Am Samstag empfängt der FC St. Pauli am Millerntor Bayer Leverkusen. Das Team möchte eine Reaktion zeigen, gegen einen Gegner, der aktuell schwer zu fassen ist.
(Titelfoto: Stefan Groenveld)
Zur Vorbereitung hört gerne das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Michael und Vanessa. Dort ist natürlich der riesengroße Umbruch bei Bayer Leverkusen Thema.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Drei Spieler werden am Samstag sicher nicht dabei sein: David Nemeth fehlt nach seiner Sehnenoperation weiterhin, ist auch (noch) nicht wieder auf dem Trainingsplatz zu sehen. Ricky-Jade Jones ist laut Alexander Blessin seinem Zeitplan ein wenig voraus, wird aber auch sicher fehlen. Zudem befindet sich Jackson Irvine zwar wieder im intensiven Lauftraining, ist aber für das Wochenende keine Option.
Karol Mets könnte in den Kader zurückkehren
Wieder dabei ist hingegen Abdoulie Ceesay, der seit dieser Woche wieder vollständig beim Training mitwirkt und damit auch direkt wieder ein Kaderkandidat ist. Nach den Eindrücken, die er bis zu seiner beim BVB-Spiel erlittenen Verletzung hinterließ, deutet vieles darauf hin, dass er direkt wieder im Kader stehen wird. Ebenfalls ein „Kandidat für den Kader“ ist Innenverteidiger Karol Mets. Der 32-jährige hat über zehn Monate nicht mehr in Pflichtspielen auf dem Platz oder im Kader gestanden, ist nun wohl aber so weit, dass man sich beim FC St. Pauli sehr über die Rückkehr des Linksfußes freuen könnte. Es wird spannend sein, wie sich die Rückkehr von Ceesay und Mets auf den Spieltagskader auswirkt.
Bayer Leverkusen: Wer kann spielen, wer fehlt?
Bei Bayer Leverkusen fehlen zwei oder drei Spieler, so ganz wollte sich Neu-Trainer Kaspar Hjulmand nicht in die Karten schauen lassen. Sicher ausfallen wird Exequiel Palacios, der eine Muskelsehnen-Verletzung im Adduktorenbereich hat und operiert werden musste (David Nemeth dürfte das bekannt vorkommen). Palacios, einer der wichtigsten Spieler des Kaders, fällt bis Jahresende aus. Auch der offensive Außenbahnspieler Martin Terrier wird weiterhin aufgrund der Folgen eines Achillessehnenrisses am Millerntor fehlen.
Ob auch Nathan Tella fehlen wird, ließ der Leverkusen-Trainer am Freitagmittag offen. Er erklärte stattdessen, dass man die Entwicklung am Freitag abwarten werde, wohl auch deshalb, weil „ein Spieler wie er sehr wichtig für unser Spiel ist“, so Hjulmand.

Was hat Leverkusen zu bieten?
Es fehlen im Vergleich zur Vorsaison noch viele, viele weitere Spieler. Bayer Leverkusen ist im Sommer die gesamte Achse des Erfolgs weggebrochen. Meistertrainer Xabi Alonso zog es zu Real Madrid. Florian Wirtz wechselte für eine Fantasiesumme nach Liverpool, wie auch Jeremie Frimpong. Innenverteidiger Jonathan Tah spielt nun in München, sein Positionskollege Piero Hincapie bei Arsenal London. Torwart Lukas Hradecky zog es nach Monaco. Taktgeber Granit Xhaka ging nach Sunderland. Was. Für. Ein. Umbruch!
Wie groß der ist, hat auch der FCSP in seiner Gegnervorschau dargestellt: Es handelt sich um eine addierte Bundesliga-Spielzeit von fast 20.000 Minuten. Nur einmal seit Bestehen der Bundesliga war der Aderlass größer (Hertha BSC, nach dem Bestechungsskandal 1971).
Leverkusener Runderneuerung
Und dieser Umbruch hat sich natürlich auch auf der Zugangsseite gezeigt: Gleich für acht(!) Spieler investierte der Club Ablösesummen im zweistelligen Millionenbereich, es sind teils absolute Top-Talente dabei. Neun weitere Spieler kamen ablösefrei oder kosteten „nur“ einstellige Millionensummen. 13 dieser 17 Neuzugänge sind 23 Jahre oder jünger (sechs sind keine 20 Jahre alt).
An der Seitenlinie übernahm Erik ten Hag – doch der ist nach nur zwei Ligaspieltagen bereits wieder entlassen worden. Neben dem großen Fragezeichen, aus welchen Gründen das passierte, muss man sich sowas auch erstmal leisten können (ten Hag war zuvor bei ManU angestellt, dürfte sicher zu den Top-Verdienern unter den Cheftrainern der Bundesliga gehört haben).
Für ten Hag übernahm Kasper Hjulmand. Der 53-jährige ist eine durchaus interssante Wahl. Bayer Leverkusen hat damit erneut gezeigt, dass der Club oft mutige Entscheidungen auf der Trainerbank fällt (natürlich auch, weil das Risiko eines Absturzes dank eines mächtigen Sponsoren im Hintergrund gering ist). Hjulmand hat zwar Bundesliga-Erfahrung, die ist aber bereits etwas ergraut: Vor mehr als zehn Jahren wurde er als Trainer in Mainz entlassen. Das Team startete damals gut in die Saison, ist dann aber abgestürzt, ein Abstieg drohte. Für Hjulmand ging es danach zurück nach Dänemark, wo er bis 2019 den FC Nordsjaelland trainierte. Anschließend wurde er von 2020 bis 2024 Trainer der dänischen Nationalmannschaft.
Hjulmand ein Risiko, aber von Spielidee her sinnvoll
Klingt jetzt schon eher nach Risiko, zumal Hjulmand mit einem mehr oder weniger komplett neuen Team zusammenarbeitet, bei dem vermutlich auch erstmal wieder eine neue Führungstruktur entstehen muss. Aber die Einstellung von Hjulmand dürfte trotzdem alles andere als unpassend sein. Denn er scheiterte in Mainz vor allem daran, dass er es nicht schaffte den Wechsel von einem pressing- hin zu einem ballbesitz-orientiertem Team hinzubekommen. Im Abstiegskampf waren andere Dinge gefragt (Mainz-Boss Heidel erklärte kürzlich: „Kasper ist ein Toptrainer. Er war bei uns vor über zehn Jahren aber vielleicht zu früh in der Bundesliga und wollte mit uns etwas spielen, was mit Mainz 05 noch nicht möglich war.“). Nun muss er in Leverkusen das Team nicht auf Ballbesitz trimmen. Denn auch wenn der dortige Umbruch riesig ist, dürfte der Kader durchaus weiterhin nach den Ideen von Alonso gestaltet sein, also mit klarem Fokus auf Ballbesitz.
Hochtalentierte Spieler, ein Trainer, der in Sachen Spielidee zum Club passt – ich denke, dass sich das in Leverkusen alles finden wird. Fragt sich nur, wann das passiert. Für Alexander Blessin befindet sich Bayer Leverkusen aktuell noch in einer Findungsphase: „Man sieht schon, wie sie spielen wollen, was sie erreichen wollen – aber es hat alles noch nicht so geklappt.“
Für den FCSP-Cheftrainer ist die Vorbereitung auf den kommenden Gegner durchaus schwierig, weil Hjulmand eben noch nicht lange im Amt ist und zuvor lange nicht auf Club-Ebene aktiv war: „Wir haben sicher noch nicht 1-zu-1 das gesehen, wie er spielen lassen will.“
Keine Fouls in Strafraumnähe!
Was Blessin aber schon sehen konnte: „Es ist eine Mannschaft die individuell stark besetzt ist.“ Mit Neuzugang Malik Tillman gibt es seinen sehr umtriebigen Offensivspieler im Team. Angreifer Patrik Schick ist laut Blessin „ein klarer zentraler Spieler. Er ist auch immer für einen Exit gut, einen langen Ball.“ Zudem befinden sich im Kader einige Flügelspieler mit richtig viel Tempo. Dort ist unter anderem Eliesse Ben Seghir zuhause, der kurz vor Transferschluss für schlappe 32 Mio € aus Monaco kam und ein weiterer Spieler ist auf den es besonders zu achten gilt ist.
Besonders wenn Tillman auf dem Platz steht, dann geht es für den FC St. Pauli auch darum das Zentrum zu schließen, also den Raum vor der eigenen Innenverteidigung. Das sei laut Blessin dem Team aber gegen Stuttgart nicht gelungen, weshalb der FCSP-Cheftrainer die eigene Zweikampfführung anmahnte und betonte, dass man auch mal ein Foul ziehen müsse. Das aber bitte nicht zu nahe am eigenen Tor (und wenn, dann zumindest so nahe, dass es Elfmeter gibt, den Vasilj dann…), da Leverkusen mit Alejandro Grimaldo einen wirklich exzellenten Standardschützen in seinen Reihen weiß, der allein diese Saison bereits drei Freistoß-Treffer erzielte. Vorsicht ist also geboten – und sowieso darf trotz Umbruch niemand vergessen: Bayer Leverkusen, amtierender Vizemeister, ist eine der höchsten Hürden in der Bundesliga.
Mögliche Aufstellung
Kasper Hjulmand wird wohl auf ein 3-4-2-1 setzen. Einer der neuen Achsenspieler im Kader ist Neuzugang Loïc Badé, der zentral in der Innenverteidigung mit knallharter und klarer Spielweise auffällt. Ob davor Robert Andrich (nach Sperre) direkt wieder im defensiven Mittelfeld starten wird, hängt sicher auch davon ab, was Hjulmand mit Ibrahim Maza (potenzieller Wirtz-Nachfolger) und Tillman plant. Ich tippe darauf, dass Maza erstmal draußen bleibt und Tillman auf der offensiven Außenbahn beginnt.

// (c) Stefan Groenveld
Änderungen in Startelf des FC St.Pauli zu erwarten
„Es wird sicherlich personelle Veränderungen geben. Wie viele das sind, da müssen wir das morgige Training mal abwarten.“ Die Ansage von Alexander Blessin lässt viel Raum für Spekulationen. Wenn man sich die Möglichkeiten im Kader anschaut, dann läuft es wohl auf zwei personelle Wechsel hinaus: Lars Ritzka und Martijn Kaars drängen in die Startelf. Ritzka könnte den gegen Stuttgart wackeligen Adam Dźwigała hinten links in der Innenverteidigung ersetzen. Dass Manos Saliakas nach seiner Startelfpremiere in Stuttgart direkt wieder auf die Bank muss, halte ich hingegen für unwahrscheinlich.
Viel wahrscheinlicher ist, dass Kaars zu Anpfiff auf dem Rasen steht. Alexander Blessin betonte auch auf der Pressekonferenz nochmal, was genau ihn an der Leistung der bisher im gestarteten offensiven Dreierreihe störte. Er erklärte, dass es Danel Sinani nicht wie zuvor gelang über läuferische und kämpferische Elemente ins Spiel zu finden. Im Fall von Andreas Hountondji „muss ein bisschen mehr Körperlichkeit rein. Das ist ein Modellathlet, das ist unglaublich. Aber er muss dann auch dem Gegenspieler wehtun. Ich hatte das Gefühl, dass nur der Gegenspieler ihm wehtun will.“ Ähnlich, aber weit nicht so explizit äußerte er sich zu Mathias Pereira Lage. Es läuft wohl darauf hinaus, dass Hountondji erst einmal auf der Bank sitzen wird und Kaars dafür startet. Dass es noch weitere Wechsel gibt (Dapo Afolayan/Connor Metcalfe anstelle von Pereira Lage oder Sinani), ist zwar durchaus denkbar, halte ich aber eher für unwahrscheinlich.
Reaktion erwartet
Die Niederlage beim VfB Stuttgart hat Spuren hinterlassen bei Alexander Blessin. Das war ihm auch am siebten Tag danach, im Rahmen der Pressekonferenz vor dem nun anstehenden Spiel gegen Leverkusen, deutlich anzumerken. Der FCSP-Chefcoach erklärte, man habe die Analyse des VfB-Spiels „auf zwei Tage gesplitted. Weil ich gedacht habe, dass wir da ein bisschen mehr Zeit brauchen. Die Szenen waren sehr klar. Auch das Feedback der Mannschaft in den Einzelgesprächen war sehr klar. Von daher war die richtige Reaktion im Training auch zu sehen.“
Blessin erklärte zudem klipp und klar, was er von seinem Team nun am Wochenende erwarte: „Ich will auch schon eine Reaktion sehen.“ Denn gegen Stuttgart habe es an den „Basics“ des Teams gefehlt: „Es kann nicht sein, dass ein Gegner ein höheres Energielevel hat als wir.“ Genau dort wird der FC St. Pauli nun ansetzen. Und nur, wenn es gelingt die „Basics“ wieder auf den Platz zu bringen, dann wird er gegen Leverkusen eine Chance auf Punkte haben.
Forza!
// Tim
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