„Das Herz von St. Pauli“ wird am Samstag nicht am Millerntor laufen. Damit trifft der FC St. Pauli die einzig logische Entscheidung und ruft zu weiteren Diskussionen auf.
(Titelfoto: Stefan Groenveld)
Ein Kommentar von Tim
„Scheiße, das hätte ich lieber nicht gewusst!“ – Reaktionen wie diese gab es seit vergangenem Montag etliche, wenn man darüber sprach, wie Fans des FC St. Pauli zu der inoffiziellen Vereinshymne stehen. Nun weiß man es aber, und ja, das ist scheiße, denn es bedeutet für viele, dass dieses Lied nicht mehr tragbar ist.
Was ist passiert? Das FC St. Pauli-Museum hatte sich vergangenen Montag in einer Podcastfolge mit den Ursprüngen des Liedes „Das Herz von St. Pauli“ befasst. Das Lied läuft in der Version von Phantastix & Elf seit rund 20 Jahren vor fast jedem Heimspiel im Stadion und ist in dieser Zeit ein festes und von vielen geliebtes, lautstark mitgesungenes Stadionritual geworden.
Wie der Verein heute bekanntgab, wird das Abspielen des Songs vorerst ausgesetzt, eine wissenschaftliche Dokumentation zum Lied und dem Urheber des Textes ist in Arbeit. Gemeinsam mit Fanladen und FC St. Pauli Museum ist eine Veranstaltung in Planung, in der die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert werden sollen. „Erst danach soll es eine endgültige Entscheidung über den Umgang mit dem Lied geben.“
Texter Ollig mit kritscher NS-Vergangenheit
Nun ist aber vor allem die Vergangenheit des Texters des Liedes, Josef Ollig, kritisch zu betrachten. Ollig hatte als Kriegsberichterstatter während der NS-Zeit menschenverachtende Texte verfasst, war bereits vor der Machtübernahme der Nazis für ein kritisch zu betrachtendes Medium aktiv. Auch Hans Albers (mit ihm als Sänger wurde das Lied Mitte der 50er populär) und Michael Jary (Komponist) machten während der NS-Zeit Karriere, standen auf der „Gottbegnadeten-Liste“ von Goebbels.
Ja, der letzte Absatz ist genau das, wozu man „Scheiße, das hätte ich lieber nicht gewusst!“ sagen kann. Allerdings: Wir wissen es nun.
Denn mit diesem Wissen erscheint das Lied für viele in einem anderen Licht, kann nicht mehr ohne grummelnden Magen vor dem Spiel mitgesungen werden. Auch dann noch, wenn es für eine*n selbst gelingen mag, dass man Werk und Künstler voneinander trennt. Denn das Lied dürfte heutzutage vor allem mit dem FC St. Pauli assoziiert werden, weniger mit Hans Albers, noch weniger mit Jary und Ollig. Entsprechend würde es nun für die Werte des FC St. Pauli stehen. Und damit für etwas völlig anderes als das, was vor allem Ollig während der NS-Zeit tat.
Meinungen in der Fanszene gehen weit auseinander
Das Problem: Man kann so argumentieren und für sich selbst entscheiden, dass man trotzdem „Das Herz von St. Pauli“ weiterhin voller Leidenschaft mitsingen kann. Das ist auch keineswegs verwerflich. Allerdings geht es nicht allen so. Viele dürften Bauchgrummeln haben, stehen diesem Lied nicht mehr so unvoreingenommen gegenüber. Weitere lehnen es kategorisch ab. Gute Argumente gibt es für alle diese Sichtweisen. Und es gibt in dieser Diskussion vielleicht kein Richtig und Falsch. Eine Lösung muss trotzdem gefunden werden.
Bei der Entscheidung, ob „Das Herz von St. Pauli“ weiterhin im Stadion laufen soll, muss man aber alle Seiten berücksichtigen und vor allem muss man Rücksicht auf alle Seiten nehmen. Es mag sein, dass man selbst mit dem Lied weiterhin fein ist, für sich diese Trennung hinbekommt. Was aber ist mit jenen, die das nicht möchten und/oder können? Sind die egal? Sicher nicht. Ein Lied, welches so prominent vor den Spielen des FC St. Pauli läuft, sollte niemanden ausschließen. Es soll ein Lied für alle Fans des FC St. Pauli sein. Klar, es wird immer unterschiedliche Geschmäcker geben, es gibt sicher kein Lied, auf das sich alle einigen können. Aber hier geht es nicht um den Geschmack, sondern darum, dass man nicht Textzeilen aus der Feder und dem Kopf von Josef Ollig singen möchte (egal, ob sie etwas anderes aussagen, als das, was Ollig während der NS-Zeit geschrieben hat). Schon gar nicht, wenn man die Wahl hat.
Was wir zudem auch nicht vergessen sollten: Es gab auch ein Spieltagserlebnis vor dem Abspielen des jetzt diskutierten Liedes. Es ist nicht so, dass wir dieses Lied seit Mitte der 80er spielen und der FC St. Pauli ohne gar nicht denkbar wäre. Rituale sind lieb gewonnene Gepflogenheiten, viele Menschen haben Probleme mit Veränderungen – und doch sind Veränderungen auch immer Chancen, etwas Neues und vielleicht sogar Besseres zu schaffen.
FC St. Pauli ruft zu weiterer Diskussion auf
Der FC St. Pauli hat nun entschieden, dass das Lied vorerst nicht am Millerntor gespielt wird und appelliert dabei, dass man die Diskussionen dazu unbedingt weiterführen soll. Denn es ist wichtig, dass möglichst viele in der heterogenen Anhängerschaft das Vorgehen nachvollziehen und den weiteren Verlauf mitbestimmen können – nur so kann man eine hohe Tragfähigkeit für diese und kommende Entscheidungen in der Sache erreichen. Wie man verantwortungsbewusst zu diesem Thema diskutieren kann, zeigte sich, bis auf wenige Ausnahmen, auch unter den beiden Artikeln, die wir letzte Woche zu dem Thema veröffentlicht haben (hier und hier).
Klar ist auch, dass nicht alle die jetzige Entscheidung mittragen werden. Es wird viele Leute geben, die diese Entscheidung und bereits die geführte Debatte nicht nachvollziehen können. Diese gilt es abzuholen, sie in die Diskussion mit einzubeziehen. Es wird aber sicher auch einige Leute geben, die bereits zu diesem Zeitpunkt erklären werden, dass das nun „nicht mehr mein Pauli ist“, angedrohter Vereinsaustritt inklusive. Wenn das „mein Pauli“ so sehr an diesem Lied hängt – welches ja nicht für den FCSP geschrieben, sondern vom FCSP irgendwann vereinnahmt wurde – und man aufgrund dieser Diskussion so drastisch reagiert, dann ist das vielleicht auch ganz gut so. Denn „mein FC St. Pauli“ ist genau das, was er jetzt ist und in dieser Sache auch sein muss: Ein Verein, der verantwortungsvoll mit so einem sensiblen Thema umgeht und auf Mitbestimmung setzt.
Es wird ganz sicher komisch werden, wenn es nun gegen Freiburg kein „Herz von St. Pauli“ zu hören gibt. Aber irgendwie ist es auch cool. Denn was jetzt kommt, ist aktuell völlig unklar. Es ist ein weißes Blatt Papier. Und wenn man es richtig macht, dann dürfen wir alle was auf dieses Papier draufschreiben – und so gemeinsam unsere Vereinshymne finden. Bringen wir uns also alle ein!
// Tim
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Früher wurde eine „rockige“ Variante von You never walk alone gespielt. Was ist eigentlich daraus geworden? Gab es einen Grund, warum dieses Lied im Vorprogramm abgeschafft wurde? Könnte man das nicht als Übergangslösung reaktivieren?
Lustig, dass Du das ansprichst. Ich erinnere den Grund nicht mehr genau, meine, es hätte etwas damit zu tun gehabt, dass das Lied in anderen Stadien auch gespielt wurde. Ich weiß aber noch, dass der Unmut unter uns Fans damals sehr groß war und sich Initiativen gegründet haben, bei Never Walk Alone zu bleiben. Einige Spiele lang wurde es dann auch noch von uns gesungen, aber eben nicht mehr vom Band gespielt. War also auch damals so, wie Tim anspricht: Veränderungen werden Häufig erst mal negativ gesehen.
Das war die Version von den Rubbermaids, wo glaube ich auch ein Spieler mitgesungen haben. Das lief in den 90ern auf jeden Fall immer vor dem Spiel. In den 80er war ich grad erst geboren, und weiß es nicht.. Die langsame Version von Gerry & The Pacemakers lief so weit ich weiß nur mal in der Halbzeit. Da sprang der Funke nie über.
Am Schlimmsten war mal der Versuch von Bela B. eine Version als neue Hymne einzusingen. Hier hat der Verein damals einfach topdown entschieden und das ging mächtig nach hinten los. Muss auch Ende 90er/ Anfang 2000er gewesen sein.
Das Herz von St.Pauli erschien dann auf der Platte „Der FC St.Pauli ist schuld…“ vom Fanladen. Und es dauerte noch ne ganze Weile bis das vor dem Spiel gespielt wurde.
In die gleiche Zeit fällt auch die „Stille“ ca 10 min vor dem Spiel. Das ist auf Fanforderung so eingeführt worden um das „Warmsingen“ und „Einheizen“ vor Anpfiff zu verbessern.
wer genauere Daten/Hinweise hat, immer raus damit
Finde den Kommentar kann man getrost löschen. Wer die Bücherverbrennungen der Nazis mit einer möglichen Änderung der Stadion-Beschallung gleichsetzt, der relativiert den Nationalsozialismus auf ziemlich billige Art und Weise…
Jupp, sehe ich auch so. Erledigt.
Zum jetzigen Zeitpunkt die einzig mögliche und richtige Entscheidung.
WIR sind das Herz von Sankt Pauli – nicht ein Lied. 🤎
Ich kann beide Seiten verstehen –
Wünsche mir dann darüber hinaus aber auch, dass Lieder von den Ultras, die sich einer schwierigen Sprache bedienen ‚we hate the Volkspark bas****‘ genauso diskutiert werden sollten. Ansonsten ist das Ganze ad absurdum geführt. Wenn sich Dinge bei uns im Stadion nicht wiederfinden sollen, dann zumindest mit einer flächendeckenden Konsequenz.
Der Vergleich dieses Liedes mit dem Herz von St Pauli und den Einwänden dagegen passt aus meiner Sicht zwar nicht so richtig. In der Sache aber gebe ich Dir vollkommen recht: Weder vorfahrenbezogene Kollektivbeleidigungen unserer Nachbarn („Bastards“}, noch Hass („we hate the Volkspark“} oder verfickte Gegner („Beat the fucking#“) sollten Platz in unserem Stadion haben. Peace and Love! Let’s drink a lot of Astras.
Ja.
Großes Nein hingegen zu den ersten – und letzten – Kommentaren, die ich dazu auf instagram überflogen habe. Wenn das Herz (hö hö) und Fansein und Mittragen der Werte des Vereins am Festhalten an diesem Lied hängt dann, Achtung, ich werde laut, WEISS ICH AUCH NICHT. Das haben wir immer schon so gemacht, ich will aber, irgendwann ist aber mal gut? Nein, genau das nicht und das ist für mich auch mit ein Grund, warum ich hier stehe. Also morgen im Stadion stehe und ich werde mich aufregen, wenn irgendwer es meint aus oben angeführten „Gründen“ trotzdem zu singen. Ändert aber nix an meiner Haltung. Forza!
Der Kommentar von Oke Göttlich zu der Situation ist sehr treffend und korrekt. Die „wissenschaftliche Untersuchung“ wird an der Entscheidung nichts ändern. „Entlastendes“ wird da sicher nicht rauskommen – und damit war es das. Und das ist jetzt bereits eigentlich allen klar. Mein Vorschlag: ab morgen und „für immer“. https://youtu.be/buWZqnBAUbQ?feature=shared
Danke für den Link, finde ich überraschend gut! So als Lied an sich jetzt.
Mit ginge das allerdings etwas zu schnell. Also, nicht weil ich denke wir bringen das alte Lied zurück – ich bin da klar nicht dafür, aus solidarischen und persönlichen Gründen. Zu schnelle weil der Diskussion nicht angemessen.
Dass in den Kommentaren schon wieder von „politischer Säuberung“ und „Verbrennen“ und „aber die Nationalhymne“ die Rede ist, ist zwar kacke und schmerzhaft, vielleicht aber als Teil des Prozesses… notwendig.
Ich vermute, das „Herz von St. Pauli“ ist auf Ewigkeit verbrannt. Selbst wenn es im Vereinszweck rehabilitiert wird, wird ein nicht unerheblicher Teil auch in Zukunft nicht mehr mitsingen. Das wird dann nur noch halbgar klingen und beklemmender und merkwürdiger werden. Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, aber ich glaube nicht daran.
Ohne Worte
Frag mich eh immer, was der kleine Maulwurf (Krtek, aber auch Pauli) damit zu tun hat 😉
Ich hatte es nicht anders erwartet, finde es schade, aber trage das natürlich mit. Dass man sich so damit auseinandersetzt, zeigt unter anderem, warum ich mir diesen Verein ausgesucht habe. Auch wenn andere uns dafür auslachen mögen, so sind wir nunmal!
Hatte schon länger die Idee, es einfach jedes nächste Heimspiel mit einem neuen Lied zu versuchen, bis es zu einem Konsens kommt…ich will einfach etwas singen, und bis auf DHVSP darf das gerne aus allen Richtungen kommen…irgend einen Gassenhauer, und mal sehen, wie die jeweils mitgetragen werden…fände ich richtig spannend 🙂
Danke für den guten Kommentar! Eine Rückkehr des Liedes sehe ich nur falls sich bei der wissenschaftlichen Analyse herausstellen sollte, dass sich der Texter nach dem Krieg deutlich selbstkritisch zu seiner Rolle im NS Propagandaapparat geäußert hat. Da fehlt mir allerdings der Glaube…
jawohl so ist genau richtig vom Verein und danke euch Millerntonis für die gute Einordnung der Situation. 🤎🤍❤️
Ich hoffe ja auf ein neues Lied aus der Kurve. Scheint ja in München vor kurzem auch sehr gut funktioniert zu haben.
„Es wird aber sicher auch einige Leute geben, die bereits zu diesem Zeitpunkt erklären werden, dass das nun „nicht mehr mein Pauli ist“, angedrohter Vereinsaustritt inklusive.“
Dieses gezielte Lächerlichmachen der Gegenposition ist kein schöner Argumentationsstil, um es mal zurückhaltend zu formulieren. Schade, dass ihr so etwas nötig habt.
Moin Klaus,
wenn das aus Deiner Sicht die Gegenposition ist, dann tut es mir leid. Direkt davor steht: „Es wird viele Leute geben, die diese Entscheidung und bereits die geführte Debatte nicht nachvollziehen können. Diese gilt es abzuholen, sie in die Diskussion miteinzubeziehen.“ und vorher schreibe ich: „Man kann so argumentieren und für sich selbst entscheiden, dass man trotzdem „Das Herz von St. Pauli“ weiterhin voller Leidenschaft mitsingen kann. Das ist auch keineswegs verwerflich.“ Und sowieso steht auch im Text, dass es kein richtig und falsch in der Diskussion gibt. Aus diesem Text genau diese eine Zeile rauszupicken, finde ich unfair von Dir.
Ja, ich bin überzeugt, dass es Leute gibt, die deshalb den Vereinsaustritt in Erwägung ziehen. Die sind aber für mich nicht „die Gegenposition“, sondern jene, die eventuell schlechter zum FC St. Pauli passen, als sie denken, um es mal zurückhaltend zu formulieren.
Moin Tim,
sehr gute und sachlich richtige Replik. Das ist der korrekte Ton in einer schwierigen Auseinandersetzung. Wir sollten ihn alle beibehalten.
Lieben Gruß, KMH
Wo ist denn da ein Lächerlichmachen? Das ist doch nur das Erwähnen einer Haltung, die es genau so gibt.
Tim beschreibt doch nur, was gerade tatsächlich Menschen z.B. auf Facebook schreiben. Und die bringen halt keine Argumente, sondern tatsächlich nur die 3 Sätze
Unbestritten ist aus wessen Feder es stammt.
…aber gibt es nicht diese Beispiele wo eben etwas einen negativen Part hat und durch das handeln Anderer ein anderes Licht bekommt? Ist es nicht die Ausstrahlung derer und derer Werte die es JETZT singen? …hmmm. Ja, ich tue mich schwer. Es ist dieser Gänsehautmoment wenn das Stadion ohne Musik weiter singt. Der Moment der sagt es geht los und uns durchatmen lässt. Einfach weg??? Obwohl wir alle hinter ein „kein Vergeben, kein Vergessen“ stehen?
Ja, für mich langt es tatsächlich aus, dass man sich damit beschäftigt und dem was da gesungen wird dem antifaschistischen Wert gibt den wir in ins tragen. Ein Zeichen dass wir etwas verändert haben.
Hier würde ich eigentlich gerne einen Punkt setzen und sagen Stellungnahme ENDE, aber ich mag dennoch einen Gedanken nennen, auch wenn mir der Vergleich eigentlich mjssfällt. Die deutsche Nationalhymne steht mit ihrer dritten Strophe heute für unsere Demokratie. Das obwohl sie im 3. Reich missbraucht wurde. Kann dann nicht auch eine Hymne im Stadion durch leichte Veränderungen im Text teilweise neu und antifaschistisch aufleben?
Das Problem ist doch, dass es, fernab jeder moralischen Entscheidung, nicht zu erwarten ist, dass es diesen Gänsehautmoment, bei dem das Stadion ohne Musik weitersingt, geben würde. Die Diskussion ist ja nicht final beendet, aber einfach so weiter zu machen, würde sich auch nicht richtig anfühlen.
Der Vergleich mit der Nationalhymne ist vielleicht naheliegend, aber zum einen gibt es dort ja auch keinen Konsens, zum anderen auch nicht die Situation/den Anspruch, dass dieses Lied angespielt und dann von einer Gruppe geschlossen getragen/gesungen wird. Auf dem Papier vielleicht, praktisch nicht, da es über 80 Millionen Menschen betrifft und die Gruppenzugehörigkeit in den meisten Fällen willkürlich und nicht auf Basis gemeinsamer Werte beruht, anders als es hier der Fall sein sollte. Trotzdem gefällt mir der Ansatz, das ganze etwas umzutexten, hat zwar teils schöne, aber auch sehr angestaubte und generische Zeilen, allerdings habe ich das Gefühl, dass das eine Kompromisslösung wäre, mit der sowohl die trotzige „Es bleibt alles so, wie es ist“-Bubble als auch der Rest unzufrieden wäre, nicht zuletzt, weil man sich auf einen Text einigen müsste 😀
Finde ich spannend den Gedanken, wobei ich bei der deutschen Nationalhymne im Grunde keine positiven Assoziationen habe, singe die auch nicht mit. Beim Herz von St. Pauli ist es da schon anders, obwohl ich es mir damit natürlich wieder so zurechtrücke wie es passt. Ich denke auch, dass es im Kern eher darum geht, dass man das Lied aktuell (vielleicht geht es ja in Zukunft wieder, je nach Ausgang weiterer Diskussionen und Analysen) mit den Infos, die wir jetzt haben, nicht mehr für alle tragbar spielen und singen kann. Ich gebe zu, auch ich hätte mich da morgen schwer getan, insofern bin ich dankbar, dass mir diese Entscheidung abgenommen wird.
Ich empfinde das jetzige Vorgehen als absolut richtig.
Das Thema ist extrem schwierig und komplex – wie ein Hinweis im stpauli-forum zeigt (jedenfalls für mich, der hinsichtlich solcher Details eher Kulturbanause ist).
Dort wird darauf hingewiesen, dass das Lied ja für den Film „Das Herz von St. Pauli“ komponiert wurde. Die Herstellungsleitung des Films lag bei Gyula Trebitsch und produziert wurde der Film von Real-Film, die Gyula Trebitsch und Walter Koppel gehörten.
Letztere sind beide Juden, die im Krieg entsprechende Verfolgung erleiden mussten. Trebitsch saß in Sachsenhausen, Barth und Wöbbelin und verlor seine Brüder durch den Holocaust. Er gehörte zu den Initiatoren des ersten Mahnmals zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus in Itzehoe.
Für den Film arbeiteten diese dann mit Michael Jary und Josef Ollig zusammen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass zu der Zeit sehr bekannt war, mit wem in solchen Zusammenhängen zusammengearbeitet wurde bzw. wären herausragende Nazi-Karrieren und -Überzeugungen sicher bekannt gewesen und vermutlich eine gemeinsame Arbeit aller genannten Personen schwierig.
Letztlich ist es extrem schwierig, das alles aus heutiger Sicht zu bewerten. Das gilt für die Protagonisten in der Filmentstehung und deren Zusammenarbeit genauso, wie für die Bewertung vieler Handlungen von Menschen während der Nazizeit. Die alleinige Nennung der Namen auf der Gottbegnadetenliste ist für mich da nicht ausreichend. Die war für viele auch einfach eine Möglichkeit zu überleben.
Also ist es gut, diese Diskussion weiterzuführen und auch alle möglichen Fakten zu recherchieren und zu berücksichtigen. Aktuell ist das Lied sicher nicht für das Stadion geeignet. M.E. kann das am Ende einer möglichst offenen (auch ergebnisoffenen) und sachlichen Diskussion so bleiben oder auch anders aussehen. Ich finde jedenfalls gut, dass wir uns diesem Thema stellen.
Danke für die Hintergrundinfos, wusste ich auch noch nicht!
Allerdings wurde das Lied nicht für den Film komponiert. Im Podcast wird ja eindeutig dargestellt und belegt, dass das Lied älter ist als der Film. Ich würde auch nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass die Filmemacher*innen über Olligs Kriegsberichter-Tätigkeiten Bescheid wussten. Wie hätten sie davon erfahren sollen? Nach Kriegsende wurde ja massiv gelogen, vertuscht und verdrängt.
Ein Teil der Recherche des Museums zeigt ja genau das Gegenteil:
Das Lied wurde eben nicht erst für den Film komponiert. Das ist eine der neuen Erkenntnisse.
Und ebenso hatte damals Hans Albers versucht die Urheberschaft an sich zu ziehen und so zu tun als wenn das Lied von ihm wäre.
Bitte hört den Podcast um sich hier eine Meinung zu bilden!
Ich schätze Deine Meinungen und Berichte sehr, aber in dieser Sache kann ich Dir nur in einer Aussage zustimmen:
Es wird viele Leute geben, die diese Entscheidung und bereits die geführte Debatte nicht nachvollziehen können.
Ich bin einer von diesen Leuten….. und nein, ich finde es auch nicht „irgendwie cool“.
Von cool spricht Tim doch im Zusammenhang mit dem, was nun folgt, ein neues Lied, ein eigener Gesang…Vielleicht aufgrund der aktuellen Lage „Demokratie“ von den Ärzten…mit der Diskussion über das Lied haben das Museum und der Verein auch einen demokratischen Prozess angestoßen, dieser Tage wichtiger denn je. Und besser, wir machen es jetzt selbst als es uns dann von außen zugetragen und uns Doppelmoral vorgehalten wird.
Wo du die Ärzte ansprichst:
Ich weiß noch als in Sandhausen „Schrei nach Liebe“ gespielt wurde und der gesamte Gästeblock mitgesungen hat. Das war halt auch so ein Gänsehautmoment.
Vielen Dank für diese tolle und differenzierte Darstellung der Problematik zum jetzigen Zeitpunkt! Du bringst es gekonnt auf den Punkt.
Bis vor kurzem dachte ich noch, es wäre gut, das Lied mitsamt dem Ritual bewußt zu vereinnahmen und mit den aktuellen Werten des Vereins und der Fangeneinschaft zu „kapern“.
Dennoch würde wohl ein komisches Bauchgefühl bleiben.
Es nun erst mal auszusetzen finde ich einen guten Weg, es mal anders zu probieren und uns allen Zeit zu geben. Veränderungsprozesse und selbstkritisches Hinterfragen, noch dazu in Verbindung mit dem eventuellen Verabschieden oder Verändern von liebgewonnenen Traditionen, geht nicht von heute auf morgen.
Vielleicht wäre es auch gut, in dieser „Probezeit“ nicht nur was wegzulassen, sondern gleich gute Gegenvorschläge zu machen.
Anfangen könnte man z.B. mit Thees Uhlmann „Das hier ist Fußball“.
🤎🤍❤️
Einfach weil mir der Gedanke seit dem letzten Kommentar so sehr gefällt und ich „Das hier ist Fußball“ als Stadionlied nicht gelungen finde, auch wenn ich das Lied sehr mag:
„Schrei nach Liebe“. Nur solange bis der Prozess abgeschlossen ist.
Ich kann die Argumente beider Seiten nachvollziehen, bin aber selbst dafür, das Lied nicht mehr zu spielen. Gibt es nicht unzählige wunderbare Komponist:innen in den Reihen der St. Pauli Fans? Vielleicht kommt jemand von denen mit einem Knaller-Song, der für uns maßgeschneidert ist, um die Ecke?
Für morgen schließe ich mich Christoph an: Sehr gute Idee und die Mehrheit wird mitsingen können.
Ich denke auch, dass kein Lied auch keine Lösung ist. Dann haben wir schon verloren.
Danke Tim für diesen sehr guten Artikel. Ich finde es richtig, das Lied nicht mehr zu spielen. Auch wenn es wirklich schmerzt. Aber es weiterhin bei jedem Heimspiel zu singen, fühlt sich falsch an und würde auch bei mir Bauchgrummeln erzeugen.
Jetzt müssen wir halt ein neues Lied finden. Wie wäre es mit „St. Pauli leuchtet nur hier“ oder „You’ll never Walk alone“?
Als das Thema aufkam und ich erste Berichterstattungen gelesen habe, hatte ich folgendes zu sagen: „[…] im gemeinsamen Dialog Inhalt und Herkunft bewerten und daraus ableiten ob St. Pauli und die Fanszene weiterhin geschlossen Guten Gewissens dahinter stehen können. Problematik erkennen, ‚Betroffene‘ hören und besonnen mit der Thematik umgehen. Vor einer Woche noch Kranzniederlegung und im Stadion große Gedenkgeste, aber das hier ist Cancel Culture 😅 Ich finde kritische Aufarbeitung / Hinterfragen gut, fände aber sehr schade, wenn die Konsequenz die Streichung des Lieds wäre, weil für mich eines der Highlights vorm Spiel um in Stimmung zu kommen… ☺️ Reicht eben nicht nur am Spieltag bissi Antifa-Sprüche von der GG zu brüllen und wenn es um echte Aufarbeitung geht Cancel Culture zu rufen 😉✌️[…] Würd hier glaub ich zu tief gehen, wenn ich noch n Zusammenhang zur kommenden Bundestagswahl und den Groß-Demos herstelle, but iykyk. 😅🤝“ Das kann ich heute mit der aktuellen Entscheidung noch genauso unterschreiben. Ich finde es gut und richtig, dass hier eine Aufarbeitung stattfindet und das Aussetzen des Lieds ist eine logische Konsequenz.
An St. Pauli leuchtet nur hier, eventuell an der ein oder anderen Stelle mit modifiziertem Text, habe ich auch schon gedacht.
Das „Herz „, mit dem Wissen, wer der Texter war, geht mir jedenfalls nicht mehr über die Lippen. Einen anderen Text kann ich mir schwer vorstellen, es könnte nur ein blasser Ersatz sein.
Und ja, auch mir wird ein sehr, sehr lieb gewonnenes Ritual künftig fehlen. Aber da gibt es für mich leider keine andere Möglichkeit.
St.Pauli leuchtet nur hier fand ich persönlich früher ganz eingängig. Näher betrachtet geht’s mir darin leider zu viel um’s „Gesaufe“ und Alkoholismus. Aber das ist in der Tat „Geschmackssache“.
Deswegen schrieb ich, dass der Text modifiziert/der veränderten Sichtweise angepasst werden sollte. Mir ist es auch zu „alkoholisch“. Und ich bin durchaus ein Freund von gepflegtem Bier, schmackhaftem Wein und gutem Whisky. Besingen mag ich meine Laster aber eben nicht (mehr).
Sehr schöner Kommentar Tim!
Ich kann mir zZ nur sehr schwer vorstellen, dass das Lied jemals wieder gespielt wird am Millerntor.
Ich glaube einfach das Lied ist jetzt verbrannt – auch wenn das schade ist.
Es wird wahrscheinlich immer Fans geben, die sich nicht mehr damit identifizieren können (ich gehöre vermutlich dazu) und es sollte niemand ausgeschlossen werden, nur weil es „Tradition“ ist.
Gerade dafür steht der FC St. Pauli nicht.
Sollte es jetzt Menschen geben, die wütend austreten und HSV Fan werden (wie teilweise angekündigt auf Insta), so be it.
Die waren vermutlich sowieso nie Fan.
Klar war der Stadionchor vor jedem Spiel immer ein Gänsehaut Moment, aber ein Lied macht nicht aus was und wofür der FC St. Pauli ist und steht.
Ich finde es wirklich erschreckend was für Kommentare vor allem bei Social Media zu dieser Thematik von „Fans“ abgegeben werden, mit teils irrwitzigen Vergleichen bishin zu Nazirelativierungen.
Irgendwie habe ich gedacht – wohl mehr Wunsch als Realität – wir wären doch irgendwie anders und zu einer anderen Diskussionskultur fähig (hier blieb es ja zum großen Teil sehr gesittet und respektvoll).
Ich war schon vor dem Herz von St. Pauli im Stadion und werde es auch danach sein. FORZA 🤎🤍❤️
Hannes, was ist für dich denn dann ein ‚richtiger Fan‘ ? Ich frage aus dem Grund, weil wenn es per deiner Definition nur Menschen sind, die sich uneingeschränkt den Werten unseres Vereins entsprechend verhalten, muss ich dich leider mit der bitteren Realität unserer Kurven konfrontieren: das Verhalten ist nach wie vor übergriffig von sehr sehr vielen Männern, Sexismus rules, schwieriger Sprache wird sich bedient etc. Das wird ja (zum Glück) auch immer wieder im Magischen FC Blog thematisiert. Der take war im letzten post diesbezüglich: hinter den (unseren) Werten kann man sich vermutlich auch sehr viel besser verstecken. Ich glaube einfach, dass man immer ein anderes Bild von Menschen hat die zu unserem Verein gehen, aber am Ende ist es genau der Durchschnitt der Gesellschaft, den man sonst auch findet. Ich hätte als Frau auch lieber Stadion als Safe Space, aber davon sind wir leider Lichtjahre entfernt.
Liebe Pauli, vielen Dank für deine Antwort.
Ich habe aber bewusst nicht von „richtiger Fan“ geschrieben, weil ich diesen Terminus nicht gut finde.
Ich glaube auch, dass ich keine Definition für das Fansein dargelegt habe, falls du das aus meinem Kommentar rausliest, sind meine Formulierungen wohl etwas missverständlich.
Mir ging es hauptsächlich darum, dass ich dachte bzw. gehofft hatte, wir wäre zu einer besseren Diskussionskultur fähig.
Beim Anstehen zum Einlass beim Spiel gegen Augsburg standen hinter uns drei mittelalte Herren, die sich darüber unterhielten wie sie bei längeren Autofahrten in Punicaflaschen pinkeln und diese dann bei Rastplätzen auf die Picknicktische stellen.
Ebenso habe ich mitbekommen, wie einige Reihen vor mir beim Verteilen der Kein Vergeben kein Vergessen Choreo von einigen der Kommentar kam „es wäre doch jetzt auch mal gut damit“ und „irgendwann muss es doch mal reichen“.
Da gab es glücklicherweise sofort vehemente Gegenrede von den Umstehenden.
Das unser Stadion (noch)kein Safe Space ist, weiß glaube ich jeder (leider).
Trotzdem hoffe ich es wird, zumindest nach und nach, besser.
Nachdem ihr mir mit eurem ersten Artikel die Schneeschaufel ins Gesicht gehauen habt, habe ich sehr mit mir gerungen, wie ich mit dem Thema umgehe.
Mittlerweile hat sich mein Standpunkt verfestigt:
Ich würde mir wünschen, dass wir das Lied weiter singen.
Alle zwei Wochen sollte sich ein gigantischer Mittelfinger gehn Himmel erheben und knapp 29.546 Kehlen sollten Ollek und Bollek klar machen, dass das Herz von St. Pauli jetzt unsere Heimat ist. Das weder der Verein, noch der Stadtteil irgendetwas für ihre menschenverachtende Scheiße übrig haben und dass wir jetzt eben auch ihr verdammtes Lied okkupiert haben und sie jetzt bitte kacken gehen sollen.
Zudem würde ich mir wünschen, dass genau dies vom Stadionsprecher oder der Stadionsprecherin vor dem Abspielen des Liedes verdeutlicht wird. Ich würde mir wünschen, dass man für das Lied einen Rahmen schafft, in dem wir stolz darauf sein können, dass wir von den Nazis nicht nur den Stadtteil und die Nordkurve, sondern auch dieses Lied erobert haben und das es mittlerweile eben für die Weltoffenheit und Vielfalt steht und nichts mehr mit den kranken Gedanken seiner Schöpfer zutun hat.
Aber das ist halt eben meine ganz persönliche Art mit solchen Dingen umzugehen und ich weiß, dass es viele gibt, die anders mit so etwas umgehen.
Und darum finde ich es auch o.k., wenn das Lied nicht mehr gespielt wird. Ich habe wie gesagt keinen Bock darauf ein Lied zu grölen, während mein Nebenmann oder meine Nebenfrau ein blödes Gefühl dabei hat.
Eins muss ich zu dem Thema aber noch loswerden:
Ich finde es so geil, wie wir hier dieses Thema diskutieren. Ich habe gestern mal in die Kommentarspalten der sozialen Medien geguckt und das ist ja so krass, wie schnell einem da die kalte Kotze hoch kommt.
Hier dagegen gibts zwar verschiedene Meinungen, es wird kontrovers diskutiert, aber man geht respektvoll miteinander um. Und genau das macht mich gleich noch ein bisschen stolzer zu diesem Verein zu gehören.
Danke Mario. Ziemlich so ähnlich genau geht es mir auch. Ich kann es aktuell nicht besser formulieren.
Und morgen dann „Schrei nach Liebe“
objektiv betrachtet ist es die richtige Entscheidung und das Lied wird so auch niemals wieder bei uns gespielt werden. Und bitte, bitte nicht wieder „YWNWA“ als Ersatz. Das Stück ist mMn ziemlich totgenudelt, da sollte uns doch was besseres einfallen. Irgendwo wurde „Bella Ciao“ als Vorschlag angeführt und das fände ich schon mal wesentlich interessanter. Optimaler wäre aber wohl was komplett Neues- etwas worauf sich auch die „Mehrheit“ drauf einlassen könnte. Letztendlich ist „Das Herz…“ auch nur ein Lied, auch wenn ich es morgen sicherlich schmerzlich vermissen werde. Viel wichtiger ist aber weiterhin eine stabile, antifaschistische Haltung mit allen daraus zu ziehenden Konsequenzen. Gerade in diesen düsteren Zeiten.
der Schritt jetzt erstmal ein Stoppzeichen zu setzen und in die Diskussion zu gehen, spricht total für uns. jeder der jetzt darauf reagiert mit irgendeinem ätzenden Getrolle a la „irgendwann ist auch mal gut“, der soll sich bitte gehackt legen und überlegen, ob er die Werte des FC St. Pauli und seiner Fanszene auch wirklich verinnerlicht hat.
Manche Dinge werden einem erst bewusster, wenn man sie hinterfragt und wenn man mal in die Tiefe geht. Sonst hätte es nie eine Aufarbeitung um Wilhelm Koch gegeben oder das Mitläufertums während der Nazizeit. Und als Torjubelmusik würde vielleicht immer noch Richard Wagners Walkürenritt (unfassbar eigentlich, dass das jemals lief) gespielt…
Sehr richtige Entscheidung. Wenn das Lied auf irgendeinem Vereins-Sampler wäre- geschenkt. Aber in der aktuellen „Anwendung“ funktioniert es nur, wenn alle dahinter stehen. Es gibt gute Gründe, das Lied nicht mehr zu singen, und es ist nicht verwerflich, wenn man das für sich anders beurteilt. Aber da nun ein nicht unerheblicher Teil sich sehr unwohl fühlen wird, wenn das Lief läuft (mich eingeschlossen), ist es gut, das Kapitel zu beenden und etwas neues zu beginnen. Mein Vorschlag: „St.Pauli“ von Jan Delay. Komplex zu singen, aber wenn alle den Text drauf haben, kann das sehr geil sein. Und der Refrain hat ordentlich Punch! (UND WENN HIER NOCH EINER „DAS HIER IST FUSSBALL“ VORSCHLÄGT, DANN TRETE ICH AUS DEM VEREIN AUS ;-)). Danke allen, für die Diskussion zu dem Thema. Ich finde den Umgang damit insgesamt echt gut!
Endlich schreibt es mal jemand. Also das mit dem Vereinsaustritt bei „Das hier ist Fußball“
Das ist ein cooles Lied für ganz bestimmte Momente, aber vorm Spiel braucht es einen Gassenhauer.
Glaube „Das hier ist Fußball“ würde zum einen nicht gut vorm Spiel funktionieren, zum anderen tut es dem Lied glaube ich auch nicht gut, wenn’s vor jedem x-beliebigen Heimspiel gespielt werden würde
ich möchte als Ersatzlied dieses “ wir sind die Fänz Fänz Fänz von Sankt Pauli…“ von diesem Opa auf seiner Heimorgel. War mal auf dem Sampler vor geschätzt 30 Jahren. Vorher aber bitte prüfen ob der Opa vielleicht braunen Dreck am stecken hatte
Puh. So rein sachlich: alles klar, verstehe ich, mal wieder gute Diskussion und waches Bewusstsein und so. Passt trotzdem nicht zu meinem Gefühl, das nicht wahrhaben will, dass wir, dass unser Club in Zukunft auf so etwas Elementares verzichten will.
Wie aus dem Nichts ist mir gerade mein Opa eingefallen. Ich habe viel und gern Zeit mit ihm verbracht, er war ein wahnsinnig charmanter, lustiger, herzlicher Mann. Und er war ein strammer Nazi, in der Hitlerjugend, mit 17 im Krieg, danach, für den Rest seines Lebens. Ich habe das eigentlich immer gewusst, er hat kein Geheimnis daraus gemacht, und diesen Teil fand ich furchtbar, ich konnte es Zeit seines Lebens nicht verstehen (heute habe ich eine vage Ahnung, warum). Und trotzdem habe ich es geliebt, mit ihm auf die Trabrennbahn und zu Altona 93 zu gehen und auf dem Balkon mit ihm zu kniffeln. Und das steht bis heute nebeneinander und beisst sich nicht mal.
Keine Ahnung, ob die Analogie für Euch passt. Für mich irgendwie schon.
Wie alt warst Du damals? Wären/sind Deine Gefühle mit dem Wissen von heute, mit Deiner Lebenserfahrung noch immer die selben?
Ich sag jetzt mal provokativ: wenn der Verein sich stets politisch korrekt verhalten will, warum sind wir dann eigentlich immer noch im DFB? Ich zitiere das ZDF: „Eine „Stunde null“ hat es nach 1945 im deutschen Fußball nie gegeben. Beim Deutschen Fußballbund und seinen Vereinen wirkten auch Jahre nach dem Krieg noch immer ehemalige Nazi-Sportfunktionäre, frühere SS-Leute und NSDAP-Parteikader, oft in führenden Positionen. Wie Peco Bauwens, der erste Nachkriegspräsident des DFB.“
Mit anderen (meinen) Worten: wir dürfen nicht vergessen, auch nicht vergeben. Aber wir müssen auch Dinge aushalten! Wir sind das Herz von St Pauli. Das ist jetzt unser Lied!
Vielen Dank für den Bericht, Tim. Besser kann man die Kontroversität des Themas nicht auf den Punkt bringen. Ich persönlich hätte (nach langem Abwägen von pro und contra) kein Problem damit, wenn der Song weiterhin gespielt wird, glaube allerdings dass dies nicht möglich sein wird ohne viele Leute zu verärgern.
Ich hoffe, dass wir mittelfristig eine Lösung finden, es gibt ja zum Glück viele geile Songs auf diesem Planeten.
Mario: du wirfst Schrei nach Liebe in den Ring, ich werf mal „Totenkopf“ von Betontod hinterher.
Grüße Matthias „Ernie“ Bernard
Ich finde es nicht sinnvoll, ein anderes Lied (egal welches es wäre) zu spielen.
Grund: Viele werden denken, ein Lied ersetzt das andere. Das ist aber nicht der Fall. „Das Herz von Sankt Pauli“ wird vorerst aus dem Programm genommen, aber eine endgültige Entscheidung steht noch aus. Bevor diese nicht gefällt ist, sollte es keinen „Ersatz“ geben.
Die Recherche von Celina hat mich sehr beeindruckt und ich stimme zu, man kann Faschisten nicht noch nachträglich auf einen Sockel heben. Dieses Gesindel hat nach 1945 nichts bereut, geschweige denn daraus gelernt. Ich bin in der Adenauerrepublik groß geworden (seit 1964 am MIllerntor), d.h. in einem Land und einer Stadt wo Massenmörder (Polizeibataillon 101) und ähnlicher Abschaum rumliefen und unbehelligt die Geschicke in diesem Land bestimmten. Gut, dass der Verein konsequent ist und keine Relativierung zulässt.
Moin Tim,
Einfach mal ein fettes „Danke“ für diesen differenzierten Kommentar in crazy times. Vor allem auch, da Du der Situation einen positiven Spin gibst: sie ist die CHANCE auf etwas Neues.
Diese Haltung sollten wir uns antrainieren, hier ist eine gute Gelegenheit dazu.
Immer weiter voran!
Forza,
Stefan
Aufgrund der schmerzlichen Verluste am letzten Wochenende, würde ich es begrüßen, wenn wir diese mit einem You’ll never Walk alone nach der Schweigeminute verabschieden würden. Damit wäre die Zeit sinnvoll und emotional mehr als gefüllt und wir verschieben diese Diskussion um weitere zwei Wochen.
Na ja, dann hoffen wir mal dass der nächste song nicht von jemandem ist, der Antisemit ist. Oder Schlimmeres… wie man sich als Verein Baustellen aufmacht ohne Not hat man aber eindrucksvoll bewiesen. Als der Song vor ca. 20 Jahren gewählt wurde, hatte man aufgrund des Alters der Beteiligten leicht darauf schließen können, dass die während der NS- Zeit nicht unbefangen waren You’ll Never walk alone gehört Liverpool. Three Little Birds gehört nach Amsterdam und Chelsea hat auch seinen Reggae. Ich fordere Fettes Brot – Nordisch by Nature bis auf weiteres.
ich bedaure diese entscheidung sehr. und ich bedaure sehr, daß ein lied, bzw die diskussion darum, das potential hat, die anhängerszene zu spalten… ich denke, das ist, im wörtlichen sinne, noch nicht das ende vom lied…
Vorab: Ich bin bei allen, die ein ungutes Gefühl dabei haben, das Lied morgen zu singen und finde die Diskussion angebracht.
Meinung: Das Lied handelt von Ferne, von Freiheit. Es handelt von dem Herz von St. Pauli als Heimat (und da war schon zur NS Zeit was los/ wogegen die NS auch vorgegangen sind). Was ist, wenn der Texter, wie viele Künstler_innen damals, subtil, ein wenig Freiheit in die Herzen tragen wollte. Auch genau das kann aus den Zeilen gelesen werden.
Sollte der Texter so richtig tief um Sumpf gesteckt haben, dann sofort raus mit dem Ding (und NICHT ly fly her :). Sollte es jedoch so sein, dass er bewusst oder unvoreingenommen mit den jüdischen Filmemachern gearbeitet hat und ihm sonst auch eine neutrale (vll. sogar rebellische) Attitüde nachgewiesen werden kann, dann bitte, bitte lasst uns diesen wunderbaren Song von Freiheit und Ferne weitertragen.
Danke für Deine Zeilen! Besser hätte ich es nicht ausdrücken können…
Danke für die feinfühlige Kommentierung! Ganz toller Beitrag, Tim!
Ich finde es auch nicht gut dass „Das Herz von St.Pauli“ von jemanden geschaffen wurde der eine belastete Vergangenheit im 3. Reich hatte.
Und jetzt das für mich große „Aber“: Woran merkt man das denn?
Muß man nicht, sagen die Verfechter der Absetzung des Liedes, reicht, dass man es weiß.
Dann dürfen diese Verfechter aber auch nie wieder eine Note von Richard Wagner hören. Der war bekanntlich bekennender Antisemit.
AC/DC können nach eigenen Aussagen nichts mit „wokeness“ anfangen. Wird dann demnächst „Hells Bells“ auch abgesetzt?
Ein so schönes und treffendes Lied wie „Das Herz“ sollte weiter im Stadion gespielt und gesungen werden dürfen.
Ich habe ja geschrieben, dass ich das Lied auch weiter singen würde. Aber zum einen wird Richard Wagner nicht als Stadionhymne gespielt und vermutlich auch von den allerwenigsten St.Pauli-Fans gehört oder für gut befunden. Zudem ist es durchaus ein Unterschied, ob jemand „wokeness“ ablehnt oder ob er Menschen aufgrund ihrer Herkunft als Vieh bezeichnet.
Würdest Du eine Stadionhymne der Böhsen Onkelz befürworten? Das was die in den 80ern in ihren Texten geschrieben haben hatte etwa das Niveau wie die Texte des Herz von St.Pauli-Texters.
Ich glaube die meisten St.Pauli-Fans hätten sehr große Probleme damit, wenn „Auf gute Freunde“ im Stadion gespielt würde, auch wenn der Text dieses Liedes absolut unverfänglich ist.
Richtig wäre es wenn alle 50000 Mitglieder demokratisch entscheiden.
Wenn der Entscheid durch eine Minderheiten Gruppe
( bei größten Respekt des Engagement)
sich gegen eine Mehrheitsmeinung durchsetzt ,ist das nicht mehr demokratisch. Das ist dann ein autoritäres Verhalten und ist in der Handlung faschistisch und nicht Links oder mit Mitte sondern Rechts.
Bei allem Respekt: den Begriff „faschistisch“ in einem Zusammenhang zu bringen, bei dem es um das ritualisierte Abspielen eines Liedes in einem Fußballstadion geht – erscheint Dir das beim nochmaligen Lesen nicht selbst „etwas“ drüber?
Zur Abstimmung: mag ja sein, dass dies im weiteren Verlauf noch passiert. Aber ab welcher Mehrheit läuft es denn dann weiter? Schon ab 50,1%? Obwohl die Hälfte der Mitglieder es nicht will? Oder erst ab 55%? 70%? 80% 90%?
Das Lied hat immer ausgemacht, dass im Stadion „alle“ mitgesungen haben. Dies jetzt über eine Mehrheitsentscheidung erzwingen zu wollen, halte ich für wenig zielführend.
Das was passiert ist ja äußerst demokratisch. Ein Lied muss von 100% der Menschen im Stadion zumindest akzeptiert werden, um als Stadionhymne zu taugen.
Diese Akzeptanz hat „Das Herz von St.Pauli“ verloren.
Mal ein Stück weiter gedacht: Sind Teile des Liedtextes nicht auch am Mannschafts-Bus zu finden?
Ich werde das Lied vermissen…
Mein Alternativtip: „St.Pauli“ von Deine Cousine
Sind wir mal ehrlich. Durch die ganze Diskussion ist das Lied verbrannt und wird nicht nur gegen Freiburg nicht gespielt. Es wird darauf hinaus laufen, dass es das letzte Mal gegen Augsburg gespielt wurde, Ich persönlich finde es schade da für mich das Lied dazu gehört. Auch wenn der Texter mit den falschen Leuten abhing und politisch eine falsche Einstellung hatte. Der Text ist neutral und hat nichts nationalsozialistisches.
Ganz nebenbei sollte man dann auch mal auf andere Gebräuche blicken. Da wird Che Guevara „vergöttert“. Eine Person, welche Arbeitslager errichtet hat für Menschen, welche nicht seiner Ansicht waren. Der Kleinbauern im größeren Stil ermorden ließ. Der gemeinsam mit Fidel Castro Kuba zwar revolutioniert hat, dennoch das Land in den Abgrund gestürzt hat. Dann kommt noch der Totenkopf. Die Wehrmacht und einige SS-Einheiten haben diesen als Symbol verwendet (wenn auch nicht hundertprozentig von der Gestaltung her). Allein die beiden Punkte finde ich schlimmer als das Herz von St. Pauli.
Das traurige an der Geschichte ist, wie unterschiedlich die Fanszene doch inzwischen ist. Vereinsaustritt, faschistisch und co. sind schon irgendwie nicht mehr lustig wenn das ernst gemeint ist.
Sven Brux hat vor vielen Jahren mal in einem Interview gesagt, früher wusstest du, egal wo du auf der Welt bist, wenn du einen mit nem Totenkopf Shirt siehst, der denkt im großen und ganzen wie man selbst und wenn du ihn fragst lässt er dich bei ihm pennen. (So oder so ähnlich, bekomme das nicht mehr zusammen)
Und das ist mir die letzten 15 Jahre schon aufgefallen, mit vielen möchte man evt. auch nix zu tun haben. Und ja auch der Trottel der nicht unsere Werte vertritt mit St Pauli Logo im Profilbild ist im weitesten Sinne ja einer von uns, denkt halt nur komplett anders.
Im Endeffekt reden wir hier nur über ein kleinen Teil des Stadionerlebnisses und wenn das ausgetauscht wird geht für mich die Welt nicht unter. Und wenn das, nicht wie bei den meisten Vereinen, mit den Fans im Einklang geschieht um so besser. Und an alle die sich da übergangen fühlen, engagiert euch doch selber. In keinem Verein ist es so einfach etwas zu bewegen wie bei uns.
Zum Lied selbst, ich habe den Podcast nicht gehört. Vertraue da aber auf den Verein. Das was ich bis jetzt gehört habe, ich weiß nicht wie ich in der Zeit gehandelt hätte. Ein Posten außerhalb der Front wäre für mich bestimmt auch ein Ziel gewesen wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte.
Grundsätzlich sollte gelten, alle oder keiner und hier gibt es wohl zu viele die sich nicht wohl fühlen damit. Und vielleicht entsteht ja was besseres draus. War nicht damals im Rahmen der Never walk alone Bela Diskussion das Ergebnis, das die Einsingphase vor dem Spiel eingeführt wurde???
Bitte verwechsle nicht das Internet mit der Realität.
Ich weiß nicht woran es liegt, aber sobald Menschen anfangen in ein Facebook-Kommentarfeld zu tippern werden sie doof.
Und ganz ehrlich: ich habe mich im Internet auch schonmal vergaloppiert und mich anschließend geärgert.
Manchmal ist man auch schlecht drauf, manchmal ist man schlecht informiert, …, und dann schreibt man halt auch mal scheiße in dieses Internet.
Aber da draußen, da treffe ich fast nur Leute, die ich sehr gut leiden kann. Jenseits von diesem Telefon da ist die Regel von Sven Brux absolut noch in Takt. ☝️
Erst einmal danke Tim für den differenzierten Beitrag. Ihr betreibt schon wirklich einen saugeilen Blog!
Zum anderen spüre ich wirklich große Verwunderung. Ich persönlich kann nicht verstehen, welche Wellen das schlägt. Menschen drohen damit, aus einem Verein auszutreten, weil ein Lied ausgesetzt und überprüft wird? Ich habe das Gefühl, das hat dann wenig mit dem Lied zu tun. Sondern mit sehr viel tiefer liegenden Gefühlen wie der Angst vor Veränderung oder einem allgemeinen Empfinden von Ohnmacht.
Vielen Dank für den Kommentar!
Nachdem ich die Diskussionen und Kommentare hier und auf diversen Plattformen verfolgt habe, fielen mir folgende Dinge auf:
Zum einen verblüfft mich die offenbar lebenserhaltende Relevanz des gleichzeitigen Absingens eines Liedes vieler Menschen, ohne die ein Stadionbesuch nicht mehr denkbar scheint oder das Fansein direkt aufgekündigt wird („nicht mehr mein Verein“, „gehe nicht mehr hin“). Diese Meinung erhält dann schnell eine folkloristische Schlagseite („gehört dazu wie Bratwurst und Bier“). Das fällt dann wiederum oft zusammen mit einer unguten und mir aus anderen gesellschaftlichen Kontexten bekannten Ignoranz und passiven Aggressivität – in diesem Fall gegenüber all denjenigen, die sich mit dem Lied nicht mehr wohlfühlen. Nach dem Motto: Du hast ein schlechtes Gefühl bei der Sache? Pech gehabt: Wir singen trotzdem! Ein vorübergehender Verzicht auf die Hymne aus Respekt vor der komplexen Thematik und ein gemeinsames Innehalten wird direkt als Affront gegenüber der eigenen emotionalen Ausgestaltung des Stadionbesuchs gewertet. Wer den nostalgischen Hausfrieden stört, soll bitte draußen bleiben („dann bleib doch zuhause“).
Besonders interessant erscheint mir aber der eher popkulturelle Erzählstrang: Immer wieder wird argumentiert, dass Lied „gehöre“ irgendjemand oder irgendwozu (den Fans, dem Verein, dem Stadtteil etc.). Nun sind aber Lieder oder Songs fluide Konstrukte, deren Relevanz sich immer wieder neu an gesellschaftlichen Verhältnissen ausrichten, (positiv wie negativ) umgedeutet und okkupiert werden (bestes Beispiel ist z.B. die Verwendung von Musik im US-amerikanischen Wahlkampf). Sie „gehören“ eben explizit keinem. Es findet also ein ständiger Bedeutungstransfer statt und so ist es ja auch dem „Das Herz von St. Pauli“ widerfahren – und so wird es auch allen anderen kommenden Liedern im Stadion ergehen (es sei denn es sind explizit für den Gebrauch fabrizierte Stadionsongs, denen dann aber eben auch diese interessante Uneindeutigkeit abhanden kommt). Es geschieht also etwas völlig normales: Das Lied wird neu bewertet und die Rezeption dessen richtet sich neu aus. Ein Pop-Song wie „Das Herz von St. Pauli“ ist keine in sich abgeschlossene Erzählung, sondern muss offen sein für ständig neue Ausrichtungen und Lesarten. Und das schließt eben auch explizit die Distanzierung und das Verschwinden eines solchen Liedes mit ein.
Hammeranalyse 🙂
Also falls Du der gleiche Matthias bist, der unter meinem Beitrag kommentiert has, dann muss deutlich widersprechen: Du kannst es noch deutlich besser formulieren als ich.
Chapeau! Richtig gutes Kommmentar!
Ich bin der andere Matthias. Danke, Mario!
Umtexten!
Hier eine Idee für einen neuen Refrain:
St. Pauli, mein Herz, meine Sehnsucht, mein Glück,
wo die Lichter der Freiheit noch brennen.
Wie Wogen im Sturm und durch alle Gezeiten.
die Liebe bleibt tief in uns drinnen.
Was ändert das?
Bitte hört euch auch die Episode des FCSP-Museums zum Thema an (Folge 20, ab Minute 45 zum Lied, davor auch sehr spannend u.a. zum Hafenkrankenhaus).
U.a. Hier (oder auf eurer genutzten Plattform)
https://fcsp-geschichten-podcast.podigee.io/20-der-hafen
Danach erscheint das ganze nochmal in einem anderen, deutlicheren Licht. Allein Olligs Rolle in der NS-Kriegsmaschinerie ist für mich ein Grund zur Infragestellung des Abspielens des Lieds.
Genau Sebastian, bevor kommentiert wird, sollte sich die hervorragende Recherche und ganz wichtig das Verhalten dieses Liedtexters NACH 1945 im podcast angehört werden. Erst dann kann eine Meinung als seriös angesehen werden, andernfalls ist es nur blabla ohne Substanz.
Hallo Hamburg4,
kannst Du mir bitte sagen, was ich im Podcast zu NACH 1945 verpasst habe? Ich habe es mir jetzt 3 mal angehört und höre in Stichworten:
– WELT – Ressort Vermischtes dann Lokales
– Hamburger Abendblatt Lokales
– Bildbände über Hamburg
Vielleicht bin ich ja zu doof, aber meiner Meinung nach ist die Recherche zu NACH 1945 viel zu dünn.
Wie es auch sei, das Lied wird m.A. nach nicht mehr im Stadion gespielt werden. Es ist vorzeitig „verbrannt“ worden. Im Pauli-Blog lese ich ab zu dass das demokratisch entschieden werden sollte, meiner Ansicht nach funktioniert das nicht. Ein Stadionlied muss von einer überwältigenden Mehrheit getragen werden. Auch bei einer 2/3 Mehrheit würden aber 10000 Menschen im Stadion nicht mitsingen und das schließt es als Stadionlied aus.
Die Auseinandersetzung und Diskussion über den Umgang mit unserer schwierigen Vergangenheit finde ich sehr wichtig.
In der Podcast-Folge, geht es um St. Pauli und den Hamburger Hafen und im letzten Abschnitt um die Stadionhymne „Das Herz von St. Pauli“.
Celina, die abschließend sagt, dass sie das Lied nicht mehr singen kann, erklärt im gleichen Atemzug, dass sie erst am Anfang der Recherchen ist. Das denke ich auch, für mich fehlen auch detailliertere Recherchen zu Ollig. Gibt es u.U. Belege dafür, dass er, im Bewusstsein seiner zu Zeiten des NS-Regimes erstellten Texte – und ja, es sind schlimme Texte – um Entschuldigung gebeten hat?
Ollig lebt nicht mehr, also können wir ihn nicht selbst befragen. Um so wichtiger ist es auch in seinem Umfeld auch zu seinen Gunsten genau zu ermitteln. Hat er sich weiterhin im rechtsnationalen Umfeld betätigt oder dieses Umfeld unterstützt? Hat er sich um Wiedergutmachung bemüht?
Ich hätte mir gewünscht, dass die Diskussion zu einem späteren Zeitpunkt mit vollständigeren Recherchen geführt worden wäre.
Und ja, ich kann die Argumente verstehen und auch annehmen, die genannt worden sind, mir fehlen aber die Argumente, die nicht genannt (weil noch nicht ermittelt) worden sind.
Die Diskussion um das Stadionlied ist meiner Ansicht nach beendet, bevor sie angefangen hat.
Niemand glaubt daran, dass das Lied weiter Stadionhymne bleibt.
Bei der Auseinandersetzung, Diskussion und Aufarbeitung, die Oke angekündigt hat, geht es aus meiner Sicht nicht mehr um das Stadionlied, lediglich um den Umgang mit einem nach 20 Jahren ausrangierten Stadionlied.
Danke, HenningF, da stimme ich Dir in allem voll und ganz zu.
Und das finde ich das tragische und deutlich kritikwürdige an der Sache, dass durch den Zeitpunkt (inkl. Stand der Recherchen) praktisch die Entscheidung über den weiteren Umgang mit dem Lied vorweggenommen wurde.
Aber das ist jetzt natürlich die sprichwörtlich „vergossene Milch“, über die man nicht trauern soll, aber mich ärgert das dann auch nach mehreren Tagen leider doch sehr – unabhängig davon, ob die Hymne bleibt oder geht, ist die Vorwegnahme (durch den Zeitpunkt und die Art der „Enthüllung“) das, was ich an dem eigentlich interessanten und wichtigen Diskurs schlimm finde.
Positiv ist aber natürlich, dass sich nun sicherlich deutlich mehr Menschen Gedanken machen über die NS-„Altlasten“ auch nach 80 Jahren noch. Da gibt es zum Thema NS-Verstrickungen viele „interessante“ Verknüpfungen zu entdecken.
Mir reicht tatsächlich vollkommen aus, was bereits bekannt ist. Der Texter hat schon vor 1933 menschenfeindlichen Dreck geschrieben.
Wir müssen/der Verein muss nun doch überhaupt nicht zu einer abschließenden Bewertung der Person Ollig finden. Darum geht es gar nicht. Es muss nur entschieden werden, ob sich ein Song aus dieser ja wohl mindestens äußerst fragwürdigen Quelle nun ausgerechnet als Stadion-„Hymne“ eignet für einen Fußballverein, der sich antifaschistisch definiert.
In meinen Augen ist die Antwort so deutlich „NEIN“, dass jedes andere Handeln seitens der Verantwortlichen die Werte des Vereins in Frage stellen würde. Somit bleibt einzig die Frage der Vermittlung offen.
Antifaschismus ist ein zentraler Wert beim FCSP. Da ist es nur konsequent, dass wir ein Lied aus der Feder eines ehemaligen NS-Propagandisten nicht mehr singen. Auch wenn es natürlich schmerzt. Ich bin dem Sankt Pauli Museum für seine (unbequeme) Recherche dankbar! Und Danke an Oke, Patrick und Sven für die passenden Worte. Peinlich die paar Klappspaten, die gepfiffen haben, ihr könnt euch gerne verpissen. Solche Kleingeister brauchen wir nicht beim FCSP. Wir werden einen neuen, für alle passenden Song finden! Immer weiter vor FCSP!