May 2008 was your first appearance for the professional squad. 
Yeah, Lautern… let’s keep this in mind for now. 
But you were already a well-known player for us due to your previous U19 and U23 career. Players, who actually make it from the youth’s squads into the first team were back then even rarer than today. And already in the following season, you had more appearances in the „upper“ team than in the U23.
And ever since you’ve been there. Also in the first division, you had five appearances, at the Derby-win in 2011 you were a member of the squad in the Volkspark. 
Not always in the first row, since the last 3-4 years, you spent more time on the bench than on the pitch but even during this time you were always there when substituted, ready to make a mark for the spectators on the terraces. Always on full-throttle on the pitch, always „all in“.

173 matches for the first team, 132 for the U23 – amongst others, you also saved a penalty as an emergency-goalie in the U23. Four goals in the second division, the first one at a 3:0 win against Union Berlin, the second at a 1:4 defeat at the Betzenberg and the last one at a 1:1 draw against Bochum.
But the goal which you should really post as a GIF at least on a weekly basis on every single Social Media-Channel is the goal you scored in May 2015 on the Betzenberg. It was the season which ended with a lot of drama on the last matchday in Darmstadt, earlier (after your comeback after your torn ligament) some wins were secured in Braunschweig (2:0), against Düsseldorf (4:0), Nuremberg (1:0) and RaBa Leipzig (1:0) which let us some very small chances for our trip to the second of the division’s table.
And then you entered the pitch as our captain – in the 47th minute there was a horrible pass in front of the visitors stand from us which was then so unluckily re-directed by a player from Kaiserlautern that you could jump in between at the border of the box and score the goal with a shoot of your left foot into the shorter corner of the goal.
Whoever was still queuing for the catering or for the toilet might surely have been quite happy on their return due to the great interim result but also wondering what the fuck you were doing close to the opponent’s box in this specific situation when they got told how the goal was actually scored?!
Doesn’t matter. Fucking brilliant!
Here is the GIF, thanks to Ralph G. for the technical support. (It should technically be automatically shown by your browser, however, it’s apparently not supported by every browser so here’s also the link)

But honestly, if it’s solely about the performance on the pitch, we would regularly (?) also celebrate other players here. But we don’t. And back then, when spectators were still allowed at the Millerntor, the addition „Fußballgott“ was only dedicated to you regularly after your surname was announced.
At the FCSP, this isn’t just achieved through performance only but also because of living and loving the club.

  • Nice words on the training ground? Achievable by everyone.
  • Appear in the visitors‘ stand (amongst others) in Leipzig with an Antifascist Action Shirt?
  • Coaching the women’s third team?
  • Creating a project such as the Friendscup? For years? And not just for marketing purposes but to really do charity work?
  • Or just as recently the 20359-project together with Marvin Knoll?
  • To attend every single Holocaust-remembrance day of the Fanladen regardless if ordered to do so or not?
  • Appear at Fanclub-tournaments or the Antira – even if not „asked for“ by the organiser?
  • To subordinate oneself behind the team even when a manager underestimated your qualities and not talking to the tabloid papers? Unfortunately, we had to witness this far too often with others. 
  • And yes, also your appearance at our monthly podcast show (Holy cow, this already happened a long time ago!) was really appreciated by us but we also really hope for another appearance of yours in the upcoming season.
  • And of course: Two of only four goals in your professional career against „die Region“ [the area of Kaiserslautern]! World-class.

One has to do a lot right in one’s career when the colleagues are all trying to outdo each other at your farewells:

So it has come that Schnecke had his last appearance as a professional footballer at the Millerntor. And amongst all things that Corona has made worse (of course in a footy context only) the way your farewell happened is really saddening. 
What your farewell would have been like! The entire stadium an ocean of tears, Schnecke at the central circle, Eva Kalla somewhere in the inner section, of course also equipped with a packet of tissues, „You’ll never walk alone“ chants – but instead an empty stadium and the cheering from your teammates and a few peeps on the main stand only. This should have been so much different. With some of your former colleagues from your time with us, 1.910 laps of honour, an emotional speech at the stadium mic, more chants, more hugs, more tears. Nobody dares to leave, neither on the pitch nor on the stands because this would end something that nobody wants to end.

And of course, I join Philipp Heerwagen who stated that the day of your „real“ farewell will come. And hopefully also the „News from the elder ones“ update that you could agree on a new cooperation with our club in a new role.

You’ll never walk alone, Schnecke.
Thanks for everything!

// Maik (Translated by Arne)

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18 thoughts on “{:de}#KallaYourLife – Tschüss, Schnecke!{:}{:en}#KallaYourLife – See ‚ya, Schnecke!{:}

  1. Danke für den tollen Text.
    Spätestens bei dem Tweet von Heerwagen hatte ich die Tränen in den Augen.
    Für mich fühlt es sich wirklich so an, als würde ein Stück St Pauli gehen.
    Und irgendwie gerade auch dass wir so jemanden auch nicht mehr so schnell wieder finden werden.
    Danke Kalla YNWA

  2. Genau wegen Spielern, wie Dir, die nicht nur Teil der Spieler- und Fan- sondern vielmehr der braun-weissen Wertegemeinschaft sind und diese vorbildlich Leben, bin ich auch hier.
    1910% Identifikationsfigur!
    Schnecke, Du wirst eine große Indentifikatioslücke hinterlassen, Bin gespannt, welcher Spieler zukünftig in diese hineinwachsen wird.
    Vielen Dank für alles!!! Hoffe auf einen tollen emotionalen Abschied im Stadion mit Fans und, dass Du an Bord bleibst.
    Alles Gute,
    Alexander

  3. Mit der U-Bahn zum U18-Treffen…
    Das hat sonst auch noch niemand geschafft.
    Und zurück mit den Ragazzi dann auch wieder mit der U-Bahn und nicht mit den Teamkollegen im Auto : „neenee, lass mal, ich fahre Bahn, dann kann ich mit denen noch ein Stück fahren.“
    Bester Mann!

  4. Moin moin,
    ich bin ja wahrlich kein Allesfahrer, bei jenem Spiel in Kaiserslautern war ich aber tatsächlich dabei, auch wenn mir die Tatsache, dass Schnecke da eines seiner viel zu raren Tore geschossen hat, nicht mehr präsent war.

    Hach …
    PilsDieb

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