TV-Gelder: Die Beschönigung des Elends durch eine ungleiche Verteilung

TV-Gelder: Die Beschönigung des Elends durch eine ungleiche Verteilung

Der Kicker veröffentlichte am Montag die Summen, die für die kommende Saison aus der nationalen TV-Vermarktung an die Vereine der 1. und 2.Liga fließen. Ein kleines „Kein Wunder, dass die Schere auseinandergeht!“-Shitstörmchen auf Social Media war die Folge. Wie die geneigte Leserin weiß, ist dies aber natürlich nur die Spitze des Eisbergs.

Was der Kicker am Montag „Exklusiv“ vermeldete (Print oder Klickstrecke) ist natürlich bereits seit längerem auf fernsehgelder.de nachzulesen, zugegebenermaßen mit minimalsten Abweichungen im Kommabereich.
All das fusst auf dem bekannten Verteilschlüssel der DFL aus 2016, wo die Verteilung für die Jahre bis eben einschließlich der kommenden Saison festgelegt wurden.
Dieser Schlüssel muss nun auch für den gerade abgeschlossenen neuen Vertrag demnächst neu gebastelt werden, doch dazu später mehr.

Die nationale Vermarktung (TV-Gelder)
Es gilt die altbekannte Verteilung, gemäß Leistung der letzten Jahre nach vier Säulen, wobei die Tabellenplatzierungen der letzten fünf Jahre den größten Teil vom Kuchen ausmachen und der am besten abschneidende Verein der 2.Liga eben schon eine große Lücke zum Letzten der 1.Liga hat, auch wenn er vielleicht in den letzten fünf Jahren sogar besser abgeschnitten hatte.

(c) DFL

Es ergibt sich folgende Verteilung:

Sieht so eigentlich ganz schick aus. Einigermaßen fair, schön fließend von oben nach unten.
Die 1.Liga rühmt sich hier ja auch gerne, weil das Verhältnis vom Meister zum Letzten in etwa 2:1 ist und damit ganz okay.
Nun gut, kleiner Gap zwischen 1. und 2.Liga, aber das is‘ nun mal so, müssen sie sich halt mehr anstrengen, wenn sie hoch wollen, wa?
Und natürlich verdienen Spieler beim FC Bayern mehr als beim SV Sandhausen und anderen mittelmäßigen Zweitligisten, passt schon.
Ärgerlicher / Unfairer wird es ja eben auch dann erst im Folgenden.

Die internationale Vermarktung (TV-Gelder)
Ab hier ist es dann vorbei mit 2:1 oder ähnlichen Verhältnissen. Und die 2.Liga koppelt man ohnehin komplett ab.
Laut bereits oben erwähntem DFL-Verteilungsschlüssel werden die internationalen Erlöse (also Übertragungen im Ausland) wie folgt verteilt:

Im Bereich der internationalen Erlöse werden zunächst 25 Prozent auf alle 18 Clubs der Bundesliga gleichmäßig verteilt. Weitere 50 Prozent werden anhand einer Fünf-Jahres-Wertung mit Blick auf das internationale Abschneiden ausgekehrt. Dabei erfolgt die Verteilung proportional zu den in dieser Wertung erzielten Punkten. Bei der Berechnung gibt es aber Unterschiede zur bekannten Fünf-Jahres-Wertung der UEFA: Um die Bewertung leistungsorientierter zu gestalten, werden insbesondere für das Erreichen der Gruppenphase in internationalen Wettbewerben keine Bonus-Punkte vergeben.

Die Verteilung der übrigen 25 Prozent basiert auf den Starts in Europa League und Champions League (inkl. Qualifikation) in den vergangenen zehn Jahren, wobei jede Teilnahme ein Punkt bedeutet. Die Auskehrung erfolgt proportional zur Anzahl der erzielten Punkte. Bevor die Clubs der Bundesliga indes zum Zuge kommen, wird die 2. Bundesliga ab der Saison 2017/18 zunächst mit jährlich 5 Millionen Euro an den internationalen Erlösen beteiligt. Dieser Betrag erhöht sich in den folgenden Spielzeiten jeweils um eine Million Euro.

Leider lassen sich diese Zahlen nicht so leicht finden oder berechnen wie die nationalen Werte, in diesem Jahr kommt hinzu, das EL/CL ja auch noch gar nicht beendet sind und sich so noch Verschiebungen ergeben können.

Der Betrag für die 2.Liga beträgt 8 Mio€, lt. Kicker sind dies gestaffelt 676T€ bis 300T€ pro Verein.
Der „25% gleichmäßig verteilen“-Sockelbetrag für die 1.Liga beträgt 2,75 Mio€ pro Verein, diese Summe bekommen Union Berlin und Arminia Bielefeld – denn (und das ist für sich auch ein erstaunlicher Nebenaspekt) alle anderen 16 Vereine der 1.Liga waren in den letzten zehn Jahren international wenigstens einmal dabei.
Lt. Kicker wäre Werder Bremen mit 3,6 Mio€ hier der Verein mit der geringsten Summe, der FC Bayern hingegen wird dann schon mit 36 Mio€ bedacht. Wie gesagt, die exakten Zahlen hierzu gibt es nicht, beim Kicker lassen sich aber immerhin die Werte der vergangenen Saison finden (Klickstrecke).

Ich habe die Werte der vergangenen Saison jetzt mal in etwa so angepasst, dass man – mit den genannten Beträgen für Bayern, Werder, Union und Bielefeld sowie den Werten der vergangenen Saison – in etwa auf die 180 Mio€ kommt, die der Liga hierfür zustehen. Gleiches hab ich mit den acht Millionen für Liga 2 getan und beides dann nochmal in ein Diagramm gegossen (ohne exakte Zahlen, da diese wie gesagt von mir nur grob kalkuliert sind):

Und hier wird es dann halt „schwierig“ (=Untertreibung).
Während bei der nationalen Vermarktung 70Mio€ (Bayern) zu 29 Mio€ (Letzter der 1.Liga) bzw. 7,5 Mio€ (Letzter der 2.Liga) halt noch ein Verhältnis ist, welches man irgendwie auch mit höheren Kosten und internationaler Wettbewerb rechtfertigen könnte(!), ist diese Verteilung der internationalen Gelder einfach nur noch ein Zementieren der Verhältnisse.
Bayern bekommt hier das 13-fache von Union und Bielefeld, die Berechnung für die Zweitligavereine könnt Ihr selbst anstellen.

Und: Die Gelder der UEFA für CL/EL sind hier noch nicht mal berücksichtigt! Diese kommen noch oben drauf, Bayern bekommt hier für die laufende Saison defensiv geschätzt 80 Mio€, der BVB dürfte am Ende bei ca. 60 Millionen € liegen. Wenn diese Vereine also mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit argumentieren, so sollte dieser Extra-Pool, aus dem sie ja auch seit Jahren aufgrund der eigenen Leistungen zurecht entlohnt werden, ausreichend sein.

Gesamterlöse

(Disclaimer: Wie eben erwähnt sind diese Werte jetzt nicht zu 100% korrekt, da der Verteilschlüssel für die internationale Vermarktung noch nicht final ist und von mir nur grob geschätzt wurde.
Das Gesamtverhältnis aber passt, ebenso der Wert ganz oben für Bayern sowie die Werte für Werder, Union, Bielefeld und Würzburg, dazwischen sind jeweils geringfügige Abweichungen möglich.)

Der FC Bayern landet hier bei ca. 106 Mio€, der Letzte Erstligist (Bielefeld) bei ca. 32 Mio€.
Statt 2:1 ist es jetzt schon ein Verhältnis von mehr als 3:1.
Und nochmals: Die UEFA-Gelder (ob nun 60, 80 oder 100 Mio€ ist da schon fast egal) kommen ja noch on top, beim Gesamt-Verhältnis sollte also eher mit mindestens 6:1 gerechnet werden!
Die Premier League hatte hier bei der letzten Erfassung (ebenfalls ohne UEFA-Gelder) ein Verhältnis von 1,6:1 – wahrscheinlich auch, weil man sich darüber im Klaren ist, dass die Top-Teams eben über den Europapokal ohnehin weitreichende Zusatzeinnahmen haben.
Wer also schon bei der TV-Tabelle für die nationale Vermarktung von „unfair“ spricht, der muss bei diesen Werten eigentlich weinend in der Ecke liegen.

Fazit: Es muss sich was ändern
Haha, ja, okay, für die Erkenntnis braucht es kein Studium, Danke.
Einen Vorschlag, wie es zukünftig anders gehen könnte, macht im Print-Kicker von Montag der kaufmännische Vorstand des FSV Mainz 05, Dr. Jan Lehmann.
Dieser sagt:

Die Argumentation Leistungsprinzip ergibt keinen Sinn mehr, weil die Erträge in den UEFA-Wettbewerben enorm gewachsen sind. […] Man müsste die Medienerlöse der Bundesliga […] komplett gleich verteilen und der 2.Liga wieder mehr Geld zur Verfügung stellen. […] Das mag bei manchen Klubs als nicht gerecht empfunden werden, die Frage ist nur: „Welche Liga wollen wir?“

Dr.Jan Lehmann (Mainz 05), Kicker vom 27.Juli 2020

Tja, gute Frage.
Und auf diese gilt es dann beim neuen Verteilungsschlüssel für die TV-Gelder ab der nächsten Saison eine Antwort zu finden.

Das DFL-Präsidium ist inzwischen recht ausgeglichen besetzt (auch FCSP-Präsident Oke Göttlich ist dort vertreten), die Corona-Krise scheint bei einigen Vereinen (notgedrungen) ein Umdenken zumindest möglich gemacht zu haben.
Und wenn man die oben aufgeführten Zahlen mal etwas sacken lässt, so wäre eine komplette 1:1-Verteilung der nationalen Vermarktung zumindest innerhalb der 1.Liga für den FC Bayern immer noch „Peanuts“, im Vergleich zu dem Mehrwert, den dies für viele andere Vereine schaffen würde.

Natürlich ist dies leichter gesagt als getan, die Schere zur 2.Liga sollte dabei natürlich auch nicht zu weit aufgemacht werden und von dieser gilt dann gleiches auch wieder mit dem Blick auf die 3.Liga, klar.
Aber ein gerechterer Schlüssel als jetzt sollte hoffentlich gefunden werden, dies ist die Aufgabe für die DFL in den nächsten Wochen und Monaten.

// Maik

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6 thoughts on “TV-Gelder: Die Beschönigung des Elends durch eine ungleiche Verteilung

  1. Aus dem Sportteil der heutigen FAZ:
    Es wird von ca. € 200 Mio Euro aus der internationalen Vermarktung ausgegangen. Dazu weiter:
    „[…] Denn neben den krisenbedingten Mindereinnahmen hält die DFL insgesamt € 45 Mio für Notfälle und die Finanzierung von Hygienekonzepten zurück. […]“

    Witzig, bzw. traurig ist:
    „[…] Neu ist zudem der Auszahlungsmodus: Die Klubs erhalten Ihr Geld niht mehr in Tranchen, sondern in Form von monatlichen Zahlungen. […]“
    Sinn: Verbesserung der Liquidität. Sinngemäß: Die können nicht mit Geld umgehen (haben und werden nix zurücklegen)… 😀

    1. Danke Dir.
      Der Kicker geht von 180 Mio€ aus – und was es nun genau ist macht beim aktuellen Verteilschlüssel auch eher nicht mehr viel aus.
      Und zum Sinngemäß: Ja, nun… war halt in der Vergangenheit immer noch irgendwie gut gegangen. Und jetzt ist das böse Erwachen da.

      1. Sehe ich auch so (Grundaussage bleibt gleich), wollte auch nicht klugscheissen oder an der Grundaussage rummäkeln, sondern lediglich ergänzende Infos zum Thema liefern.

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