Marcel Hartel – 100 Mal FC St. Pauli

Königstransfer, Marathonmann, Torjäger, Aufstiegsmacher? Marcel Hartel steht vor seinem 100. Einsatz für den FC St. Pauli. Eine Entwicklung vom „torungefährlichen Fußballtechniker zum torgefährlichen Fußballarbeiter“.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Wenn das Spiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem FC St. Pauli am Samstag angepfiffen wird, dann wird aller Voraussicht nach, wie eigentlich immer, Marcel „Cello“ Hartel auf dem Platz stehen. Dadurch feiert der 28-jährige ein besonderes Jubiläum in braun-weiß: Hartel wird zum 100. Mal für den FCSP in einem Pflichtspiel gegen den Ball treten. Zeit, einen Blick zurück und auch einen kleinen nach vorne zu werfen.

Königstransfer

Wohl selten in den letzten Jahren hat bei Transfers des FC St. Pauli das Wort „Königstransfer“ so gut gepasst, wie am 10. August 2021. Damals verkündete der FCSP nämlich, dass Marcel Hartel von Arminia Bielefeld aus der Bundesliga (ja, die waren damals Bundesligist) ans Millerntor wechselt – sein Spielerprofil weckte große Hoffnungen. Nur drei Tage später feierte der in Köln geborene Hartel sein Debüt in Braun-Weiß – und durfte sich direkt nach einem 3:2-Erfolg Derbysieger nennen. Was für ein Einstand!

Fast schon selbstverständlich für Hartel, dass er bei diesem Spiel gegen den HSV im August 2021 der laufstärkste Spieler auf dem Platz war. Einzig, weil Hartel in jener Saison drei Spiele verpasste, wurde er nicht der laufstärkste Spieler der gesamten Saison 21/22. Denn in seiner Debütsaison für den FC St. Pauli machte er „nur“ 31 Ligaspiele. Die ersten beiden Spieltage verpasste er, weil sein Transfer noch nicht eingetütet war. Und am 32. Spieltag geschah dann Historisches: Marcel Hartel fehlte bei der Partie gegen (ausgerechnet!) den 1. FC Nürnberg. Er hatte zuvor nämlich seine fünfte gelbe Karte gesehen.

Marathonmann

Warum dieses Fehlen von Hartel am 32. Spieltag der Saison 21/22 besonders ist? Weil es seit seiner Ankunft am Millerntor im August 2021 das einzige Pflichtspiel war, in dem er für den FCSP nicht auf dem Platz stand. Marcel Hartel ist nicht nur in Sachen Laufstärke ein Marathonmann, sondern auch in Sachen Konstanz. Wenn er am Samstag gegen Nürnberg zum Einsatz kommt, dann wird er die 100 Spiele bei der 101. Einsatzmöglichkeit vollmachen. Eine wirklich beeindruckende Leistung.

In der Liste der Rekordspieler wird Marcel Hartel übrigens mit seinem 100. Einsatz einen gewissen Max Kruse einholen. Sollte er in dieser Saison noch alle Spiele absolvieren, dann würde er unter anderem noch solch bekannte Namen wie Jens Duve, Leart Paqarada, Buttje Rosenfeld, Marcus Marin und Klaus Ottens passieren. Die haben aber alle teils deutlich länger gebraucht, bis sie den 100er-Club des FC St. Pauli erreichten.
(Übrigens: Schaut mal in unser Archiv rein. Dort findet ihr Artikel zu allen Spielern und Personen des FC St. Pauli, natürlich auch zu Marcel Hartel.)

Torjäger

Waren die Laufstärke und Konstanz schon von Beginn an Merkmale von Marcel Hartel, ist mit der Zeit ein weiteres hinzu gekommen: In dieser Saison steht er bisher bei satten 13 Zweitligatreffern. In all seinen Jahren zuvor hat er insgesamt zwölf Treffer in erster und zweiter Bundesliga erzielt. Mit 28 Jahren hat Marcel Hartel also noch die Torgefahr für sich entdeckt.

Naja, stimmt nicht so ganz, dass er sie jetzt erst entdeckt hat. Denn es war ein formuliertes Ziel der Verantwortlichen des FCSP, dass er torgefährlicher wird, was dann auch forciert wurde. Spätestens seit dieser Saison spielt er deutlich offensiver als zu Beginn seiner Zeit beim FC St. Pauli. Die Anzahl seiner Torschüsse pro Spiel ist von 1,4 (21/22) über 1,7 (22/23) auf nun 2,6 (23/24) gestiegen. Timo Schultz erklärte bei uns im Podcast im Januar 2022: „Marcel Hartel hat im Herrenbereich erst vier Tore geschossen und wir arbeiten gerade daran, dass er diese Quote verändert.“ Auch wenn Timo Schultz inzwischen nicht mehr Trainer beim FC St. Pauli ist: Das Projekt „Mehr Torgefahr von Cello“ wurde erfolgreich weitergeführt.

„Marcel Hartel hat sich von einem torungefährlichen Fußballtechniker zu einem torgefährlichen Fußballarbeiter entwickelt.“ So beschreibt Fabian Hürzeler die Entwicklung von Hartel, seit er beim FC St. Pauli spielt. Es sei eine Art Kanalisierung seiner Fähigkeiten notwendig gewesen, damit er sich verbessern kann: „Er hat es verstanden, wie er torgefährlicher wird und wie er der Mannschaft mit seinen sportlichen Leistungen helfen kann.“ Dabei sei es auch darum gegangen, in welchen Zonen er seine „sehr guten Fähigkeiten“ am besten einbringen kann. Auffällig ist, dass Hartel in dieser Saison nicht nur in Sachen Torgefahr, sondern auch in der Arbeit gegen den Ball einen großen Sprung gemacht hat.

Aufstiegsmacher?

In seiner bisherigen Zeit beim FC St. Pauli hat sich Marcel Hartel aber nicht nur als Fußballer, sondern auch als Mensch weiterentwickelt. Was dann auch direkt seine Leistungen auf dem Platz beeinflusst. Hürzeler: „Er ist jemand, der gut zuhören kann und die Dinge auch schnell umsetzt. Er beschäftigt sich immer mehr mit den Thematiken. Dadurch hat er auf dem Platz einen gewissen Vorteil.“
Marcel Hartel zählt beim FC St. Pauli zu den Führungsspielern. Unter anderem deshalb, weil er „versucht, innerhalb der Mannschaft Verbindungen herzustellen“, erklärte Hürzeler. Das mache ihn „sehr wertvoll für die Mannschaft und das Mannschaftsgefüge ist. Weil er versucht, einzelne Lücken zu schließen.“

Als Führungsspieler hat Marcel Hartel einen alles andere als unbedeutenden Job: Er soll mit dem FC St. Pauli in die Bundesliga aufsteigen. Das hat er mit Union Berlin und Arminia Bielefeld bereits geschafft. Nun befindet er sich auch mit dem FCSP auf bestem Wege dorthin. War er bei seinen bisherigen Aufstiegen schon ein wichtiger Teil des Aufstiegskaders, so ist er nun nicht nur Marathonmann und Torjäger, sondern schlicht DER Leistungsträger seines Teams – und damit ein Aufstiegsmacher?

Klar, das Jubiläum soll gefeiert werden. Am besten mit drei Punkten in Nürnberg. Das würde sicher auch weiter dazu beitragen, dass die Chancen steigen, Marcel Hartel auch kommende Saison am Millerntor zu sehen. Denn da sein Vertrag am Saisonende ausläuft, bleibt zum Jubiläum eigentlich nur noch eine Frage offen:
Für immer St. Pauli, Marcel Hartel?
// Tim

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