So. Immens. Wichtig!
Der FC St. Pauli besiegt trotz einer Hälfte in Unterzahl den 1. FC Heidenheim mit 2:1 und zieht damit wieder an den Gästen vorbei auf den Relegationsplatz.
Titelfoto: Stefan Groenveld
Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass mir mein Platz auf der Gegengerade deutlich besser gefällt, als Tims Position im Pressebereich. Aber Leben ist kein Ponyhof und daher musste ich heute als seine Vertretung den beruflichen Pflichten nachkommen. Ihr bekommt hier den Kurzbericht, die gewohnte Analyse folgt gegebenenfalls noch. Vielleicht lassen wir das aber auch einfach mal so sacken.
Vor dem Spiel lief übrigens über die Stadionregie ein neuer Versuch aus der Reihe „Wir versuchen uns an verschiedenen St. Pauli-Liedern“, was allerdings bei dem heute gewählten, uralten „1:0, St. Pauli vor!“ wohl eher mit einer Niederlage endete. Ganz vereinzelt gab es am Ende sogar Pfiffe.
Doch das ist nach diesem Spiel und dem Ergebnis natürlich eine völlig unwichtige Randnotiz. Also, auf geht’s.
Die Aufstellung
Erwartungsgemäß gab es beim FC St. Pauli keinerlei Änderungen gegenüber der Vorwoche, selbst die Bankbesetzung war gleich. Erneut ersetzte Erik Ahlstrand also Oladapo Afolayan.
Drei Wechsel hingegen in der Startaufstellung der Gäste. Frank Schmidt rotierte Tim Siersleben, Arijon Ibrahimović und Adrian Beck für Benedikt Gimber, Niklas Dorsch und Mathias Honsak in die Startaufstellung. Die in Aussicht gestellte Rückkehr von Sirlord Conteh und Budu Zivzivadze wurde verschoben, Mikkel Kaufmann immerhin konnte zunächst wieder auf der Bank Platz nehmen.
Das Spiel
1. Halbzeit
Wie und in welche Richtung es gehen sollte, machte der FCSP schnell klar. Schon in den ersten 40 Sekunden hatte Fujita zwei Ballgewinne im Mittelfeld – bei beiden konnte der Ball aber nicht in den eigenen Reihen behalten werden. Im eigenen Ballbesitz ging es dann anfangs schnell mit langen Bällen nach vorne, wo Kaars und Pereira Lage dann allerdings meist in Kopfballduelle gezwungen wurden, da der Ball nicht über die letzte Kette kam.
Die erste richtige Chance gab es für Heidenheim in der 12. Minute, entstanden eigentlich aus einem braun-weißen Ballgewinn. Pyrka eroberte den Ball im Mittelfeld, nahm dabei allerdings die Hand zur Hilfe. Der anschließende Freistoß wurde zwar geklärt, doch im direkten Anschluss kam die Flanke zu Pieringer, der per Kopf nur knapp am langen Pfosten vorbeizielte. Heidenheim und Flanken – dies sollte noch ein Thema werden.
Doch auch St. Pauli kam noch vor Ende der Anfangsviertelstunde zur ersten Chance. Die scharfe Hereingabe von Fujita wurde in der Mitte allerdings von Kaars und Irvine verpasst. Nur zwei Minuten später (und damit sehr viel früher als noch in Köln) dann auch der erste Abschluss aufs Tor, James Sands Schuss aus 16 Metern war allerdings eine sichere Beute für Ramaj. Der war zwei Minuten später dann sogar schon geschlagen, doch Pereira Lages Lupfer wurde von Siersleben noch kurz vor der Linie geklärt.
In der 22. Minute sorgte eine erneute Balleroberung von Fujita für den nächsten Abschluss, der Schuss von Irvine ging allerdings deutlich drüber. Ganz klar: Nach schleppendem Beginn mit leichten Vorteilen für die Gäste, hatte der FCSP ins Spiel gefunden.
Kaars mit Tor, Smith sieht Rot
Ich bereitete mich dann schon langsam auf einen „Bis zur Pause passierte dann nicht mehr viel“-Absatz vor, da beide Teams anschließend lange nicht mehr in die Strafräume kamen. Dann jedoch passierte doch noch richtig viel. Zunächst eine schöne Kombination über Pyrka und Fujita, die Letzterer auf Kaars durchgestecken konnte. Und der nagelte in der 35. Minute den Ball aus halbrechter Position ins kurze Eck unter die Latte. Erstes Heimspieltor in der Liga seit September, erste Führung am Millerntor seit dem 3. Spieltag gegen Augsburg. Wenn man diese Führung jetzt unbeschadet in die Kabine bringen könnte…
In der Nachspielzeit der ersten Hälfte war Eric Smith vielleicht gedanklich schon in jener Kabine, jedenfalls traf er bei einem Rückpass den Ball nicht richtig, vielleicht auch leicht dabei von Pieringer behindert. Dieser wollte dann an ihm vorbei – und wurde dabei minimal an der Schulter berührt, was zum sofortigen Sturz führte.
Puh…. Rote Karte wegen Notbremse. Hart, für mich zu hart, zumal der Weg zum Tor noch sehr weit war. Fraglich, ob Hauke Wahl noch hätte eingreifen können, der im Moment des ersten Zupfens noch deutlich entfernt war, im Moment des Fallens dann schon auf gleicher Höhe – aber durch die leicht nach rechts verschobene Position von Pieringer wäre es zumindest knapp geworden.
Im Presseraum war die Meinung in der Halbzeit durchaus geteilt, der Großteil tendierte aber zu „Sehr hart, aber auch keine ‚klare Fehlentscheidung‘ die einen VAR-Eingriff ermöglicht“. In jedem Fall natürlich eine Entscheidung von Sören Storks, die die komplette Statik des Spiels in der zweiten Hälfte verändern sollte. Denn bisher hatte St. Pauli das Spiel komplett im Griff gehabt.

// (c) Stefan Groenveld
2. Halbzeit
Ein taktischer Wechsel beim FCSP, um die defensive Stabilität beizubehalten: Adam Dźwigała kam für Pereira Lage – und Dźwigała war es auch, der in der 52. Minute den Ball eroberte, welchen Fujita dann rechts lang und flach auf Kaars schickte. Der sprintete durch und schloss hart und flach ab, der Ball rutschte irgendwie knapp an Ramaj vorbei – 2:0! Doppelpack Kaars, Millerntor in Ekstase.
Gerade als Südkurve und Gegengerade sich auf einen Wechselgesang verständigen wollten, spielte Heidenheim dann den Partycrasher. In der 64. Minute kommt eine abgefälschte Flanke irgendwie ans Fünfereck, Mets kommt gegen Schimmer zu spät und Pieringer vollstreckt aus kürzester Distanz – nur noch 2:1. Und noch verdammt lange zu spielen.
Spätestens jetzt entwickelte sich eine Abwehrschlacht vor der Nordkurve, Entlastung gab es kaum noch. Stattdessen gab es Flanken ohne Ende, 31 waren es beim Abpfiff – aber, wie Frank Schmidt später in der Pressekonferenz konstatierte, scheiterte es wahlweise an der Qualität, an Nikola Vasilj oder an Hauke Wahl.
In der 75. Minute kam Ricky Jade-Jones für Martijn Kaars und sorgte zumindest nochmal für Reaktionen des Publikums, wann immer er irgendwie vorne in der Nähe eines nach vorne gedroschenen Balls kam – und ganz am Ende holte er noch einen Freistoß an der Eckfahne heraus. In der Nachspielzeit wurde er dann auch noch wieder ausgetauscht, da er einen leichten Schlag abbekommen hatte. Hoffen wir, dass es nur eine Vorsichtsmaßnahme war.
Noch ein-zwei Glanzparaden von Nikola Vasilj, Zack, Abpfiff! Drei Punkte, sechs Punkte, was auch immer, egal! Der Rest war Jubel.
Endlich mal wieder. Erster Ligasieg seit dem 3. Spieltag.
Fazit
Fußball ist ein Spiel, welches im Vergleich zu anderen Team- und Ballsportarten deutlich mehr von Glück und Zufall in Einzelsituationen abhängig ist. Beispiele gefällig? Der Ball beim 1:0 von Kaars kann auch am Lattenkreuz zerschellen. Der Ball beim 2:0 irgendwie doch noch von Ramajs Knie abprallen. Die Rote Karte kann natürlich alternativ auch einfach nicht gegeben werden. Und um es komplett zu machen, kann natürlich irgendwie eine der Heidenheimer Halbchancen auch noch reinkullern.
All das ist jedoch nicht passiert – und damit gewinnt der FC St. Pauli dieses durchaus nicht ganz unwichtige Spiel mit 2:1, verzeichnet drei Punkte mehr als vorher in der Tabelle und springt an Heidenheim vorbei auf den Relegationsplatz.
Und während die Story letzte Woche bis zur Nachspielzeit in Köln halt noch „zehn Niederlagen in Folge“ lautete, sind es jetzt inklusive des Pokalspiels in Gladbach zwei Siege und ein Unentschieden in Serie, also quasi sieben Punkte. Sechs davon gab es heute.
Forza St. Pauli!
// Maik
P.S. Morgen! Solidarischer Wintermarkt! Alle hin da!
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Tut mir Leid, aber nach diesem Spiel bin ich durch mit Blessin. Eine Halbzeit lang so dermaßen tief zu stehen, gegen eine Mannschaft, die spielerisch eh nicht mehr als lange hohe Bälle zu bieten hatte — komplett falscher Ansatz aus meiner Sicht, Unterzahl hin oder her.
Und so war der Weg zu unserem Strafraum bedeutend kürzer, als er hätte sein müssen und sollen, es segelte Flanke um Flanke in den Strafraum, und hätten wir die drei Punkte nach 2:0-Führung gegen eine doch sehr limitierte Mannschaft (die man zu Hause schlagen MUSS, wenn man in der Bundesliga bleiben möchte) noch verspielt, was wäre DAS Entsetzen und Geschrei groß gewesen. Dusel, Sott und Schwein sowie ein paar Rettungsaktionen in höchster Not haben das zum Glück verhindert. Man hätte es nur nie und nimmer so weit kommen lassen und die Heidenheimer dazu einladen dürfen.
So lange uns der komplett falsche Ansatz einen Sieg beschert, bin ich bereit, großzügig darüber hinweg zu sehen. Vor allem, wenn genau dieser Ansatz für den Platz auf der Wiese sorgt, den Kaars für das 2:0 gebraucht hat.