Sportlich verbessert? – Ein Blick auf die Torhüter des FC St. Pauli

Sportlich verbessert? – Ein Blick auf die Torhüter des FC St. Pauli

10-4-10 – Das ist die jeweilige Anzahl an Spielen der im bisherigen Saisonverlauf eingesetzten Torhüter des FC St. Pauli. Zeit, mal ein wenig den Blick in die Daten zu werfen, um der Frage nachzugehen: „Hat sich der FCSP auf der Torhüter-Position sportlich verbessert?“
(Titelbild: Sportfoto Zink/via imago images/via OneFootball)

(alle Daten von wyscout)
Na klar, punktemäßig ist der Fall ziemlich deutlich: Mit Dejan Stojanović im Tor hat der FCSP 2.3 Punkte pro Spiel gesammelt. Nur einen Punkt gab es in den vier Spielen (also 0.25 Punkte pro Spiel) in denen Svend Brodersen im Tor stand und mit Robin Himmelamnn im Tor gab es für den FCSP 0.7 Punkte pro Spiel.

Die Gründe für die sehr gute Punkteausbeute von Dejan Stojanović sind natürlich nicht nur auf seine Leistungen im Tor zurückzuführen, da es noch einige weitere Veränderungen im Team gab. Gleiches gilt auch für die medial gern genutzte Statistik „Anzahl Gegentore“, die zu großen Teilen mit der Defensivleistung des gesamten Teams zusammenhängt (und natürlich auch mit Glück). Aber wie kann ein Torhüter denn individuell bewertet werden? Einmal mehr liefern die Daten eine etwas bessere Möglichkeit die Leistung der Torhüter zu betrachten.

Die Daten sprechen eine deutliche Sprache

Der Vergleich zwischen Svend Brodersen, Robin Himmelmann und Dejan Stojanović zeigt nämlich, dass Letztgenannter in allen verfügbaren Kategorien besser dasteht als seine Vorgänger im FCSP-Tor.

Eine interessante, aber alleine wenig aussagekräftige Kategorie ist der prozentuale Anteil der gehaltenen Bälle. Ein weiterer spannender Wert ist die Anzahl, wie oft ein Torhüter sein Tor verlässt. Das Rauslauf-Verhalten habe ich hier mit rein genommen, da dies eine der Schwächen von Robin Himmelmann gewesen sein soll. Zwar kann der Wert auch massiv durch die Spielweise des eigenen Teams beeinflusst werden, aber die Daten zeigen deutlich, dass es im Torwartspiel von Dejan Stojanović und Robin Himmelmann deutliche Unterschiede zu geben scheint und Stojanović wesentlich aktiver im Rauslaufen agiert.
Allerdings muss dieser Wert etwas eingeschränkt werden: Denn von 26 gelisteten Torhütern war Robin Himmelmann derjenige, der mit Abstand am wenigsten sein Tor verlassen hat. Auch Svend Brodersen ist nicht in den Top20 gelistet. Stojanović ist mit knapp 1.5 „Exits“ pro Spiel im Mittelfeld der Liga zu finden. Klar, ob und wie Keeper die Linie verlassen, hängt auch mit der Spielweise des gesamten Teams zusammen. Trotzdem, gerade da sich beim FCSP dahingehend eher wenig geändert hat (zumindest was das Rauslauf-Verhalten des Torhüters beeinflusst), ist hier eine Verbesserung zu erkennen.

(c) imago images/via OneFootball

Der Wert „gehaltene Bälle“ in Prozent gibt einen ersten Hinweis auf die Stärke im Kernbereich eines Torhüters, aber ist eben auch davon abhängig aus welchen Positionen die Torschüsse abgefeuert wurden. Und da in der Liste alle Torschüsse, egal ob Kullerball aus 37 Metern oder knallharte Dampframme ins linke Eck aus 2 Metern, gleich gewichtet werden, ist dieser Wert nicht viel mehr als ein erster Indikator (die zweite Tabelle gibt mehr Aufschluss).
Trotzdem können wir erkennen, dass Stojanović prozentual doch schon erheblich mehr Bälle hält als Brodersen und Himmelmann (69% vs. 58% vs. 62%). Im Ligavergleich liegt Stojanović damit im Mittelfeld (Rang 12 von 27 gelisteten Keepern), Himmelmann liegt auf Platz 22, Brodersen auf 25.

links: gehaltene Torschüsse (1 = 100%)
rechts: Verlassen des Tores pro 90min

Um von der Statistik „Anzahl Gegentore“ wegzukommen und auch den prozentualen Anteil der gehaltenen Bälle besser einschätzen zu können, müssen wir uns zusätzlich die „expected Goals against“ anschauen. Denn einzig die Kombination beider Werte gibt einen Hinweis darauf, ob ein Torhüter mehr Gegentore verhindern konnte als ein anderer Torhüter. Denn auf die Anzahl und Güte der gegnerischen Torschüsse hat ein Torhüter nur bedingt Einfluss (später mehr dazu). Entsprechend hat ein Torwart auch nur bedingt Einfluss auf die Anzahl der Gegentore. Ein Anzeiger für die Qualität eines Torhüters ist Kombination beider Werte: Hat ein Torhüter mehr Gegentore erhalten als nach xG wahrscheinlich, könnte das darauf hinweisen, dass er nicht die glücklichste Figur im Halten von Bällen ist. Andersrum weisen weniger Gegentore als nach xG möglich darauf hin, dass ein Torhüter eben etwas mehr Bälle hält als der Ligadurchschnitt.

links: Anzahl Gegentore pro 90min
mitte: expected Goals against pro 90min
rechts: preventes Goals (Gegentore vs. expected Goals)

Dejan Stojanović hat sich in seinen zehn Spielen für den FCSP pro Spiel 1.22 Gegentore gefangen (falls jemand nun 13 Gegentore durch zehn Spiele rechnet und zurecht die Augenbrauen hochzieht: der Wert ist auf „pro 90 Minuten“ gerechnet). Bei Svend Brodersen liegt der Wert bei 1.9, bei Robin Himmelmann stehen 1.8. Klingt erst einmal ziemlich deutlich, ist es aber nicht. Denn während Himmelmann und Brodersen auch jeweils recht hohe Torwahrscheinlichkeiten gegen sich pro Spiel hatten (1.46 bzw. 1.54), ist es bei Stojanović ein Wert von 1.2.
Das relativiert die Daten ein wenig. Die Kombination der Daten zeigt nämlich, dass alle drei im FCSP-Tor eingesetzten Torhüter in dieser Saison mehr Gegentore gefangen haben, als nach xG wahrscheinlich (bei Brodersen sei erwähnt, dass ein Tor mehr oder weniger aufgrund der geringen Spielzeit einen ziemlich großen Effekt hätte, daher sind diese Daten vorsichtiger zu bewerten als bei Stojanović und Himmelmann). Alle drei Torhüter haben entsprechend einen negativen Wert in der Kategorie „prevented Goals“. Der Wert von Stojanović ist hier jedoch kleiner als von Himmelmann und Brodersen und liegt fast bei Null.

(c) Peter Böhmer

Dieser Wert von Stojanović bei den „prevented Goals“ ist natürlich solide, denn er bedeutet, dass er hält, was ein Torhüter halten muss. Das ist schon bemerkenswert, da es nach seinen ersten Spielen im FCSP-Trikot ehrlich gesagt nicht wirklich so aussah (ich denke da an seine unglückliche Figur in Heidenheim und gegen Bochum). Da kann man schon sagen, dass er inzwischen etwas besser im Spiel zu sein scheint. So hat sich sein „prevented Goals“-Wert auch stetig verbessert.
Allerdings müssen wir auch hier einschränken: Zwar ist der Wert von Stojanović erheblich besser als der von Himmelmann, aber im Ligavergleich liegt Stojanović damit auf Platz 15 (Himmelmann und Brodersen auf den Plätzen 22 und 23 von 27 Torhütern).

Eine interne Verbesserung mit Luft nach oben

Die Daten zeigen also auch abseits der wenigen Gegentore, dass Dejan Stojanović eine Verstärkung im Tor des FC St. Pauli ist. Das zeigt sich zum Beispiel im Rauslauf-Verhalten und besonders in der Metrik „prevented Goals“, die herausrechnet, dass die Defensivleistung des FCSP allgemein besser geworden ist.
Was natürlich fehlt und was von den sportlich Verantwortlichen herausgehoben wird, sind die weichen Faktoren. Besonders die Lautstärke, mit der Stojanović zur defensiven Ordnung beiträgt scheint ein wichtiger Faktor zu sein, der in den Daten gar nicht berücksichtigt werden kann (übrigens habe ich die Quoten bei Pässen hier nicht angeführt, da es da nur äußerst geringe Unterschiede gibt).

Der Blick auf die Daten zeigt aber auch, dass im Tor des FC St. Pauli noch Luft nach oben ist. Eine Verbesserung in allen Statistiken ist zwar vorhanden, aber im Liga-Vergleich steht der FCSP auf der Torhüter-Position eher im Mittelfeld. Das dürfte in naher Zukunft zu einer schwierigen Entscheidung führen, wenn das Leihe-Ende von Stojanović naht.

// Tim

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3 thoughts on “Sportlich verbessert? – Ein Blick auf die Torhüter des FC St. Pauli

  1. Tim und seine wyscout-Daten sind zurück – YEAH!!

    Vielen Dank für die Aufbereitung, das untermauert mal wieder den gefühlten Eindruck. Ich gehe davon aus, dass wir die Option bei Dejan ziehen, ich kenne zwar den internationalen Markt nicht, aber auf dem deutschen Markt (Liga 1-3) sehe ich keinen so viel besseren Keeper, der zu einem gescheiten Preis zu haben wäre. Auf der anderen Seite ist Dejan noch nicht am Ende seines Entwicklungspotentials angelangt (gemessen an den bereits erzielten Verbesserungen vom 1. Spiel bis Harlsruhe), daher wäre es mir wohl auch recht.

  2. Danke für die Aufarbeitung, deckt sich absolut mit meinem subjektiven Gefühl.

    Gibt es eine Erfolgsbewertung bei leaving the line? Wenn nicht, wäre das etwas dass berücksichtigt werden sollte. Gut ist ja nicht gleich läuft oft raus.

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