Skyman is (at) the limit?

„Erbhöfe streichen“ – aufgrund der Aussagen von Timo Schultz nach der Niederlage in Braunschweig hätte man es sich bereits denken können, was nun vermutlich folgt: Im Tor des FC St. Pauli steht ein Wechsel bevor. Zurecht? Und warum ist die Diskussion darum eigentlich so aufgeheizt?
(Titelbild: Peter Boehmer)

Wenn Timo Schultz ankündigt, dass Erbhöfe gestrichen werden, dann muss sich automatisch erst einmal gefragt werden, wer denn damit überhaupt gemeint sein könnte. Mir persönlich fallen dabei aufgrund der Leistungen der letzten Wochen nur zwei Namen ein, die auch in Braunschweig mitwirkten und leistungsmäßig Anlass geben: Robin Himmelmann und Daniel Buballa.

Himmelmann ist seit 2012, Buballa seit 20132014 im Verein. Beide waren in den vergangenen Jahren Stammspieler, wenn sie denn fit waren. Keine Frage also, dass es bei der Entscheidung Diskussionen geben wird. Besonders ein Wechsel auf der Torwartposition ist untypisch und wird nur selten im laufenden Saisonbetrieb getätigt. Schauen wir uns aber einmal die Gründe für die mögliche Umstellung aus datentechnischer Sicht an.

Ich habe Anfang dieser Woche ausnahmsweise mal einen Einblick in die Daten von InStat zur 2.Liga bekommen. Da gibt es anhand einzelner Statistiken einen Index, der die aktuelle Leistung der Spieler angibt. Auf Platz 59 von insgesamt 67 gelisteten Innenverteidigern: Daniel Buballa.
Noch dazu gibt es diese kurze Auflistung, die sicher etwas plakativ ist, aber das Problem auch etwas aufzeigt:

Christopher Avevor und Daniel Buballa haben zusammen 10 Fehler gemacht, die zu Gegentoren führten.
Quelle: InStat

Auch anhand dieser Daten erscheint es durchaus möglich, dass Daniel Buballa am Wochenende für Leart Paqarada weichen muss.

Wesentlich emotionaler, vermutlich aufgrund der Position, wird der Diskurs um eine weitere Personalie geführt: Muss Robin Himmelmann seinen Platz im Tor zugunsten von Svend Brodersen räumen? Auch hier lohnt sicher in Blick in die Daten:

Vergleich der Statistiken zu Torhütern der 2.Liga nach zehn Spieltagen 20/21.
Quelle: InStat

Erst einmal müssen wir feststellen, dass mit Martin Männel der aktuell beste Torwart der zweiten Liga (basierend auf den InStat-Daten) Sonntag ans Millerntor kommt. Auf Platz 19 von 22 ist Robin Himmelmann zu finden. Hinter ihm liegen Kevin Kunz, der bisher nur ersatzweise in Regensburg zum Einsatz kam, Fabian Giefer, der nur knapp die Hälfte aller Schüsse auf sein Tor halten konnte und Felix Dornebusch, der just vor dem Spiel der Braunschweiger gegen den FCSP aus Leistungsgründen seinen Kasten räumen musste.

Machen wir uns nichts vor an dieser Stelle: Robin Himmelmann hat Schwächen bei Flanken. Und seine Stärke auf der Linie, die in der Diskussion immer herangezogen wird, kann ich aus den Daten zumindest für diese Saison nicht erkennen. Allerdings sind die abgebildeten Statistiken auch nur wirklich sehr grob gefasst. Um eine wirkliche Analyse zu machen, müsste es noch viel tiefer gehen. Aber wir sollten davon ausgehen, dass dies bei den sportlich Verantwortlichen gemacht wird und wurde.

Nun sind Statistiken natürlich nicht alles, aber sie geben zumindest Hinweise. Und wenn der Index so weit unten ist, dann müssen schon andere Skills ziemlich weit oben sein, damit so etwa ausgeglichen werden kann. Nun wäre eine Diskussion um die Lautstärke von Himmelmann nicht neu. Passend dazu wirkt Brodersen, immer als „Mentalitätsmonster“ gepriesen, in der Hinsicht wie ein komplettes Gegenbeispiel.

Basierend auf den gezeigten Daten ist ein Wechsel im Tor beim FCSP durchaus nachvollziehbar. Aber allein schon die Diskussion, die gerade stattfindet zeigt, dass ein Torwartwechsel nicht mal im Vorbeigehen erledigt wird. Warum eigentlich? Warum gibt es diese Diskussionen eigentlich nicht so laut, wenn z.B. Marvin Knoll auf der Bank Platz nehmen muss. Auch der ist, wie Himmelmann, im Mannschaftsrat (übrigens liegt er im InStat-Ranking auf der Sechs deutlich hinter Benatelli und Zalazar). Ich verstehe den Aufruhr nicht.

(Anm. Maik: Als langjähriger Torwart verstehe ich diesen Aufruhr sehr wohl, die Position ist halt eine spezielle und vielleicht noch viel mehr Kopfsache als bei den Feldspielern. Sowohl für den Spieler, als auch für das Drumherum, also uns Fans. Und während man als Feldspieler halt auch immer schnell mal wieder ins Team gelangen kann, weil da halt zehn Positionen (plus drei Wechsel) pro Spiel vorhanden sind, verliert man als Torwart seinen Posten dann vielleicht für eine lange Zeit. Insofern: Es ist halt was anderes als bei Knoll… und ob sie richtig ist, weiß man dann eben später – und meist weiß man dies dann auch sehr viel genauer als bei einem Feldspieler, der eben nur einer unter mehreren ist.)

Wir alle fordern Mut vom Trainerteam. Wir waren müde vom mutlosen Reaktionsfußball und davon, dass es egal scheint, wer an der Seitenlinie steht, es ändert sich auf dem Platz nichts. Dann sollten wir es auch akzeptieren, wenn es mutige Entscheidungen gibt, die sicherlich nicht bloßer Aktionismus sind sondern durchaus durchdacht sind. Mutige Entscheidungen, damit sich auf dem Platz endlich etwas ändert. Das wollen wir doch. Oder etwa nicht?

Klar ist aber natürlich auch, dass ein Positionswechsel im Tor nicht die alleinige Lösung für die grundlegenden Probleme sind. Aber sie könnten ein Teil der Lösung sein. Aus Datensicht ist sie es womöglich.

// Tim

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8 thoughts on “Skyman is (at) the limit?

  1. unabhängig von den nackten Zahlen empfinde ich es bei einem Torhüter auch als maßgeblich, wie er auf die um ihn stehende Abwehr einwirkt. Und in diesem Punkt hätte ich Skyman schon vor ein paar Jahren gegen Heerwagen „getauscht“, Zu dieser Zeit war Skyman verletzt und ich hatte das Gefühl, dass die Abwehr mit der Aufstellung von Heerwagen sofort deutlich aufgeräumter agierte.

    Aber ich hab halt auch keine Ahnung vom Fußball.
    @cryptosteve

    1. Ich auch nicht. Und die einzigen, die wirklich Ahnung von der aktuellen Leistungsfähigkeit der torhüter haben, sind die Trainer und Spieler selbst.
      Den Punkt den Du nennst, sehe ich genauso. Hatte ich mit „Mentalitätsmonster“ versucht zu erläutern.

  2. Danke!– Volle Zustimmung.

    Aber was noch spannend waere ist die Frage:
    Wer von den beiden Alternativen wuerde denn besser passen–und warum?

    Anmerkungen dazu ? 🙂

    1. Nein, keine. Da ist die Datenlage nämlich zu gering. Aber, unter uns, viel schwächer als aktuell kann es nicht werden, zeigten die Testspiele mit Brodersen.

  3. „Mutige Entscheidungen, damit sich auf dem Platz endlich etwas ändert.“
    Exakte und richtige Worte. Da ich auch nichts vom Fußball verstehe, als ehemaliger Torhüter, kann die Weisheit meines Opas helfen: „Probieren geht über studieren.“
    Ich mag den Skyman und auch den Svend gern. Haltet alles was auf`s Tor kommt – Dankeschön.

  4. Moin,
    auch ich halte einen Wechsel auf einigen Positionen für notwendig. Die Viererkette ist ja schon lange unstruckturiert und mit Ziereis als Abwehrchef hat sich da nicht viel dran geändert. Buballa ist leider nicht mehr die ‚Bank‘ die da eigentlich stehen muss und auch Jackson ist nach seiner langen Verletzung leider oft unglücklich in Erscheinung getreten. Vermutlich wird’s nach der jetzigen Verletzung auch nicht viel effektiver.
    Somit würde ich gut finden, wenn im Rahmen der Möglichkeiten Alternativen greifen würden und das schließt auch die Torwantposition ein. Der Skyman ist super, hat aber zuviel individuelle Patzer eingebaut und das überträgt sich, meines Erachtens. Brodersen wäre der Mann der Stunde und hat für die kommenden Wochen seine Chance verdient.
    Im Sturm sollte, aus meiner Sicht, auch etwas passieren. Makienok sehe ich bislang als unglücklich auf seiner Position und jede Woche ist er in der Startelf. Der Mann kann sicher was, aber er bekommt es nicht auf den Platz. Allerdings wird er auch nicht entsprechend gesucht und bedient. Denke, da muss sich taktisch als positionell einiges verändern.
    Zu Schulle schreibe ich jetzt nix.
    In Liebe, Forza St. Pauli ?‍☠️?

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