Vlogger am Millerntor?

Vlogger am Millerntor?

Mit YouTuber und Stadionvlogger „ViscaBarca“ hat sich für das Derby zwischen dem FC St. Pauli und dem Hamburger SV „prominenter“ Besuch angekündigt. Ein Blick auf ein (nicht mehr ganz) neues Internet-Phänomen.
Foto: Stefan Groenveld

Ach, das war super, damals, in den 80ern, als ich begann, mich für Fußball zu begeistern.
Live-Bundesliga gab es nur im Stadion oder in der Radiokonferenz. Dazu drei Spiele aus der Bundesliga in der Zusammenfassung der ARD-Sportschau. Es gab noch kein Pay-TV, kein Internet, kein Corona… und von Polizeigewalt wussten wir auch noch nichts, weil einfach niemand drüber berichtete.
[Opa erzählt vom Krieg // Ende]

Okay, irgendwann kam das Pay-TV, das Internet. Leute fingen an, im Internet Berichte über ihre Fußballerlebnisse zu schreiben, lange bevor es „bloggen“ genannt wurde. Dann kamen Podcasts dazu, Social Media… und Vlogs.
Vlogs? Ja, sowas wie Blogs, nur halt mit Video.

Inzwischen ist das ein eigenes Geschäftsmodell, in dem es um richtig viel Geld geht. „Influencer“, die „Stadionvlogs“ erstellen und damit das Stadionerlebnis „erlebbar“ machen. Und damit natürlich auch selbst zur Eventisierung des Fußballs beitragen, was vielen aktiven Fußballfans ein Dorn im Auge ist. Hier verdient dann jemand Geld mit dem Fußball, den Emotionen, den Fans – und hat womöglich nicht die nötigen Rechte daran.

Ausführlich aufbereitet wurde das gesamte Geschäftsmodell im Mai 2023 beim NDR-Magazin ZAPP:
„Die Wahrheit über Stadionvlogs von ViscaBarca und Co.“ (20min)

ViscaBarca beim Derby?

Wie im Beitrag erwähnt wird, ist der reichweitenstärkste Stadionvlogger, „ViscaBarca“, bisher noch nicht im Zusammenhang mit dem FC St. Pauli in Erscheinung getreten – wahrscheinlich, weil die 2. Liga kommerziell nicht interessant genug ist, wenn man stattdessen die Top-Partien der Champions League besuchen kann.
Doch der aktuelle Erfolg der beiden Hamburger Zweitligisten macht das Derby natürlich noch interessanter, als es ohnehin schon ist. Und so kündigte nun auch „ViscaBarca“ auf seinen Social Media-Kanälen sein Erscheinen beim Spiel an.

Es stellen sich fast zwangsläufig die folgenden Fragen:

  1. Wie kommt er an ein Ticket für dieses Spiel, für das andere seit Wochen erfolglos suchen?
  2. Wie findet es der FC St. Pauli, dass dieses Spiel auf diese Art und Weise begleitet wird und wie verhält man sich generell zu Stadionvlogs? Eine eventuelle Veröffentlichung von Spielszenen verstößt gegen Punkt 7 der Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB).
  3. Wie findet es die Fanszene des FCSP (und in dem Fall ja auch die des HSV), dass da jemand Externes kommt und dieses hochemotionale Duell für eigene Reichweite nutzt?

Tickets?

Die Ticketfrage dürfte wahrscheinlich noch die am leichtesten zu beantwortende Frage sein. Für einen YouTuber in der Größenordnung von „ViscaBarca“ dürfte es finanziell überhaupt kein Problem sein, selbst horrende Schwarzmarktpreise zu zahlen. Auf einer einschlägig bekannten Ticket-Plattform lag der günstigste Preis gestern bei über 800€. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass er oder seine Agentur hier deutlich einfachere Wege und Zugriffsmöglichkeiten haben, im Zweifel über Firmen- oder Sponsorenkontingente. Dass er ein Stehplatz-Ticket für die Gegengerade hat, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich.
Wie der FC St. Pauli uns auf Nachfrage mitteilte, gab es von ViscaBarca oder seiner Agentur keine Anfrage einer offiziellen Akkreditierung oder für ein Ticket auf einem anderen Weg.

Der FC St. Pauli ist bisher von Vloggern größtenteils verschont geblieben. Ja, es gab immer mal wieder vereinzelte Videos, die Reichweite war aber auch stets überschaubar. Der Vlog „St. Pauli Stories“ über einen Besuch in einem Separée hat nach über einem Jahr nur gut 6.000 Aufrufe. Hier war die Karte übrigens über ein Gewinnspiel eher zufällig erhalten worden.

Zuletzt besuchte der Schalker YouTuber „Broski“ das Ligaspiel des FCSP gegen Schalke 04. Während sein Stadionvlog mit 267.000 Abonnent*innen sicher schon zu den erfolgreicheren zählt, ist er als „Gamerbr0ther“ dann doch noch etwas bekannter (>1 Mio Abonnent*innen schauen ihm dort beim Gaming zu).
Wie im Video zu sehen ist, hatte Broski ein VIP-Ticket für den Ballsaal Haupttribüne. In seinen Stadionvlogs berichtet er generell nie aus dem Fanblock – wohl aus der Überzeugung heraus, dass die Kamera dort nichts zu suchen hat. Andere Personen im Stadion und Stadionumfeld werden allerdings sehr wohl in HD in den Videos verewigt. Viele davon sicher ohne ihr Wissen, geschweige denn ihre Zustimmung. Allerdings werden Einzelpersonen und insbesondere Kinder in seinen Videos auch immer wieder von ihm verpixelt.

„ViscaBarca“ hingegen begann damit, seine Spiele als Fan des FC Barcelona in die Welt zu senden. Inzwischen ist, wie erwähnt, daraus der erfolgreichste und reichweitenstärkste Stadionvlog in Deutschland geworden, der sich längst nicht mehr nur mit dem eigenen Verein beschäftigt.

Rechteverstoß?

Bisher wurde der FC St. Pauli laut eigener Auskunft noch nicht tätig, wenn es um den Verstoß gegen den oben erwähnten Passus der ATGB geht.
Dort heißt es in Punkt 7.2.:

7. Verbot des Mitbringens von Tonbandgeräten, Fotoapparaten sowie Film- und Videokameras, Verbot von Ton- und Bildaufnahmen, Bildaufnahmen und Recht am eigenen Bild

[…]

7.2 Dem Stadionbesucher ist es verboten, Fotokameras/-apparate, Videokameras oder sonstige Ton- oder Bildaufnahmegeräte zum Zwecke der kommerziellen Nutzung mitzubringen. Es ist grundsätzlich nicht erlaubt, bewegte Bilder vom Spiel aufzunehmen. Eine kommerzielle Verwendung von Aufnahmen oder eine Weitergabe des erstellten Materials über den privaten Bereich hinaus an Dritte oder eine Veröffentlichung mit kommerziellem oder parteipolitischem Hintergrund in den Medien oder im Internet bedarf zu ihrer Zulässigkeit der vorherigen ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung des FC St. Pauli, die schriftlich unter Nachweis der zu verwendenden Aufnahme zu beantragen ist. Bei Zuwiderhandlungen wird unbeschadet weiterer Ansprüche eine Vertragsstrafe fällig, deren Höhe nach billigem Ermessen vom FC St. Pauli festzusetzen ist, höchstens jedoch 3.000,00 Euro.

FC St. Pauli, ATGB

„Höchstens jedoch 3.000 Euro.“
Okay, wenn man die im ZAPP-Bericht erwähnten Verdienste von großen Stadionvloggern anlegt, würde selbst ein Einfordern dieser Summe kein großes Leid verursachen. Allerdings gilt ja auch „unbeschadet weiterer Ansprüche“ und die Rechte an den bewegten Bildern, also den Spielszenen, liegen ohnehin nicht beim FCSP sondern bei der Sportcast GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der DFL.
Wenn also jemand hier eine dem vermeintlichen Schaden angemessene Zahlung vor Gericht erreichen könnte, dann die Sportcast GmbH.

Doch da sind wir wieder beim ZAPP-Bericht und den Verbindungen der Influencer zur DFL, wie es von Rechteinhaber Sport1 und der DFL selbst im Beitrag auch bestätigt wird. Die Influencer haben eine enorme Reichweite – und zwar in einer Zielgruppe, in der die DFL und ihre Vereine aktuell Schwierigkeiten haben. Junge Menschen auf YouTube, die vielleicht nicht mal mehr Fans von Vereinen werden, sondern lieber mit ihren von der Konsole bekannten Stars mitfiebern. Insbesondere im Vergleich mit den anderen Top-Ligen Europas, die digital oft schon deutlich besser aufgestellt sind, kommen der DFL diese Videos also vielleicht ganz gelegen.

Dies wäre dann die Begründung dafür, dass Sportcast bisher die größeren Vlogger noch nicht abgemahnt hat, während dies bei kleineren Kanälen laut ZAPP durchaus passiert. „ViscaBarca“ ist übrigens laut Impressum bei der Agentur Athletia Sports. Diese ist im Monat laut Eigenaussage auf der Website für 500 Millionen „Views“ auf allen möglichen Plattformen verantwortlich, 150 Millionen davon allein auf YouTube, wo man dann auch der „#1 Sports Partner in EMEA“ ist. Ach ja – und man ist Partner der DFL, was dann vielleicht auch das Ausbleiben der Abmahnungen erklären dürfte.
Dem FC St. Pauli selbst liegen hierzu keine Kenntnisse vor, wie er auf Anfrage erklärte.
Weiter in den ATGB:

„7.4 Zur öffentlichen Berichterstattung über die Veranstaltung und den Wettbewerb sowie zu deren Promotion können der Club und der nach Ziffer 7.5 jeweils zuständige Verband oder von ihnen jeweils beauftragte oder sonst autorisierte Dritte (z.B. Rundfunk, Presse) nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO unabhängig voneinander Bild- und Bildtonaufnahmen erstellen, die den Ticketinhaber als Zuschauer der betreffenden Veranstaltung zeigen können. Diese Bild- und Bildtonaufnahmen können durch den Club sowie den nach Ziffer 12.3 zuständigen Verband und den jeweils mit ihnen nach § 15 AktG verbundenen Unternehmen sowie von ihnen jeweils autorisierten Dritten (z.B. Rundfunk, Presse) nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO verarbeitet sowie verwertet und öffentlich wiedergegeben werden. Erwirbt ein Kunde Tickets nicht nur für sich selbst, sondern für weitere Personen (Ticketinhaber) muss der Kunde die Weiterleitung der Inhalte dieser Ziffer sowie der Ziffer 10 an den betreffenden Ticketinhaber sicherstellen; die Bestimmungen zur Zulässigkeit der Weitergabe nach Ziffer 4 bleiben unberührt.“

[Ziffer 10 beschäftigt sich dann mit der Datenverarbeitung und dem Datenschutz.]

FC St. Pauli, ATGB

Okay, der Passus klingt dann schon etwas greifbarer. Mein Recht am eigenen Bild (vereinfachte Erklärung: Wikipedia) gebe ich also mit dem Ticketkauf ab – an den Verein, den Verband und autorisierte Dritte wie beispielsweise die Presse. Aber doch nicht an irgendwelche Leute mit Handykamera, die das dann auf YouTube packen?

Korrekt – zumindest, solange diese nicht vielleicht doch durch die DFL dazu autorisiert sind, siehe oben. Nur: Wo kein Kläger, da kein Angeklagter. Der FC St. Pauli verwies hierzu auf Nachfrage darauf, dass eine Einschätzung dazu davon abhänge, was tatsächlich gezeigt werde.
Bei den bisher veröffentlichten Vlogs war man ja, wie erwähnt, bisher nicht tätig geworden.

Und wie finden das die Fans?

Bliebe Frage 3 – wie finden die Fans das denn, wenn jemand aus dem Wohnzimmer heraus mit dem zur Schau stellen unserer Emotionen Geld verdienen will?

Reichweite und Zielgruppe

Zu sagen, dass niemand Stadionvlogs mag, wäre schlichtweg falsch. 1,8 Millionen Abonnenten auf dem YouTube-Kanal von „ViscaBarca“ sind ein klares Zeichen dafür, dass es eine Zielgruppe gibt. Wenn Ihr fußballinteressierte Teenager kennt, fragt doch da mal nach, ob sie die Videos der YouTuber kennen oder gar regelmäßig anschauen. Ihr könntet eine Überraschung erleben.

Vier Stunden nach der Veröffentlichung seines Vlogs zum Spiel AC Mailand gegen den BVB, welches am Dienstag im San Siro stattfand, hatte dieser bereits über 150.000 Aufrufe, nach 24 Stunden sind es knapp 400.000. Dabei sieht man solch spannende Dinge wie die Anreise des Protagonisten mit dem Auto, wie er mit den Kumpels (unter anderem auch Ex-FCSP eFootballer Musti) was essen geht, einen befreundeten Fußballprofi des AC Mailand (Noah Okafor) besucht und ausführlich das Hotel vorstellt.
Gerade diese Präsentation der Hotels wird (ebenso wie das regelmäßige Betonen der Klamottenmarken) im ZAPP-Bericht klar als kennzeichnungspflichtige Werbung bezeichnet, was in den Videos allerdings in den seltensten Fällen auch erfolgt.
Dies ist allerdings ein komplett anderes Thema, welches weder die DFL noch die Vereine wirklich interessieren dürfte.

Wer es nicht fühlt…

Jemandem wie Broski kann man nicht absprechen, Fan des FC Schalke 04 zu sein. Kein Ultra, auch klar, aber Fan.
Die Meinung der aktiven Fans zu den Stadiontouristen wie „ViscaBarca“ hingegen dürfte recht einhellig sein. Aufgesetzte Emotionen und Effekthascherei, damit sich das im Vlog auch gut zeigen lässt.

Fußballfans sind ziemlich klar in ihrer Ansicht, wenn Externe versuchen, Stimmung nur zu konsumieren oder sogar noch von den Emotionen und dem Herzblut anderer zu profitieren.
Die Unterstützung des eigenen Vereins steht über allem. Diese hat in der Regel bedingungslos und vor allem ohne finanzielle Gegenleistung zu erfolgen. Kein Wunder also, dass auch ViscaBarca sich aus den Fankurven heraushält und seine Vlogs lieber von den Sitzplatzgeraden aus filmt.

Fazit

Zeiten ändern sich.
Auswärtsberichte im Internet wurden kritisch beäugt, schon als sie noch nicht Blogs hießen – danach aber auch noch. Podcasts hatten einen enormen Hype, insbesondere das „zwei alte, weiße Männer reden über ihr Hobby“-Format nahm Überhand. Und jetzt sind es Stadionvlogs. Die Faszination daran wird nachlassen, einige aber wird es sicher weiterhin geben.

Man wird Vloggern wie „ViscaBarca“ den Zutritt zu Stadien nicht verwehren können – und solange „Gegen alle Stadionverbote!“ gilt, sollte das auch klar sein. Offensichtlich gibt es für diese Form der medialen Verwertung eine Zielgruppe, die (nebenbei bemerkt) die Reichweite des MillernTon um ein Vielfaches übersteigt. Ja, 300.000 Klicks schaffen wir auch, aber eher im Monat als pro Artikel.

Wünschenswert ist, dass sich die DFL hier mal klar positioniert und festlegt, was erlaubt ist und was verfolgt wird. Denn der aktuelle Schlingerkurs, indem insbesondere kleinere Accounts Abmahnungen erhalten, weil mal ein Videoschnipsel auf Social Media erscheint, ist falsch. Zumal sie das vor teils erhebliche Kosten stellt, ohne dass ein wirklicher Schaden da ist. Insbesondere ist dies aber falsch, wenn „die Großen“ anscheinend durch nicht öffentliche Absprachen geschützt werden.

Für die Vlogger selber sollte klar sein, dass sie sich hier in einem hochsensiblen Bereich bewegen und entsprechend sorgsam mit ihrer Umgebung umgehen sollten.
Dass man mit dem Kauf der Eintrittskarte das Recht am eigenen Bild an die offiziellen Lizenzrechteinhaber abgibt und im Zweifel von TV-Sendern beim in der Nase popeln gefilmt und dem Spott der Öffentlichkeit preisgegeben werden kann, ist schlimm genug. Ohne eigenes Wissen aber in Videos auf YouTube zu erscheinen, über die man keine Kontrolle hat, ist noch deutlich unangenehmer – zumal sich sowas von dort auch deutlich unkontrollierter verbreiten könnte. Wenn Ihr also morgen zufällig neben ViscaBarca sitzt, weist ihn doch mal höflich darauf hin, dass Ihr in seinem Video nicht auftauchen wollt.

Und was eh klar ist: In der Fankurve haben Vlogger nichts zu suchen. Hier sollte der Support an erster Stelle stehen und das Handy im Idealfall ohnehin für die gesamte Zeit gut verstaut bleiben. Ich bin mir aber auch sehr sicher, dass dies bei Nicht-Beachtung problemlos und unmittelbar durch die Kurve selbst gelöst werden würde.
// Maik

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16 thoughts on “Vlogger am Millerntor?

  1. Den zentralen Punkt sehe ich anders: Warum erst warten bis jemand klagt?! Warum tolerieren wir den überhaupt im Stadion? Spätestens wenn der seine Kamera(s) rausholt, könnte/sollte man den rauswerfen!
    Es gibt klare Regelungen für Medienverteter:innen: Akkreditierung, feste Bereiche, erkennbar an Weste.
    Wenn er sich daran nicht fällt, fliegt er. Warum messen anscheinend auch WIR mit zweierlei Maß?
    Und wenn man die Stadionordnung streng auslegt – und das sollte man hier machen – müsste man ihm am Einlass schon stoppen:

    Stadionordnung vom 01.07.2019

    §6 VERBOTE
    Den Besucher*innen des Stadions ist das Mitführen folgender Gegenstände untersagt:
    j) Videokameras ohne entsprechende Genehmigung

    Und sollte die Kamera(s) gleichzeitig auch Telefon sein, dann überwiegt bei der dauerhaften Nutzung der Videofunktion klar diese und auch ein Smartphone kann dann/sollte dann unter „Videokameras“ fallen.

    Tschüss und ciao …
    mehr gebe es zu dem Honk nicht zu sagen am Einlass.

    1. Ich hab mir eben das erste Mal so einen Scheiß angesehen. Braucht kein Mensch. Das Problem ist aber doch, dass der Spacken auf der Haupt (Block H2 oder H3) saß, wo alle um ihn herum nicht so direkt als streitsüchtig oder gar erlebnisorientiert zu bezeichnen sind.
      Der bekommt halt keine Ansage aus der Sitznachbarschaft. Könnte sein, dass dieser Platz auch aus dem Grund ausgesucht wurde.

  2. You better start swimmin` or you`ll sink like a stone

    Man muss diese Form des Journalismus ja nicht mögen oder konsumieren, aber Stadionvlogger gehören heutzutage nunmal zum Sportjournalismus dazu. Und inwiefern unterscheiden sie sich von einem Sport1-Journalisten mit Akkreditierung? Beide sind zum Geld verdienen im Stadion und bei beiden profitieren aber auch die Vereine davon durch Mediensichtbarkeit.
    In den heutigen Kinderzimmern spielen 2.-Ligaclubs kaum noch eine Rolle, wichtig sind nur Neymar, Haaland, Bellingham, City, PSG, Real. Die Repräsentation in Stadionvlogs ist da doch ein super Mittel um bei jungen Fans stattzufinden oder überhaupt mal wahrgenommen zu werden.
    Und sorry, aber was sind denn das für Negativargumente? Die Werbung eines Viscabarca kann uns doch herzlich egal sein oder reden wir auch über die Werbepartner von sky und sport1? Das eine Ticket was er in Anspruch nimmt sind 0,00004% des Millerntors. Und dann bleiben nur noch die Paragraphen, die aber auch nur dann rausgeholt werden wenn es einem gerade passt. Pyrotechnik beispielsweise ist sicherlich in der Stadionordnung auch nicht erlaubt und wird beim millernton trotzdem regelmäßig gefeiert (z.B. bei der Rostock-Berichterstattung).

    Im Endeffekt kommt da nun jemand, der über die Emotionen, Stimmung und den Sport berichtet und damit Geld verdient. Das ist nix neues und gibt es im Fußball seit Jahrzehnten. Früher hießen die Berichterstatter dann halt sky, Premiere, Bild oder RTL. Jetzt heißen sie Broski, ViscaBarca oder millernton.

    Ich persönlich freue mich darauf morgen alles auf der GG zu geben und am Samstag dann Tims Spielbericht zu lesen und bei Viscabarca reinzuschauen um zu gucken wie ein Clubfremder von der Haupt aus das Spiel erlebt hat. 🙂

    1. Der Mann ist kein Sportjournalist, sondern Influencer. Fussball ist seine Plattform, um Reichweite zu kreieren und damit Geld zu verdienen.

      Klar, TV Sender arbeiten auch mit den Emotionen und Bildern, welche am Spieltag entstehen. Das alles trägt ja zum Mythos Kurve bei und verkauft sich gut. Maik hat das im Text beschrieben. Im TV werden auch immer wieder Nahaufnahmen der Zuschauer gezeigt. Kann man gut finden, aber ich möchte mich nicht am Samstagabend in der Sportschau sehen. Ich behaupte mal, dass das nicht die vorteilhaftesten Bilder von mir wären.

      Und anders als der normale Sportjournalist, geht hier jemand mit einer UHD 4K Kamera durch die Kurven und Stadien und filmt permanent ungefragt. Das ist zumindest in „meiner“ Ecke der Gegengerade schon rotes Tuch genug.

      Ich verstehe, dass man sich als Fan wie du mal ein Bild von der anderen Tribüne holt und das einordnet. Aber dein Argument, dass man hier mit dem Strom schwimmen sollte, um nicht unterzugehen, ist gerade deshalb nicht passend. Wie gesagt, du kannst als GG Besucher das Video und den Inhalt einordnen. Aber für meine jungen Kollegen oder meinen 18 Jährigen Cousin bedeutet Bundesliga dank der Vlogger, dass man top gestylt mit seinen Bros durch Europa fliegt, im Luxusschlitten durch Großstädte heizt und in schicken Hotels wohnt, um dann von Topplätzen aus das Spiel verfolgt. Und nie ist das ein langweiliges Spiel! Es ist immer „krass“, „irre“, die Stimmung ist immer „krank“. Ein Journalist hat die Aufgabe, möglichst neutral zu berichten. Da gehört auch mal ein Bild der Choreo dazu. Der Vlogger hat diesen Auftrag nicht. Er „verdient“ Kohle. Für sich. Und deswegen wird vieles aufgebauscht und übertrieben, dass erkennt man alleine schon an den hysterischen Icons. Dann gehe ich lieber wie ein Stein unter, als zu glauben, dass das ein normaler Spieltag ist.

      Und ja, wir reden im Verein kritisch über Werbepartner. Siehe Spielbank Hamburg. Das ist nicht immer erfolgreich, aber es wird halt thematisiert.

      Vielleicht ist mein Bild vom Journalisten mittlerweile etwas antiquiert, aber der Unterschied zum Vlogger ist dann doch schon größer, als von Dir beschrieben.

    2. Ein gewichtiger Unterschied neben dem nervigen Hoch-Gejazze, auf das bereits andere Schreiber eingegangen sind: Die Vlogger verdienen an uns, während die anderen für die Berichterstattung via TV-Gelder bezahlen.

    3. You better start swimmin` or you`ll sink like a stone?

      Der Spruch löst bei mir schon mittelschwere Akne aus, dann schwimmen wir doch einfach mit jeder Welle mit?
      Scheiß auf kritische Haltung, ist nunmal wie es ist und lass doch den Zeitgeist ins Stadion?
      Dann hoffen wir doch auf das großzügige Engagement eines Saudis in unseren Verein, machen die anderen doch auch!
      So kommt man sicher fröhlich und unbeschwert durchs Leben aber noch steht unser Verein für gewisse Werte die erarbeitet sind und immer wieder erarbeitet werden wollen.
      So einem „cleveren“ Eventjunkiespackentrittbrettfahrer sollten wir doch deutlich zeigen, dass er zukünftig besser woanders hingeht.
      Warum gehst Du eigentlich zum FCSP?

  3. Superthema. Beteilige mich da bestimmt an der Diskussion (nach dem Derbysieg;).

    Kurz nur so viel: ihr glaubt gar nicht, wie einfach es ist – für gewisse Leute – Tickets auch sehr kurzfristig fürs Millerntor zu besorgen, die gar nix mit uns zu tun haben und für Leute, die gar nichts mit uns zu tun haben.

    Die „Kubicki-Rettig-Rutsche“ nenne ich das immer, und die gibt’s sicher auch für Vlogger mit Sponsoren…

  4. Das ist doch kein Journalismus, das ist überwiegend peinliche Selbstdarstellerei in der 30 Minuten die eigene Wichtigkeit zelebriert wird (wir fahren mit meinem SUV). Mehrwert gleich null. Ich finde es grauenhaft, aber wem es gefällt der soll es sich halt ansehen, verhindern können wird man es kaum.

  5. Es gibt tatsächlich wirklich wenige Dinge, die mir rund um das Millerntor egaler sind. Soll er doch tun und lassen, was er will. Solange er das Ticket bezahlt…

  6. Ich verbinde die alle mit dem Begriff „geisteskrank“. Stimmung „geisteskrank“, Choreo „geisteskrank“, Tor „geisteskrank“… absolut nicht mein Ding. Aber fragt mal die Kids was sie werden wollen. Youtuber. Ganz einfach.

  7. Wenn dadurch 100 mehr junge Leute den FC St. Pauli finden, weil sie sonst nie 2. Liga schauen würden, wenn dadurch 100.000 EUR mehr Sponsorengelder reinkommen, weil sich die Reichweite erhöht, wenn der magische FC durch die Berichterstattung für viele noch etwas magischer wird, weil mehr Menschen die fantastische Atmosphäre spüren, wäre das eine schöne Sache. Ich kann daran nichts grundlegend Negatives entdecken.

    Solange man mich nicht zwingt, so etwas anzuschauen, soll es mir total egal sein. Wenn mich einer filmt, habe ich immer das recht an meinem Bild und kann denjenigen darauf aufmerksam machen.

  8. letzte woche habe ich mir einen vlog aus dem ostseestadion (heimbereich) angesehen. der hat die ganze bandbreite der emotionen. voller zuversicht ins stadion. beim eins null schier überschäumende freude. mit jedem unserer tore wich die glückseligkeit der harten realität, nur, um den hoffnungsfunken kurz vor schluß (anschlußtor) nochmal zu zünden, welcher bis zum ende glomm, um dann vom abpfiff endgültig gelöscht zu werden… ich kann nicht verhehlen, daß mir diese bilder und töne diebische freude bereitet haben…
    eines vornweg: ich mag es auch nicht, ungefragt gefilmt oder fotografiert zu werden. is wohl noch ein reflex aus meiner ddr vergangenheit. doch wenn wir ehrlich sind, läßt sich das doch überhaupt nich mehr im alltag verhindern. da würde nur noch die burka helfen. die voranschreitende entwicklung läßt sich nunmal kaum aufhalten, durch gesetze vielleicht etwas bremsen. schon gar nicht, wenn man sich einzelne kleine lichter (auch wenn sie hunderttausende sogenannte follower haben) herauspickt und andere unbehelligt läßt. der schieren masse würde man eh nicht herr werden.
    ich für meinen teil schaue mir gerne mal so einen vlog an (bisher ausschließlich von st pauli spielen). das ersetzt für mich keinerfalls den stadionbesuch. ganz im gegenteil. dafür habe ich schon viel zu viele epische spiele im stadion erlebt. aber es ergänzt ihn. einfach mal um zu sehen, wie andere das erleben. die, mit denen ich ins stadion gehe, erlebe ich ja beim erleben.
    und daß die leute damit ihr brot verdienen, so what? der eine steht früh auf und backt das brot. ein anderer repariert dir das auto. ein dritter spielt poker. ein anderer fußball. und so mancher filmt sich im stadion für geld. leben und leben lassen. und man möge mir verzeihen, daß ich nur das maskulinum verwendet habe. es sind ausdrücklich alle geschlechter gemeint.
    feiern wir die noch (relativ) annonyme zeit. im vergleich zu china erleben wir hier doch paradiesische zeiten. wir selbst sind ja gerne bereit, ziemlich viel von uns preis zu geben, stichwort „soziale medien“. für mielke wäre dies das paradies gewesen. nicht nur die fülle an informationen, nein, die leute geben diese auch noch freiwillig ab… zum überwachen braucht es über kurz oder lang gar keine kameras mehr. wir tragen doch unsere peilsender alle mit uns herum… verdammt, ich schweife ab… ab jetzt zählt nur noch 18:30 uhr!

  9. Da ich offiziell alt bin, nutze ich die Gelegenheit, um über den allgemeinen Sittenverfall und den drohenden Untergang nicht nur des Abendlandes zu schwadronieren. Oder auch nicht. Stadion-Vlogs sind Teil der Kulturindustrie und die hat schon immer zu großen Teilen Abfall produziert. Schlimmer als der Jamba-Frosch oder Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen sind sie am Ende des Tages auch nicht. Gefällt mir das? Klares nein. Aber ich finde halt auch mehr als 90 Prozent dessen, was uns als Kultur um die Ohren gepustet wird bestenfalls egal. Stadion-Vlogs richten sich halt an eine Zielgruppe mit der ich nichts gemeinsam habe außer die primären Geschlechtsmerkmale. Dass mich das dann nicht interessiert, ist da nur logisch. Und natürlich würde ich solchen Typen am liebsten eine klatschen, weil ihr Verhalten im Stadion wahnsinnig unsensibel und raumeinnehmend ist. Aber ich tue es selbstverständlich nicht. Zum einen weil ich gar kein Ticket habe, zum anderen weil er aus der Ordnungschelle ohnehin nichts lernen würde. Und ja, auch weil ich ganz grundsätzlich nicht irgendwem eine runterhaue… Wir müssen wohl oder übel damit leben, dass am Fußball vieles scheiße ist. Von der Korruption ganz oben in den Chefetagen der Verbände bis ganz unten zu gewalttätigen Eltern bei E-Jugendspielen. Vlogger sind da wirklich nicht das größte Problem. Vor allem merken wir ja nicht mal, dass sie da sind, wenn wir nicht das Pech haben direkt neben ihnen zu sitzen (und dann könnten wir ihnen ja auch eine Ansage machen). Und ihren Schund anzugucken, zwingt uns ja niemand… Am Ende ist es wohl vor allem eine Frage des Stils. Die „Derby Days“-Videos von Copa90 fand ich auch gut. Da wurden Fans interviewt, Geschichte erzählt und das Ganze filmisch gut aufbereitet. ViscaBarca und Co. verhalten sich dazu wie Fips Asmussen zu Trevor Noah. Im Ansatz dasselbe, aber in der Umsetzung ein Unterschied ums Ganze.

  10. ich bin kein influencer, weit ab von klicks und followern usw..
    dennoch berichte ich gerne von spielen, aus stadien.
    diese heim- und auswärtsspielberichte habe ich auf der breitseite jahrelang gemacht.
    im text mit hin und wieder ein paar bildern.

    die zeiten ändern sich. mag man gut finden oder nicht. ist aber so.
    analoge fußballberichte interessiert heute kein mensch mehr.

    warum sterben fanzins aus?
    nicht weil leute nicht mehr lesen können. nein.
    weil kein mensch mehr diese lesen mag.
    ja, ich schon. ich vermisse „der chaot“, „out of control“, „streets of hamburg“, auch die zweiwöchentliche ausgabe des „kiezkiekers“ und der „gazetta“. und andere auch.

    neuzeotlich bleibt der reiz des visuellen.

    ich bin ja manchmal in japan.
    ich gehe zu verschiedenen vereinen in und um tokyo.
    und ich berichte davon.

    zu schreiben: „ja beide fanlager haben da echt derbe ballett gemacht“ reicht da aber nicht mehr.
    da muss dann schon mehr kommen. beweise. verstehste?

    zum glück, für mich, als entschuldigung, und für alle anderen, weil ich damit ja auch recht habe, bin ich der schlechteste „influencer“ mit der schlechtesten cam und der schlimmsten kameraführung überhaupt, dass ich ich echt in keinen verdacht geraden kann, jemals damit geld verdienen zu können. als ob ich es nicht versucht hätte :-D.

    von heute, 02.12-2023, dem aufstieg in die J1 League, einfach mal bilder und bericht antun und das video so nebenher ansehen. weil gut isses nicht. versprochen.

    https://www.plattitue.de/fuerchtet-euch-nicht-siehe-ich-verkuendige–2023-12-02.htm

    1. Für mich ein wichtiger Denkanstoß, um die ganze Sache etwas weniger dogmatisch zu sehen. Danke dafür!
      Am Ende ist es für mich dann wohl der Unterschied zwischen begeisterten Amateuren und abgebrühten Profis, die vor dem „geisteskranken“ Spiel mit ihren „Bros“ im SUV zu einem schicken Hotel „cruisen“.
      Allerdings: Als ich meinem 11-Jährigen vor dem Spiel erzählte, dass dieser Typ erscheinen wird, entfuhr ihm ein anerkennendes „Oha!“. Der Junior ist aber sowieso ne Maja und als solche entsprechend anfälliger für fußballfernes Drumherum und Remmidemmi. Als wir beim BVB-Test gegen Ajax waren (still lovin‘ Jakov!), war für ihn eine der Hauptattraktionen die Anwesenheit von Erné, halt auch so‘n Inflünzer. Ich fand ja am schönsten, als die Ajax-Fans „Three Little Birds“ gesungen haben…

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