„Am Ende kackt die Ente!“ – die Stimmen zu FCSP vs. S04

„Am Ende kackt die Ente!“ – die Stimmen zu FCSP vs. S04

Langes Gesicht bei Thomas Reis, freudige Gesichter rund um und mit Carlo Boukhalfa und „extrem“ Druckreifes von Hauke Wahl. Die Stimmen zu FC St. Pauli vs. FC Schalke 04.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Ganz. Schön. Viel. Drin. In. Diesem. Topspiel. Der FC St. Pauli und der FC Schalke 04 haben sich ein intensives Match geliefert. Mit dem besseren Ende für den FCSP, der auch mehr in das Spiel investierte, wie der Blick in die Statistiken zeigt (Mutig flach gegen langer Hafer). Schalke hingegen agierte fast schon mantra-artig mit einer mannorientierten defensiven Spielweise und langen Bällen in der Offensive. Mit beiden Spielweisen hatte der FCSP zu Beginn gar keine, nach dem Ausgleich aber große Probleme, als sich das Team von der hektischen Spielweise der Gäste anstecken ließ (In der Ruhe liegt die Kraft).

Trainerstimmen

Aufgrund der Niederlage gab es nach der Partie ziemlich viele lange Gesichter beim FC Schalke 04. Eines davon hatte Trainer Thomas Reis. Ein anderes Timo Baumgartl. Der Innenverteidiger dürfte nicht nur aufgrund seiner Taten auf dem Platz für das lange Gesicht seines Trainers gesorgt haben, sondern auch aufgrund seiner gewählten Worte im Sky-Interview nach dem Spiel, als er die taktische Ausrichtung seines Trainers deutlich kritisierte („Spiel mit dem Feuer (…) Zu risikobehaftet“). Als die Aussagen von ihm noch frisch waren, habe ich daraus – mit etwas Flattern in der Magengegend – auf der PK eine Frage an Thomas Reis formuliert.

Reis: „An die eigene Nase fassen“

Nach der Partie sagte Reis, dass es ein „nicht unverdienter Sieg“ des FC St. Pauli gewesen sei. Man habe versucht „aktiv zu verteidigen“, was aber zu Spielbeginn nicht gelungen sei. Mit der Defensivarbeit seines Teams nach dem überraschenden Ausgleich, zeigte sich Reis dann aber zufrieden. Dann gab es jedoch das zweite Gegentor der Art „aus dem Nichts“, mit dem der FCSP wieder in Führung ging. Bis zu diesem Zeitpunkt hat Reis „eine gute Energie“ seines Teams nach Wiederanpfiff gesehen.

Angesprochen auf die klare Kritik an der Spielweise von Baumgartl, sagte Reis, dass er das Interview nicht gesehen hätte, aber auch: „Ich bin der Erste, der sich an die eigene Nase fasst und das erwarte ich auch von meinen Spielern.“ Zudem ergänzte Reis, dass die Spielweise dann erfolgreich war, wenn die Schalker aktiv verteidigt hätten und spielte den Ball damit zurück zu den Spielern. Am Sonntag vermeldete der Verein dann, dass Baumgartl in die U23 versetzt wurde.

Hürzeler: „Den Faden verloren“

Fabian Hürzeler war mit der Vorstellung des FC St. Pauli in den ersten 30 Minuten sehr zufrieden („unfassbare Dominanz, viel Ballkontrolle“). Doch dann habe sein Team durch das Gegentor aus dem Nichts „den Faden verloren“. Es fehlte dann an „Klarheit im Spiel mit dem Ball,“ weil das Team „zu hektisch wurde nach Ballgewinn und nicht die Positionierung hatte, wie wir uns das vorgestellt hatten.“ Dann, so sagte es Hürzeler deutlich, sei es kein gutes Spiel mehr gewesen.

Doch der FC St. Pauli ging mit einem Treffer aus dem Nichts wieder in Führung. Hürzeler sah danach, dass man das Spiel wieder „besser im Griff“ hatte, mahnte aber deutlich die Chancen der Schalker an: „Da haben wir zweimal Glück, weil wir die Tiefenläufe echt schlecht verteidigt haben.“
Erneut hatte er aber auch viel Lob für sein Team übrig. Er betonte, wie zufrieden er damit sei, dass die Spieler weiter mutig flach von hinten aufbauten. Denn: „Hätten wir uns auf dieses wilde Spiel eingelassen und nur versucht, hinten raus lange Bälle zu spielen, dann wäre Schalke immer wieder gekommen.“ Doch dem FCSP gelang es laut Hürzeler, durch längere eigene Ballbesitzpassagen Ruhe in das Spiel zu bekommen.

Hamburg, Deutschland, 23.09.2023, 2. Bundesliga, Fussball - Thomas Reis, Trainer vom FC Schalke 04, im Spiel gegen den FC St. Pauli - Copyright: Stefan Groenveld DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Thomas Reis zeigte nicht nur auf der PK, sondern bereits vorher ein langes Gesicht.
(c) Stefan Groenveld

Spielerstimmen

Nach dem Spiel in der Mixed Zone, habe ich mit Lars Ritzka, Eric Smith und Hauke Wahl sprechen können. Die Aussagen von Carlo Boukhalfa habe ich mir gegen die von Smith ertauscht (ja, ein bisschen wie auf dem Viehmarkt). Alles in allem ganz schön viel Zeugs, sodass ich Ritzkas Aussagen bereits im Statistik-Artikel untergebracht habe.

„Intensität verloren“

Mit Eric Smith konnte ich richtig schön über die Schalker Spielweise sprechen. „Wir haben die vielen langen Bälle der Schalker erwartet und wollten sie daher hoch pressen“, erklärte er. Das sei dem Team in der ersten Phase des Spiels sehr gut gelungen, auch wenn Sebastian Polter ein „big guy“ ist und es enorm schwer gewesen sei gegen ihn zu spielen (Hürzeler sagte später über Polter: „Karol zerrt und macht, aber Polter steht einfach nur da und hat ’ne unfassbare Qualität im Festmachen des Balles.“).

In der zweiten Halbzeit habe der FCSP „etwas die Intensität verloren“ und sei „zu früh ins tiefe Pressing gefallen.“ Dadurch hätten die Schalker Innenverteidiger weiter vorschieben können und so die Möglichkeit gehabt, Chip-Bälle hinter die letzte Kette des FCSP zu spielen, erklärt Smith.
Sein Fazit: „Es war ein Spiel mit zwei unterschiedlichen Halbzeiten: In der ersten haben wir es besser hinbekommen. In der zweiten hat Schalke dann mehr den Ball gehabt. Schalke ist ganz offensichtlich ein Top-Team, aber wir haben da an diesem Abend noch einen draufsetzen können.“

„Dann ist im Fußball alles möglich“

Lange musste er zuschauen, war eigentlich schon abgeschrieben, kämpfte sich aber ins Team zurück und erzielte nun seinen ersten Treffer für den FC St. Pauli, welches dazu führte, dass sich die gesamte Mannschaft auf ihn schmiss – die Geschichte von Carlo Boukhalfa ist Stoff für den Geld bezahlt wird, wenn man außen „Drehbuch“ draufschreibt. Entsprechend war er einer der gefragtesten Spieler nach Abpfiff. Und er sollte in dieser Rolle nicht enttäuschen.

„Ich bin überglücklich, wieder auf dem Platz zu stehen,“ war dann natürlich die zu erwartende Aussage von Boukhalfa, so wie sie auch letzte Woche von Johannes Eggestein getätigt wurde. Angesprochen auf die lange Phase ohne Spielzeit, sagte er: „Es war nicht einfach. Man muss halt immer an sich glauben, Leute um sich haben, die einem Mut machen. Dann ist im Fußball alles möglich.“
Boukhalfa fügte sich nach seiner Einwechslung direkt mit einem ganz stark geführten Zweikampf im zentralen Mittelfeld ein. Da wurde schnell klar, dass er für diese Spielsituation sehr gut passte. Er selbst sieht das auch so: „Ich habe versucht, Intensität auf den Platz zu kriegen und ein bisschen zu entlasten. Ich glaube, das hat ganz gut geklappt.“

Auch Fabian Hürzeler war die Freude über die Spielzeit von Boukhalfa anzumerken. Er sagte: „Es freut mich sehr für ihn. Weil er sich das im Training erarbeitet hat. Natürlich hat er eine unfassbar schwere Zeit gehabt bei uns. Aber man sieht was passiert, wenn man sich selbst aus dieser Phase herauskämpft: Man wächst als Mensch und als Persönlichkeit. Er hat sich auch sportlich entwickelt. Ich hoffe, dass die Entwicklung bei ihm weiter nach oben zeigt.“

Hamburg, Deutschland, 23.09.2023, 2. Bundesliga, Fussball - Carlo Boukhalfa (FC St. Pauli) im Spiel gegen den FC Schalke 04 - Copyright: Peter Boehmer DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Carlo Boukhalfa hat sich zurückgekämpft ins Team des FC St. Pauli.
(c) Peter Böhmer

Wahl mag es extrem

Ganz ehrlich, ich bin schon wirklich sprunghaft. Keine zwei Wochen ist es her, dass ich mich fragte, wen zur Hölle ich anstelle von Jackson Irvine nach jedem Spiel in der Mixed Zone erwischen möchte. Ich war der Meinung, dass ich nirgendwo sonst so klare, schöne, ehrliche und immer druckreife Aussagen bekomme, wie bei Irvine. Bis ich am Samstagabend mit großen Augen und offenen Ohren Hauke Wahl gegenüberstand, der das Wort „extrem“ in etwa so häufig benutzt, wie Hürzeler „unfassbar“ und Smith „obviously“ (und ich möchte nicht darauf verzichten).

„Das war ein Thema unter der Woche. Wir wurden für unsere Faulheit ein bisschen kritisiert“, sagte Wahl angesprochen auf die hohe Intensität, die der FCSP in den Zweikämpfen an den Tag legte. So habe das Team „zwar mehr zugelassen als sonst“, aber eben auch „gegen eine der Top-Mannschaften der zweiten Liga“ gespielt. Die Phase nach dem Ausgleich sei dann ein Produkt von Problemen im Ballbesitz gewesen: „Wir haben viele Bälle schnell hergegeben, haben nicht mehr die Ruhe im Spiel gehabt. Und wenn der Gegner viel im Ballbesitz ist, dann kommt mehr auf dich und auf die Kette zu.“

Da er Schalke 04 als Top-Mannschaft bezeichnete, wurde Hauke Wahl von Seiten des Hörfunks gefragt, was der FC St. Pauli denn dann sei, der ja in der Tabelle besser dastehe als die Schalker. Seine Antwort:
„Wir sind momentan eine extrem gefestigte Mannschaft, die einen klaren Plan hat und lebt, was vorgegeben wird. Eine Mannschaft, die extrem viel Spaß beim Fußball und einen extremen Zusammenhalt hat.“
Er ergänzte, dass es aktuell natürlich eine schöne Momentaufnahme sei, aber: „Am Ende kackt die Ente!“
Ja, was soll denn da jetzt in diesem Artikel noch kommen? Schönes Schlusswort, Hauke!

// Tim

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