Wer ist Nikola Vasilj? – Ein Spielerprofil

Wer ist Nikola Vasilj? – Ein Spielerprofil

Der FC St. Pauli hat Nikola Vasilj verpflichtet. Vasilj ist für Sportchef Andreas Bornemann kein Unbekannter, da dieser zwei Jahre in der U21 vom 1. FC Nürnberg zwischen den Pfosten stand. Damit hat der FCSP eine richtungsweisende Entscheidung auf der Torwartposition getroffen.
(Titelbild: imago images/via OneFootball)

The story so far

Nikola Vasilj wurde in Mostar in Bosnien-Herzegowina geboren. Sein Vater Vladimir Vasilj war ebenfalls Torwart. Vasilj wurde in der Jugend von HSK Zrinjski Mostar ausgebildet und machte dort auch seine ersten Schritte im Profi-Bereich. Bereits in der Saison 2012/13, im Alter von 17 Jahren war er eine Halbserie lang Stammtorwart bei Mostar. In der folgenden Saison, als Zrisnjski Mostar Meister wurde, saß er jedoch zumeist auf der Bank, sodass im Jahr darauf (14/15) die Leihe zum Liga-Konkurrenten FK Igman Konjic folgte.
Mit diesem Klub spielte Vasilj jedoch eine wahrhaft gruselige Saison: Der Klub stieg nach nur zwei Siegen in 30 Spielen ab. Auch in der folgenden Saison spielte Vasilj in Mostar, allerdings vorerst bei HSK Branitelj Mostar in der zweiten Liga. Nach der Hinrunde endete jedoch die Leihe und Vasilj wurde mit seinem Stamm-Klub wieder Meister. Ein Jahr später wurde er mit Zrisnjski Mostar erneut Meister. Allerdings stand Vasilj in beiden Jahren nur sporadisch zwischen den Pfosten.

Am Ende der Saison wurde der Vertrag von Nikola Vasilj jedoch nicht verlängert, sodass er sich als vereinsloser Torhüter unter anderem beim 1. FC Nürnberg vorstellte. Damals hauptverantwortlich für die sportlichen Geschicke beim Club: Andreas Bornemann. Nach rund einer halben Saison war Vasilj in der U21 Stammtorhüter und blieb dies auch im Jahr darauf.
Nach der Saison 18/19 wechselte Nikola Vasilj in die ukrainische Premier Liga zu Zorya Lugansk. In der ersten Saison war Vasilj häufig noch auf der Bank zu finden. Das änderte sich in der Saison 20/21: Seit Mitte der Saison ist er Stamm-Torhüter und hat, wie die Statistiken später zeigen werden, einen großen Anteil daran, dass Lugansk auch nächste Saison international Fußball spielen wird (diese Saison hat Vasilj gegen Braga und Leicester in der EuropaLeague zwischen den Pfosten gestanden).

Zwei Jahre war Nikola Vasilj Torhüter in der U23 des 1. FC Nürnberg – verpflichtet hat ihn damals ein gewisser Andreas Bornemann.
(imago images/via OneFootball)

Scouting-Profil aus Nürnberg

Zwar können wir keinerlei Kontakte nach Lugansk vorweisen, dafür ist die Leitung nach Nürnberg weiterhin stabil. FCN-Experte Florian Zenger (clubfans-united) konnte sogar noch einen alten Scouting-Bericht zu Nikola Vasilj auftreiben, den er sehr gerne mit uns geteilt hat.
Laut diesem Bericht strahlt Vasilj „große Ruhe“ aus (was bei einer Körpergröße von 1.94m auch zu erwarten ist) und bringt eine „hervorragende Strafraumbeherrschung“ mit. Gerade die Strafraumbeherrschung wäre etwas, dass dem FC St. Pauli guttun würde. Zu seinen Stärken zählt ebenfalls sein Spiel auf der Linie. Allerdings sei Vasilj größenbedingt „manchmal zu spät am Boden“ und sein Timing beim Rauslaufen sei teilweise nicht optimal.
Trotz dieser doch recht positiven Einschätzung konnte sich Nikola Vasilj nicht beim FCN für das erste Team empfehlen. Daher kam es nach zwei Jahren zur Trennung und Vasilj suchte sein Glück in der Ukraine.

Kontakte, Kontakte, Kontakte

Bevor wir uns die Statistiken von Nikola Vasilj anschauen, werfen wir einmal einen Blick in seine Berater-Historie. Vasilj wurde einige Zeit von der Agentur von Thomas Ziemer betreut (der übrigens mal wegen Dopings gesperrt wurde). Seit kurzem wird Nikola Vasilj aber von der Agentur Soccerfriends Sportmanagement betreut (wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist Jürgen Bühler sein Berater).
Warum ist das wichtig? Weil ein Kontakt zwischen Andreas Bornemann und Soccerfriends Sportmanagement nicht zum ersten Mal stattgefunden haben dürfte. Weitere Klienten sind Ewerton und Jakov Medic, die ebenfalls beide zum FCN wechselten, während Bornemann dort die sportlichen Geschicke im Hintergrund leitete.

Die Statistiken lieben Nikola Vasilj

Machen wir es kurz und deutlich: In Sachen klassisches Torwartspiel ist Nikola Vasilj in der Saison 20/21 der beste Keeper in der ukrainischen Liga. Die Daten bestätigen dabei die Einschätzung von Florian Zenger: Nikola Vasilj ist ein echtes Monster auf der Linie: Über 85% der Schüsse auf sein Tor konnte er abwehren (Vergleich: Dejan Stojanović liegt bei 72%).
Bei dieser hohen Quote abgewehrter Bälle könnte man meinen, dass es sich meist um Abschlüsse handelt, die nicht die höchste Torwahrscheinlichkeit haben. Doch das ist weit gefehlt. Nikola Vasilj weist für diese Saison einen unmenschlichen „prevented Goals“-Wert aus (Gegentore vs. expected Goals): Er liegt bei knapp 0.8 pro Spiel. Sein Team fängt sich also 0.8 Tore weniger pro Spiel als nach xG möglich. Zum Vergleich: Der Wert von Zweitliga-Spitzenreiter Martin Männel liegt bei 0.4, Dejan Stojanović bei 0.2.

Zur Bewertung ist es aber auch nötig, die Stärken der Ligen zu vergleichen. Denn es ist immer schwierig abzuschätzen, ob ein Spieler in einer anderen Liga zu ähnlichen Leistungen fähig ist. Ein Indiz liefert die Stärke der Liga. Laut ClubElo ist die ukrainische Liga in etwa auf einem Level mit der 2.Bundesliga zu sehen (1421 vs 1468). Allerdings ist das Gefälle in der Liga (1691 bis 1284) sehr viel größer als in der 2.Bundesliga (1547 bis 1351).

Was die Einschätzung der Leistungsfähigkeit von Nikola Vasilj jedoch wirklich schwierig macht: Auf dem Niveau der 2.Liga hat er erst etwas mehr als eine halbe Saison gespielt. In dieser Zeit war er überragend, aber es ist natürlich völlig unklar, ob es sich hierbei um einen Ausreißer handelt oder die dauerhafte Leistungsfähigkeit. Die Einschätzung des Global Soccer Network stützt jedoch die Vermutung, dass Nikola Vasilj absolut das Niveau einer Nr.1 in der 2.Liga hat (wenn nicht sogar noch mehr).
(Update: In den Kommentaren wurde auf dieses Video aufmerksam gemacht (danke!) – ich finde, das ist ebenfalls sehr vielversprechend)

(imago images/via OneFootball)

Mächtig Rotation auf der Torwart-Position beim FC St. Pauli

Mit der Verpflichtung von Nikola Vasilj werden auch an anderer Stelle Fakten geschaffen. Denn diese Verpflichtung eines Torhüters von einem Top-Team aus der Ukraine ist allein aus finanzieller Sicht sicher nicht getätigt worden, damit dieser auf der Bank sitzt. Nikola Vasilj dürfte planmäßig als klare Nummer 1 in die nächste Saison gehen.

Damit ist dann auch klar, dass es für Dejan Stojanović keine Zukunft beim FC St. Pauli geben wird. Der hat sich in den letzten Monaten zwar durchaus zu einem Rückhalt für das Team entwickelt, aber selbst wenn die Verantwortlichen in Nikola Vasilj einen ähnlich starken Torhüter sehen, dann ist dieser Schritt richtig. Denn eine Verpflichtung von Stojanović wäre mit einer Ablöse verbunden gewesen. Vasilj kommt ablösefrei zum FC St. Pauli und ist zudem noch ein paar Jahre jünger.
Auch für Svend Brodersen gibt es beim FC St. Pauli keine Zukunft. Der auslaufende Vertrag word nicht verlängert, auch deshalb, da es mit der Verpflichtung von Vasilj keine Aussicht auf viel Spielzeit für Brodersen gibt.
Fraglich ist, wie es mit Dennis Smarsch weitergeht. Vorerst scheint die Rollenverteilung für die neue Saison klar, denn die Statistiken sprechen eine ziemlich eindeutige Sprache. Sollte Nikola Vasilj diese Werte auch nur ansatzweise beim FC St. Pauli bestätigen können, ist das ein richtig dicker Fang.

Herzlich willkommen am Millerntor, Nikola Vasilj!
// Tim

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