Vorbericht: Eintracht Braunschweig – FC St. Pauli (11.Spieltag, 22/23)

Vorbericht: Eintracht Braunschweig – FC St. Pauli (11.Spieltag, 22/23)

Am Samstag ist der FC St. Pauli an der Hamburger Straße bei Eintracht Braunschweig zu Gast. Den FCSP erwartet ein Gegner der offensiv vor allem über Umschaltmomente gefährlich werden kann und darf mit viel Ballbesitz rechnen. Der Vorbericht.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Rund 2.250 Tickets hat der FC St. Pauli für die Partie in Braunschweig verkauft. Der Gästeblock wird also erwartungsgemäß ausverkauft sein. Auf dem Weg nach Braunschweig empfehle ich euch das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Yannick mit Anna, in dem es um sehr viel mehr als nur die aktuelle Situation bei Eintracht Braunschweig geht.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Für die Partie bei Eintracht Braunschweig wird einzig Christopher Avevor sicher ausfallen. Leart Paqarada ist wieder im Team-Training und könnte für das Spiel eine Option sein, wie Timo Schultz auf der Pressekonferenz vor dem Spiel berichtete. Auch bei Jackson Irvine gibt es ein Fragezeichen. Er hat Fußprobleme und musste unter der Woche teilweise mit dem Training aussetzen. Ein Einsatz ist eher unwahrscheinlich.

Eintracht Braunschweig: Wer kann spielen, wer fehlt?

Braunschweigs Trainer Michael Schiele berichtete auf der Pressekonferenz vor dem Spiel davon, dass Ron-Thorben Hoffmann nach Corona-Infektion wieder zur Verfügung steht (und nebenbei wurde er ziemlich in Verlegenheit gebracht, als es um seinen auslaufenden Vertrag ging). Der Torhüter stand die ersten beiden Saisonspiele im Kasten, musste aber für den „ewigen“ Jasmin Fejzic (36 Jahre, 234 Spiele für Braunschweig) weichen und dürfte auch gegen den FCSP auf der Bank sitzen.

Auch Immanuel Pherai fehlte letzte Woche beim Unentschieden gegen den 1. FC Kaiserslautern aufgrund einer Erkrankung, wie der Verein erklärte. Pherai hat zu Wochenbeginn noch individuell trainiert, ist nun aber fit und einsatzbereit, wie Schiele vermeldete. Somit fehlen den Braunschweigern die Innenverteidiger Saulo Decarli und Philipp Strompf (beide Muskelverletzung), sowie Mittelfeldspieler Emil Kischka (Bronchitis) und Offensivkraft Mehmet Ibrahimi (Muskelfaserriss).

Was hat Braunschweig zu bieten?

Einen schwachen Saisonstart hat das Team von Schiele hingelegt, verlor die ersten vier Ligaspiele jeweils ohne eigenes Tor. Und das trotz ansprechender Leistungen, wie zum Beispiel zum Auftakt zuhause gegen den HSV. Erst am fünften Spieltag gab es die ersten Tore für das Team und mit dem 2:2 gegen Düsseldorf die ersten Punkte der Saison. Es folgte eine deutliche Niederlage gegen Arminia Bielefeld, aber dann gab es acht Punkte aus den letzten vier Spielen und somit liegt das Team mit neun Punkten aktuell auf dem Abstiegsrelegationsplatz.

Pizza-Grafik mit den Kern-Statistiken von Eintracht Braunschweig nach zehn Spieltagen in der 2. Bundesliga der Saison 22/23.

Eine Statistik fällt negativ auf bei den Braunschweigern: Das Team hat den geringsten Ballbesitzanteil der zweiten Liga. Auffällig ist aber auch, dass es dem Team trotz diesen geringen Ballbesitzanteils recht häufig gelingt in Offensivaktionen zu gehen. Es werden viele Dribblings geführt, Flanken geschlagen, es gibt viele Ballkontakte im gegnerischen Strafraum und nur zwei Teams geben bisher mehr Torschüsse ab als Eintracht Braunschweig. Zudem gibt es auch nur zwei Teams in der Liga, die häufiger sprinten als Braunschweig.

Fokus auf Umschaltmomente

Wie passt das zusammen? Sehr gut sogar – denn die Kombination aus wenig Ballbesitz und vielen Sprints zeigt den offensiven Fokus des Teams an: Es geht nach Ballgewinn darum schnellstmöglich umzuschalten. Das ist keine Neuheit, denn mit dieser Spielweise unter Michael Schiele ist das Team in der Vorsaison aufgestiegen. Beschrieben wurde der Fokus auf offensive Umschaltmomente jedenfalls schon weit vor Saisonbeginn. Auch Timo Schultz sieht das so:

„Eintracht Braunschweig hat eine sehr sprintstarke Mannschaft, gerade in vorderster Linie mit Kaufmann und Ujah. Sie schalten sehr gerne und gut offensiv um. Es liegt an uns die Umschaltmomente und Ballverluste zu minimieren und, wenn überhaupt, die Bälle in den richtigen Positionen mit dem richtigen Personal zu verlieren. Es wird aber sicher darauf ankommen, dass wir bei unseren Basics, Laufstärke und -intensität, wieder am Anschlag sind.“

Timo Schultz zum Braunschweiger Fokus auf Umschaltmomente.

Schultz hebt also die Offensivreihe der Braunschweiger hervor. Besonders Neuzugang Anthony Ujah habe seine „Stärken, wenn er seine Robustheit einbringen kann.“ und es gelte für die FCSP-Innenverteidiger „nahe an ihm dran zu sein und am besten schon die Pässe zu ihm zu verhindern.“. Der 31-jährige kam vor der Saison von Union Berlin und hat, nach einigen Partien zum „Warmwerden“, in den letzten vier Spielen vier Tore erzielt.

Ein „Zocker“ in Braunschweig

Wenn es darum geht, dass bereits die Pässe auf Ujah verhindert werden sollen, dann muss es dem FC St Pauli vor allem darum gehen Immanuel Pherai in Griff zu bekommen. Der 21-jährige legt gerade eine bemerkenswerte Debüt-Saison in der zweiten Liga hin. Er hat letzte Saison noch in der 3. Liga für die U23 von Borussia Dortmund gespielt und mit einiger Verwunderung wurde sein Wechsel nach Braunschweig von vielen Seiten zur Kenntnis genommen, da nicht wenige einen Wechsel zu Klubs auf einem höheren Level erwartet hatten.

Pherai aber zog es nach Braunschweig, wo er einen Vertrag bis 2024 unterschrieb. Und direkt vom Start weg zeigte er, dass er auch in der zweiten Liga Spielverläufe mitbestimmen kann: Kein Spieler im offensiven Mittelfeld bringt aktuell mehr erfolgreiche Pässe im Strafraum zum Mitspieler, niemand hat einen höheren „expected Assists“-Wert und nur ein gewisser Mats Møller Dæhli hat mehr Dribblings gewonnen. Die Qualitäten vom enorm kreativen Pherai betont auch Timo Schultz:

„Ein toller Fußballer, ein richtig guter Zocker. Er ist zwischen beiden Strafräumen unterwegs, wird trotzdem auch selbst torgefährlich und kann seine Mitspieler in Szene setzen. Er ist ein sehr kompletter Fußballer, obwohl er noch jung ist und hat auch schon in Dortmund nachgewiesen, dass er auf dem Niveau in den Spielen den Unterschied ausmachen kann. Er ist sicher ein Spieler, bei dem wir uns Gedanken machen müssen, wie wir seinen Wirkungskreis einschränken, da er sich überall auf dem Platz rumtreibt. Pherai nicht zur Entfaltung kommen zu lassen wird eine der Kernaufgaben für uns werden.“

Timo Schultz über Immanuel Pherai.
Eintracht Braunschweig v SV Darmstadt 98 - Second Bundesliga
Immanuel Pherai (hier im Duell mit Darmstadts Tobias Kempe) ist eine der großen Entdeckungen diese Saison in der zweiten Bundesliga.
(Martin Rose/Getty Images/via OneFootball)

Doch nicht nur die Offensive von Eintracht Braunschweig wurde vor der Saison entscheidend verstärkt, auch in der Defensive hat sich das Team verbessert. In der Innenverteidigung kamen Filip Benkovic (leihweise von Udinese Calcio) und der aktuell verletzte Saulo Decarli (Bochum) zum Team. Zudem hat Braunschweig Anton Donkor (aus Mannheim) und Nathan de Medina (Bielefeld) verpflichtet. Timo Schultz hebt vor allem die beiden zuletzt in der Dreierkette spielenden Neuzugänge hervor: „Benkovic und de Medina haben ihn noch einmal Stabilität verliehen.“.
Die Statistik spricht da eine etwas andere Sprache: Nur drei Teams lassen mehr Torschüsse zu, als Eintracht Braunschweig und nur ein Team hat einen höheren gegnerischen xG-Wert vorzuweisen.

Mögliche Aufstellung

Ziemlich sicher wird sich der FC St. Pauli mal wieder gegen eine Dreierkette beweisen dürfen/müssen. Denn Schiele ließ sein Team bisher in acht von zehn Ligaspielen so auflaufen und somit wird es erneut zu einer Prüfung kommen, wie gut das Team von Timo Schultz gegen Dreierketten und mit umschaltstarken Teams klarkommt. Der letzte Versuch gegen so ein Team endete ziemlich desaströs mit 0:2 in Rostock.

Erwartete Aufstellung beim Spiel Eintracht Braunschweig gegen den FC St. Pauli.

Beim FC St. Pauli rechne ich mit einer Rückkehr von Leart Paqarada, ohne genau zu wissen, wie fit er ist. Aber die Worte von Timo Schultz klangen ziemlich positiv und gerade weil der FCSP gegen in Braunschweig damit rechnen muss viel Ballbesitz zu haben, wäre Paqarada sicher hilfreich. Und das kann ich schreiben, ohne zeitgleich zu meinen, dass Lars Ritzka letzte Woche gegen Heidenheim nicht richtig gut gespielt hätte.

Tannenbaum-Formation?

Etwas pessimistischer bin ich, was einen Einsatz von Jackson Irvine betrifft. Denn im Gegensatz zu Paqarada hat er mit dem Training aussetzen müssen und zum Zeitpunkt der Pressekonferenz war nicht einmal klar, ob er überhaupt wieder trainieren kann. Ich rechne damit, dass er erneut durch Afeez Aremu ersetzt werden wird.

Das gute Spiel von Aremu am letzten Wochenende gegen den 1. FC Heidenheim, aber auch der Einsatz von Lukas Daschner als zweite Spitze, haben mich ein wenig Grübeln lassen, welche Formation eigentlich am besten zum Team passen würde. Ich habe dabei die sogenannte Tannenbaum-Formation als bestmögliche identifiziert (Der Daschner-Aremu-Komplex), da sich bei diesem System alle Spieler auf ihren bestmöglichen Positionen wiederfinden würden. Ob das aber gegen eine Dreierkette von Braunschweig sinnvoll ist, da bin ich nun gar nicht mehr so sicher. Denn die Tannenbaum-Formation hat mehr oder weniger die gleichen Schwachstellen wie die Mittelfeldraute.

Ich weiß auch nicht, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Auswärtsspiele in Braunschweig für den FC St. Pauli immer besonders wichtig sind (wir hatten das mal historisch aufgearbeitet). Und irgendwie kommt der FCSP auch jedes Mal nicht mit der besten tabellarischen Situation dort an. So wäre auch dieses Mal ein Auswärtssieg (worauf ja bereits seit mehr als einem halben Jahr gewartet wird) enorm wichtig, um sich nicht plötzlich ganz tief in der Tabelle wiederzufinden, bevor die Stadtmeisterschaft ansteht. Am besten wäre also ein deutlicher Sieg, zu Null und mit drei Stürmer-Toren und im Anschluss wird bis zur Winterpause rauschhaft die gesamte Liga niedergemäht. Die Realität sieht (wahrscheinlich) anders aus, das Spiel bei Eintracht Braunschweig wird ein ganz hartes Stück Arbeit für den FC St. Pauli.

Forza!
// Tim

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