Traumziel 1.Bundesliga? – Naja…

Traumziel 1.Bundesliga? – Naja…

Ja klar, die 1.Bundesliga ist ein Wunschdenken bei vielen FCSP-Anhänger*innen, mich eingeschlossen. Endlich mit den ganz Großen messen. Endlich Spiele gegen Dortmund, Bayern, Frankfurt, Gladbach und… ja, gegen wen eigentlich noch? Ein Text über die große Langeweile und den Attraktivitäts-Verlust, der sich in der 1.Liga Stück für Stück breit macht. Und ein Text, der ganz viel Meinung hat, die einfach mal raus muss.
(Titelbild: Sportfoto Zink/imago images/via OneFootball)

Nimmt man die aktuelle Tabelle der beiden Bundesligen zur Hand, dann ist es gar nicht mal unwahrscheinlich, dass in der nächsten Saison der VfL Bochum, Greuther Fürth und Holstein Kiel in der 1.Bundesliga spielen. Und es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass Schalke 04, der 1. FC Köln und sogar Hertha BSC Berlin diese Liga verlassen und ab nächster Saison in der 2.Liga spielen.

Somit könnte die 1.Bundesliga in der nächsten Saison wie folgt aussehen:

  • Bayern München
  • Borussia Dortmund
  • Eintracht Frankfurt
  • VfL Wolfsburg
  • RB Leipzig
  • Borussia Mönchengladbach
  • FC Augsburg
  • VfB Stuttgart
  • Union Berlin
  • SC Freiburg
  • VfL Bochum
  • Greuther Fürth
  • Holstein Kiel
  • Arminia Bielefeld
  • FSV Mainz 05
  • TSG Hoffenheim
  • Bayer Leverkusen
  • Werder Bremen

Große Klubs – vom Aussterben bedroht!

Ganz so wird es wohl nicht kommen. Aber die letzten Jahre haben gezeigt, dass Klubs mit großer Vergangenheit die Liga eher verlassen haben als solche, die eben nicht vor Tradition und Erfolgen platzen (zu den Gründen später mehr). Allein die finanzielle Situation um Werder Bremen lässt vermuten, dass es z.B. auch dort in den nächsten Jahren ganz eng werden könnte mit dem Verbleib in der 1.Liga.
Ohnehin, und hier sind wir auf meiner Gefühlsebene, zähle ich neben Borussia Dortmund, Bayern München und Werder Bremen nur noch drei Klubs aus der 1.Liga zu der Riege „großer Klub“: Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt, die sich in den letzten Jahren hochgearbeitet haben und den just erst wieder aufgestiegenen VfB Stuttgart. Das war es aus meiner Sicht. Alle anderen Klubs in dieser Auflistung zähle ich nicht zu denen, die primär für Attraktivität sorgen, sondern die von der Attraktivität der Bundesliga profitieren. Damit tue ich dem einen oder anderen Klub sicher etwas Unrecht, aber so ist mein persönliches Empfinden.

Frage in die Runde: Ist diese Liga attraktiver als eine Liga mit Klubs wie Schalke, Köln, Hertha, Nürnberg, Hannover, Karlsruhe, dem FC St. Pauli, Düsseldorf; Rostock, Dresden und dem HSV? Ich habe diese Frage für mich bereits beantwortet. Und ich vermute, dass ich nicht die einzige Person bin, die basierend auf den Klubs eine solche 2.Liga attraktiver findet. Das zeigen nicht nur die Zuschauerzahlen in pandemie-freien Zeiten sondern auch die TV-Quoten:

In der Auflistung der Sky-Quoten der Saison 19/20 fehlen durch Abwesenheit der VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld. Stuttgart, spielte in der Saison zuvor in der ersten Liga und kann da quotenmäßig mit Düsseldorf verglichen werden, die abgestiegen sind. Und ich tue Arminia Bielfeld sicher nicht unrecht, wenn ich behaupte, dass deren durchschnittliche Quote noch etwas niedriger als die von Stuttgart ist.

Das Problem für die Vermarktung der Bundesliga an dieser Statistik? Mit Hertha, Köln und Schalke könnten drei Teams aus den Top9 absteigen (mit Werder steckt ein weiteres vor einer schweren Krise). Das ist jetzt nicht mein persönliches Problem, sondern ein Problem für die gesamte Bundesliga. Das ist so groß, dass sogar Hans-Joachim Watzke, Boss bei Borussia Dortmund, sich zur Situation auf Schalke recht betroffen äußerte. Mit dem Abstieg weiterer Traditionsklubs verliert der ohnehin schon stark marode Wettbewerb Bundesliga weiter massiv an Attraktivität.

Selbst schuld!

Mit Attraktivität meine ich übrigens die Zugkraft, die einzelne Teams haben. Das hat nichts mit Sympathien zu tun. Einen Großteil der 36 Bundesliga-Klubs kann ich nicht leiden. Nein, aus sportlicher Sicht spielen die Klubs aus Augsburg, Mainz und Freiburg zurecht seit Jahren in der 1.Liga. Weil viele andere Klubs es verkackt haben. Im Interview mit dem MillernTon hat Prof. Dr. Henning Zülch deutlich gemacht, dass der Niedergang vermeintlich großer Klubs auch damit zu begründen ist, dass diese Klubs nicht überall professionell und unternehmerisch aufgestellt sind.
Das darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, denn es ist kein Unfall, dass die drei genannten Klubs seit Jahren in der ersten Liga spielen, während die Granden drumherum umfallen wie die Fliegen. In diesen Klubs wird anscheinend im Hintergrund eine erheblich bessere Arbeit gemacht. Das mag auch deshalb gelingen, da hier die Ziele deutlich realistischer formuliert sind als es in manchen altem und marodem Riesenkoloss der Fall ist. Kühle Kalkulation schlägt überbordende Emotion.
Eine gewisse Anzahl solch klug geführter Klubs verträgt eine Liga mit Sicherheit. Lange Zeit haben sie der Liga in der Rolle als „Fahrstuhl-Teams“ oder „Exoten“ sogar einen guten Dienst erwiesen. Inzwischen haben diese Klubs sich aber fest in der ersten Liga etabliert und sind zum Beispiel in Sachen TV-Geldverteilung den Klubs die zwischendurch in der 2.Liga waren weit enteilt (und werden es mit jedem Jahr weiter tun).
Das Fass zum Überlaufen bringen dann Klubs, die an der Attraktivität gänzlich partizipieren, aber kein bisschen dazu beitragen, dass die Liga an Attraktivität gewinnt. Oder hattet ihr mit viel Popcorn auf der Couch auf den Anpfiff von Hoffenheim gegen Leverkusen letzten Montag gewartet? Nein? Zurecht.

Die beste 2.Liga aller Zeiten? – Zumindest aus Fan-Sicht wird sie Jahr für Jahr attraktiver

Ich möchte hier gar nicht die große System-Kritik üben. Ich frage mich halt einfach nur, welche Liga ich attraktiver finde. Und da heute „Alles-ist-Scheiße-Tag“ ist, darf ich auch mal ungefiltert und ohne Ziel ein wenig rumnörgeln.
Aktuell entwickelt sich die 2.Liga zu einem echten Premium-Produkt, vor allem im Vergleich zur ersten Liga. Denn aus Fan-Sicht, zumindest aus meiner, sind die gegnerischen Teams in der zweiten Liga schlicht attraktiver. Mit dieser Meinung bin ich sicher nicht allein.
Hilft einem das jetzt irgendwie weiter? Vermutlich nicht. Aber es musste mal raus.

// Tim

Übrigens: Der Eindruck, dass früher alles besser war, ist sogar in Teilen richtig. Denn da die Bedeutung der Einnahmen durch Zuschauer*innen im Vergleich zu den Einnahmen durch TV-Gelder massiv abgenommen hat in den letzten drei Jahrzehnten, wird der Vorteil voller Stadien immer geringer. Klar, Einnahmen bei 80.000 Zuschauer*innen sind weiterhin erheblich höher als bei 10.000, aber die horrenden Einnahmen durch TV-Gelder, die es früher so nicht gab (auch die Unterschiede in der Höhe dieser Einnahmen nicht), haben inzwischen eine viel größere Bedeutung. Natürlich wird sich diese Lage durch die in dieser Saison nahezu komplett fehldenen Einnahmen durch das Ticketing noch einmal deutlich verschärfen. Eine Besserung ist also nicht in Sicht.

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3 thoughts on “Traumziel 1.Bundesliga? – Naja…

  1. …spielst ganz woanders
    …in Liga 2!!

    Damit ist eigentlich alles gesagt.
    Ich führs trotzdem (vereinfacht) aus:
    Da die neureichen Klubs so schnell wie möglich nach ganz oben wollen und dort dann – wie von Dir beschrieben – die Traditionsvereine verdrängen, wird die 2. BL jede Saison attraktiver. Und das, obwohl sie eh schon immer die geilste Liga war. Nach wie vor sind mir persönlich deswegen geile Spiele mit diversen Siegen dort viel lieber als 15, 16 Heim- und ähnlich viele Auswärtsklatschen im „Oberhaus“.

    Danke, Tim!!

  2. Moin Tim,
    Ich wuerde noch eine wichtige Sache hinzufuegen:
    Dadurch, dass immer weniger regulierte Marktmechanismen inzwischen den Fussball dominieren sieht man dort die gleiche Entwicklung wir auch in anderen Bereichen: Es bilden sich Monopole heraus, die die Regeln in ihren jeweiligen Industrie machen, so dass das „playing field“ in ihre Richtung verschoben wird.
    Konsequenz:
    –Private Firmen, wie Facebook, Twitter, Google haben einen immer groesseren Einfluss auf die Meinungsauesserung/mache, und haben die Macht zur Zensur
    –Klubs/Firmen, wie Bayern (Juventus etc) werden 7 Mal in Folge Meister
    Die erste Liga ist vor allem langweilig, weil der erste Platz bereits vergeben ist…

  3. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen! Außer vielleicht ein klichee! In der ersten Bundesliga steht schon am Anfang der Saison fest wer Meister wird und welche Vereine die Pältze belegen! Zumindest ist der Kreis jener die dafür in Frage kommen doch sehr überschaubar! Das macht die Liga auch nicht interessanter!!!! Ich möchte aber Spannung und mit fiebern beim Kampf um die Meisterschaft! Ich möchte Rückschläge und dann wieder Aufholjagden sehen!
    Das alles gibt es halt in der zweiten Liga und darum ist sie die geilste Liga!!!!!!

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