Keine lustigen „Pauli“-Gesichter am Millerntor

Keine lustigen „Pauli“-Gesichter am Millerntor

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Aus aktuellem Anlass und weil es wahrscheinlich eher Zeitlos ist, folgender Abschnitt aus der heutigen Lage noch mal als eigener Artikel:

+++ Update, 17.Juni, 14.15h +++
Der Verein hat eine sehr deutliche Stellungnahme veröffentlicht, vielen Dank dafür.

+++ Update 16.Juni, 13.30h +++
Inzwischen ist die Aktions-Website nicht mehr erreichbar.

Ein Werbepartner des Vereins, eine Versicherung (wir verzichten dann mal auf einen Link) hat gestern dazu aufgerufen, Fotos im „St.Pauli-Look“ einzusenden, die dann dazu genutzt werden, beim Heimspiel gegen Regensburg auf der Werbebande gezeigt zu werden.

Puh…

PUH!

Wir sind hier nun wirklich nicht dafür bekannt, die Speerspitze der Pöbelblogs zu bilden, sondern versuchen uns immer nach besten Wissen und Gewissen daran, alle Seiten zu verstehen und ggf. Sachzwänge auch mit zu berücksichtigen, die man im emotionalen Überschwang als Fan vielleicht nicht so geil finden will.
Und im Zusammenspiel mit den wirklich sehr geschätzten Kolleg*innen vom MagischenFC-Blog liefert das dann oft ein ausgewogenes Bild aus der Fanperspektive, wo sich jeder was bei raussuchen kann. Wir manchmal zu verständnisvoll, der MagischeFC vielleicht ab und an leicht emotional mit der Abteilung Attacke.
Passt ganz gut, finden wir.

Aber…
ABER…
ABER!!!

Wir verlassen den entspannten Beobachtungsposten und die uns zugewiesene Rolle jetzt mal.
Mann, ey, das kann doch nicht wahr sein?
Wie kann sowas (immer wieder) passieren?
Das Fansofa war ne scheiß Idee, die aber auch vom Werbepartner scheiße kommuniziert wurde und am Ende im Stadion nicht so scheiße auffiel, wie es zunächst befürchtet wurde.
Die Zigarillo-Verteilaktion ist „durchgerutscht“ und der Vertrag mit dem Partner wird nicht verlängert, so sagt man.
Die Rabauken-Aufwertung in der Altersgruppe sollte natürlich dem Fanladen keine Zielgruppe wegnehmen…
(Und von den „lustigen“ SMS auf die Bande von vor zig Jahren fangen wir jetzt gar nicht erst an, auch nicht von der sexistischen Autohaus-Werbebande und den sexistischen Autovermieter-Plakaten.)

[…] trotz Geisterspiel-Kulisse im Millerntor quasi live dabei […] 

Aber nach all den Wochen der Corona-Zeit, in der das zurückhaltende Präsentieren im Stadion sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde, in der das „Fußball lebt durch seine Fans“-Plakat als einzig sinnvolles Statement im Stadion zu sehen war, in der auch das Präsidium sich stets ähnlich äußerte und wir keine bescheuerten Fotos oder Pappfiguren aufgestellt haben, um dem TV-Zuschauer das „Millerntor-Feeling“ vorzugaukeln – da kommt jetzt ausgerechnet kurz vor Schluss doch noch so eine Aktion auf den Markt, mit der man sich wirklich mit dem Arsch wieder alles einreißt, was man so mühsam über Wochen aufgebaut hat?
Und dabei hab ich noch nicht mal erwähnt, dass dieser Partner dann auch noch am Ende von „Pauli“ schreibt…

Ja, klar, Fehler passieren, alles nur Menschen und so. Aber nach all den beschriebenen Dingen, nach der „(M)ein Verein“-Podiumsdiskussion, in dieser hoch sensiblen Zeit, wo wirklich jede Aktion von/für/mit Fans im Stadion unter dem Brennglas liegt – wie kann es da auch nur eine*n Mitarbeiter*in in diesem Verein geben, der/die diesen Bullshit vorgeschlagen bekommt und sich denkt: „Ja, eigentlich ne gute Idee. So machen wir das!“
Wie wenig hat man diesen Verein verstanden? Wie blind ist man gegenüber allem, was in dieser Fanszene vor sich geht? Beschäftigt man sich mit seinem Job über den Schreibtisch hinaus, oder ist das dann doch nur ein ganz normaler Agenturen-Job und mensch könnte auch beim Nachbarn Stadionuhren verkaufen?
Und wie werden neue Werbepartner eigentlich eingeführt? Es gab da früher mal so ne Art Fibel für Leute auf Business-Seats, denen man beispielsweise mitteilte, dass es eher uncool ist zum Anpfiff beider Halbzeiten noch bei den Schnittchen zu stehen und ähnliche Dinge. Auch das „Sankt“ wurde darin als heilig deklariert.
Und überhaupt: Wenn ich als Firma die komplette „Ich bin so anders und deswegen passen wir so geil zusammen“-Palette bespiele, mache ich mich mit so einer Aktion einfach komplett zum Löffel und baller die Glaubwürdigkeit von 1910 auf Null. Ich werde in dem Laden zumindest keine Versicherung mehr abschließen. Gut, hätte ich wahrscheinlich vorher auch nicht, aber jetzt kann ich auch noch erklären, warum, Ihr Helden.

Immerhin: Auf meine dezente „Irritation“ hin äußerte sich Geschäftsführer Martin Drust auf Twitter gestern Abend dann sehr schnell so:

Dann hoffen wir mal, dass dies auch beim Werbepartner verstanden wird und Sonntag keine „Pauli-Gesichter“ auf der Werbebande lustige Pauli-Paadie vorgaukeln.
Und nach den oben genannten Vorfällen aus jüngster Vergangenheit ist es dann vielleicht doch an der Zeit, wirklich alle Mitarbeiter einer wachsenden Abteilung nochmal ganz grundsätzlich mit den „Basics“ vertraut zu machen, damit so etwas nicht nochmal und nochmal unabgestimmt und nicht genehmigt passiert.

// Maik

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3 thoughts on “Keine lustigen „Pauli“-Gesichter am Millerntor

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