Montag, 1.März 2021, 20.30h – Millerntor.
Eine neue Episode in der Erfolgsserie „Hamburger Stadtderby“. Es ist immer schwierig in laufende Serien spät einzusteigen, daher hier eine kleine Zusammenfassung.
(Titelbild: Passanten)
Ein paar Worte vorab: Ja, ein Derby ohne Zuschauer:innen ist nicht das Gleiche wie ein normales Derby, keine Frage. Aber Heimspiele gegen Aue ohne Zuschauer:innen sind auch nicht das Gleiche wie ein normales Heimspiel gegen Aue – und trotzdem verfolgen wir (fast) alle das weiterhin, mehr oder weniger. Insofern ist ein Derby im leeren Stadion immer noch „anders“ als ein Spiel gegen irgendjemanden im leeren Stadion. Wer das verneint, hat dann wohl auch das 2:1 von Makienok im Hinspiel emotionslos zur Kenntnis genommen.
Vor der Bundesliga
Ich erspare uns allen die ganz alten Staffeln. Protagonisten, die heute kaum noch jemand kennt, grausame Kameraführung, üble Soundqualität und im Endeffekt auch ohne gravierende Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der späteren Staffeln. Das ist wie mit Star Trek. Captain Kirk und so… damals sicher spannend zu sehen, aber heute kann das niemand mehr ernsthaft gut finden. Okay, Spock vielleicht… aber ich schweife ab (und fange mir wahrscheinlich einen kleinen Shitstorm ein).
Beginnen wir also mit „The Next Generation“, um bei Star Trek zu bleiben.
Die 70er
Nach 14 Jahren traf man endlich wieder in einem Pflichtspiel aufeinander (abgesehen vom „Ligapokal“ 1972), nachdem der FC St.Pauli erstmals in seiner Vereinsgeschichte 1977 in die 1.Bundesliga aufgestiegen war. Der letzte Pflichtspielsieg des FCSP lag zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre zurück und stammte aus der Oberliga-Saison 1960. Der HSV war ne ganz große Nummer: Europapokalsieger, Kevin Keegan, Felix Magath, Manfred Kaltz.
HSV-Verteidiger Nogly tippte vor dem Spiel auf ein 8:0.
Doch am 3.September 1977 im Volksparkstadion schossen Franz Gerber (30.) und Wolfgang Kulka (87.) den FCSP zu einem 2:0-Auswärtssieg, die 48.000 Fans im Stadion gossen kübelweise Häme über die Gastgeber.
Zum Rückspiel traf man sich im Januar 1978, immerhin 35.000 Fans fanden den Weg in den Volkspark, zum „Heimspiel“. 1:0 durch Franz Gerber, 1:2 zur Halbzeit, Ausgleich durch Rolf Blau in der 65.Minute – und das 2:3 durch Felix Magath in der 77. zum Endstand.
Am Saisonende stand für den FCSP der Abstieg und man ging sich fortan wieder großflächiger aus dem Weg.
Die 80er und frühen 90er
Das nächste Aufeinandertreffen war dann das bisher einzige Duell im DFB-Pokal – Kunststück, da beide ja zuletzt verlässlich in Runde 1 scheitern, gibt es auch nicht so viele Möglichkeiten, sich da zu sehen.
Im November 1986 traf man sich im Achtelfinale beim HSV. Der FCSP war im Sommer in die 2.Liga aufgestiegen, bei einem der Heimspiele der Aufstiegsrunde ereignete sich am 8.Juni 1986 der „Hamburger Kessel“ auf dem Heiligengeistfeld, bei dem die Polizei 861 Kernkraftgegner:innen stundenlang in der prallen Hitze festsetzte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Zuschauer:innenzahlen am Millerntor noch sehr übersichtlich und eine breite Solidarisierung suchte man vergeblich. Der Stadionsprecher weigerte sich sogar, per Durchsage zumindest auf die Situation hinzuweisen.
Zurück zum Pokal: St.Pauli hatte auswärts zuvor vor 4.000 Zuschauer:innen den VfL Bochum mit 2:1 besiegt (Tore: Wenzel & Golke) und in Runde 2 „Am Panzenberg“ den Bremer SV vor 1.650 Fans mit 3:0 bezwungen (Golke, Wenzel, Beermann). Der kleine Maik war damals zehn Jahre alt und wohnte fußläufig zum Stadion, dies war mein allererstes St.Pauli-Spiel und ich freue mich einfach darüber, dies endlich mal in einen Artikel einfließen lassen zu können (auch wenn ich wohl eher für den BSV war). Bitte entschuldigt, weiter geht’s.
Der Traum von der Derbysensation im Volkspark war für den FCSP hingegen schnell ausgeträumt, Sascha Jusufi traf schon in der 2.Minute für den HSV, am Ende stand es vor 58.000 Zuschauer:innen glatt 6:0 (3:0). Im Sommer gewann der HSV dann übrigens den Pokal gegen die Stuttgarter Kickers und stand vor einer glorreichen Zukunft. Wir wissen heute, dass dies der vorerst letzte Titel bleiben sollte.
1988 folgte der erneute Aufstieg des FCSP ins Oberhaus. Dank zweimaligem Klassenerhalt in der 1.Liga gab es jetzt also sechs Derbys in der Liga in Folge. Beim ersten Aufeinandertreffen am 6.Spieltag der Saison 88/89 (48.000 Zuschauer:innen) brachte Manfred Kaltz die Gastgeber in der 68.Minute in Führung, Jan Kocian gelang in der 85.Minute der Ausgleich zum 1:1 Endstand. Laut HSV-Fan Axel Formeseyn jubelte das ganze Stadion, mit Ausnahme des Block E. (Quelle: „FC St.Pauli. Das Buch“, Hoffmann und Campe-Verlag)
Im Rückspiel (an einem Donnerstag Abend) schnupperte der FCSP als „Gastgeber“ im Volkspark vor 53.950 Fans kurz an der Überraschung, die Führung durch Rüdiger „Sonny“ Wenzel (2.Minute) glich allerdings Thomas von Heesen (7.) schnell aus und Jan Furtok stellte den 2:1 „Auswärtssieg“ her (34.). Dieses Tor von Wenzel (das erste „Tor des Monats“ eines St.Paulianers) sollte das vorerst Letzte des FCSP in einem Derby bleiben, denn nach 2x 0:0 in der Saison 89/90 gingen die Partien in der Abstiegssaison 90/91 mit 0:2 und 0:5 verloren. Zwei Punkte und sechs Tore fehlten dem FCSP zum rettenden Ufer, es ging in die Relegation gegen die Stuttgarter Kickers – der Rest ist bekannt und schmerzhaft, führte aber auch, ich wiederhole mich hier gerne, zu einem der vielleicht schönsten Beiträge, die der NDR je im Sportclub gezeigt hat.
Die 90er
Das im Video geäußerte „Wir steigen nächstes Jahr wieder auf!“ sollte sich nicht bewahrheiten, es dauerte bis 1995, bis sich beide Verein wieder trafen. Der FCSP war im Sommer nach dem 5:0 gegen den FC Homburg aufgestiegen (unvergessen: Schiedsrichter Bodo Brandt-Chollé!) und im November stand das erste Derby an. Geleitet von Markus Merk endete die Partie durch einen Strafstoß von Harald Spörl in der 41.Minute mit 1:0, erneut also kein Tor für Braun-Weiß.
Beim Rückspiel im Mai (an einem Sonntag um 18.00h) traf Holger Stanislawski (nach einer Ecke!) zur 1:0 Pausenführung – Stefan Schnoor konnte in der 77.Minute aber noch ausgleichen, Endstand 1:1. Ein Sieg hätte den endgültigen Klassenerhalt bedeutet, aber auch mit fünf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz sah es gut aus und mit einem Punkt in Karlsruhe am 33.Spieltag war der Klassenerhalt dann auch eingetütet, da Leverkusen und Kaiserslautern am letzten Spieltag aufeinandertrafen und somit nicht mehr beide am FCSP vorbeikommen konnten. (Andere Geschichte: Andi Brehme und Rudi Völler heulend vor den TV Kameras.)
Eines der vielleicht bittersten Spiele aus Sicht des FCSP gab es dann am 6.Spieltag der Saison 96/97. 45.000 Menschen waren im Volkspark dabei, als Stefan Schnoor in der 4.Minute Emerson per Notbremse stoppte und Schiedsrichter Hartmut Strampe die Rote Karte zückte.
86 Minuten Überzahl für die Gäste in Braun-Weiß! Nach einer Stunde flog mit Sven Kmetsch der nächste HSV runter (Gelb-Rot) – da stand es allerdings bereits 2:0 für die Gastgeber (Bäron 45. & Schopp 47.) und St.Pauli bekam zu keinem Zeitpunkt wirklich Zugriff aufs Spiel, das 3:0 in der 90.Minute durch Breitenreiter nach Vorlage von Bernd „Ho-Ho-Hochverrat“ Hollerbach war wie ein Tritt auf einen am Boden liegenden. Mit einem Sieg wäre man in dieser frühen Phase der Saison am Nachbarn vorbeigezogen, so trennten sich die Wege frühzeitig.
Beim Rückspiel an einem Freitag Abend im März stand der FCSP schon tief in der Abstiegszone, knapp 40.000 hatten sich zum „Heimspiel“ des FCSP im Volkspark eingefunden. Breitenreiter erzielte die frühe Führung für den „Gast“ (11.) und lange Zeit passierte nichts. In der 80.Minute glich Nikolai Pisarew für St.Pauli aus, fünf Minuten später erzielte Kmetsch per Freistoß erneut die Führung für den HSV – und dann schaffte es Richard Golz für alle Zeit in die Herzen der St.Paulianer und auf ein Cover des Übersteigers, Pisarew und Scharping bedankten sich artig mit dem 2:2.
Dies änderte allerdings nichts mehr am Abstieg, am Ende waren es 13 Punkte Rückstand auf den Nichtabstiegsplatz.
1.Bundesliga im neuen Jahrtausend
Vier Mal hatten beide Vereine noch das „Vergnügen“ miteinander. In der Saison 2001/02 war dies gleichzeitig zum letzten Mal ausschließlich im Volkspark der Fall – und beide Spiele bereiteten dem FCSP eher keine Freude. Beim Heimspiel des HSV am Sonntag, dem 2.12.2001 erstmals im „Stadion der vielen Namen“ ausgetragen, empfing er den FCSP als bereits etwas abgeschlagenen Tabellenletzten. Nach acht Minuten stand es 2:0, zur Pause 3:0 – und es hätte auch höher stehen können. Nach der Pause verkürzte Thomas Meggle (47.), Barbarez erhöhte auf 4:1 (52.) – doch durch zwei Tore von André Trulsen (79. und 83., letzteres als Strafstoß nach Foul an Meggle) stand es nur noch 4:3 und Hoffnung keimte auf im Gästeblock – vergebens, wie so oft.
Das Rückspiel brachte dann eine wunderbare Choreo mit sich. Wunderkerzen im Oberrang, Braun-Weiße Zettel und die Hamburg-Flagge im B-Rang, eine Tapete über die komplette Kurvenseite („Der FCSt.Pauli gibt sich die Ehre – Herrscher Hamburgs und der 7 Meere“) und ein Schiff, welches durch die blauen Wellen des Unterrangs gleitet.
Moment… das Schiff ist doch im Innenraum, vor der Kurve? Ja, da hatte es nach ewiger Planung „ganz plötzlich“ Unstimmigkeiten mit der Feuerwehr gegeben, die kurzfristig feststellte, dass Holz und Tapeten brennen können und das Risiko zu groß sei, deswegen fuhr das Schiff dann „nur“ im Innenraum.

Warum ich das so ausführlich schildere? Weil es zum einen eine ganz gute Geschichte ist und ich zum anderen das Spiel verdrängt habe, bzw. es immer noch versuche.
(0:4-Klatsche kurz vor Saisonende, allerletzte Chance auf den Klassenerhalt, Thomas Meggle verschießt nach vorheriger Verbalattacke in den Medien nach zwölf Minuten einen Elfmeter).
2010/11 – Träume in Braun-Weiß
Es folgte der Abstieg und die Wege trennten sich wieder – ein paar Jahre lang lag man von Liga 1 bis zur Regionalliga sogar mal wieder sehr weit auseinander. (Nein, die Spiele gegen deren U23 werden hier nicht aufgeführt.)
2010 folgte dann der Aufstieg des FCSP in die 1.Liga und im September gab es eine Premiere:
Das erste Derby der „Neuzeit“ am Millerntor!
Am 4.Spieltag der Saison empfing der FCSP den Nachbarn und es war „intensiv“, insbesondere auch drum herum. Und das Stadion explodierte in der 77.Minute, als Fabian Boll vor der Südkurve das umjubelte 1:0 erzielte. 23.794 Menschen im Stadion, etwa 90% zu diesem Zeitpunkt im Himmel.
Doch noch öffnete der Himmel nicht seine Türen zum Braun-Weißen Einmarsch, Mladen Petric erzielte in der 88.Minute, mit zugegeben schöner B-Note, den 1:1-Ausgleich. So nah dran und dann doch irgendwie fast enttäuschend (Schieß doch, Bulle!).

(Copyright: imago/Ulmer via OneFootball)
Die weitere Saison verlief durchaus okay für den FCSP, nach einem 3:0 gegen den 1.FC Köln ging man in das Spiel am 21.Spieltag mit 22 Punkten und immerhin drei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz. Doch das vorher nicht planbare Naturereignis Regen (im Volksmund auch Hamburger Wetter genannt) sorgte für eine Spielabsage, der kurz zuvor verlegte Rollrasen im „Stadion der vielen Namen“ war chancenlos und nicht rechtzeitig angewachsen.
(Linktipp: Mein damals etwas gehässiger Text im Übersteiger-Blog zur Absage. Grüße an Armin Veh.)
St.Pauli ließ sich nicht beirren, besiegte zwischendurch den Tabellenletzten aus Mönchengladbach mit 3:1 und reiste daher mit acht Punkten aus den vier Spielen der Rückrunde am 16.Februar 2011 (Mittwoch) nach Stellingen. Als das Team sich aufwärmte, gab es erste irritierte Blicke im Gästeblock, aber viele waren dann doch mit anderem beschäftigt oder ohnehin zu nervös für derlei Details, denn: Statt Thomas Kessler wärmte sich Benedikt Pliquett für seinen Startelfeinsatz auf – und machte im weiteren Verlauf des Abends das Spiel seines Lebens. Angriff auf Angriff rollte auf sein Tor, die Gastgeber waren überlegen, trafen aber nicht. Anders aber der FCSP, der (und jetzt wird es fast schon absurd) nach einer Ecke(!) ein Tor erzielte! Max Kruse schlug diese von der Eckfahne direkt vorm Gästeblock in die Mitte, am kurzen Pfosten verlängerte Fabian Boll und am langen Pfosten drückte Gerald Asamoah den Ball über die Linie. „Komplette Eskalation“ ist der Begriff, der mir dabei am ehesten passend erscheint.

Auf dem Platz trifft es wohl „Wirkungstreffer“ so gut wie nur selten im Fußball, der HSV war geschockt und zu einer Antwort nicht mehr fähig. Der Rest war pure Freude, der erste Derbysieg seit 1977, also seit 33 1/2 Jahren.
Umso bitterer verlief der Abend hingegen für viele Fans im Stehplatzbereich des Gästeblocks, den die Polizei meinte stürmen zu müssen, nachdem Pyrotechnik genutzt wurde. Das führte im weiteren Verlauf dazu, dass viele Fans den Block aus Protest und Solidarität verließen und diesen magischen Abend leider nicht im Stadion bis zum Abpfiff miterlebten.
Nebenbei: Es gab mal wieder neue (inoffizielle) T-Shirts: „Rollrasen Verleger Versager Besieger“
Gut, das Ende ist bekannt: 28 Punkte nach 22 Spielen klingt super – 29 Punkte nach 34 Spielen, also zwölf Spiele später nur ein Punkt mehr, reichten aber nicht zum Klassenerhalt. Hätte ich den damaligen Sieg gegen den Klassenerhalt eintauschen wollen? Haha, vollkommener Blödsinn – im Leben nicht, niemals.
Hamburg Derby – Die 2.Bundesliga
2018 folgte dann das, was Fußball-Deutschland schon seit Jahren herbeisehnte: Der Dino starb.
Erstmals in der Vereins-/AG-Geschichte war der HSV nur noch zweitklassig. Alleine schon ein Aufeinandertreffen beider Teams in der 2.Liga war also als kleines Freudenfest für die Braun-Weiße Fanseele zu notieren – und ehrlich gesagt hält dies bis heute genau so an. Bester Beweis dafür das alljährliche Tourshirt des Fanladens, welches 2018 mit „Ganz – Hamburg – spielt in Liga 2!“ eine beliebte Meinungsäußerung auf Hamburger Demonstrationen etwas umwandelte und welches bis heute nicht nur super aussieht sondern auch noch stimmt.
Sportlich war die erste Saison allerdings eher zum Vergessen. Das erste Spiel fand im Volkspark statt – und abgesehen von der gewohnt langwierigen Anreise ist nur noch der überragende optische und akustische Auftritt des Gästeblocks in Erinnerung. die Optik wurde durch USP ermöglicht, die beim Treffpunkt für den Marsch vom Millerntor über die S-Bahn Landungsbrücken weiße T-Shirts mit braunem Aufdruck verteilten.

Das Spiel endete 0:0, am Ende hätte ein Heber von Cenk Şahin von der Mittellinie fast noch zum Erfolg geführt. Hier der Spiel- und Reisebericht eines letztlich unspektakulären Spiels.
Das Rückspiel am Millerntor endete im kompletten Desaster. Auf dem Platz (0:4) und auf den Rängen. Ich will das gar nicht groß wiederholen, wer unbedingt möchte kann hier alles nachlesen.
Kleiner Trost: Mit zwei Punkten mehr in der Endabrechnung wäre der HSV direkt aufgestiegen, so landete er nur auf Platz 4.
Womit wir in der Saison 2019/20 angelangt wären.
Am 6.Spieltag empfing der FCSP den Nachbarn an einem Montagabend, dem 6.September. St.Pauli war mit fünf Punkten aus fünf Spielen eher „übersichtlich“ in die Saison gestartet, der HSV grüßte mit 13 Punkten von der Tabellenspitze. In der 18.Minute aber köpfte Marvin Knoll an den linken Pfosten vor der Nordkurve und Dimitrios Diamantakos spitzelte den Ball vor Rick van Drongelen über die Linie – 1:0.

Und gerade als der HSV drauf und dran war auszugleichen gelingt dem FCSP ein Freistoßtrick: Mats Møller Dæhli spielt einen Ball von halblinks flach vors Tor, Marvin Knoll versucht den Ball direkt zu nehmen und am Ende drückt ihn dann Rick van Drongelen dieses Mal höchstselbst über die Linie – 2:0. Den Spielbericht in voller Länge findet ihr hier.
Zum Rückspiel im „Stadion der vielen Namen“ traf man sich am 22.02.2020. Begriffe wie „Pandemie“, „R-Wert“ oder „Inzidenz“ bestimmten noch nicht unseren Alltag, es war der drittletzte Spieltag ehe die Saison unterbrochen wurde. St.Pauli hatte zuvor im Heimspiel gegen den Tabellenletzten aus Dresden zwar ganz gut gespielt, aber mit 0:0 nur einen Punkt eingefahren und stand nur zwei Punkte vor dem Relegationsrang. Der HSV hatte aus den letzten vier Partien zehn Punkte geholt, aus zehn Heimspielen satte 25 Punkte – und der FCSP war noch ohne Auswärtssieg.
Nach einer Viertelstunde hätte es auch schon 2:0 oder 3:0 für die Gastgeber stehen können – aber nach zwanzig Minuten schickte Ryō Miyaichi Henk Veerman auf die Reise, dieser schüttelte (na?) Rick von Drongelen ab wie eine lästige Fliege und lupfte den Ball aus halbrechter Position vor der Gästekurve ins Netz – 0:1. Und nach neun weiteren Minuten kam der magische Moment des Matt Penney, der den Ball aus gefühlt 30 Metern in das rechte untere Toreck einschweißte. Eine Kurve völlig außer Kontrolle.

In der 67.Minute erhöhte Rico Benatelli eigentlich regelgerecht auf 3:0, Manuel Gräfe wollte das Leiden des HSV aber künstlich noch etwas verlängern und verweigerte dem Treffer die Anerkennung. Dieser perfide Plan des sympathischen Schiedsrichters aus Berlin entfaltete dann in der 82.Minute seine volle Pracht, als Lukas Hinterseer den Anschluss für die Rothosen erzielte. Das Stadion erwachte nochmal, die Heimkurve erstrahlte in Pyrotechnik – und plötzlich erschien das VAR-Logo auf der Anzeigetafel und nach kurzer Prüfung wurde das Tor aufgrund eines vorangegangenen Handspiels von Pohjanpalo annulliert. „Leider“ auch so schnell, dass die Heimfans mit den pyrotechnischen Gegenständen immer noch in voller Montur auf dem Zaun saßen und nun gar nicht so recht wussten, wo hin damit. Es dürfte wohl das erste und letzte Mal gewesen sein, dass ein St.Pauli Fanblock voller Begeisterung den Scooter-Torsong mitgröhlt. Nochmals: Danke, Manuel Gräfe!
Am Ende blieb der FCSP aufgrund der sechs Punkte aus den Derbys in der Liga – und der HSV auch, dank der null Punkte. Im Derby dieser Stadt…
Und damit sind wir bei der bisher letzten Episode angelangt: In der Saison 2020/21 ist es erneut der 6.Spieltag, als beide erstmals aufeinander treffen. Aufgrund der Pandemie dürfen nur 1.000 Heimfans im „Stadion der vielen Namen“ anwesend sein und sehen den Tabellenführer (5 Spiele, 5 Siege) als klaren Favoriten gegen den bereits leicht taumelnden Stadtteilverein (nur sechs Punkte).
Nach gutem Start der Gäste erzielt (natürlich) Simon Terodde in der 12.Minute das 1:0, doch St.Pauli beweist Comeback-Qualitäten und kann nach schöner Vorarbeit von Zander und Makienok in der 35.Minute ausgleichen, Rodrigo Zalazar versenkt seinen Distanzschuss unten links.
Danach wogt das Spiel hin und her, als man sich aber langsam auf ein Unentschieden eingerichtet hatte, geht der FCSP doch noch in Führung: In der 82. steckt Kyereh den Ball auf Makienok durch und dieser spitzelt die Pille irgendwie mit der Pieke an Ulreich vorbei ins Tor. Aber nur zwei Minuten später gleicht (natürlich) Simon Terodde noch für den Gastgeber aus.
Unvergessen dann auch die Szene in der 89.Minute, als Leon Flach nur um Zentimeter an der erneuten Führung vorbeigerätscht. Stadtmeistertitel verteidigt.

Der weitere Saisonverlauf dürfte bekannt sein: St.Pauli stürzte ins Bodenlose und war für viele bereits im Dezember auch rechnerisch abgestiegen, viele Expert:innen forderten ein sofortiges Einstellen des Spielbetriebs.
Der HSV holte zwar aus den folgenden vier Spielen nur einen Punkt, startete danach aber eine imposante Serie und geht als Tabellenführer ins Rückspiel.
Allerdings stand der FCSP in den letzten Wochen von den Totgesagten wieder auf und kann nun fast schon tiefenentspannt ins Derby gehen, während der HSV nach nur einem Sieg aus den letzten fünf Spielen und der Niederlage am letzten Wochenende beim Tabellenletzten aus Würzburg wieder Gefahr läuft auf dem traditionellen vierten Platz zu enden. Durchaus möglich, dass dann am Ende fünf Punkte mehr aus den Derbys zum Aufstieg gereicht hätten…
Fazit: Serienende oder Fortsetzung?
Auf geht’s, liebe Spieler, liebes Trainerteam.
Hamburg ist Braun-Weiß, völlig unabhängig vom Ergebnis auf dem Platz. Umso schöner, dass wir in der 2.Liga mit zwei Siegen und zwei Unentschieden aus fünf Spielen eine positive Bilanz gegen den Nachbarn haben und diese hoffentlich am Montag auch ausbauen werden. Aber Ihr habt es Euch in den letzten Wochen erarbeitet absolut positiv in dieses Spiel gehen zu können.
Also geht da am Montagabend raus, macht Euch warm – und dann haut sie weg.
Dann gibt es nächste Saison vielleicht noch eine weitere Staffel.
// Maik
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„Der letzte Pflichtspielsieg des FCSP lag zu diesem Zeitpunkt 29 Jahre zurück und stammte aus der Oberliga-Saison 1948.“
Wie kommt Ihr darauf?
Letztmals gab es am 14.02.1960 einen 4:1-Heimsieg (immerhin in der Meistersaison des HSV).
https://www.abendblatt.de/archive/1960/pdf/19600215.pdf/ASV_HAB_19600215_HA_011.pdf
Und nach dem Doppelerfolg 48/49 gab es auch noch weitere sieben Ligasiege. Unter anderem auch den Doppelsieg 50/51, der letzte bis zur Saison 2019/20.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Stadtderby#%C3%9Cbersicht_der_Spiele
Nachtrag, es war der 13.02.1960, nicht der 14.02., pardon.
Danke Dir.
Keine Ahnung, welche Liste ich da zu Rate gezogen habe, ist korrigiert.
Markus Merk mit dem Witzelfer Dammann an Jähnig. Ein Trauma, da St.Pauli an diesem Abend die bessere Mannschaft war.
Erstes Derby im Stadion, verloren und eine ewige tiefe Abneigung gegen die Rauten als auch den Lauterer an der Pfeife…
Kann jemand das große Roma Banner auf dem Bild der 7 Meere Choreo für die jüngeren erklären? Gabs da mal eine Freundschaft nach Italien?
Wenn es jemand besser weiß, möge man mich korrigieren, aber ich glaube, es dürfte sich um ein Banner der „Juve Fighters Roma“ handeln, da gab es zumindest eine sehr engagierte Einzelperson 🙂
„…der Rückrunde am 6.Februar 2011 (Mittwoch) nach Stellingen….“
Da fehlt etwas glaube ich
Argh… jetzt hab ich es gesehen, Danke 🙂
Das 2:1 in Bochum 86 war im Ruhrstadion. Keine Ahnung, warum das teilweise falsch zu finden ist, aber Lohrheide ist definitiv falsch. Im Spielberichte im Hamburger Abendblatt vom 01.09.86 steht sogar: „Ein Sieg im Ruhrstadion, das war selbst dem HSV in der Ära Happel noch nicht gelungen.“
Okay, Danke Dir, dann ändere ich das.
Ich glaube, ich hatte das bei fussballdaten.de gesehen.
„28 Punkte nach 22 Spielen klingt super…“ *räusper* Zum Glück haben wir nach dem Derbysieg dieses Jahr ja schon 31 Punkte nach 23 Spielen…
Sehr schön zur Einstimmung am Montag.