Vorbericht: Fortuna Düsseldorf – FC St. Pauli (17. Spieltag, 21/22)

Vorbericht: Fortuna Düsseldorf – FC St. Pauli (17. Spieltag, 21/22)

Samstagabend, Top-Spiel, der Herbstmeister gibt sich die Ehre. In Düsseldorf tritt der FC St. Pauli zum letzten Spiel der Hinrunde an. Allein ein Blick in die Historie zeigt, dass es da richtig schwer werden wird für den FCSP. Aber diese Saison ist ja bekanntlich alles anders. Auch in Düsseldorf?
(Titelbild: Peter Böhmer)

Zur Vorbereitung hört ihr natürlich alle beim „Vor dem Spiel“-Gespräch von Bobby mit Jens rein, der sehr ausführlich zur Situation bei Fortuna Düsseldorf berichtet.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Auf der Pressekonferenz vermeldete Timo Schultz, dass neben den langzeitverletzten Christopher Avevor und Jannes Wieckhoff auch Simon Makienok (Covid19) und Afeez Aremu ausfallen werden. Das war es. Alle anderen Spieler, die gegen Schalke einsatzfähig waren, werden es auch gegen Düsseldorf sein. Das bedeutet, dass vermutlich Franz Roggow und Lukas Daschner nicht dabei sein werden, da sie sich noch im Aufbautraining befinden. Der Rest des Kaders ist fit. Das ist eine richtig gute Ausgangsposition.

Fortuna Düsseldorf: Wer kann spielen, wer fehlt?

Wer spielen kann, ist vor allem dann die Frage, wenn es um die personelle Besetzung der Abwehr geht. Denn da ist die Luft richtig dünn. Innenverteidiger Andre Hoffmann hat sich am Halswirbel verletzt. Zudem fällt Stamm-Rechtsverteidiger Matthias Zimmermann corona-erkrankt aus. Dadurch war F95-Trainer Christian Preußer zuletzt gezwungen, auf eine Dreierkette umzustellen. Nun hat sich aber auch Kapitän Adam Bodzek Rippen gebrochen. Der spielte in der Dreierkette den rechten Innenverteidiger. Es wird also personell ziemlich eng in der Defensive der Fortuna.
Zudem fallen mit Dawid Kownacki und womöglich auch Shinta Appelkamp in der Offensive zwei Spieler mit Startelf-Potenzial aus.

Was hat Düsseldorf zu bieten?

Unteres Mittelmaß – das fasst es wohl ganz gut zusammen, was Fortuna Düsseldorf diese Saison bisher geboten hat. Nach siegreichem Start in die Saison gab es drei Niederlagen in den folgenden vier Spielen (und ein Unentschieden). Es folgte eine ausgeglichene Bilanz, ehe wieder drei Niederlagen in vier Spielen zuletzt folgten. Etwas überraschend konnte das Team dann aber beim SV Darmstadt mit 3:1 gewinnen (xG: 0.8 – 2.3) und steht nun nach 16 Spielen mit 19 Punkten auf Platz 11 in der Tabelle.
Das passt tatsächlich ziemlich gut zusammen mit den xG-Werten: Aus einem eigenen xG von 21.3 hat die Fortuna 22 Tore erzielt und bei einem gegnerischen xG von 24.1 hat die Fortuna 23 Gegentore gefangen. Nimmt man nur die xG-Werte als Maßstab, so steht Fortuna Düsseldorf genau da, wo sie hingehört.

Spielerisch ist das schon anders zu dem, was der FC St. Pauli zuletzt erlebt hat. Denn es wirkt zwar nicht so (durchschnittlicher xG-Wert der letzten fünf Spiele: 0.8), aber Fortuna Düsseldorf probiert offensiv eine ganze Menge aus und ist dort sehr aktiv. Das Team schlägt die zweitmeisten Flanken, geht am dritthäufigsten ins Dribbling, spielt die sechstmeisten Pässe ins Angriffsdrittel und hat im 16er die viertmeisten Ballkontakte. Das klingt nicht unbedingt nach einem Team, dem es offensiv an Durchschlagskraft fehlt. Das tat es aber zuletzt ziemlich deutlich. So sehr, dass beim letzten Heimspiel auch verbal erhebliche Kritik an Christian Preußer geäußert wurde (wie Jens im VdS berichtet).

Aus den Daten ist herauszulesen, wie Düsseldorf in der Offensive Chancen erspielen möchte: Dribblings und Flanken. Khaled Narey und Kristoffer Peterson weisen auf den Außenbahnen dann auch entsprechende Statistiken aus. Narey schlägt ligaweit die fünftmeisten Flanken und führt die drittmeisten Dribblings. Peterson ist sogar der Spieler mit den meisten Dribblings – und mit mehr als vier Flanken pro Spiel ebenfalls in den Top10 der Liga zu finden.
Bei der hohen Zahl an Flanken ist dann auch klar, dass es sich bei den Torabschlüssen vermehrt um Kopfbälle handelt. Fortuna Düsseldorf hat prozentual den höchsten Anteil an Kopfbällen bezogen auf die Anzahl an Torabschlüssen.
Anders herum ist natürlich auch zu erklären, warum die Offensiv-Statistiken auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen besser aussehen, als sie eigentlich sind. Denn Pässe auf die Außenbahn kommen dann vielleicht ein bisschen eher an, da die Gegner dort die Räume geben und etwas später zugreifen.

Kristoffer Peterson ist der Spieler in der Liga, der am häufigsten ins Dribbling geht.
(Frederic Scheidemann/Getty Images/via OneFootball)

Offensiv zeigte Fortuna Düsseldorf gegen Darmstadt im Aufbau enorme Rotation im Mittelfeldzentrum. In dem 3-5-2 rotierten beide Sechser zusammen mit Piotrowski sehr viel und versuchten so Räume zu erschaffen. Timo Schultz sieht das auch und betont, dass sein Team „durch die Raute in der Regel mit einem Mann Überzahl im Zentrum“ agiere und hebt hervor, dass sich das Deckungsverhalten auf den ballnahen Sechser konzentrieren werde. Zudem betont er, dass diese Art und Weise des gegnerischen Spielaufbaus nicht ungewohnt für sein Team sei. Er erwarte daher, dass es aufgrund der Erfahrung und der numerischen Überzahl im Zentrum, „kein großes Problem“ sei, wie Fortuna aufbaut.

Defensiv dürfte Düsseldorf ganz ähnlich formiert sein wie Schalke 04. Allerdings gibt es Unterschiede im Pressingverhalten. Während Schalke mit den Flügelverteidigern auf die FCSP-Außenverteidiger presste, machte Fortuna das gegen Darmstadt mit Spielern aus dem Mittelfeld. Grundsätzlich beschreibt Timo Schultz das 3-5-2 von Fortuna Düsseldorf und wie das mit dem FCSP-Aufbauspiel zusammenpasst recht optimistisch:

Kurz zusammengefasst: Wenn Fortuna mit einer Dreierkette spielt, dann ist der Flügel nur einfach besetzt und so haben die eigenen Außenverteidiger mehr Zeit im Spielaufbau. Im Zentrum stehen trotzdem nur drei F95-Spieler gegen die Mittelfeldraute des FC St. Pauli. Entsprechend betont Timo Schultz, dass dieser Raum in der Mitte immer wieder genutzt genutzt werden soll. Er betont zudem sehr selbstbewusst, dass es nicht vom Pressingverhalten oder der Formation des Gegners abhängt, wie der FC St. Pauli Fußball spielt, sondern daran, wie sein Team das eigene Spiel umsetzt. Die eigene Idee des Offensivspiels sei mit kleinen Änderungen immer auf die Gegner zuschneidbar.

Mögliche Aufstellung

Die größte Stärke von Fortuna Düsseldorf war über die Jahre immer das zentrale Mittelfeld. Meist spielten dort Adam Bodzek und Marcel Sobottka. Dies wird nun durch die Verletzung von Bodzek anders sein. Mit Ao Tanaka hat das Team dort aber auch einen richtig guten Leihspieler in seinen Reihen. Auch Edgar Prib könnte dort spielen, ist aber eigentlich eher jemand für die Achter-Position.
Auf den Außenbahnen ist Fortuna Düsseldorf ebenfalls überproportional gut besetzt. Allerdings plagte sich der talentierte Shinta Appelkamp zuletzt mit einem Muskelfaserriss herum und es ist noch unklar, ob er für Samstag überhaupt eine Option sein wird. Zudem befindet sich Thomas Pledl nach Erstkontakt in Quarantäne. Trotzdem bleiben mit Narey, Peterson und Felix Klaus enorm starke Spieler im Kader für diese Positionen. Mit Nicklas Shipnoski ist noch ein Spieler im Kader, der letzte Saison für Saarbrücken die 3. Liga auf der Außenbahn kurz und klein gespielt hat (15 Tore, 10 Vorlagen), in Düsseldorf aber noch nicht so richtig Fuß gefasst hat.

Ganz vorne sind es aktuell Emmanuel Iyoha und der „ewige“ Rouwen Hennings, die gesetzt sind. Auch weil Rekord-Einkauf Dawid Kownacki momentan verletzt ist und der talentierte Robert Bozenik (Leihe aus Rotterdam) irgendwie auch noch nicht so gut zurechtkommt.
Ganz hinten wird Raphael Wolf im Tor stehen. Der kam in die Startelf, da Florian Kastenmeier nach positivem Corona-Test in Quarantäne musste. Kastenmeier, der nie ganz frei von Kritik ist, ist zwar wieder im Training, aber noch nicht wieder auf dem Level wie vor der Erkrankung, wie Preußer berichtet.

Gerade weil Adam Bodzek ausfällt, könnte Fortuna Düsseldorf wieder auf eine Viererkette umstellen. Zwar betont Preußer, dass die Dreierkette gegen Darmstadt gut funktioniert hätte, ihm aber nun wohl das Personal dafür fehlen könnte. Im Kader steht eigentlich nur noch Dragos Nedelcu zur Verfügung, um eine schlagkräftige Dreierkette zusammen mit Christoph Klarer und dem durchaus rasanten Aufsteiger Tim Oberdorf (der mit 25 nun seinen ersten Profi-Vertrag unterschrieben hat) zu bilden. Nedelcu hat das aber laut Preußer noch nie gespielt, sodass der F95-Trainer auch noch gleich andere Spieler aus dem Mittelfeld für die Dreierkette nennt.
Oder aber, da möchte er sich nicht in die Karten schauen lassen (auch weil es noch gar nicht final entschieden sei), Fortuna Düsseldorf stellt auf eine Viererkette um. Dafür dürfte es aber fraglich sein, wer auf der Rechtsverteidiger-Position spielt (links hat sich Leonardo Koutris zuletzt mit guten Leistungen wohl festgespielt – ich schwanke zwischen Peterson und Koutris in meiner Prognose der Aufstellung).
Timo Schultz geht davon aus, dass Düsseldorf wieder mit einer Dreierkette spielen wird, wobei er betont, dass dafür eigentlich Adam Bodzek fehlt.

Mehrere Fragezeichen sind bei der Prognose der Startelf des FC St. Pauli vorhanden. Angefangen in der Innenverteidigung. Denn Jakov Medić könnte nach Nasenbeinbruch mit einer Maske wieder in die Startelf zurückkehren. Die Frage wäre dann: Wer bleibt draußen? Denn sowohl James Lawrence, als auch Philipp Ziereis konnten während Medić‘ Abwesenheit überzeugen. Die Aussagen von Timo Schultz auf der PK deuten auch eher darauf hin, dass das IV-Duo erneut Lawrence/Ziereis heißen wird.

Weiter gehen die Fragezeichen auf der Halbposition: Finn Ole Becker könnte Jackson Irvine ersetzen, wenn das Trainer-Team in der Analyse zum Ergebnis kommt, dass die Pass-Sicherheit von Becker dem Spiel mehr bringen kann, als die defensive Stärke von Irvine. Das ist eine besonders schwere Entscheidung, da es auch darauf ankommt, ob Düsseldorf mit einer Dreier- oder Viererkette spielt. Ich tippe auf Becker (und auf die Dreierkette von Fortuna).

Ein letztes Fragezeichen in der Startelf könnte es im Angriff geben. Zwar ist Igor Matanović zuletzt zweimal gestartet und hat dabei alles andere als eine schlechte Figur gemacht. Aber Düsseldorf könnte auch mit einem Spielertypen wie Etienne Amenyido Probleme bekommen. Zudem dürfte auch Maximilian Dittgen ziemlich gut passen („gut passen“ müsste er aber auch selbst – gegen Schalke hatte er einen unglücklichen Einsatz). Dittgen bringt einfach viel Tempo und Robustheit mit. Gerade die tiefen Läufe, eine Stärke von Dittgen, könnten funktionieren. Aber seine Robustheit allgemein könnte ebenfalls ein Problem für Düsseldorf sein, zumindest ist genau das Thema bei der Pressekonferenz von Fortuna Düsseldorf. Ich tippe trotzdem auf Matanović, da er im Spielaufbau noch ein wenig aktiver ist.

Favoriten-Rolle? Angenommen!

Christian Preußer hat auf der Pressekonferenz nichts als Lob für den FC St. Pauli übrig. Natürlich betont er die offensive Spielweise, aber eben auch, dass man bei aller offensiver Power nicht vergessen dürfe, dass der FCSP auch defensiv enorm stark ist und „hart arbeitet„. Das ist natürlich die alte Lobe-Taktik, damit man sich selbst schön in die Rolle des Underdogs begeben kann.
Doch auch die Aussagen von Timo Schultz auf der Pressekonferenz zeigen das enorme Selbstbewusstsein und die Überzeugung, dass der FC St. Pauli in Düsseldorf Zählbares holen kann, wenn sein Team das eigene Spiel durchbringt. Ich finde das sehr angenehm, dass da auch verbal dem Team enormes Vertrauen entgegengebracht wird und da ganz klar formuliert wird, wie stark man ist.
Die Sache ist: So isses nunmal. Der FC St. Pauli ist aktuell das beste Team der Liga. Und er wird versuchen diesen Beweis auch in Düsseldorf zu erbringen.

Forza!
//Tim

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3 thoughts on “Vorbericht: Fortuna Düsseldorf – FC St. Pauli (17. Spieltag, 21/22)

  1. Danke für die mal wieder sehr informative und ausführliche Vorschau.
    Eine Frage zu dem Pizza-Diagramm: Nachdem ich da unter „Kopfbälle %“ Platz 16 gesehen habe, hab ich so bei mir gedacht: „Aha, also kaum Kopfbälle“. Dann war ich sehr überrascht, im Text genau das Gegenteil zu lesen. Wenn die Fortuna „prozentual den höchsten Anteil an Kopfbällen bezogen auf die Anzahl an Torabschlüssen“ zu verzeichnen hat, worauf bezieht sich dann die Angabe unter „Kopfbälle %“?

    1. Danke für den Hinweis. Das ist tatsächlich etwas verwirrend und muss von mir mal geändert werden: Die Prozent-Angabe bei den Kopfbällen bezieht sich in der Grafik auf die gewonnenen Kopfball-Duelle, nicht auf den Anteil an den Torschüssen insgesamt.

  2. Moin Tim,

    vielen Dank, wie immer eine spannende Lektüre auf die ich mich jede Woche freue.

    Bleib gesund und ein schönes Wochenende mit einem Auswärtssieg

    Vg
    Josef

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