Wenn man solche Fans hat…

Wenn man solche Fans hat…

Man kennt das: „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen – seine Freunde schon!“ So oder ähnlich dürfte man auch im Verein denken, wenn man einen Blick auf die prominenten Fans wirft, gegen die man sich halt auch nicht so richtig wehren kann. Unangenehmer wird es dann, wenn man sich diese Promis selbst einlädt.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

(Disclaimer: Ja, wir haben hier auch Werbebanner von DIIY geschaltet. Nein, dies hat keinen Einfluss darauf, was wir darüber schreiben.)

Okay, versprochen, kein Wort über Andy Grote. Der ist zwar weiterhin Fan und Mitglied, aber zumindest scheint es beim Verein ein gewisses „Problembewusstsein“ zu geben und man lässt ihn aus jedweder öffentlichen Berichterstattung raus. Anders verhält es sich mit anderen Fans. Okay, für Kalle Schwensen als Fan kann man halt nichts, auf dem Level an Fremdscham gibt es sicher auch viele weitere, die wir hier jetzt nicht aufführen.

Letztes Beispiel in der Öffentlichkeit war dann ein Tweet, den der Verein an einem Samstagvormittag veröffentlichte, in dem TV-Promi Elton gratuliert wurde. (Let me google that for you…).
Kein Ruhmesblatt, auch wenn Fans anderer Vereine schnell mit der „Ihr überkorrekten Paulis!“ Keule am Start waren. Dass es rund um Elton auch schnell Proteste geben würde, war im Verein auch durchaus angemerkt worden, man rannte also sehenden Auges ins Verderben und machte es dann noch schlimmer: Der Tweet wurde wieder gelöscht, ehe der Shitstorm richtig aufziehen konnte – was es irgendwie auch nicht besser machte, im Gegenteil.

Und im Zuge der heutigen Trikotpräsentation wurde dann optisch eigentlich sehr schön gezeigt, wie man sowas angeht – die Einblendung von Uli Hoeneß verbuchen wir mal unter Selbstironie, ansonsten ist das Video fast schon ein Musterbeispiel für Diversität.
Zumindest, solange man den Ton auslässt. Wenn der nämlich an ist, hört man Trettmann – passend wohl, weil er mit seinem Album „DIY“ erstmals in die Charts kam. Und seit der USA-Reise 2019 besteht ein guter Kontakt von Verein, KitschKrieg (produziert Musik von Trettman und umgekehrt) und Trettmann, der wurde auch auf Social Media immer mal wieder nachgewiesen. Und das ist problematisch.

Deutschrap, schwieriges Terrain. Die Musik ist nicht unser Stil, aber das muss sie ja auch nicht. Wen wir aber trotzdem kennen ist GZUZ. Und Bonez MC. Und das nicht aufgrund ihrer guten Musik. Beide Künstler sind für sexistische und homofeindliche Textzeilen in ihren Songs bekannt. Sehr sogar. So sehr, dass die Diskussionen um Homofeindlichkeit und Sexismus im Deutschrap häufig diese beiden Künstler als Beispiel nennen. Besonders Bonez MC ist in seinen Texten offen homofeindlich. GZUZ ist nicht nur mit seinen sexistischen Texten sondern auch mit sexueller Belästigung aufgefallen.
Das Problem: Mit beiden arbeiten Trettmann und KitschKrieg zusammen. Und KitschKrieg haben dazu eine recht… nun ja, „diskutable“ Meinung. Angesprochen darauf, dass GZUZ und Bonez MC auf ihrem kürzlich erschienenen Album drauf sind, sagten sie dem Tagesspiegel:

Für Sachen, die auf unseren Songs gesagt werden dürfen, gibt es eine Grenze. Aber was die Leute sonst so machen, ist ein anderer Schnack. Darauf haben wir nur begrenzten Einfluss.

Trettmann äußerte sich angesprochen auf seinen „Freund“ GZUZ bei spex:

Freundschaft heißt für mich auch, dass man in schlechten Zeiten zueinander steht.

Mit Menschen, die durch Sexismus und Homophobie aufgefallen sind, weiter Kontakt zu haben, ist schwierig. Aber es ist wichtig diesen zu haben, denn irgendwer muss ihnen ja aufzeigen, dass da was gehörig falsch läuft. Aber es ist kein „anderer Schnack„, wenn ein Rapper durch homofeindliche Texte auffällt und dieser trotzdem auf einer LP dabei ist. Verschafft den Menschen nicht weitere Aufmerksamkeit, wenn sie sich noch nicht einmal richtig von ihrem Handeln distanzieren! Und wenn das noch nicht einmal passiert ist, dann sollte man auch nicht „zueinander stehen„. Dieses Verhalten, diese Duldung verschafft Menschen, die sexistisch und homophob im Deutschrap unterwegs sind eine Akzeptanz, die kritisch zu betrachten ist.

Aber wie gesagt, wir sind keine Experten des Deutschrap und wollen von außen diese Probleme nicht abschließend beurteilen. Wir würden es allerdings nicht wagen, mit solchen Künstlern zusammenzuarbeiten. Beim FC St.Pauli ist diese Sachlage offensichtlich anders beurteilt worden, vielleicht auch von Menschen mit einem komplett anderen Blickwinkel auf dieses Thema als wir ihn von außen haben. Dann muss man es sich aber halt auch gefallen lassen, dass dies nicht nur auf Begeisterung stößt.

Machen wir es kurz: Die Einstellung zu sexistischen und homophoben Texten, gewalttätigen Handlungen und sexueller Belästigung, dass man sie zwar irgendwie doof findet, die Freundschaft zum Buddy aber wichtiger ist, finden wir mindestens problematisch. Auch, wenn es eben „nur“ fehlende Distanzierung ist.
Ja, man kann sich seine Fans nicht aussuchen. Aber sollen es dann solche Fans sein, die den Verein zum Beispiel bei DIIY repräsentieren? Die dadurch eine Art Markenbotschafter*innen werden? Hätte es da nicht genug andere Musikschaffende gegeben, die da bessere Markenbotschafter*innen wären? Der Song hat diesen einen Begriff (DIY), der halt gut passt, ja. Aber auf dem Album, auf dem dieser Song veröffentlicht wurde, sind auch GZUZ und Bonez MC vertreten, indirekt profitieren also auch sie von der Verbreitung.

Gerade bei einer Sache wie DIIY, die wir unglaublich gut und unterstützenswert finden, tut das weh. Und gerade weil wir das Projekt gut finden, möchten wir die Dinge, die uns dabei Bauchschmerzen bereiten, offen ansprechen.

// Maik & Tim

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15 thoughts on “Wenn man solche Fans hat…

  1. Danke, dass ihr das Thema „Sexismus und Homophobie“ so gut herausgearbeitet habt. Erspart mir eine Notiz an den Verein und durch eure enorme Reichweite ist das Thema gesetzt! Chapeau
    eur Käpt´n Queerpass

      1. Was bisher nicht thematisiert wurde: bei der Gestaltung des Frontflocks gibt es anscheinend keine hinterlegte Blacklist. Man kann sich also Trikots gestalten mit allen! Begriffen (Hitler funktioniert zB), diese sich anzeigen lassen und auch bestellen. Ob diese auch geliefert werden will ich zumindest nicht ausprobieren. Wieso zur Hölle!

        Zudem wurde auf Twitter angemerkt das man bei der Bestellung zwingend eine Anrede angeben muss. Wieso sind wir so schlecht in diesem Bereich des Konzerns FCSP!?

        https://twitter.com/oemchendroelf/status/1333853961665859584?s=21

        1. Zumindest das Ausliefern dieser Begriffe wird nicht passieren, die durchlaufen alle eine manuelle Prüfung.
          Der Verein teilte uns aber mit, dass für den Editor momentan kein Filter möglich bzw vorgesehen sei.

          1. Naja, „Stören“ wird es sie schon und produziert wird es sicher auch nicht, aber wenn man jetzt als Verein auf jeden Troll reagieren würde, macht man es wahrscheinlich nur noch schlimmer.
            Aber ja, das hätte man vorher sicher ander lösen können oder sogar müssen, um solche Screenshots erst gar nicht zu ermöglichen.

          2. Ich hab nochmal länger nachgedacht dazu:
            ich denke der Verein macht es sich mit seiner Aussage „wird nicht ausgeliefert“ zu einfach. Für tiefe Juristerei ist das hier der falsche Blog, aber der FCSP als Verkäuferin ist hier mit dem Besteller einen Vertrag eingegangen, die Bestellung ist zudem schon bezahlt. An keiner Stelle im Vertrag/AGBs steht dass der Verein über den Inhalt des bestellten Flocks nochmal richten darf. Ich kann demnach auf Lieferung meines acab Flocks bestehen.
            Zudem stellt sich ja juristisch die Frage welche Begriffe nicht ausgeliefert werden. Man könnte sich auf diskriminierende und beleidigende Inhalte juristisch sauber festlegen, dies dann aber bitte bei Vertragsabschluss.
            Was ist aber mit Begriffen die der Verein aus anderen Gründen nicht auf seinen Trikots sehen will?
            Sowas wie zB „hsv“ oder „oke weg“ oder „grote raus“

            Und dann kommt noch Congstar dazu als Sponsor. Die werden auch nochmal eine eigene Meinung haben, immerhin wird deren Typo genutzt. Wären die einverstanden mit „zu teuer“ oder „vodafone“ oder „gangstar“ als Flock in deren CI!?

            Je länger man drüber nachdenkt umso klarer wird es dass das ein ganz schöner Schnellschuss war so ganz ohne Filter/Zensur.

          3. Oh, vielleicht hab ich das bisher nicht erwähnt, aber in der Artikelbeschreibung steht folgender Spiegelstrich:
            „Wir behalten uns vor, etwaige Individualisierungen, die gegen unser Stadionordnung verstoßen oder deskreditierend oder beleidigend sind, zu stornieren.“

            Inwieweit das juristisch sattelfest ist, weiß ich nicht – und auch ACAB dürfte dadurch eigentlich nicht verboten werden dürfen. Aber das es nirgends steht, ist eben nicht korrekt.

          4. Okay, als ich gestern gegen Mittag das erste Mal länger drüber nachdachte, war der Hinweis schon da – aber wahrscheinlich gab es auch gestern morgen schon ne Flut an Mails an den verein, nicht nur von uns.
            Auf jeden Fall wurde schon bei der Vorstellung davon gesprochen, dass da manuell geprüft werden soll, im Kopf war der Hinweis also von Anfang an vorhanden.

          5. Ich hatte gestern übrigens ein Trikot 21/22 bestellt.
            Heute schon die E-Mail mit der Versandbestätigung samt Tracking vom FCSP bekommen. Auch da scheint es zu haken und holpern!

  2. Moin, wie gut ist den Gzuz in die Fanszene vernetzt? Habe ihn zumindest schon einmal im Fanladen angetroffen und dies scheint niemand gestört zu haben. Kenne die Musik nicht im Detail aber dann müsste auch hier klare kannte gezeigt werden.

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