Abschied mit Planungssicherheit

Abschied mit Planungssicherheit

Leart Paqarada wird seinen im Sommer auslaufenden Vertrag beim FC St. Pauli nicht verlängern und stattdessen zum 1. FC Köln wechseln. Das ist ein herber Verlust für den FCSP, aber immerhin gibt der Zeitpunkt Planungssicherheit.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Nein, für einen richtig großen Schock dürfte diese Nachricht nicht gesorgt haben. Denn dass Leart Paqarada die Qualität hat, um in der Bundesliga zu spielen, wurde spätestens in der letzten Saison deutlich. Entsprechend rechneten viele bereits vor Start der Saison 22/23 damit, dass der Linksverteidiger den FC St. Pauli verlassen und sein Glück eine Liga höher versuchen würde.

Doch Paqarada blieb beim FCSP. Nicht nur das, er wurde sogar zum Kapitän des Teams ernannt. Nicht wenige behaupteten im Anschluss, dass genau dieser Move überhaupt dazu führte, dass er geblieben ist. Leart Paqarada sollte endgültig zum Führungsspieler beim FC St. Pauli reifen.
Doch obwohl er in der Hinrunde 22/23 seine individuellen Leistungen im Vergleich zur Vorsaison bestätigen konnte: Die schwache Hinrunde seines Teams konnte auch er nicht verhindern.

Bester Linksverteidiger der 2. Bundesliga

Wie gut Leart Paqarada nicht nur diese sondern auch letzte Saison spielt und gespielt hat, zeigt der Blick in die Statistiken: In der letzten Saison gab es keine einzige für Außenverteidiger relevante Statistik, in der Paqarada unterdurchschnittliche Werte vorzuweisen hatte. Einzig die Flankengenauigkeit war durchschnittlich. Alle anderen Statistiken waren überdurchschnittlich, teilweise sogar Liga-Bestwert (sämtliche wichtige Pässe, sowie die Flankenanzahl).

Radar-Grafiken von Leart Paqarada aus den Saisons 21/22 (Blau, links) und 22/23 (Gelb, rechts) jeweils im Vergleich zum Median (Rot) aller Außenverteidiger der 2. Bundesliga.

In dieser Saison gibt es bisher keinen Außenverteidiger mit mehr erfolgreichen Offensivaktionen als Paqarada. Er schlägt die meisten Flanken, hat den höchsten Wert bei den erwarteten Vorlagen (xA – obwohl er weniger Standards schlägt als in der Vorsaison) und ist führend in allen Pass-Statistiken. Während seine Zweikampfquote am Boden im Vergleich zur Vorsaison etwas besser geworden ist, ist die Erfolgsquote in der Luft unterdurchschnittlich. Ansonsten zeigen die Statistiken aber auch in dieser Saison ganz klipp und klar: Leart Paqarada ist der beste Linksverteidiger der 2. Bundesliga.

Und so ist es wenig verwunderlich, dass Paqarada Interesse von Bundesliga-Vereinen auf sich gezogen hat. „Er spielt seit Jahren sehr konstant, er ist sehr spielintelligent, verfügt über ein hohes technisches Vermögen, ist auch unter hohem Gegnerdruck sehr sicher im Spielaufbau, hat sehr viele Lösungen.“ sagte Kölns Sportchef Christian Keller (der Paqarada während seiner Tätigkeit als Sportchef bei Jahn Regensburg eng verfolgt haben dürfte) vor der offiziellen Verkündung des Transfers und fasste damit die Fähigkeiten des Linksverteidigers sehr gut zusammen.

Diese Zusammenfassung ist nicht unwichtig, denn als Fan des FC St. Pauli hatte man sich vielleicht auch schon ein wenig daran gewöhnt, es als eine Selbstverständlichkeit hingenommen, wie gut und hochklassig die eigene linke Seite eigentlich besetzt ist. Gerade die Pressingresistenz von Paqarada ist aber etwas, was als Außenverteidiger in der 2. Bundesliga ziemlich hervorsticht. Zwar werden ihm immer wieder defensive Mängel vorgeworfen und so richtig freisprechen möchte auch ihn davon nicht. Allerdings zeigen die Statistiken, dass er im Defensivbereich immer noch überzeugend agiert. Und sowieso: Außenverteidiger, die offensiv so spielen können wie Paqarada und dann auch noch defensiv richtig stark sind, spielen sicher nicht in der 2. Bundesliga, sondern eher viel weiter oben.

Ablösefreier Wechsel

Daher war eigentlich auch schon im Sommer ein Abgang Paqaradas gen Bundesliga zumindest nicht unwahrscheinlich. Dass dies nicht passierte, nährte zarte Hoffnungen einer Vertragsverlängerung. Fraglich ist, ob im Hintergrund überhaupt dazu verhandelt wurde, ob es vielleicht sogar ein Angebot zur Verlängerung gegeben hat. Oder ob bereits vorher klar war, dass Leart Paqarada den Verein nach dieser Saison verlassen wird. Andreas Bornemann erklärte jedenfalls, dass Paqarada nie einen Hehl daraus gemacht habe, dass er in der Bundesliga spielen möchte. „Vor diesem Hintergrund war es für uns nicht ganz überraschend, als er uns seine Entscheidung, sich dem 1. FC Köln anzuschließen, mitgeteilt hat.“

Leart Paqarada ist bereits 28 Jahre alt. Das ist im Fußballprofigeschäft schon bereits das Alter, in dem Spieler als „erfahren“ bezeichnet werden und kurz bevor ein „Routinier“ vor ihrem Namen geschrieben steht. Es ist ihm daher voll und ganz zu wünschen, dass er sich seinen Traum von der Bundesliga mit dem 1. FC Köln auch erfüllen kann. Verdient hat er es auf jeden Fall. Zweifel daran, ob er nun in seinem letzten halben Jahr am Millerntor noch alles geben werde, lässt er nicht aufkommen: Paqarada erklärte, an die FCSP-Fans gerichtet, dass er weiterhin alles tun werde „um die Liebe, die mir von Euch entgegengebracht worden ist, mit ganzem Herzen und Leidenschaft zurückzahlen – und das bis zur letzten Minute“.

Deutschland, Hamburg, 18.01.2022, Fussball DFB Pokal Achtelfinale 2021 - 2022, FC St. Pauli - Borussia Dortmund im Millerntor-Stadion Jubel nach dem Tor zum 2:0 bei der Mannschaft vom FC St. Pauli - Jackson Irvine (FC St. Pauli) - Leart Paqarada (FC St. Pauli) - Jakov Medic (FC St. Pauli) - Guido Burgstaller (FC St. Pauli)
Seit Sommer 2020 hat Leart Paqarada beim FC St. Pauli eine beeindruckende Entwicklung hin zum besten Linksverteidiger der 2. Bundesliga hingelegt.
(c) Peter Boehmer

Interessant ist, dass mit Paqarada nun der letzte Spieler aus dem Mannschaftsrat der letzten Saison den FC St. Pauli verlassen wird. Guido Burgstaller, Marvin Knoll, James Lawrence, Philipp Ziereis und Maximilian Dittgen hatten dies bereits vorher getan. Leart Paqarada war auch diese Saison im Mannschaftsrat und einer der beiden Kapitäne, was sicher auch seinen Stellenwert im Team sehr gut beschreibt.

Entscheidung bei Daschner steht noch aus

Vor gut einem Monat haben wir uns beim MillernTon mit den 2023 auslaufenden Verträgen befasst. Drei „Härtefälle“ wurden dabei identifiziert, die bereits diesen Winter Arbeit erfordern. Der Vertrag von Afeez Aremu wurde kurz vor Jahreswechsel verlängert. Leart Paqarada wird den Verein nun im Sommer verlassen. Da fehlt nun nur noch Lukas Daschner, dessen Vertrag ebenfalls im Sommer ausläuft. So schade es auch ist, dass Paqarada nicht gehalten werden kann: Immerhin gibt es auf dieser Position nun eine gewisse Planungssicherheit, sodass ab sofort die Suche nach Ersatz intensiv stattfinden kann.

Lieber Paqa, wir werden uns natürlich noch gebührend von Dir verabschieden, wenn es dann auch dein letztes Spiel in Braun-Weiß gegeben hat. So viel aber vorweg: Du und deine Spielweise sind ein Sinnbild dafür, welch große Spielkultur seit knapp zwei Jahren beim FC St. Pauli Einzug gehalten hat. Es ist sehr schade, dass Du gehen wirst, aber wir freuen uns auf das kommende halbe Jahr mit Dir!
// Tim

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6 thoughts on “Abschied mit Planungssicherheit

  1. Hatte sich ja angekündigt und war abzusehen. Aus meiner Sicht hat er seit dem Herbst-Transferfenster einiges an Präsenz verloren. Als wenn er da schon vom einem Wechsel ausgegangen war. Die letzten Körner hat er da teilweise nicht auf dem Platz gelassen und war trotzdem noch einer der Besseren!

    ich hoffe mal, dass er das halbe Jahr noch richtig Gas gibt und hinten besser steht. Da er ablösefrei kam, ist das nunmal auch das Geschäft, Spieler möchten ja auch was verdienen.

      1. Für Paqua gibts kein Transfererlös….
        Auch wieder sowas, was der Andi für die ihn abgeneigten Kritiker falsch gemacht hat.
        Meine Interpretation des Kommentars.

        1. Da passt die Bezeichnung Wundertüte aber nicht, eine solche war Leart weder als er hier ankam noch ist er jetzt eine.
          Ich tippe auf Irrläufer und der Kommentar sollte eigentlich zur Vorstellung von Oladapo Afolayan.

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