Vorbericht: 1. FC Heidenheim – FC St. Pauli (10.Spieltag, 21/22)

Vorbericht: 1. FC Heidenheim – FC St. Pauli (10.Spieltag, 21/22)

Vorbei ist die Länderspielpause. Der FC St. Pauli tritt am Samstag beim 1. FC Heidenheim an. Diese Auswärtsreise war lange Zeit für den FCSP mit Niederlagen verbunden. Aber in der Rückrunde der letzten Saison konnte der FC St. Pauli mit einem wilden 4:3 diese Serie brechen und zum ersten Mal überhaupt in Heidenheim an der Brenz punkten. Das soll auch am Samstag gelingen. Allerdings wartet mit Heidenheim das defensiv stärkste Team der Liga.
(Titelbild: Peter Böhmer)

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Voll ist der Trainingsplatz geworden an der Kollaustraße. Mit Maximilian Dittgen und Finn Ole Becker sind zwei Spieler wieder einsatzfähig. Bei Igor Matanović, Sebastian Ohlsson und Etienne Amenyido kommt ein Einsatz in Heidenheim noch zu früh. Alle drei dürften aber in den nächsten Spielen wieder (oder zum ersten Mal) eine Rolle spielen, wie Timo Schultz auf der Pressekonferenz vor dem Spiel verkündete.

Schlechte Nachrichten gab es auf der Pressekonferenz zu Hugo Teixeira und Jannes Wieckhoff. Beide haben Knieverletzungen und werden auf unbestimmte Zeit (die Diagnosen stehen noch aus) ausfallen. Timo Schultz machte deutlich, dass es sich dabei wohl nicht um ein paar Tage, sondern eher um längere Ausfallzeiten handeln wird. Das tut gerade bei Wieckhoff ziemlich weh, da er nun schon wieder länger aussetzen muss. Seit seinem ersten Einsatz in der Vorsaison wurde Wieckhoffs persönlicher Aufstieg immer wieder von Verletzungen gestoppt.
Immerhin: Alle Spieler, die mit ihren Nationalteams unterwegs waren, sind fit und unversehrt zurückgekehrt, sodass einem Einsatz in Heidenheim nichts im Wege zu stehen scheint.

Jannes Wieckhoff wird dem FC St. Pauli aufgrund einer Knieverletzung einige Zeit fehlen.
(c) Peter Böhmer

1. FC Heidenheim: Wer kann spielen, wer fehlt?

Noch keine Infos von der Pressekonferenz gibt es aus Heidenheim. Diese findet im Laufe des Donnerstags statt (leider physisch, sonst hätte ich Frank Schmidt die ein oder andere Frage gestellt). Da der Vertrag von Frank Schmidt aber gerade erst bis 2027(!) verlängert wurde, dürfte es noch die ein oder andere Möglichkeit für Fragen geben. Vorausgesetzt beide Klubs bleiben in der gleichen Liga…
Aber falls ihr mal ein wenig mehr über den Trainer des 1. FC Heidenheim erfahren möchtet, hört gerne bei unserem VdS-Gespräch aus dem Frühsommer 2020 rein. Da hatten wir nämlich „Allesfahrer Frank“ zu Gast.

Was hat Heidenheim zu bieten?

Der 1. FC Heidenheim ist ganz sicher einer der unangenehmsten Gegner der gesamten Liga. Das liegt aber nicht an der Anzahl der Fouls (da liegen sie im Liga-Mittelfeld; der FCSP hat bisher die wenigsten Fouls der Liga begangen). Es liegt an der Spielweise. Heidenheim presst sehr intensiv und spielt nach Ballgewinn fast konsequent vertikal nach vorne. Mit durchschnittlich 241 Sprints pro Spiel ist Heidenheim das Top-Team der Liga. Da wird sich der FCSP (nur Platz 16 in der Sprint-Statistik, was aber auch an den Spielverläufen liegen dürfte) ziemlich strecken müssen.

Die Team-Statistiken von Heidenheim (die ihr oben sehen könnt), müssen ein wenig mit Vorsicht betrachtet werden. Der hohe PPDA-Wert z.B. (zweithöchster der Liga) deutet zwar darauf hin, dass Heidenheim eher spät ins Pressing einsteigt, aber das ist nicht der Fall. Heidenheim presst gerne hoch, hat aber mit dem HSV, Werder und Darmstadt Teams als Gegner gehabt, die trotz dieses hohen Drucks weiter flach aufbauen. Entsprechend hoch ist die Anzahl der gegnerischen Pässe die gespielt werden, bevor Heidenheim in die Zweikämpfe kommt (eine Statistik zur Höhe der Pressinglinien, die das besser beschreiben würde, habe ich leider nicht zur Hand).

Am besten wird die Spielweise von Heidenheim an zwei Statistiken beschrieben: Den meisten Ballverlusten stehen die drittmeisten progressiven Pässe der Liga gegenüber (progressiv: Pässe, die einen signifikanten Raumgewinn bringen). Das bedeutet, dass Heidenheim nach Ballgewinn meist vertikal spielt und dabei das Risiko von Ballverlusten in Kauf nimmt. Dazu passen dann auch die meisten Kopfballduelle der Liga (vornehmlich ist es Stürmer Tim Kleindienst, der die Duelle führt).
Das vertikale Spiel lohnt sich: Der 1. FC Heidenheim hat bisher die drittmeisten Torschüsse abgefeuert (xG: Platz 5). Das passt (noch) nicht so wirklich mit den tatsächlich erzielten Toren zusammen, die erheblich niedriger sind. Ein Grund hierfür sind sicher auch die neun Alu-Treffer (Ligaspitze), die es bereits gab.

Fixpunkt in der Offensive ist Stürmer Tim Kleindienst. Der hat bisher „erst“ drei Saisontore erzielt, hat aber in der Vorsaison eindrucksvoll gezeigt, dass er noch viel mehr zu leisten im Stande ist. Kleindienst ist auch noch aus anderer Sicht bemerkenswert: Mit 21 Fouls hat er die meisten aller Spieler in der 2.Liga begangen. Damit dürfte er so etwas wie der „Bösewicht“ des gesamten Spiels sein. Denn sowohl Heidenheim als auch der FCSP sind bisher nicht durch viele Fouls auffällig geworden diese Saison (mit 12 bzw. 13 Gelben Karten bilden sie das Fair-Play Spitzenduo der Liga).

Nagelt mich nicht drauf fest, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Tim Kleindienst hier gerade regelwiedrig zu Werke geht.
(Martin Rose/Getty Images/via OneFootball)

Auch wenn sie schon richtig gut ist, die größte Stärke von Heidenheim ist nicht die eigene Offensive. Mit einem gegnerischen xG von 8.4 ist Heidenheim Ligaspitze in der Defensive. Kein Team hat weniger zugelassen. Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, da bereits gegen Darmstadt, den HSV und Werder gespielt wurde. Diese drei Teams sind nach xG die stärksten Offensiv-Teams. Umso höher ist einzuschätzen, wie wenig Heidenheim defensiv zulässt.
Nun kommt mit dem FC St. Pauli das nach xG viertstärkste Offensiv-Team nach Heidenheim…

Doch auch die beste Defensive hat Lücken. Beim 1. FC Heidenheim ist das nahezu ausschließlich in Umschaltmomenten der Fall (fünf der neun Gegentore wurden nach Heidenheimer Ballverlust erzielt). Wenn sich das Team von Frank Schmidt hingegen defensiv formieren kann, dann sind sie nur ganz schwer zu überwinden. Ein Grund hierfür ist sicherlich Innenverteidiger Patrick Mainka, der zu den besten seines Fachs in der gesamten Liga zu zählen ist (hier findet ihr sein Radar). Der FC St. Pauli sollte also versuchen die Defensive von Heidenheim irgendwie in Bewegung zu kriegen, um gefährlich vor das Tor zu kommen. Das betont auch Timo Schultz auf der PK: „Wir wollen mutig nach vorne spielen, den Gegner mit unseren Ballzirkulationen zwingen, auf uns zu reagieren, und uns Räume zu erspielen, aus denen wir gefährlich werden können. Das ist in Heidenheim vielleicht noch etwas schwieriger als woanders.

Mögliche Aufstellung

Eine Konstante bei Heidenheim bildet das Innenverteidiger-Duo aus Oliver Hüsing und Patrick Mainka. In der Viererkette auf den Außenbahnen dürfte rechts Marnon Busch und links Norman Theuerkauf starten. Davor hat sich in diesem Jahr Jan Schöppner zu einer echten Stammkraft auf der Sechs entwickelt. Ob er dabei alleine auf dieser Position spielen oder von einem zweiten Sechser flankiert werden wird, ist mir unklar.
Denn sicher ist eigentlich nur die defensive Viererkette. Davor wird mal mit einem, mal mit zwei Stürmern, mal mit einem, mal mit zwei Sechsern agiert. Die Offensive von Heidenheim ist auch personell (abgesehen von Kleindienst) recht flexibel. Es dürften aber Tobias Mohr (der sich zum legitimen Nachfolger von Standard-Experte Schnatterer entwickelt hat) und Christian Kühlwetter (hier könnt ihr unseren Podcast mit ihm hören) starten. Zudem rechne ich einfach mal mit dem hochtalentierten Maurice Malone (Leihgabe aus Augsburg – letzte Saison 21 Torbeteiligungen in der 3.Liga für Wiesbaden) und Denis Thomalla (eigentlich Stürmer, aber im letzten Spiel auf der Sechs neben Schöppner gestartet!) in der Startelf.

Beim FC St. Pauli erwarte ich keine Veränderungen. Wenn überhaupt, dann dürfte es um Buchtmann und Irvine gehen, die rausrotieren. Für Buchtmann könnte Kyereh wieder auf die Zehn rücken und vorne könnten Dittgen oder Makienok in die Startelf kommen. Irvine könnte von Becker ersetzt werden. Hier entscheiden sicher die letzten Eindrücke vom Training bzw. wie fit Becker nach Verletzung schon wieder und wie fit Irvine nach seiner Länderspielreise um den halben Globus zurückgekehrt ist.

Für Irvine spricht sicher die körperliche Robustheit und das Tempo. Das sind Attribute, auf die es neben den spielerischen Elementen am meisten ankommen wird. Wenn wir uns an das wirklich vogelwilde 4:3 aus dem Februar dieses Jahres erinnern (hier der Spielbericht), bei dem es auf beiden Seiten eigentlich ausschließlich um Umschaltmomente ging, dann wissen wir in etwa, was uns am Samstag erwartet. Die Intensität wird unfassbar hoch sein (damals im Februar hatte Kyereh hervorgehoben wie intensiv die Spiele gegen Heidenheim sind).

Was ich gerne hervorheben möchte: Der FC St. Pauli hat in den letzten beiden Spielen gegen Heidenheim acht Tore erzielt. Mehr davon!

Forza!

//Tim

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2 thoughts on “Vorbericht: 1. FC Heidenheim – FC St. Pauli (10.Spieltag, 21/22)

  1. Lieber Tim,
    klasse, dass Du wieder die Zeit gefunden hast, uns auf das Spiel vorzubereiten.
    Ohne diesen Prolog bin ich inzwischen fast etwas orientierungslos, obwohl ich doch
    seit 1992 schon so viel mit dem FCSP erlebt habe 😉 Damit hier noch etwas zum
    Nachdenken (Spekulation!) steht, erachte ich die Idee Irvine nach seiner Weltreise
    einzusetzen als hoechst riskant. Ausserdem finde ich Becker einfach geil!
    Gruss
    Michael

    1. Ja, ich find ihn auch ganz fantastisch und habe sogar schon heimlich darüber nachgedacht, wie er sich wohl auf der Zehner-Position machen würde 😉

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