Immer weiter vor!

Immer weiter vor!

In dieser Saison ist für den FC St. Pauli Großes möglich. Doch es gibt Euphoriebremsen – oder ist es das Gaspedal, welches noch weiter durchgedrückt wird?
(Titelbild: Peter Böhmer)

An diesem Dienstag wird es von der Kollaustraße ein personelles Update geben, nachdem die Anwesenheit der einzelnen Spieler auf dem Trainingsplatz gecheckt wurde. Die Antwort auf die Frage, ob Eric Smith wieder trainieren kann oder nicht, sie dürfte entweder ein kleiner Dämpfer sein oder aber dazu führen, dass die Zuversicht nicht nachlässt. Zuversichtlich klingt jedenfalls das, was Oke Göttlich zur aktuellen sportlichen Situation sagt. Zuversichtlich klingt auch das, was in Sachen Vertragsverhandlungen zu hören ist. Und zuversichtlich stimmt ausgerechnet auch die, für Hürzeler-Verhältnisse, anhaltende Gegentorflut.

Wie steht es um Eric Smith?

Der FC St. Pauli vermeldete noch vor Spielbeginn am Samstag in Paderborn, dass Adduktorenprobleme einen Einsatz von Eric Smith verhindern. Nach Abpfiff erklärte Fabian Hürzeler, dass es sich bei der Nicht-Berücksichtigung von Smith wohl mehr um eine Vorsichtsmaßnahme gehandelt habe. Denn er war mit nach Paderborn gereist, doch angesichts der anstehenden Englischen Woche, wollte man „kein Risiko“ eingehen.

Adduktorenprobleme nicht neu

Alles gut also? Das werden wir dann heute im Laufe des Tages erfahren. Denn Adduktorenprobleme können so oder so ausfallen. Gerade bei Eric Smith ist besondere Vorsicht geboten. Denn er hatte bereits 2021 aufgrund von Adduktorenproblemen lange aussetzen müssen. Leistenprobleme sorgten bereits bei vorherigen Clubs für Ausfallzeiten. 2021 stand sogar eine Operation im Raum. Deshalb regierte auch zu Beginn der Saison 22/23 und Anfang 2023 die Vorsicht im Umgang mit diesen Problemen bei Smith, als er jeweils für ein Spiel aussetzte. Es ist zu hoffen, dass er auch dieses Mal nur eine Partie verpassen wird.

Klar ist, dass der FC St. Pauli mit Eric Smith auf einen „Ausnahmespieler“ verzichten müsste, wie Hürzeler seinen Abwehrchef und Initiator im Spielaufbau bezeichnet. Gegen den SC Paderborn machte Hauke Wahl auf der Smith-Position seine Sache ordentlich, was so eine Vorsichtsmaßnahme natürlich leichter macht. Doch ein längerfristiger Ausfall von Smith wäre ganz sicher ein schwerwiegender Verlust, ein Tritt auf die Euphoriebremse, den es unbedingt zu vermeiden gilt.

Unbekannte „Gegentorflut“

Einen ganz anderen Tritt auf die Euphoriebremse erhält der FC St. Pauli seit sechs Ligaspielen. Denn zuletzt ohne Gegentor blieb das Team beim 0:0 zu Hause gegen Magdeburg. Das war im August. Damals, die Älteren unter uns werden sich erinnern, waren Gegentore für den FCSP so selten wie eigene Treffer. Glücklicherweise hat sich beides verändert. Denn das Team traf seitdem auch immer mindestens einmal. Alles gut also?

Defensive ist die Basis

Natürlich nicht. Denn trotz der positiven Ergebnisse – der FC St. Pauli ist weiterhin ungeschlagen und konnte trotz dieser sieben Gegentreffer vier der sechs Spiele gewinnen – sind diese Gegentore alles andere als egal. Sie sollten vielmehr dazu führen, dass beim FCSP wieder die Sinne geschärft werden. Besonders die Art und Weise des zweiten Gegentreffers in Paderborn sollte eine Art Weckruf sein. Hürzeler wurde auch in Bezug auf diesen Treffer nach dem Spiel deutlich, sagte: „In der Konterabsicherung müssen wir viel besser sein.“

Sieben Gegentreffer in sechs Spielen sind aber auch alles andere als eine „Gegentorflut“. Doch das Vermeiden von Gegentoren ist die von Hürzeler oft zitierte Basis für das erfolgreiche Spiel. So dürften die aktuellen Zahlen also sicher dazu führen, dass man beim FC St. Pauli nicht euphorisch aufgrund der Tabellenführung wird. Vielmehr gibt es trotz der aktuellen Erfolge immer wieder Themen, an denen gearbeitet werden kann und auch muss.

Deutschland, Paderborn, 21.10.2023, Fussball 2. Bundesliga 10. Spieltag, SC Paderborn 07 - FC St. Pauli in der Home-Deluxe-Arena Eric Smith (FC St. Pauli) konnte aufgrund von Adduktorenproblemen beim Spiel gegen den SC Paderborn nur zuschauen. Copyright: Peter Boehmer DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Eric Smith konnte aufgrund von Adduktorenproblemen beim Spiel gegen den SC Paderborn nur zuschauen. Droht ein längerer Ausfall?
(c) Peter Boehmer

Erfolgreich sein – über das Kalenderjahr hinaus

In genau diese Kerbe schlägt auch Oke Göttlich, der am Montag mit dem Abendblatt und dem kicker sprach. Er betonte, dass man in der jüngeren Vergangeheit häufiger phasenweise guten und erfolgreichen Fußball gespielt habe, legte dann aber den Finger in die Wunde: „Unser großer Antrieb und Anspruch ist es, mal über eine gesamte Saison guten und erfolgreichen Fußball zu spielen.“ Denn nicht wenige dürften sich, ob des bisher so erfolgreichen Fußballjahres 2023, daran erinnern, dass auch 2021 enorm erfolgreich verlief – das Jahr 2022 aber ein mittelschweres Desaster war.

So sind die aktuellen Lobeshymnen von allen Seiten aufgrund des schönen und erfolgreichen Fußballs für Göttlich allenfalls eine Bestätigung der Arbeit der letzten Jahre, aber lange noch kein Grund nachzulassen: „Wo Lob kommt, fangen wir an die nächste Arbeit zu suchen.“ Auch Fabian Hürzeler teilt diese Einstellung, erklärte vor der Partie gegen Paderborn: „Wenn die Mannschaft von mir immer nur Komplimente hören würde, würden wir irgendwann stagnieren.“ Aussagen, die nicht als ein Treten auf die Euphoriebremse zu verstehen sind, sondern eher als ein noch stärkeres Durchtreten des Gaspedals, Stichwort: „Immer weiter vor!“

Vertragsverlängerung steht bevor?

Immer weiter vor soll es auch bei den aktuell stattfindenen Vertragsverhandlungen zwischen Fabian Hürzeler und dem FC St. Pauli gehen. Und die Tatsache, dass sich beide Parteien öffentlich überhaupt und dann auch noch sehr positiv äußern, lässt stark darauf hoffen, dass es recht bald positive Nachrichten gibt. Göttlich: „Wir sind sehr entspannt und in einer sehr guten Gesprächssituation miteinander.“ Hürzeler: „Wir können noch nichts vermelden, aber die Hoffnungen der Fans sind definitiv berechtigt.“ Sicher ist, dass die Vertragsverlängerung eine deutliche Signalwirkung in den Kader und darüber hinaus haben dürfte. Und es ist nicht davon auszugehen, dass eine Vertragsverlängerung von Fabian Hürzeler bedeutet, dass der enorm ehrgeizige Trainer die Zügel etwas schleifen lässt.

Kann es beim FC St. Pauli trotz der aktuellen Erfolgsserie zu einem großen Einbruch kommen, weil sich das Team auf dem Erreichten ausruht? Eher nicht. Dazu sind die Antennen zu sehr darauf ausgerichtet, dass eben das nicht passiert. Gebranntes Kind scheut das Feuer. Und trotzdem ist das Selbstbewusstsein so groß wie selten zuvor. Hürzeler erklärte klipp und klar: „Natürlich bin ich hungrig, gemeinsam mit St. Pauli Erste Liga zu spielen.“ Göttlich geht da zwar nicht so weit, betont vielmehr den engen Wettbewerb in der 2. Bundesliga. Doch wohin die Reise geht, wenn man das von ihm formulierte Ziel erreicht, über die gesamte Saison solch einen erfolgreichen Fußball zu spielen wie aktuell, sollte klar sein.

Dem aktuellen Erfolg des FC St. Pauli, die den Verein umgebende Euphorie und dem Lob von allen Seiten begegnen die handelnden Personen also mit der Maßgabe, dass daraus noch weitere Arbeit erwächst. Aber eben auch mit der Gewissheit und dem Selbstbewusstsein, dass sich diese Arbeit lohnen, dass sich das „Immer weiter vor!“ auszahlen kann.

// Tim

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9 thoughts on “Immer weiter vor!

  1. unter berücksichtigung der tatsache, daß paderborn der bisher stärkste und am schwierigsten zu bespielende gegner war, haben wir es doch ohne eric ganz gut gelöst. sollte er wider erwarten und wider unserer hoffnung doch länger ausfallen, denke ich, daß wir das im kollektiv auch weiterhin kompensieren können. die jungs werden die situation annehmen und von spiel zu spiel die sache besser in den griff kriegen, so es so kommen sollte…
    natürlich wünsche ich mir aber, daß eric schnellstens wieder voll einsatzfähig is und daß es nich notwendig sein wird, seinen ausfall weiter im kollektiv aufzufangen, auch wenn wir es hinkriegen würden.
    wir haben auch gar keinen grund, hier in irgendeiner form irgendwie nachzulassen. mit dem ksc kommt ein gegner, der viel qualität im kader hat, mit stindl einen, wie man so schön sagt, unterschiedsspieler ins rennen schickt und ein uns nich ganz unbekannter stürmer scheinbar gerade noch rechtzeitig seinen torriecher wiedergefunden hat. zusätzlich hat er noch eines vorbereitet… wir sehen also, die aufgaben werden nich leichter, weswegen es keinen anlaß gibt, auch nur im geringsten nachzulassen…

  2. Bitte auch Hartel verlängern und alle anderen Vertragsthemen VOR der Rückrunde!

    Die ungeklärten Verträge haben uns vor nicht all zu langer Zeit schon ne Rückrunde und nen Aufstieg gekostet

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