Lage am Millerntor – 17. Oktober 2022

Lage am Millerntor – 17. Oktober 2022

Der FC St. Pauli gewinnt das Derby, die Polizei dreht frei, die U19 siegt beim BVB – und vieles mehr. Die Lage am Montag.

FCSP News

Derbysieger!

Ach, das war ja schon ganz okay am Freitag – zumindest, wenn man es auf das Stadioninnere beschränkt.
Zum Drumherum und dem Einsatz der Polizei dann weiter unten mehr.
Zum Sportlichen habt Ihr schon jetzt die Auswahl zwischen der ausführlichen Analyse von Tim und dem Cherrypicking besonderer Derbymomente von mir. Selbstverständlich könnt Ihr auch beides lesen.
Und auch das „Nach dem Spiel“-Gespräch von Casche mit Lasse ist online.
Ansonsten war es der höchste Sieg des FCSP seit 1960, als man am Millerntor mal mit 4:1 gewann.

Schön war’s! // (c) Peter Böhmer

Zur Erinnerung: Der HSV hatte aus den letzten sechs Spielen 16 Punkte geholt und auswärts seit April (in Kiel) alles gewonnen. St. Pauli hingegen ging mit sieben sieglosen Partien ins Derby – aber wie das so ist, umso länger Serien dauern, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit sie zu beenden. Es wäre natürlich ganz hilfreich, wenn man am nächsten Wochenende auch gleich in Bielefeld die Auswärtsserie beenden würde, aber zuvor steht ja noch das Pokalspiel in Freiburg an.
Und natürlich gibt es auch noch mehr Links zum Derby:

Lage der Liga

Darmstadt 98 (2:1 beim KSC) und der SC Paderborn (3:0 gegen SV Sandhausen) haben ihre Hausaufgaben gemacht und den HSV auf Rang drei verdrängt.
Für den FC St. Pauli (14 Punkte, Platz 12) war der Sieg natürlich auch in der Tabelle immens wichtig – vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang lassen die Reise nach Bielefeld dann doch etwas gelassener antreten.
Eben diesen Relegationsrang hat aktuell die SpVgg Fürth inne, nachdem man gegen Hansa Rostock in Überzahl (Big John Verhoek hatte in der 62. Minute Gelb-Rot gesehen) in der Nachspielzeit per Strafstoß das 2:2 kassiert hatte. Für die Vereinsführung gleichzeitig das endgültige Zeichen, die im Sommer begonnene Zusammenarbeit mit Trainer Marc Schneider wieder zu beenden.

Fanszene News

Polizeigewalt

Die Szenen vor dem Spiel dürften noch einige Zeit lang Gesprächsgegenstand sein. Tim hat dazu bereits eine ausführliche Schilderung aus eigenem Erleben veröffentlicht, die Bilder / Videos dürftet Ihr im Verlauf des Wochenendes auch alle gesehen haben – wir verzichten hier trotzdem auf direkte Verlinkung.
Der Verein reagierte schnell mit einer Stellungnahme auf Twitter, alles weitere dürfte nun noch ein paar weitere Gespräche erfordern – aber die Vorfälle sollten nicht folgenlos bleiben. Beim Abendblatt wird Sascha Böttner, Hamburger Fachanwalt für Strafrecht wie folgt zitiert:

„Selbst wenn man davon ausgeht, die Ingewahrsamnahme basiere auf einem berechtigten Anlass, wären die Schläge mit der Faust in die Rippenregion und mit dem Ellenbogen auf den Hinterkopf dennoch nicht gerechtfertigt.“

Sascha Böttner im Abendblatt (€€)

Dass Böttner mit viel Realismus ausgestattet ist, wird dann leider im abschließenden Satz deutlich, angesprochen auf das Strafverfahren, welches nach einer Anzeige nun gegen den Polizisten eingeleitet wurde:

„[…] Meistens werden solche Verfahren eingestellt.“

Sascha Böttner im Abendblatt (€€)

Er schränkt natürlich ein, dass es immer um den Einzelfall geht und man dafür sowohl die Aussage des Polizisten als auch ggf. seine Vorgeschichte / Polizeiakte kennen müsse, um das seriös zu beurteilen – wir wissen ja aber alle aus genügend Vorfällen der Vergangenheit, dass sein obiges Zitat eben in den allermeisten Fällen zutrifft.

Im Spiegel wurde Kriminologe Thomas Feltes interviewt, der sich bereits in der Vergangenheit häufig klar zu Fehlverhalten der Polizei, insbesondere im Fußballkontext geäußert hat. Auch er sieht hier klare Grenzüberschreitungen und stellt fest, dass die gefilmten Maßnahmen keinerlei Rechtfertigung haben können. Er äußert auch die Hoffnung, dass es zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kommt und diese dann nicht eingestellt werden.

// NDR (1), NDR (2) ZDF, Abendblatt (€€), Spiegel

Update: Inzwischen gibt es eine Stellungnahme des Vereins zu mehreren Themen, zu der ich ebenfalls einen Kommentar verfasst habe.
Update II: Und jetzt auch noch einen weiteren Text, der sich schon sehr viel besser liest.

Einlasssituation am Gästeblock

Völlig anderes Thema: Die Einlasssituation war am Freitag ganz offensichtlich „schwierig“. An der Gegengerade bildeten sich unfassbar lange Schlangen, was dann kurz vor Anpfiff dazu führte, dass man die noch Wartenden fast ohne Kontrolle durchgehen ließ.
Deutlich schlechter war die Situation am Gästeeingang, wie der HSV Supporters Club mitteilte: // Twitter

Klar, ein Stadion in der Innenstadt bietet naturgemäß Nachteile und ein nahezu zeitgleiches Eintreffen von 3.000 Gästefans ist eine Extremsituation für den Einlass. Nach Augenzeugenberichten war außerdem auch hier die Rolle der Polizei zu hinterfragen, welche sich in die Einlasskontrollen einmischte und diese auch nicht gerade beschleunigte.
Wichtig aus meiner Sicht im Statement natürlich auch der Hinweis auf die print@home Tickets, die einfach zu Missbrauch einladen. Unabhängig davon, dass die Scanner am Millerntor verlässlich arbeiten sollten (und es leider auch im Heimbereich nicht immer tun), sind die allgemeinen Bestrebungen (unabhängig vom FCSP), die „echten“ Eintrittskarten langsam verschwinden zu lassen, auch aus diesem Grunde abzulehnen.

FC St. Pauli von 1910 e. V.

Regionalliga Nord (m/w)

Hmmmmmja, nee, das war nicht so richtig erfreulich.
Die 1. Frauen hatte die erwartet schwere Aufgabe und musste sich Zweitligaabsteiger SV Henstedt-Ulzburg mit 0:5 geschlagen geben. Dabei war die Messe schon nach dem 0:4-Rückstand zur Pause gelesen.
Die Tabellensituation als Vorletzter hat sich damit logischerweise auch nicht verbessert – am kommenden Sonntag um 13.00h steht das Kellerduell beim Tabellenletzten Jahn Delmenhorst an.

Und auch bei der U23 sah es nicht besser aus: 30 Minuten vor dem „großen“ Derby war Anstoß im „Sportpark Eimsbüttel“ (zum neuen Namen siehe Lage vom Freitag). Am Ende standen auch hier fünf Gegentore und ein 5:1 (3:0) für die Gastgeber. Aus dem Profikader waren Dennis Smarsch, Jannes Wieckhoff und Marcel Beifus dabei, Wieckhoff erzielte in der 85. Minute dann auch den Ehrentreffer.

Durch den Punktabzug für Jeddeloh und den TSV Havelse bleibt man „immerhin“ auf Rang 17, der Abstand zum direkten Klassenerhalt beträgt aber bereits fünf Punkte und sollte schnell reduziert werden. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich kommenden Sonntag um 14.00h, wenn der bereits abgeschlagene Tabellenletzte Kickers Emden anreist.

U19 siegt im DFB-Pokal bei Borussia Dortmund

Yeah! Das war doch mal eine Erfolgsmeldung am Samstagmittag: Die FCSP U19 hat im DFB-Pokal Achtelfinale beim BVB mit 2:1 (0:0) gewonnen und steht somit im Viertelfinale. Nur noch zwei Siege bis Berlin…
Beim Tabellenführer der Bundesliga West und Teilnehmer an der UEFA Youth League entfaltete sich von Beginn an ein ausgeglichenes Spiel, dem zunächst die Torchancen fehlten. Das änderte sich mit fortschreitender Dauer und der erste Treffer fiel dann für Braun-Weiß in der 66. Minute: Max Marie traf per direktem Freistoß aus gut zwanzig Metern. In der 87. Minute wollte Til Kauschke dann den Ball eigentlich nur in die Mitte flanken, doch am Ende senkte sich das Ding im langen Eck ins Tor.
Der Anschlusstreffer in der Nachspielzeit war dann egal, dicke Gratulation! // Twitter

Folgende Gegner können es im Viertelfinale werden:

  • 1. FC Köln
  • Hertha BSC
  • VfB Stuttgart
  • FSV Mainz 05
  • Holstein Kiel
  • Schalke 04
  • 1. FC Nürnberg oder RaBa Leipzig (Spiel am 22.10.)

Ich gehe mal davon aus, dass die Auslosung erst nach der letzten Partie erfolgen wird.

Döntjes

Stade Reims sieht Rot

Meine Lieblingsstatistik des Wochenendes kommt von Stade Reims aus der französischen Ligue 1:

  • 2 (11. Spieltag beim FC Lorient)
  • 1 (10. Spieltag gegen PSG)
  • 1 (9. Spieltag beim ES Troyes)
  • 1 (8. Spieltag gegen AS Monaco)
  • 1 (7. Spieltag beim FC Toulouse)
  • 1 (6. Spieltag gegen RC Lens)
  • 1 (5. Spieltag bei Angers SCO)
  • 1 (4. Spieltag gegen Olympique Lyon)

Hierbei handelt es sich jeweils um die Anzahl der Platzverweise in den Spielen von Stade Reims seit dem 4. Spieltag. Neun Stück insgesamt, davon zwei Mal glatt Rot für den jeweiligen Gegner und gleich sieben(!) Platzverweise für Stade Reims – fünf Mal glatt Rot und zwei Gelb-Rote Karten.
So gesehen aller Ehren wert, dass man mit neun Punkten aus elf Spielen aktuell keinen Abstiegsplatz belegt.

Machtmissbrauch im Profifußball

„Draußen Held, drinnen Gewalt – das Schweigen der Spielerfrauen“
Das ist die Überschrift eines Artikels bei Correctiv.org, in Zusammenarbeit mit der Süddeutschen Zeitung. Es geht um den Machtmissbrauch von Profifußballern in Beziehungen, es geht um physische und psychische Gewalt, Unterlassungserklärungen und vieles mehr. Unter anderem erwähnt wird Jérôme Boateng, dessen Ex-Freundin Kasia Lenhardt im Februar 2021 tot in ihrer Wohnung aufgefunden wurde, man geht von Selbstmord aus.

Während „häusliche Gewalt“ im amerikanischen Profisport und insbesondere in der NFL immer wieder Schlagzeilen macht und von der Liga sanktioniert wird (ich schreibe das mal wertfrei, denn über die Härte der Bestrafung kann man sicher diskutieren), ist das gleiche Thema in Europa weiterhin meist ein Tabu.
Ich werde den Artikel hier nicht zusammenfassen, denn er ist es wert, von Euch in voller Länge gelesen zu werden.

Zu guter Letzt

Wenn man denkt, man hat schon alles erlebt: In England verzögerte sich der Anstoß zwischen Hull City und Birmingham City, weil… ja, tatsächlich, weil die Tore zu hoch waren! 2 Inch (etwa 5 Zentimeter) mussten abgesägt und das Hawkeye (Torlinientechnik) anschließend neu kalibriert werden. // Twitter

Forza St. Pauli!
// Maik

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

Print Friendly, PDF & Email

One thought on “Lage am Millerntor – 17. Oktober 2022

  1. Danke für das Erwähnen der Stellungnahme der HSV Supporters. Im Großen und Ganzen finde ich die sehr gut und nachvollziehbar. Was ich aber einfach nicht verstehe, und das schwächt diese Erklärung leider deutlich ab, wie man sich ernsthaft darüber beschwert, das das Stadion nicht früher aufgemacht wurde.

    Es war doch keine Überraschung – und bekannt. Und vielleicht ist es dann auch besser sich mit dem HSV-Fanmarsch etwas später zu treffen oder später zu starten oder etwas langsamer zu gehen. Ich kapier‘s einfach nicht… Klar, die AOL Arena macht 120 Minuten vor Anpfiff auf. Aber war es am Millerntor (außerhalb der Pandemiehochzeiten) jemals anders als 90 Minuten vor Start?

    Nun ja, hier dafür eigentlich falscher Ort und daher ende ich nun lieber.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert