Eine Frage der Effizienz! – Die besten Torjäger der 2. Bundesliga

Eine Frage der Effizienz! – Die besten Torjäger der 2. Bundesliga

Zwanzig Saisonspiele sind in der 2. Bundesliga absolviert. Zeit sich mal ausgiebig mit den Stürmern der Zweitligisten zu befassen. Dabei gibt es durchaus einige Überraschungen und gute Gründe, warum Angreifer besser/schlechter sind als ihr Ruf. Klar ist aber auch: Während ich diese Zeilen hier schreibe, ist einer der besten Stürmer der 2. Liga gerade dabei jene zu verlassen.

Ein Tor ist ein Tor?

Na klar, als Angreifer in einem Team sollte man bestenfalls auch die meisten Tore erzielen oder aber so etwas wie der kongeniale Partner des Top-Stürmers sein. Wir werfen heute mal einen Blick auf eben jene Kernkompetenz von Stürmern und schauen uns etwas mehr an, als einfach nur die Anzahl der erzielten Tore, da diese Angabe das Bild einfach immer verfälscht. Zum Start schauen wir mal auf die Tore pro 90 Minuten:

Da ist dann gar nicht so viel neue Info im Vergleich zur klassischen Torschützenliste dabei. Abgesehen vielleicht von Felix Platte. Der hat beim SC Paderborn in nur 15 Spielen gleich acht Tore erzielt und da er bei diesen 15 Einsätzen gleich viermal erst spät eingewechselt wurde, sind seine acht Tore etwas höher einzuschätzen, als z.B. die neun Saisontore von Karlsruhes Philipp Hofmann, der bisher erst überhaupt 16 Minuten auf dem Platz verpasst hat.

Felix Platte (im Bild gerade gegen den HSV erfolgreich) hat trotz wenig Spielzeit bereits beachtliche acht Saisontore auf dem Konto.
(Martin Rose/Getty Images/via OneFootball)

Ganz vorne ist das Bild seit Jahren unverändert: Simon Terodde ist und bleibt der toremäßig erfolgreichste Stürmer der 2. Bundesliga. 14 Saisontore sind es bisher aus 16 Spielen. Das läuft wieder auf eine Saison mit deutlich mehr als 20 Toren hinaus. So wie er sie in den Vorjahren in der 2. Liga beim HSV, beim 1. FC Köln, beim VfB Stuttgart und beim VfL Bochum hatte. Keine Frage, Simon Terodde ist ein echter Top-Stürmer mit Super-Quote und das seit Jahren. Wenig verwunderlich, dass er mit nun 156 Toren Rekordtorschütze der 2. Bundesliga ist.
Aber die Anzahl der Tore allein ist natürlich nicht alles. Es kommt auf den Kontext an. Simon Terodde ist große Klasse, keine Frage. Aber er spielt(e) eben auch zumeist bei echten Top-Teams der Liga. Da ist das Toreschießen dann vielleicht etwas einfacher als woanders. Daher müssen wir unbedingt einen Blick „hinter die Kulissen“ der Torschützenliste werfen.

Wer Tore schießen möchte, muss auch schießen – aber richtig!

Ohne Torschuss kein Tor, das ist klar. Aber wieviele Torschüsse benötigen die Top-Stürmer der Liga eigentlich, um Tore zu erzielen. Ganz oben bei der Anzahl der Torschüsse steht ein Spieler, der von vielen (fälschlicherweise?) als bester Stürmer der Liga bezeichnet wird:

Die Anzahl der Torschüsse von Marvin Ducksch ist beeindruckend: Fast viermal schießt er pro Spiel auf das Tor. Paderborns Kai Pröger und die zweite Hälfte der „hässlichen Vögel„, Niclas Füllkrug, liegen hier mit einigem Abstand auf den vordersten Plätzen.
Warum Pröger trotz dieser hohen Anzahl an Torschüssen noch nicht mehr als vier Saisontore erzielt hat, zeigt dann gleich die nächste Grafik. Beim SV Werder Bremen sollte jedoch die obere Grafik bereits ein wenig Kopfzerbrechen bereiten. Denn Füllkrug und Ducksch haben zwar zusammen bereits 18 Saisontore erzielt. Aber das ist gar nicht mehr so viel, wenn man sich anschaut, wie oft beide auf das gegnerische Gehäuse ballern. Denn nur weniger als 15% ihrer Torschüsse werden auch Tore. Das ist ziemlich ineffezient.

Ganz anders sieht die Sache bei Pascal Testroet aus. Er ist enorm effezient und braucht nur sehr wenige Torschüsse. 30% der Torschüsse von Testroet führen zu einem Tor für den SV Sandhausen. Gar nicht auszumalen, wo Sandhausen ohne diese Effektivität von Testroet (die er übrigens seit Jahren zeigt) stünde.
Der effektivste Angreifer der 2. Liga, bezogen auf die Torschüsse, spielt bei Hansa Rostock: Jeder dritte Torschuss von John Verhoek ist ein Treffer. Das ist richtig stark und ebenfalls überlebenswichtig. Denn die zehn Saisontore von Verhoek stellen fast die Hälfte aller Rostocker Tore diese Saison. Eine schwächere Quote kann sich Verhoek daher eigentlich nicht erlauben, wenn Rostock die Klasse halten will.

John Verhoek (hier im Duell mit St. Paulis Nikola Vasilj) ist einer der effektivsten stürmer der 2. Bundesliga.
(Martin Rose/Getty Images/via OneFootball)

Torschuss ungleich Torschuss

Aber ein Torschuss ist natürlich nicht gleich ein Torschuss. Um die Abschlussstärke von Spielern zu beschreiben, muss auch immer die Güte der Torchancen bemessen werden. Ihr wisst sicher, was jetzt kommt:

Denn wenn man die Torschüsse mal anhand der expectedGoals-Werte gewichtet, dann sieht das alles nicht mehr so richtig beeindruckend aus, was z.B. Marvin Ducksch produziert. Unter anderem Nürnbergs Manuel Schäffler, Ducksch, Füllkrug, Robert Glatzel vom HSV und Philipp Hofmann haben weniger Tore als nach xG wahrscheinlich erzielt. Auch Tim Kleindienst vom 1. FC Heidenheim, letzte Saison noch enorm effektiv, zählt zu jenen Spielern, bei denen ein höherer xG-Wert steht, als sie Tore erzielt haben. All jene Spieler sind aktuell ineffezient.

Vergleicht man die xG-Werte mit den Zahlen zu den Torschüssen, so wird auch klar, warum Kai Pröger nicht so wirklich eine Abschlussschwäche vorgeworfen werden kann. Denn Pröger erzielte sogar mehr Tore als nach xG wahrscheinlich, da er meist aus schlechten Positionen abschließt (dass er das tut, ist dann womöglich ein anderes Problem).

Richtig effezient ist Sven Michel. Diese Daten dürften ein Grund sein, warum er vor einem Wechsel zu Union Berlin steht. Denn Michel erzielt deutlich mehr Tore als nach xG wahrscheinlich (pro 90 Minuten erzielt er knapp 0.7 Tore, hat aber „nur“ einen xG von 0.4). Ebenfalls effizient ist das wohl beste Sturm-Duo der 2. Liga, Philipp Tietz und Luca Pfeiffer vom SV Darmstadt, die vor der Saison sicher niemand so richtig auf dem Zettel hatte. Beide erzielten mehr Tore (zusammen 23) als nach xG wahrscheinlich.

Mit 31 Jahren aktuell stärker als je zuvor: Sven Michel, hier noch im Trikot des SC Paderborn.
(c) Peter Böhmer

Ebenfalls sehr gut in dieser Statistik platziert ist Guido Burgstaller vom FC St. Pauli, der aktuell mit 15 Saisontoren die Torschützenliste der Liga anführt. Burgstaller hat die meisten Treffer, obwohl gleich sieben Spieler einen höheren xG-Wert pro 90 Minuten haben, als er. Darunter befinden sich unter anderem die „hässlichen Vögel“ aus Bremen, aber auch die Unterperformer Glatzel und Schäffler, sowie der effiziente, aber spielarme Felix Platte und, natürlich, Simon Terodde, der mit einem xG-Wert von 0.7 pro Spiel enorm herausragt.

Wer ist nun der Beste?

Eine wirkliche Antwort werde ich nicht geben. Sicher ist aber, dass einer der besten Torjäger der Liga wohl nicht mehr in dieser auflaufen wird. Sven Michel hat nicht nur 14 Tore selbst erzielt, sondern auch sieben aufgelegt. Das ist besonders bemerkenswert, da er nicht einmal der Standardschütze bei Paderborn war (wie z.B. auch Kyereh bei St. Pauli und im Gegensatz zu Ducksch). Damit ist er an fast zwei Drittel der Paderborner Tore direkt beteiligt gewesen.
Aber klar, an Simon Terodde muss man in diesen Statistiken erst einmal vorbeikommen. An Burgstaller aber auch. Was aber aus FCSP-Sicht fraglich bleibt: Wer sollte eigentlich neben Guido Burgstaller spielen? Das schauen wir uns morgen mal im Detail an.

//Tim

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