Komm, wir fahr’n nach Heerenveen

Komm, wir fahr’n nach Heerenveen

Irgendwann rund ums Saisonende sickerte durch, dass der FC St.Pauli in der Sommerpause zu einem Testspiel beim SC Heerenveen reisen würde, wohl als verabredetes Abschiedsspiel für den im letzten Sommer gewechselten Henk Veerman. Da der Sommerurlaub eh noch nicht geplant aber Holland eines der möglichen Ziele war: Bestens, zwei Fliegen, eine Klappe. Ein Stadion mit 26.100 Plätzen, also auch kein Ticketstress, super!

Ohrwurm incoming: „Komm, wir fahr’n nach Amsterdam“

Urlaub

Also wurde eine Woche Familienurlaub im Nachbarland organisiert, eine Unterkunft zentral zwischen Amsterdam, Rotterdam und Den Haag in einem beschaulichen Dörfchen. Ein paar Tagesausflüge in die Städte, ein bisschen Strand – und auf dem Rückweg dann das Testspiel mitnehmen, fantastisch.
Komisch war, dass die Kommunikation seitens des Vereins „sehr zurückhaltend“ war, insbesondere zu den Tickets… aber wir oben erwähnt, da gehen >25.000 rein, das kann ja nun wirklich kein Problem sein.

Ein paar allgemeine Dinge und Gedanken zum Nachbarland:

Fahrräder.
Es dürfte bekannt sein, dass dort viel Fahrrad gefahren wird – und neben einer inneren Überzeugung dürfte dies auch darin begründet sein, dass es einfach so unfassbar viel besser gelöst ist, als im Autofreundlichen Deutschland. Nahezu überall gibt es eigene Fahrradwege… quatsch, Fahrradstraßen. Oft sogar baulich von den Straßen für die Autos abgegrenzt.
Von den riesigen Parkplätzen für Fahrräder an zentralen Stellen ganz zu schweigen.

Park & Ride
Gerade die Innenstädte sind bei weitem nicht so mit Autos verstopft, wie es aus Deutschland bekannt ist. Selbst in kleineren Städten ist parken im zentralen Bereich nur kostenpflichtig möglich. Unserer Beobachtung nach hat dies in erster Linie mit zwei Dingen zu tun:

  1. Parken in der Innenstadt ist unfassbar teuer
  2. Park & Ride wird immens subventioniert

Gut, vielleicht kann man das auch in einen Punkt zusammenfassen, aber es zeigt eben die politische Überzeugung, hier „Autofreie“ Städte zu wollen bzw. eben auch eine echte Alternative zu bieten.
Zwei Beispiele dazu: Für einen Parkplatz im Stadtbereich von Den Haag zahlt man 1,-€ pro 13 Minuten. Das wird schnell teuer, wenn man auch noch was erledigen möchte.
In Amsterdam haben wir das nicht überprüft, aber es wird ähnlich teuer sein, mindestens. Und hier kommt dann die Park & Ride Alternative ins Spiel: Beispielsweise kann man an der Johan Cruijff Arena parken (>8.000 Stellplätze) und von dort mit der Metro schnell in die Innenstadt. Normalerweise kostet dies 1,-€ für 20 Minuten – wenn man aber ein ÖPNV-Ticket kauft (Gesamt: 6,50€ für drei Personen hin und zurück) wird dies quer subventioniert und man zahlt nur 1,-€ pro Tag.
(@Sparfüchse: Nein, man muss es nicht nur kaufen, sondern auch nutzen. Die Systeme sind digital verbunden und der Parktarif wird nur dann von dem hohen Tarif runtergestuft, wenn die ÖPNV-Karte auch wirklich zu einer Fahrt hin- und zurück in den Innenstadt-Bereich genutzt wurde.)

Clever und gut gemacht – man muss es nur wollen.

Ansonsten: Wer in Amsterdam ist, sollte das Anne Frank Haus besuchen. Da es wohl früher zu unfassbaren Schlangen und Wartezeiten kam, gibt es die Tickets inzwischen nur noch online. Diese sind Monate im Voraus buchbar (man muss sich auf einen bestimmten Tag und die Uhrzeit festlegen) und i.d.R. etwa 4-6 Wochen vorab ausgebucht. In diesen Vorabverkauf gehen 80% der Tickets, 20% gehen am Tag selbst morgens um 09.00h in den Online-Verkauf. Vor Ort kann man keine Tickets erwerben.
So sammelt sich also morgens ab ca. 8.30h eine unfassbare Menge an Buchungswilligen im Online-Shop, inkl. Warteschlange… und wenn man dann endlich drin ist, wird man nach ca. 20-25 Minuten auch wieder ausgeloggt, gutes Timing ist also erforderlich, um um 09.00h Zugriff auf die Tickets zu bekommen.
Was bei uns erschwerend hinzu kam: Als Zahlungsart wählten wir die VISA-Card – welche sich per „Verified by VISA“ und bei unserer Bank per mTan authorisieren lässt. Diese Kombination der Zahlungsart klappt aus Sicherheitsgründen allerdings nicht, wenn man es per Smartphone / mobilen Endgerät versucht, sondern nur vom Computer aus – welchen man natürlich im Urlaub nicht unbedingt dabei hat.
Okay, dies hat uns schlussendlich also ein paar Tage beschäftigt, am Ende hatten wir dann drei Tickets und es war jeden Aufwand wert.
Wenn Ihr die Gelegenheit habt, schaut es Euch an. Es gibt Audioguides in diversen Sprachen (u.a. dann eben auch auf Deutsch), alles ist daher auch ab einem gewissen Alter durchaus auch für Kinder geeignet.

SC Heerenveen – FC St.Pauli

Zurück zum Sport und damit zu einer anderen Ticketsituation.
Schon im Mai hatten der Fanladen und das Kartencenter beim SC Heerenveen interveniert, dass das vereinbarte Kartenkontingent nicht ausreichen würde.
„Vereinbartes Kartenkontingent“? Ja, irgendjemand hatte beim Verabreden des Spiels ein Dokument unterzeichnet, in dem uns 500 Tickets zugestanden wurden – tatsächlich ließ sich (zumindest für die Öffentlichkeit) im Nachgang nicht mehr klären, wer genau das denn verbockt hatte. Und das es hier ganz furchtbar schief gelaufen ist, kann niemand ernsthaft bezweifeln.
500 Tickets für das einzige „echte“ Testspiel außerhalb des Trainingslagers, noch dazu eine der wenigen Gelegenheiten den FCSP International zu sehen – und eben das Fehlen des Heim-Eröffnungsspiels, welches in den letzten Jahren ja auch immer besser angenommen wurde.
Keine Tageskasse, keine Möglichkeit für Auswärtige diese Tickets im Heimbereich vorab legal zu bestellen – wer denkt sich denn sowas aus?

Der Fanladen hat das ganze Theater in diesem und den Folgetweets versucht zusammenzufassen:

Leider lag das Kind also wohl schon im Mai im Brunnen und konnte dann auch nicht mehr herausgeholt werden, Fanladen und Kartencenter versuchten sich vergebens in Schadensbegrenzung und Mangelverwaltung, undankbar. Und die Kommunikation mit Heerenveen gestaltete sich wohl auch so schwierig bis unmöglich, dass selbst Wasserstandsmeldungen ausblieben.
Zeit dies zu klären wäre genug gewesen, Platz genug auch – es scheiterte aber am Willen (und Verständnis) beim SC Heerenveen, warum auch immer.
500 Tickets a‘ 5,-€ -wo man problemlos auch 1.500 oder mehr Tickets losgeworden wäre und diese auch alle im Gästeblock hätte unterbringen können, von den angrenzenden Blöcken ganz zu schweigen.
Von diesen 500 Tickets gingen dann eben nur 170 Tickets am Kartencenter in den freien Verkauf und die waren logischerweise ruckzuck weg.
Viele, die sich die Tour auch schön ausgemalt hatten, schauten in die Röhre.
Völlig unnötig.

Von den übrigen Tickets wurden dann aber beispielsweise auch die Fanclubs vor Ort versorgt, für die das wohl erste Spiel ihres Vereins im eigenen Land natürlich ein Highlight war. An dieser Stelle also ganz liebe Grüße an Peter (und Peter und Kaes, die leider schon Urlaub gebucht hatten) von den Braun-Weißen Tulpen, einem Fanclub mit ganz tollen Menschen, die unseren Verein nun auch schon seit über 20 Jahren freudig und regelmäßig hinterherreisen und sich natürlich sehr über dieses Spiel gefreut haben.

Schlußendlich gab es wohl am Spieltag vor Ort auch noch einige Karten, damit die Wenigen die trotzdem ohne Karte angereist waren nicht draußen bleiben mussten, aber das wurde halt vorab seitens des SC Heerenveen nicht kommuniziert.
Wer auch immer das nun bei uns zu verantworten hat, möge daraus bitte für die Zukunft entsprechende Lehren ziehen.

Eine offizielle Zuschauerzahl hab ich im Stadion nicht mitbekommen und auf der Homepage des Gastgebers auch nicht finden können, aber während es im Gästeblock wohl noch etwa 1.000 freie Plätze gab, dürften im gesamten Stadion etwa 20.000-22.000 von den 26.100 verfügbaren Plätzen frei gewesen sein. Muss man nicht verstehen.

Sportliches:
Testspiel halt. Ich hab vom Fußball nur bedingt Ahnung und überlasse schon bei Pflichtspielen die Analyse lieber Tim, daher werde ich es bei einem Testspiel auch erst recht nicht ändern.
Insgesamt sah das aber nicht so schlecht aus und wenn man beide Halbzeiten nimmt, wäre ein Sieg eher für uns als für die verdient gewesen.
Vorne fehlte etwas die Durchschlagskraft, aber sowohl Christian Conteh als auch Aurel Loubongo-M’Boungou deuteten an, was sie können. Finn-Ole Becker war in meinen Augen bester St.Paulianer auf dem Platz, insbesondere in Hälfte eins, aber auch bei seinem Zauberpass auf Conteh, der dann zum Strafstoß führte.
Highlights kann man sich hier anschauen:

Nach dem Spiel wurde der Ausgang des Gästebereichs dann völlig überflüssigerweise noch für knapp zehn Minuten gesperrt – angesichts von null Gefahrenpotential außerhalb des Stadions schwer nachvollziehbar, aber ins Gesamtbild passend.
Auf einschlägigen Twitter-Accounts machte dann noch ein Video die Runde, welches einen Angriff von St.Paulianern auf ein Heerenveen-Lokal vor dem Spiel zeigen soll, was dann im Nachgang sicher als Rechtfertigung für die Blocksperre herbeigezogen wurde… nun ja.
Erkennen kann man auf dem Video nicht viel, angesichts des angereisten Potentials inkl. befreundeten Gruppen kann dies aber schon gut so stattgefunden haben.
Wenn es denn so war: Ich kann da nichts mit anfangen und finde das auch unnötig bis bescheuert, wahrscheinlich bin ich mit 43 Jahren aber auch einfach zu alt für sowas.

Lieber Verein: Auch nächstes Jahr gerne wieder ein Spiel im Ausland in der Sommerpause. Dann aber mit ausreichendem Kontingent für uns, Danke. // Maik

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