„Siege sind durch nichts zu ersetzen“ (Ewald Lienen)

„Siege sind durch nichts zu ersetzen“ (Ewald Lienen)

Wir gehen jetzt alle mal ganz tief in unsere Gedächtnispaläste und graben ein paar Erinnerungen aus… Habt ihr jemals ein schönes, fußballerisch ansprechendes, wirklich ansehnliches Spiel des FCSP gegen Ingolstadt erlebt? Grabt gerne etwas tiefer… denkt scharf nach… Nein? Wirklich nicht?! Kann das sein? Immerhin haben wir bereits 14x gegeneinander gespielt und davon auch sieben Spiele gewonnen… und trotzdem kein schönes Spiel dabei? Woran kann das liegen? Weil Ingolstadt eines der unangenehmsten Teams ist, auf die man in der zweiten Liga treffen kann. Das ist nie schön. Es wird auch nie schön sein. Dieses Team ist z.B. nahezu jede Saison führend in der Foul-Statistik, Lewis Holtby hat mal, fast von Heulkrämpfen geplagt, davon berichtet was für eine eklige Truppe das ist. Bei solchen Gegnern kann es nur darum gehen, den Kampf der einen erwartet so gut wie möglich anzunehmen. Das ist uns am Samstag gelungen. Doch bevor wir uns mit diesem Spiel befassen, werfen wir einmal einen Blick in die Statistik: Der FCSP hat bereits 7x gegen Ingolstadt gewonnen. Einmal, nach einem Schwächeanfall des Linienrichters in der Vorsaison, als Heimspiel in Lübeck mit 2-0 (Boller sein dank). Dann noch einmal durch einen späten verwandelten Elfmeternachschuss von Kringe mit 2-1. Alle anderen Siege gegen Ingolstadt endeten wie noch gleich? Genau, mit 1-0. Genauer gesagt endeten inkl. Samstag die letzten drei Spiele so. Und schön war es nie. Wertvoller dafür umso mehr.

Nach dem Spiel gegen Aue mit einem hohen 4-3-3 und dem nicht so wirklich funktionierendem partiellen Angriffspressing, war klar, dass es dieses Heimspiel anders aussehen würde. Zu hoch ist das Risiko in fatale Umschaltsituationen zu rutschen. Ich erinnere an dieser Stelle mit Schaudern an den Halbzeitstand des Heimspiels gegen Ingolstadt der Vorsaison (0-4). Was also hatten wir im Stadion zu erwarten? Ein rauschendes Fußballfest? Nach den vorherigen Ergebnissen? Bei diesem Gegner? Nein, der FCSP hat die richtige Entscheidung getroffen und sich auf sein altbewährtes, tiefes 4-4-2 im Mittelfeldpressing verlassen. Das ist zwar nicht schön, aber dafür ungemein erfolgreich. In der Offensive entsteht dann immer ein 4-2-3-1, wobei sich Zehir häufiger mit in die Offensive einschaltet. Das Risiko wurde gemieden, zugunsten der eigenen Stabilität. Und so entwickelte sich ein Spiel, welches wir zum gleichen Zeitpunkt in der Hinrunde auch schon erlebt haben. Der FCSP steht tief und überlässt dem gegnerischen Team häufig den Ball. Das brachte, wie schon in der Hinrunde, den gewünschten und bitter nötigen Erfolg. Es ist schon bemerkenswert, wie sehr sich zum jetzigen Zeitpunkt die Geschehnisse der Hinrunde mit denen der Rückrunde gleichen. Der FCSP probiert nach der Vorbereitung einiges aus (z.B. 4-3-3 vs. Aue, 5-3-2 vs. Köln), stellt dann jedoch ernüchtert fest, dass das 4-2-3-1, welches seit Jahren praktiziert wird doch einfach immer das beste Rezept ist, um die nötigen Punkte einzufahren. Hinzu kommt das eigene Selbstverständnis, dass es eben nicht für Popcorn-Fußball reicht. Es ist fast schon eine selbsterfüllende Prophezeiung: Der FCSP agiert immer nur dann wie ein Spitzenteam, nachdem er festgestellt hat eben jenes nicht zu sein. Nur Spitzenfußball wird dabei eben nicht praktiziert. Das ist für mich in der jetzigen Situation jedoch völlig ok. Wir haben dieses Ergebnis bzw. die drei Punkte gebraucht. Denn zusammen mit den Ergebnissen der anderen Teams im vorderen Drittel war das ein glorreicher Spieltag für den FCSP. Und ganz nebenbei wurde die 40-Punkte-Marke geknackt. Ein Ziel, dass gerade zwar völlig unerheblich erscheint, die Historie der zweiten Liga aber zeigte immer wieder, dass es häufig noch Teams in den Monstersog namens Abstiegskampf reinzieht, die sich zum jetzigen Zeitpunkt mit 35, 36 Punkten bereits auf der sicheren Seite wähnten. Da darf dann auch mal durchgeatmet werden. Vor allem, wenn man die beiden vorherigen Saisons betrachtet, ist das ein Riesenschritt, der da gelungen ist.

Die drei Punkte sind aber mindestens genauso wichtig, wenn wir uns mal den Verlauf der Hinrunde anschauen. Dort haben wir spielerisch erst geglänzt, nachdem es ein paar Spiele gab in denen die Ergebnisse stimmten, obwohl wir nicht überlegen waren. Siege sind durch nichts zu ersetzen. Das predigte Ewald nicht umsonst immer und immer wieder. Diese Liga ist so dicht beieinander und wird in großen Teilen mental entscheiden. Hier gibt es keine Spieler, die den großen Unterscheid machen (sehen wir mal von Köln ab), die Spiele alleine gewinnen können. Hier tanzt kein Sancho durch die gegnerischen Reihen, hier überspielt kein Thiago jedes Spiel komplette Hintermannschaften und hier macht kein Messi Dreierpack um Dreierpack. Hier geht alles über das Kollektiv und das muss eben an sich glauben. Und das geht eben nur über das Wissen der eigenen Stärke. Und dieses Wissen, dieses Selbstvertrauen holt man sich nur über Siege.

© Stefan Groenveld

Vor diesem Hintergrund betrachten wir das Spiel vom Samstag also noch einmal. Ja, es spielte der Tabellensechste gegen den Sechzehnten zuhause. Aber es spielte eben auch ein Team zuhause, dass drei Punkte (und die unverdient) aus den letzten vier Spielen holte gegen ein Team, dass neun Punkte im gleichen Zeitraum sammelte. Welches Team trat also mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen an? Und vor diesem Hintergrund ist auch die erste Halbzeit zu erklären, in der sich der FCSP eben erst einmal auf die eigene Defensive konzentrierte. Und dann, und das ist der Grund warum ich mich hier gerade so in Rage schreibe, hört man an allen Ecken und Enden zum Halbzeitpfiff das Pfeifen der eigenen Fans? Ja, wir sind alle keine Experten und es mag für viele befreiend sein, wenn sie endlich mal, nachdem sie es anscheinend unter der Woche immer nicht können/dürfen/wollen so richtig Abnölen können. Aber ehrlich, das ist falsch und absolut kontraproduktiv. Na klar, es gibt Teams in der zweiten Liga, die einen Fußball spielen der ansehnlich ist und erfolgreich zugleich. Das hat aber entweder mit viel Geld zu tun (wobei der Fußball von Köln nicht im Kollektiv sondern in den Einzelaktionen ansehnlich ist) oder aber damit, dass ein Aufsteiger aus der dritten Liga in eben jener Liga die Zeit hatte ein erfolgreiches und ansehnliches Fußballspiel zu entwickeln (siehe den nächsten Gegner Paderborn). Oder aber ein Team stand nach der Sommerpause mit dem Rücken zur Wand, weil es komplett neu aufgestellt werden musste und traute sich radikale Schritte zu, die aber genauso gut mächtig in die Hose gehen könnten (Kiel). Das sind wir aber nicht und können oder wollen wir uns nicht erlauben. Der Preis ist nämlich brutal hoch, denn der Versuch guten Fußball zu spielen, könnte auch schnell in der dritten Liga enden. Ich möchte das gerade nicht. Ich möchte aufsteigen und die Stadtmeisterschaft verteidigen. Und ganz davon ab, finde ich es sehr ansehnlich, wenn sich ein Team so auf dem Platz präsentiert und mit Kampf und Leidenschaft die Spiele angeht. Es mag kein radikales Konzept dahinter stecken, es kann sein, dass andere Teams bessere Fußballer haben. Trotzdem mag ich es, wie der FCSP den Fußball momentan arbeitet.

//tim

p.s. Bei magischerfc.de wurde mal wieder vieles von dem berichtet was ich auch als zwingend berichtenswert erachte, aber dafür die Worte nicht finde. Besonders die Rubrik „Ein paar Dinge am Rande“ verdient Beachtung. Auch in unserem Block (der natürlich der lauteste und stimmungsvollste ist, von allen anderen kommt gar nix 😉 ), fielen Wörter in Richtung Spieler, die man sonst eher mit Katzen in Verbindung bringt. Schön, dass es auch hier Gegenwind gab. Scheiße, dass über so eine Wortwahl überhaupt noch diskutiert werden muss und die Arschloch-Seite der Diskussion mit den Worten „Ich gehe seit 25 Jahren zu St.Pauli…“ beginnt. Alter, das spielt einfach mal so überhaupt keine Rolle, ob man 5, 25 oder 109 Jahre zu St.Pauli geht! Das zeigt einmal mehr, dass wir nicht aufhören dürfen die Werte aufrecht zu erhalten, die wir als Fanszene etabliert haben.

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7 thoughts on “„Siege sind durch nichts zu ersetzen“ (Ewald Lienen)

  1. Ich bin verwirrt, denn auch ich gehörte zu den pfeifenden am Ende der ersten Halbzeit. Das Pfeifen galt aber zu keinem Augenblick den Jungs, sondern den Herren in Gelb gekleidet! Mit den Schiedsrichter Entscheidungen war ich, mal wieder, nicht ganz einer Meinung. Komisch das es wohl anders aufgenommen wurde und ich hoffe nicht bei den boys in braun!

    1. Ja, kann sein, dass es auch einige gab, die die Pfiffe eher in Richtung Schiedsrichter schickten. Über die Bewertung von Schiedsrichter-Leistungen lässt sich sicher immer streiten. Finde es immer schwierig mit meiner Braun-Weißen Brille das wirklich obejktiv zu bewerten, daher erwischt mich auch niemand beim Auspeifen von Schiedsrichtern.
      In meinem Block war das nicht aber der Fall. Hier gingen die Pfiffe in Richtung eigenes Team. Und das ist aus meiner Sicht so nicht ok und definitiv nicht dass, was uns als Fanszene ausmacht.

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