FC St. Pauli – SV Sandhausen 3:1
4 Spiele, 6:2 Tore und 10 Punkte. Das ist unsere Ausbeute seit der alljährlichen ärmlichen Vorstellung im Erzgebirge. Ich bediene mich in dieser Einleitung nun mal stumpfer und durchsichtiger Rhetorik: Spielen wir seitdem einen besseren Fußball? Ich erkenne die Sichtweise an, dass man spielen kann wie man will, solange das Ergebnis stimmt. Aber wir dürfen uns bei dem kopflosen Spiel, welches aktuell auf das Grün „gezaubert“ wird, nicht wundern, wenn wir die nächsten 6 Spiele verlieren. Ich kann mich nicht erinnern, nach einem Heimsieg durch Tore in der Nachspielzeit mal nach Abpfiff schimpfend im Block gestanden zu haben.
Zugegeben, gegen den SV Sandhausen an einem Herbstsonntag erwartete bestimmt der Großteil des Stadions einen höhepunktarmen Ditsch. Ich rechnete gar mit einer Vorstellung aus dem Gruselkabinett. Was folgte, passte weder zu meiner Einstellung noch zu der mauen Stimmung auf den Rängen. In den ersten 17 Spielminuten bekommen wir offensiven Kombinationsfußball zu sehen. Kennt Ihr das? Da spielen sich mehrere Spieler EINER Mannschaft mit vielen aufeinanderfolgenden Pässen nach vorne und haben dann Chancen. Insbesondere über unsere rechte Seite kreierten Dudziak, Miyaichi und der einrückende Møller Dæhli immer wieder gefährliche Situationen. Es war aber auch schlicht viel Platz. Pässe, die vorab per Postkarte angekündigt wurden, überraschten die Sandhäuser. Das Führungstor ist absolut überfällig und lässt ein Stadion in der Oktobersonne strahlen. So macht man es auch den eigenen Stürmern leicht; Diamantakos hätte einen Schuss, eine Annahme oder ausweichen versuchen können – in jedem Fall geht der Ball über die Linie.
Was nach dem Führungstor folgte, sollte Kauczinski anschließend mit „… das Spiel hat sich bis zur Halbzeit neutralisiert …“ beschreiben. Das stimmt nicht so ganz. WIR haben das Spiel völlig grundlos neutralisiert. Und davon auch nach der Halbzeit keinen Abstand genommen. Das klappt natürlich nur solange gut, bis der Gegner merkt, dass die von uns ausgehende Torgefahr sich auch ohne Verteidiger in Schach halten lässt. In der Folge wird der FCSP in die eigene Hälfte gedrängt und dabei von über 29.000 Menschen ungläubig kopfschüttelnd begleitet. Der Ausgleich ist dann genauso unnötig, wie eine Frage der Zeit.
Was dann folgte, war aus meiner Sicht noch viel Schlimmer als die Einstellung des Offensivfußballs nach der Führung; in der 85. Minute sahen wir eine Heimmannschaft, die gegen eine Mannschaft auf dem 16. Tabellenplatz der 2. Liga tiefstehend das Unentschieden verteidigte. Mag sein, dass taktisch versiertere in diesem Treiben einen tieferen Sinn sehen. Ich nicht. Zum ersten Mal seit Jahren keifte ich Gift und Galle spuckend gegen die Passivität der eigenen Mannschaft. Wo ich sonst unterstützende Worte finde, war heute nur Platz für infantiles Gezeter. Somit war sowohl die meinige als auch die Leistung der Mannschaft zum kotzen.
Trotzdem fand ich es wunderbar, dass Henk als einziger 2-Meter-Mann der Welt Sambafüße hat und Sami uns endlich mal einen reingedrückt hat (die Zweideutigkeit ist pure Absicht).
„Immerhin drei Punkte!“, könnte man jetzt sagen. Meine Hoffnung ist, dass die Mannschaft nach drei sieglosen Spielen in Folge, seit dem Spiel in Aue vom Coach ergebnisorientiert eingestellt wurde und alles nach Plan läuft. Aber funktioniert das nicht anders? Wir hätten auch jede dieser vier Partien ohne Beschwerden verlieren können.
Solange an dem was momentan nicht gut läuft während der anstehenden Länderspielpause gearbeitet wird, kann ich mit dem Mantra aus dem vorherigen Absatz gut leben. Bis dahin habe ich mich auch wieder abgeregt und erkenne an, dass in einer langen Saison auch mal in schlechten Phasen irgendwie Punkte geholt werden müssen. Und zugeben muss ich auch; schlecht spielen und trotzdem gewinnen ist ein echtes Luxusproblem. Es gibt nämlich auch Dinge in diesem Jahr, die viel besser laufen als in der Vergangenheit. Bevor hier nun auch nur gemeckert wird, erreicht mich von Blogkollege Maik eine schöne Statistik:
Letzte Saison haben wir in 22 Spielen eine Gegentor bekommen, wenn wir entweder mit einem Tor führten oder es unentschieden stand. In diesen Spielen kassierten wir dann noch 12:24 Tore und verloren 13 Spiele bei acht Unentschieden. Nur ein einziges Mal konnte ein Spiel trotz solch eines „Rückschlags“ noch gewonnen werden. Na? Richtig, das Heimspiel gegen Kiel. Fast genauso erschütternd: In diesen 22 Spielen haben wir in 13 Spielen auch kein einziges eigenes Tor mehr erzielen können. In dieser Saison gab es diese Situation (Gegentor bei Unentschieden oder eigener Führung) bisher sechs Mal – und jedes Mal(!) gelang uns anschließend noch mindestens ein Tor. Zwar gingen drei der Spiele verloren (Union, Köln und Aue) allerdings konnten eben auch drei (Magdeburg, Paderborn und Sandhausen) gewonnen werden. Die Tordifferenz sieht mit 8:9 ebenfalls deutlich besser aus, wobei die Spiele gegen Köln und Union diese sogar noch mal mehr ins Negative ziehen. Wir sind also ab sofort Comeback Kids!
Na also! Vielleicht sollte ich dann einfach lieber die Schnauze halten. Forza!
//flippa
Links:
– Fotos von Stefan Groenveld: „Ein gutes Pferd…“
– MagischerFC-Blog: „Never quit!“
– Podcast: Vor dem Spiel-Gespräch mit Stefan von CD Sandhausen
2 thoughts on “Ergebnisorientiert”