Der kommende Gegner: SSV Jahn Regensburg

Der kommende Gegner: SSV Jahn Regensburg

Samstagabend, 20:30, Flutlicht. Der SSV Jahn Regensburg empfängt den FC St. Pauli zum Top-Spiel des 22. Spieltags. Allerdings haben beide Teams aktuell ein paar Probleme mit den Ergebnissen. Besonders Regensburg ist nach sehr gutem Saisonstart Stück für Stück in der Tabelle abgerutscht. Trotzdem bleibt das Team einer der unangenehmsten Gegner in der 2. Bundesliga und wird dem FCSP ziemlich viel abverlangen.
(Titelbild: Stuart Franklin/Getty Images/via OneFootball)

Vorweg: Ihr merkt, dass dies nicht der Vorbericht ist, den ihr sonst gewohnt seid. Wir probieren da mal was Neues aus, denn die Vorberichte sind zuletzt einfach viel zu üppig geworden. Wir möchten aber nicht darauf verzichten, euch alle relevanten Infos zukommen zu lassen, sondern splitten den Vorbericht nun testweise mal in zwei Teile: Einen mit Fokus auf die Situation beim FC St. Pauli und einen mit Fokus auf den jeweiligen Gegner. Lasst uns gerne wissen, was ihr davon haltet.

Wenn ihr mehr über den Saisonverlauf und die allgemeine Entwicklung von Jahn Regensburg wissen möchtet, dann empfehle ich euch das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Casche mit Robert von 1889fm.

Wer kann spielen, wer fehlt?

Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic berichtete auf der Pressekonferenz von einer recht entspannten Personal-Situation: Scott Kennedy und Jan-Niklas Beste sind wieder voll im Training und dürften Optionen für das Spiel gegen den FC St. Pauli sein. Bei Beste (fehlte seit Ende November aufgrund eines Muskelfaserrisses) deutete Selimbegovic aber an, dass er wohl noch nicht voll einsatzfähig sein dürfte. Kennedy fehlte letzte Woche beim Spiel auf Schalke aufgrund der enormen Reise-Strapazen, die er mit der kanadischen Nationalmannschaft hatte. Definitiv noch nicht so weit ist Joël Zwarts, der erst in den nächsten Tagen ins Team-Training einsteigen wird.
(By the way: Ich schaue mir gerne Pressekonferenzen mit Mersad Selimbegovic an. Der kommt immer sehr aufgeräumt und bodenständig daher.)

Was hat Jahn Regensburg zu bieten?

Eine relativ ähnliche Situation wie der FC St. Pauli, wenngleich die Zahlen sich sehr viel schlechter lesen: Sieben Niederlagen gab es in den letzten neun Spielen. Nach einem überragendem Saisonstart ging es in der Tabelle seit dem neunten Spieltag von Platz 1 hinunter auf Platz 9. Dabei waren die Leistungen zuletzt gegen Kiel und Schalke gar nicht so schlecht. Selimbegovic betont, dass es sich bei allen Spielen dieser Saison um „Kleinigkeiten“ handele, die den Ausschlag über Sieg oder Niederlage geben würden. Einzig das Hinspiel klammert er aus, denn da sei der FC St. Pauli klar besser gewesen.

Pizza-Grafik der Kern-Statistiken von Jahn Regensburg nach 21 Spieltagen der Saison 21/22

Timo Schultz hob auf der Pressekonferenz vor dem Spiel die „brutale Physis“ und „extreme Laufstärke“ der Regensburger Spieler hervor. Das trifft den Kern ziemlich genau, denn das Team verfügt in der Defensive mit Spielern wie Gimber, Breitkreuz, Elvedi und Kennedy über knallharte Zweikampfstärke. Besonders Benedikt Gimber auf der Sechser-Position ist hervorzuheben. Kein Sechser in der Liga führt mehr Defensiv-Zweikämpfe, nur Schalkes Palsson geht häufiger in Kopfballduelle. Die Innenverteidiger Kennedy und Breitkreuz scheuen ebenfalls keine direkten Duelle und liegen jeweils bei der Anzahl als auch bei der Quote in den Top10 der Liga.

Eine weitere Besonderheit ist in der Offensive zu finden: Denn die 40 bisher erzielten Saisontore teilen sich auf 15 verschiedene Torschützen auf (Ligaspitze). Das ist eine Breite, die zwar auch der FCSP fast aufweisen kann (14 versch. Torschützen), aber bemerkenswert ist, dass kein Spieler mehr als fünf Tore erzielt hat, sich die Tore also vielmehr auf die Spieler verteilen als beim FCSP, wo viele Spieler erst ein einziges Tor erzielt haben. Das hängt zu einem nicht unerheblichen Teil auch mit der Stärke bei Standards zusammen, die Jahn Regensburg besitzt, wie Schultz hervorhebt. Aber es ist auch ein Ausdruck von einer Schwäche im Kader von Regensburg: Es fehlt ein klassischer Knipser.

Die obere Pizza-Grafik, sie ist eher Chronisten-Pflicht. Denn wirklich viele Infos können daraus über Jahn Regensburg nicht gewonnen werden. Das Team ist zweifelsohne ein sehr besonderes in der 2. Bundesliga. Denn sie spielen ein sehr krasses und irgendwie sehr radikales Pressing, welches eigentlich allen Gegner Probleme bereitet. Hierzu mal ein Schema, welches ich nach dem Hinspiel angefertigt hatte:

Ja, das sieht chaotisch aus, denn das ist es auch. Es ist genau das, was Jahn Regensburg erzeugen will. Während viele Teams unbedingt verhindern wollen, dass die Gegner den Ball im Aufbau ins Zentrum gespielt bekommen, hat genau das bei Regensburg ein wenig System. Zwar versucht das Team häufig das Spiel auf die Außenbahn zu lenken, aber sollte mal der gegnerische Pass ins Zentrum gelingen, schnappt eine bemerekenswerte Pressingfalle zu, die aus gleich sechs Spielern besteht. Viel detaillierter und besser beschrieben wurde diese Spielweise von Jasmine Baba zu Beginn der Saison.

Angesprochen auf diese doch sehr spezielle Art und Weise des Pressings meinte Timo Schultz: „Der Vorteil bei Ballgewinn im Zentrum ist, dass Du schneller zum gegnerischen Tor kommen und in allen Winkeln nach vorne spielen kannst. Wenn Du mit Besuschkow und Gimber zwei starke Spieler in der Balleroberung auf der Sechs hast, dann bietet sich das auch an. Aber es birgt auch einige Risiken. wenn der Gegner das Pressing brechen kann, dann läuft man Gefahr, dass man ne offene Situation relativ zentral vor dem Tor zulässt.“ – So wirklich nach Bedenken aufgrund des Regensburger Pressings klingt das nicht, Schultz scheint das eher als Chance zu sehen. Das könnte damit zusammenhängen, dass sein Team im Hinspiel sehr gut mit dieser Spielweise klargekommen ist. Auf die leichte Schulter darf das Regensburger Pressing trotzdem nicht genommen werden.

Wenn Jahn Regensburg Bälle im Pressing gewinnen kann, dann geht die Post meist richtig ab. Das Team spielt eher wenige Pässe pro Spiel, aber verhältnismäßig viele davon sind lang, progressiv und gehen direkt ins letzte Drittel. Schultz beschreibt es als ein Spiel mit „viel Vertikalität, einer super Besetzung der Box und vielen Flanken aus dem Halbfeld„. Ich nenne es brandgefährlich für den FC St. Pauli.

Auf wen gilt es zu achten?

Klar, viele Spieler von Jahn Regensburg verfügen über eine hervorragende Physis. Nicht nur die defensive Zentrale, auch auf den Außenbahnen ist das der Fall. Vorne im Zentrum ist mit Andreas Albers ein klarer Zielspieler, der enorm kopfballstark ist (meiste Kopfbälle auf das gegnerische Tor) und inzwischen sogar mehr lange Bälle zugespielt bekommt, als Simon Makienok auf Seiten des FC St. Pauli. Einziges Manko: Albers hat diese Saison erst drei Tore erzielt (letzte Saison waren es insgesamt 13).

Ich betone in jedem Vorbericht, wenn es gegen Jahn Regensburg geht, wie toll ich Max Besuschkow finde, der neben Gimber auf der Doppel-Sechs spielt. Auch Timo Schultz hebt die Qualitäten von Besuschkow hervor: „Er ist ein Spieler, der von der Arbeit gegen den Ball lebt, aber auch fußballerisch nach vorne gute Lösungen hat und immer wieder torgefährlich wird.„. Glücklicherweise, aber irgendwie auch ein bisschen komisch, dass ich bisher noch nie nach einem Spiel die enorme Qualität von ihm hervorheben musste. Ich hoffe sehr, dass das auch nach diesem Spiel der Fall sein wird.

Max Besuschkow und Benedikt Gimber, SSV Jahn Regensburg
Sicher eines der besten Duos der Liga auf der Sechser-Position: Max Beuschkow (links) und Benedikt Gimber.
(Sebastian Widmann/Getty Images/via OneFootball)

Mögliche Aufstellung

Mit den Optionen, die es für den FC St. Pauli in Sachen Aufstellung gibt, habe ich mich bereits gestern befasst. Ich rechne mit James Lawrence für Ziereis in der Startaufstellung und ansonsten keinen Veränderungen, auch wenn es gerade in der Offensive und vielleicht auch auf der Acht durchaus denkbare Möglichkeiten gibt.

Auch bei Jahn Regensburg rechne ich nicht damit, dass es viele Veränderungen im Vergleich zum letzten Spiel geben wird. Eventuell kehrt Scott Kennedy zurück in die Innenverteidigung (für Elvedi) und David Otto könnte Carlo Boukhalfa in der Offensive ersetzen. Da Jan-Niklas Beste noch nicht wieder fit ist, dürfte erneut Erik Wekesser (der nach der Saison nach Nürnberg wechselt) auf der offensiven Außenposition starten.
Viele Optionen scheint es aber in Sachen Veränderungen in der Startelf ohnehin nicht zu geben: Robert sagte im VdS-Gespräch, dass es Jahn Regensburg an der nötigen Breite im Kader fehle und sich allein deswegen eine ziemlich klare Hierachie im Team ergeben würde.

Erwartete Aufstellung im Spiel SSV Jahn Regensburg gegen FC St. Pauli

Der SSV Jahn Regensburg ist ein unangenehmer Gegner, weil er sehr physisch daherkommt und mit seinem doch sehr speziellen Pressing die anderen Teams vor eine Herausforderung stellt. Timo Schultz vergaß auf der PK nicht zu betonen, dass die Serie von sieben Niederlagen aus den letzten neun Spielen nicht die Qualität von Regensburg wiederspiegelt.

Auch wenn man das Ergebnis vorher natürlich nicht kennt, sollte man davon ausgehen dürfen, dass es nicht 0:0 am Ende heißt. Denn wenn in dieser Saison Jahn Regensburg an Spielen beteiligt ist, fallen die meisten Tore. 66 sind das bisher, was einem Schnitt von knapp 3.2 Toren pro Spiel entspricht. Das könnte also Spaß machen, auch wenn Mersad Selimbegovic auf der PK betonte, dass es die Kernaufgabe seines Teams sei dem FC St. Pauli „den Spaß zu nehmen„. Ich sage dazu nur: Ein bisschen Spaß muss sein, dann kommt das Glück von ganz allein! (*tanzend ab)

//Tim

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4 thoughts on “Der kommende Gegner: SSV Jahn Regensburg

  1. Das Splitten der Artikel wirkt auf mich etwas künstlich. Die Auseinandersetzung mit den Wirkungen der Stärken und Schwächen der Teams in einem Artikel würde ich bevorzugen.

  2. Moinsen,
    ich mag einen Text mit Infos über beide Teams in einem Artikel besser.
    Klar, beim Aufsplitten kommt noch mehr handfeste, gute Recherche mit wichtigem Inhalt heraus, aber einen etwas kürzeren Text reicht mir irgendwie zur Einstimmung. Die beiden Aufstellungen und Erwartungen fürs Spiel ergänzen sich ja auch zumindest zum Teil.
    Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Tim ganz traurig wird, wenn er nicht alles aufschreiben darf, was er rausgefunden hat. Dann solltest du das auch lieber machen, lieber Tim 😉

  3. Sehr fleißig seid ihr beide im Schreiben in den letzten Tagen, da komme ich kaum noch hinterher, alles zu lesen.

    Das Splitten ist trotzdem gut, der FCSP-Artikel ist mir viel wichtiger, über den Gegner mal schnell rübergehuscht reicht aus (sorry Tim), weil ich deren Namen eh nicht so kenne und nach 1,9 Sekunden auch wieder vergessen habe. In dem bisherigen Einen Text war das auch schon so.
    Um beim Spiel dann mit deinen Taktikrätseln zum kommenden Spiel gegenüber der Bezugsgruppe anzugeben, kann ich mir einzwei taktische Finessen auswendig lernen, zu mehr bin ich auch nicht in der Lage. Dafür brauche ich dich weiterhin!

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