Vorbericht: SSV Jahn Regensburg – FC St. Pauli (34.Spieltag, 20/21)

Vorbericht: SSV Jahn Regensburg – FC St. Pauli (34.Spieltag, 20/21)

Am Sonntag tritt der FC St. Pauli zum letzten Saisonspiel in Regensburg an (Achtung, Anpfiff um 15.30!). Für den FCSP geht es tabellarisch um sehr wenig. Auch in Sachen TV-Geld kann sich nicht mehr so viel ändern. Allerdings sollte alles daran gesetzt werden die Saison mit einem guten Gefühl zu beenden. Anders ist die Lage beim Gegner aus Regensburg: Um ganz sicher zu gehen, dass das Team nicht noch in die Relegation muss, benötigt das Team einen Sieg.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Hört gerne rein in das letzte Vor-dem-Spiel – Gespräch dieser Saison. Da hat Yannick sich mit Tobias von 1889FM unterhalten und es ist, wie schon die gesamte Saison über, wieder sehr informativ.
Ich habe den letzten Vorbereicht zum Spiel gegen Hannover bekanntlich ausfallen lassen. Nicht, weil ich keine Lust hatte. Es passte zeitlich einfach nicht. Denn es gibt da noch andere Dinge, die meine Aufmerksamkeit beim MillernTon verlangen (bald gibt es dazu mehr). Und da fiel eben der Vorbericht aus, da es tatsächlich der Artikel in einer Spieltagswoche ist, der am meisten Zeit frisst. Meist beide PK’s schauen, die neuesten Entwicklungen beim Gegner checken, die Statistiken des Gegners auswerten, die letzten Aufstellungen anschauen und teils sogar noch ein paar Spielszenen ansehen. Das kostet mich meist zwei volle Abende. Macht aber trotzdem sehr viel Spaß – ich hoffe Euch auch.

Hier findet Ihr die Pressekonferenz des FCSP in voller Länge.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Diese Liste ist leider wieder ziemlich lang. Aber vermutlich ist sie auch deshalb etwas voller, da der FC St. Pauli die Verletzungen lieber voll auskurieren lassen möchte. In meinem letzten Vorbericht der Saison freue ich mich sehr, dass ich weder den Namen Buchtmann eintippen muss und ich auch nicht den Strich über dem o bei Ryō Miyaichi hier reinkopieren muss. Äh, nun gut, jetzt ist doch beides geschehen. Aber ich freue mich, dass beide Spieler nicht mehr in der Liste der Spieler auftauchen, die beim Spiel fehlen werden.

Dafür sind es aber eine ganze Reihe weiterer Spieler die fehlen werden beim letzten Saisonspiel. Ich habe das mal alphabetisch geordnet, damit niemand den Überblick verliert: Afeez Aremu (hat in Nigeria geheiratet), Christopher Avevor (weiter verletzt, Rückkehr zur Vorbereitung erscheint fraglich), Rico Benatelli (gesperrt), Marvin Knoll (Rücken), James Lawrence (gesperrt), Igor Matanović (Adduktoren), Sebastian Ohlsson (Innenband) und Eric Smith (Sprunggelenk) werden fehlen. Ganz schön viel Substanz also.

Da ist ganz schön viel grüne Wiese in Herzlake, weil inzwischen doch einige Spieler fehlen.
(c) Peter Boehmer

SSV Jahn Regensburg: Wer kann spielen, wer fehlt?

Bis Freitagmittag war die Pressekonferenz von Jahn Regensburg noch nicht online verfügbar (ich habe auch keine Ahnung, wann die stattfindet). Daher kann ich leider keinen Einblick in die Kader-Situation von Jahn Regensburg geben. Sicher ausfallen wird aber Innenverteidiger Jan Elvedi, der bisher Stammspieler war. Erik Wekesser, eigentlich gesetzt als Linksverteidiger, hat ihn zuletzt in der Innenverteidigung ersetzt. Weitere Verletzungen waren zumindest beim letzten Spiel gegen Sandhausen nicht vorhanden.
Wieder mit dabei ist der etatmäßige Rechtsverteidiger Benedikt Saller. Der hatte im Spiel gegen Bochum die rote Karte gesehen, seine Zwei-Spiele-Sperre aber am 33.Spieltag und im Nachholspiel gegen Kiel abgesessen und wird ziemlich sicher wieder in der Startelf stehen.

Was hat Jahn Regensburg zu bieten?

Eine Serie von neun sieglosen Spielen. Nur drei Unentschieden hat das Team in dieser Zeit geholt. Eine Erklärung für diese Serie könnte der Februar liefern. Da musste nämlich das gesamte Team von Jahn Regensburg in Quarantäne. Seit das Team wieder auf dem Platz steht, gab es nur gegen den VfL Osnabrück einen Sieg. Es ist zumindest denkbar, dass das Team die Quarantäne nicht ganz so gut weggesteckt hat, wie zum Beispiel Holstein Kiel oder der SV Sandhausen. Das wäre bei der physischen Spielweise durchaus ein möglicher Ansatzpunkt.
Allerdings zeigt der Blick in die Hinrunde, dass es womöglich auch der Spielplan ist, der für diese Serie sorgt. Denn mit Greuther Fürth, Holstein Kiel, Heidenheim, Hannover 96 und dem VfL Bochum waren gleich mehrere Schwergewichte der Liga Gegner (einen der drei Punkte aus den letzten neun Spielen holte Regensburg übrigens gegen den HSV). Auch in der Hinrunde legte Jahn Regensburg eine ähnliche Serie hin. Mit dem Unterschied, dass das Spiel gegen den SV Sandhausen im Anschluss gewonnen wurde. Das haben sie in der Rückrunde nicht geschafft. Und daher ist am letzten Spieltag ein Abrutschen auf den Relegationsrang noch möglich.

Seit neun Spielen sieglos, aber das Saisonziel noch vor Augen: Das defensiv kompakte und offensiv schwache Team von Jahn Regensburg.
(imago images/via OneFootball)

Sollte Jahn Regensburg am letzten Spieltag die Klasse halten, es wäre im Klub als Erfolg zu werten. Denn das Team zählt nach verschiedenen Statistiken zu den schwächsten der Liga (in diesem Artikel werden sie auf Platz 15 geführt und die gleiche Position nehmen sie auch beim ClubElo-Ranking ein). Dabei müssen aber Defensive und Offensive klar getrennt werden:

Denn Jahn Regensburg hat die fünftwenigsten Torschüsse aller Zweitligisten zugelassen. Nach der Hinrunde lag das Team hier sogar auf dem zweiten Rang. Grund hierfür ist ein seit Jahren stoisch praktiziertes 4-4-2 mit Doppelsechs, bei dem die Defensive so etwas wie die Blaupause für die viel zitierte „Kompaktheit“ darstellt. Ein ganz unangenehm zu bespielender Gegner.

Statistisch lässt sich dieser Fokus auf die Defensive auch erkennen: Jahn Regensburg führt die meisten Defensiv-Zweikämpfe pro Spiel und hat mit Innenverteidiger Scott Kennedy the one and only besten Zweikämpfer der Liga im Kader (knapp 79% gewonnene Duelle). Zudem bestreitet das Team die zweitmeisten Kopfballduelle pro Spiel und begeht mit Abstand die meisten Fouls der Liga. Das zeigt sich auch bei der Kartenstatistik. Bei den Gelben Karten liegt Erik Wekesser (14x Gelb) uneinholbar auf dem ersten Platz. Benedikt Saller (8x Gelb, 1x Rot) und der super robuste Sechser Benedikt Gimber (viertmeiste Zweikämpfe der Liga – 6x Gelb, 2x Gelb-Rot) sind da ebenfalls vorne dabei.

Die Intensität mit der Jahn Regensburg die Defensivarbeit betreibt, zeigt sich auch in den Parametern „Challenge intensity“ (Defensivaktionen pro Minute) und „PPDA“ (zugelassene Pässe bis zur ersten Defensivaktion), wo sie im Ligavergleich ebenfalls ziemlich weit vorne zu finden sind. Keine Frage, auf Spiele gegen Regensburg hat niemand Bock. Die Intensität betont auch Timo Schultz auf der PK, hebt dabei vor allem die Anzahl der Sprints und die Sprintdistanz von Regensburg hervor.

Keine Ahnung, wie der Zweikampf wirklich endete, aber in 4 von 5 Fällen hat Scott Kennedy diese Saison solche Duelle gewonnen.
(imago images/via OneFootball)

Offensiv ist die Lage dann schon eine ganz andere. die Spielidee von SSV-Trainer Mersad Selimbegovic sieht vor, dass sein Team möglichst zügig nach Ballgewinn den Weg nach vorne sucht. An längeren Ballbesitzphasen ist das Team nicht interessiert. Dabei geht Regensburg ein hohes Risiko den Ball direkt wieder zu verlieren. Nur ein einziges Team hat mehr Bälle verloren als Jahn Regensburg. Nur jeder fünfte Versuch die gegnerischen Ketten zu überspielen, kommt beim Mitspieler an. Kein Team hat auch nur ansatzweise eine solche schwache Quote.

Ebenfalls alles andere als gut ist Jahn Regensburg bei Standards: Zwei Tore nach Ecken bedeuten die wenigsten aller Klubs. Zudem ist dem Team erst ein Tor außerhalb des Sechzehnmeterraums gelungen. Das ist für ein Team, welches fast die Hälfte seiner Schüsse „von draußen“ nimmt (die fünftmeisten der Liga!) eine richtig dürftige Ausbeute.

Klarer Zielspieler bei Jahn Regensburg ist Andreas Albers, der mit zwölf Saisontoren mehr als ein Drittel aller Tore (34) von seinem Klub erzielt hat. Zudem führt er ligaweit die drittmeisten Kopfballduelle pro Spiel, was ein Zeichen für die Spielweise vom Jahn ist, mit einer Exit-Strategie (langer Ball auf den Stürmer), wenn der Gegnerdruck zu groß wird (Spitzenreiter dieser Kategorie ist übrigens Simon Makienok).
Auf dem Weg zum Erfolg setzt Jahn Regensburg vermehrt auf Dribblings seiner beiden Außenbahnspieler (viertmeiste Dribblings der Liga). Das ist allerdings gnadenlos ineffektiv, denn das Team hat mit Abstand die schlechteste Erfolgsquote bei Dribblings in der Liga.

Erfolgreicher ist da schon der sehr starke Max Besuschkow auf der Sechs. Der kann nämlich auch schon zwölf Torbeteiligungen vorweisen. Drei Tore hat er selbst erzielt, eine Vorlage gegeben und dazu noch satte sechs secondary assists (der vorletzte Pass) und zwei third assists (der vorvorletzte Pass) geliefert. Damit ist er ebenfalls an mehr als jedem dritten Tor der Regensburger direkt beteiligt. Ein richtig guter Spieler.
Zudem ist er auf der Doppel-Sechs in Kombination mit dem eher defensiv arbeitendem Benedikt Gimber das Herzstück von Jahn Regensburg. Beide Spieler physisch sehr stark und zufällig genau dort präsent, wo der FC St. Pauli am liebsten reinspielt im Aufbau. Auf meine Frage, wie der FC St. Pauli mit dieser physisch starken Doppel-Sechs umgehen möchte, betonte Timo Schultz, dass er direkten Duellen mit diesen beiden Spielern aus dem Weg gehen und diese Spieler mit den „Rautenspielern rauslocken“ möchte, damit der FCSP „in der letzten Linie ein 1-gegen-1 kreieren“ kann, weil Schultz dort Tempovorteile sieht. Primäres Ziel sei es aber erstmal „die erste Pressinglinie zu überspielen, da sie sehr stark und aggressiv anlaufen„.

Dreh- und Angelpunkt bei Jahn Regensburg: Max Besuschkow
(imago images/via OneFootball)

Mögliche Aufstellung

Egal, in welcher Formation der FC St. Pauli antreten wird, es fehlt mindestens ein Sechser im Kader. Denn Rico Benatelli ist gesperrt, Afeez Aremu in der Heimat, Eric Smith und Marvin Knoll verletzt. Sogar James Lawrence und Sebastian Ohlsson, die aus meiner Sicht für diese Position infrage kommen, fehlen beim letzten Saisonspiel. Der FC St. Pauli hat also keinen nominellen Sechser im Kader. Oder etwa doch? Max Brandt und Franz Roggow haben auf dieser Position in der U19 und (nur Brandt) der U23 gespielt. Allerdings werden sie gegen Regensburg keine Option sein, da beide keine Spielberechtigung haben, wie Timo Schultz auf der PK berichtet. Schade. Als Optionen listet Timo Schultz stattdessen Adam Dźwigała, Rodrigo Zalazar und Finn Ole Becker auf.

Da Jahn Regensburg meist mit zwei Spitzen und offensiven Außenbahnspielern agiert, habe ich mich gefragt, ob ein 3-5-2 nicht die bessere Formation wäre. Hierzu antwortete Timo Schultz auf der PK: „Auf jeden Fall. Das wäre für die Konterabsicherung eine sehr interessante Variante. Auf der anderen Seite haben wir uns aber auch mit unserem Rauten-System gut in die Abläufe eingearbeitet. (…) Da wägt man als Trainer gut ab: Ist das ’ne Option oder würde es die Mannschaft sogar eher verunsichern. Es würde aber unser grundsätzliches Problem auf der Sechs nicht ändern.
Gerade den letzten Satz würde ich nicht unbedingt unterstreichen. Ich denke, dass es durchaus eine gute Variante wäre, wenn die „Last der Sechs“ auf mehrere Schultern verteilt werden würde und könnte mir das eigentlich gut vorstellen. Aber die Argumente von Timo Schultz kann ich ebenfalls gut nachvollziehen. Daher tippe ich mal auf die Mittelfeldraute.

Auch weiter vorne sind einige Änderungen zumindest denkbar: Ich persönlich würde mich sehr darüber freuen das Duo Kyereh/Daschner gemeinsam auf dem Platz zu sehen. Und es ist nicht unwahrscheinlich, da Kyereh auch gut eine Position nach vorne rücken könnte (als Ersatz für Marmoush). Möglich ist aber auch, dass der FCSP auf das Tempo von Dittgen im Vergleich zur Innenverteidigung von Regensburg setzen möchte.

Fraglich ist auch, wie sich die Innenverteidigung des FC St. Pauli zusammensetzt. Als Ersatz für Lawrence stünden Adam Dźwigała, Tore Reginiussen und Daniel Buballa bereit. Auch wenn Dźwigała im internen Ranking die Nase vorn zu haben scheint, könnte Buballa zum Einsatz kommen, besonders wenn die Formation ein 3-5-2 werden würde.
Kein Fragezeichen gibt es auf der Torwartposition. Schultz machte auf der PK klar, dass Dejan Stojanović gegen Regensburg im Tor stehen wird. Denkbar wäre es zwar auch gewesen, dass Brodersen (feiert höchstwahrscheinlich seinen Abschied) und Smarsch (aus Gründen der Weiterentwicklung) spielen, aber die Leistungsgründe bei Stojanović überwiegen (vielleicht ist es ja auch sein letztes Spiel im FCSP-Trikot).

Ebenfalls einige Fragezeichen gibt es bei Jahn Regensburg. Allerdings beziehen sich diese ausschließlich auf die Offensive und nicht auf die Formation oder die Defensive. Gesetzt scheint einzig Andreas Albers. Neben ihm könnte sowohl Jann George als auch Kaan Caliskaner, aber auch David Otto oder Andre Becker starten.
Auf den Außenpositionen bieten sich ebenfalls einige Optionen. so hat sich z.B. zuletzt unser ehemaliger Spieler Jan-Marc Schneider in der Startelf befunden, aber auch der starke Albion Vrenezi. Ebenfalls eine richtig gute Option ist Sebastian Stolze, der nach der Saison zu Hannover 96 wechselt. Auch Jann George startete zuletzt auf der Außenbahn.

Endlich vorbei!

90 Minuten plus Nachspielzeit noch, dann ist diese Saison vorbei. Der Urlaub für das Team des FC St. Pauli beginnt dann auch direkt im Anschluss an das Regensburg-Spiel. Ehrlich gesagt wurde das auch Zeit. Nicht, weil die sportlichen Leistungen des FC St. Pauli keinen Spaß gemacht haben. Nein, weil der Profifußball unabhängig vom sportlichen Geschehen auf nahezu allen Ebenen ein ziemlich trauriges Bild abgegeben hat. Ich hoffe sehr, dass zum Start der neuen Saison Fans in den Stadien diese Tristesse wieder knallbunt anmalen dürfen.

Forza!
// Tim

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2 thoughts on “Vorbericht: SSV Jahn Regensburg – FC St. Pauli (34.Spieltag, 20/21)

  1. Moin Tim, danke für den wie immer tollen Vorbericht. Aber zum Thema Doppel-Sechs, hat Schule nicht sogar auf der PK, bevor du nach dem 3-5-2 gefragt hast gesagt das es eine Möglichkeit wäre das Loch auf der Sechs zustopfen. Er hat diese Aussage zwar später quasi revidiert aber sie getätigt bevor dazu eine Frage gestellt wurde. Vielleicht sehen wir also doch eine Doppel-Sechs am Sonntag.

    1. Ja, das halte ich auch für möglich – verteilt die Last auf mehrere Schultern. Andererseits überlegt er auch, ob die „Rautenspieler“ die Sechser von Regensburg rausziehen. Und ich 3-5-2 gibt es ja keine Raute. Ich denke daher, dass noch keine finale Entscheidung zur Aufstellung getroffen wurde.

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