Think big: Das Millerntor im Jahre 2050

Think big: Das Millerntor im Jahre 2050

Bevor die Rückrunde des FC St. Pauli startet und uns mindestens in die Bundesliga bringen soll, bleibt noch Zeit für Ideen. In einem Gastartikel von Raphael baut er für uns das Stadion der Zukunft.
Titelfoto: Stefan Groenveld

„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“

Albert Einstein

Wir blicken auf ein sportlich erfolgreiches Jahr 2023 zurück. Doch was bringt die Zukunft? Fußball ist ein Tagesgeschäft. Manchmal hängt von einem geschossenen Ball Wohl und Wehe eines Vereins ab. 20 cm weiter links oder rechts; ist der Keeper noch mit den Fingerspitzen dran oder nicht – am Ende mag alles von Kleinigkeiten abhängen. Mittelfristig planen kann ein Verein trotzdem, und zwar durch solides Wirtschaften und beständige Innovationen. Bereits dieser Bereich interessiert die meisten Leute nur noch am Rande.

Doch was ist mit der langfristigen Zukunft? Zu wenig greifbar, kaum vorstellbar. Und doch sind Visionen wichtig. Die Frage ist: Wo sehen wir den FC St. Pauli im Jahr 2050? Und wie wünschen wir ihn uns?

Ein Verein entwickelt sich permanent. Man muss nur mal auf die letzten 25 Jahre zurückblicken. Dem sollte man vorausschauend Rechnung tragen. Nicht reagieren, sondern agieren und sich vorbereiten. Und auch mal einen Pflock ganz weit nach vorne werfen und sagen: Da wollen wir hin!

Fragen gibt es genug

Themen gibt es genug. Wie gehen wir mit den steigenden Mitgliederzahlen um? Wo wollen und können wir wachsen, wo nicht? Wie wollen und können sich die Sporttreibenden Abteilungen entwickeln? Wohin geht‘s mit der Fanszene – Stichworte Entwicklung der aktiven Fankurve und demografischer Wandel aka „Überalterung“? Wie können wir die Anhängerschaft diverser machen? Welche politischen Schwerpunkte können und wollen wir setzen? Wie nachhaltig können wir sein? Wie zukunftsfähig können wir die Strukturen von Verein und Geschäftsstelle aufstellen? Und wie können wir Synergieeffekte besser nutzen? Was ist mit der Verzahnung von Verein, Viertel und Stadt? Welche Vermarktungsmöglichkeiten bieten sich und welche können und wollen wir nutzen? Und, klar: Wo wollen wir mit der Profimannschaft langfristig hin?

Alles spannende Fragen, aber ich werde mich an dieser Stelle mit der Infrastruktur befassen. Vorab: Bitte nicht alles bierernst und verbissen sehen. Es sind Ideen, lockere Herumspinnereien. Im Grunde nur eine Aufforderung, sich generell mal mit der Zukunft des Vereins in den nächsten 30-40 Jahren zu beschäftigen.

Kollaustraße? Schön, dass es hoffentlich bald los geht

Für die Infrastruktur beim Trainingsgelände gibt es bereits seit einigen Jahren Pläne. Das Thema wird gerade angepackt und in ein paar Jahren dürften wir da einigermaßen gut aufgestellt sein. Einigermaßen? Machen wir uns nichts vor: Im Vergleich zu anderen Clubs ist das dann immer noch Mittelmaß. Ein Blick auf unseren Stadtnachbarn genügt, um sich da einordnen zu können (15 Plätze haben die, bei uns werden es am Ende sieben sein). Ob das unserem Bedarf im Jahr 2050 genügt, sollte auf den Prüfstand. Womöglich lohnt es sich auch in diesem Bereich, übermorgen bereits mitzudenken.

Aber der Aspekt, um den es hier gehen soll, ist unsere eigentliche Heimat, das Millerntor-Stadion. Ich schmeiß jetzt mal den Kopf-Projektor an und werf ne Vision an die Wand: Ein neues Stadion für 50.000 Zuschauer an der Ecke Budapester Straße / Glacischausee.

„Das Millerntor ist mit 50.000 Menschen mal wieder ausverkauft!“

Rumms. Okay, wer angesichts von diesem Blödsinn jetzt abwinkt, der klickt oben auf Zurück, gelangt wieder zur MillernTon-Startseite und beschäftigt sich mit was anderem. Dafür habe ich volles Verständnis. Wer wissen will, wie ich darauf und dahin komme, der sei herzlich eingeladen weiterzulesen.

Doch gehen wir einen Schritt zurück und gucken uns die aktuelle Situation an. Wir sind ein kontinuierlich wachsender Verein. Diese Entwicklung wird mit großer Wahrscheinlichkeit in Zukunft fortgesetzt. Selbst die miesesten Zeiten haben das nicht verhindert. Diese Tendenz könnte bei einem Aufstieg oder womöglich einem guten Abschneiden im Oberhaus (+ Fahrt nach Wloddikaukasus, Ihr wisst schon) an großer Fahrt gewinnen. Die Anzahl der Mitglieder verdoppelt sich alle zehn Jahre, und das ohne Europapokal. 80.000 oder mehr Mitglieder im Jahr 2040 sind kein Hirngespinst, sondern durchaus realistisch. Eine ähnliche Entwicklung bei der Anzahl der Abteilungen und ihrer aktiven Mitglieder wird im Prinzip nur durch den Mangel an Sportstätten gebremst. Und auch die Zuschauerzahlen kennen seit 20 Jahren nur eine Richtung: nach oben. Nur begrenzt durch die Kapazität. Noch Ende der 90er wurden Menschen für verrückt erklärt, wenn sie die Planung eines Stadions für 30.000 Zuschauer befürworteten. Heute übersteigt die Nachfrage das Angebot selbst bei grauen Zweitligaspielen gegen Sandhausen oder Wiesbaden. Wie viele Leute zu attraktiven Begegnungen kommen würden, gäbe es eine wesentlich höhere Kapazität, oder gar, sollten wir irgendwann mal in der Bundesliga spielen, ist kaum einschätzbar. Unser Stadion ist prima genauso, wie es ist – fürs Jahr 2014. Aber wir haben bereits 2024.

[Exkurs: Ja, wir spielen nur im Unterhaus. Ob wir aufsteigen, ist ungewiss. Wir machen es uns nun bereits im 13. Jahr in der zweiten Liga ungemütlich. Aber hier geht es um die Planung der nächsten 30 Jahre. Und um Ambitionen. Andersherum gefragt: Wie realistisch ist es, dass wir weitere 13 Jahre zweitklassig bleiben? Ich sehe neben der strukturellen Entwicklung des Vereins seit einigen Jahren auch den klaren Willen, sich nach oben zu orientieren. Viele unterschätzen das Potenzial unseres FC gewaltig. Um das zu veranschaulichen, führe ich als Beispiel mal einen anderen Club an. Einen, der eher lokal verwurzelt ist und überregional bei weitem keine vergleichbare – schon gar nicht internationale – Strahlkraft hat wie der FC St. Pauli. Dieser Verein hatte in den Jahren 91-94 einen Zuschauerschnitt von deutlich weniger als 1.000 und spielte lange Zeit unterklassig, in der Saison 05/06 sogar nur in der Oberliga (4. Liga). 4.200 Mitglieder hatte er 2006. Heute sind es, bitte hinsetzen, 64.000 (!) und der Club plant ein Stadion mit fast doppeltem Volumen wie aktuell. Ihr habt es sicher längst erraten, es ist Union Berlin. Wenn das jemand einem Union-Fan 1998 erzählt hätte, sagen wir während eines Spiels vor 1.400 Zuschauern (Saisonschnitt in dem Jahr), er wäre für komplett irre gehalten worden. Exkurs Ende]

Think Big!

So ein Stadion baut man auch, um Spitzen abdecken zu können. Mit anderen Worten: Es wäre fahrlässig, nicht etwas größer zu planen, selbst auf die Gefahr hin, dass es nicht immer ausverkauft sein wird. Aus zwei einleuchtenden Gründen: Zum einen ist es wichtig, die Einnahmen bei den attraktiven Spielen mitzunehmen. Zum anderen muss man einer zukünftigen Entwicklung Rechnung tragen. Wenn man nämlich bereits fünf Jahre nach Fertigstellung merkt: Oh Mist, bereits jetzt zu klein, dann hat man ein Problem. Es sei denn, man hat sich eine Art modulares Stadionmodell bestellt, das ohne Probleme erweiterbar ist. Was konkret heißen würde: aufstockbar. Stelle ich mir nicht so einfach vor, wegen Dach und so. Oder man baut es Tribüne für Tribüne größer. Das würde dann eher so Patchwork-mäßig aussehen, ähnlich wie bei uns zwischen 2008 und 2014, oder wie heute noch in einigen Stadion Großbritanniens. Womöglich wäre eine Nach-und-Nach-Finanzierung einfacher, aber machen wir uns nichts vor: Dieses Kuddelmuddel ist am Ende teurer als der Bau in einem Rutsch.

So, und nun werfe ich die Zahl von 50.000 in den Raum. Angesichts der wahrscheinlichen zukünftigen Entwicklung erscheint diese Nummer plötzlich gar nicht mehr so utopisch, oder? Was die mögliche Nachfrage anbelangt, mache ich mir wenig Sorgen, dass wir zukünftig die Hütte nicht vollbekommen, zumindest bei den meisten Spielen – in der 1. Liga definitiv bei jedem Spiel. Schwieriger ist dann eher die bauliche Umsetzung. Womit wir zum nächsten Kapitel kommen.

Unser Stadion ist am aktuellen Standort nicht oder nur sehr schwierig zu erweitern. Von angeblichen („Parkhaus ab 30.000“) oder tatsächlichen Genehmigungsproblemen und der Zuwegung abgesehen fehlt mir da ein bisschen die Fantasie. Die Ecken bringen nicht sonderlich viel zusätzliche Kapazität. Man müsste wohl eine Art Balkontribüne raufsetzen, aber wo? Wo immer man das macht, die würde nach hinten über den aktuellen Rand hinausragen. Wäre platzmäßig vielleicht nicht das Problem, aber wie soll das halten, so von der Statik her? Vermutlich stünden schon die Baukosten in keinem Verhältnis zur Summe der gewonnenen Plätze. Nee, das verwerfe ich jetzt mal.

Ein Neubau

Die einzige Variante, um fürs Jahr 2050 gerüstet zu sein, wäre ein Neubau an anderer Stelle. Eine Arena in einem anderen Stadtteil oder gar irgendwo am Arsch der Heide kommt nicht in Frage. Der Verein gehört ins Viertel, Ende Gelände. Aber wir haben hier einen großen Trumpf: Das Heiligengeistfeld. Eine riesige Fläche, mitten im Stadtteil. „Ja aber, da ist doch der Dom drauf!“ Stimmt, da komme ich später zu. Der perfekte Standort für unser New Millerntor ist das südliche Heiligengeistfeld. Das charmante wäre, dass es genau dort stehen würde, wo sich bis 1961 erste Millerntor-Stadion befand. Ebenda, wo es auch seinen Namen erhielt aufgrund der Nähe zu einem alten Hamburger Stadttor.

Warum ist dieser Standort ideal? Es gäbe ausreichend Platz für die Zuwegung, auf allen vier Seiten. Der wichtigste Punkt: Wir können das neue Millerntor von vorneherein nach unseren Wünschen gestalten. Wie lange wartet die Südkurve auf eine Verbesserung ihres Schlauchblocks? Zukünftig könnte eine Fankurve wie in Dresden, Magdeburg oder Karlsruhe winken. Für jeden Bedarf gibt es Möglichkeiten, natürlich auch für eine 10.000er Stehplatz-Gegengerade. Dann vielleicht sogar 14.000? Die Nachfrage ist da („Suche Steh GG“). Genügend Platz für Shops und Catering aller Art in den Umläufen. Genügend Platz für die Geschäftsstelle. Die Fanräume inklusive Fanladen bekämen größere und attraktivere Räume, das Museum ebenso. Zusammen mit dem Clubheim könnte man in Westausrichtung einen spannenden Platz der Begegnung schaffen, der eine wesentliche höhere Aufenthaltsqualität hat als der Südkurvenplatz oder der Weg hinter der Gegengerade, vor dem drei Monate im Jahr der Dom dröhnt. Innerhalb des Stadions könnten auch viele Indoorsporttreibende Abteilungen (Bowling, Boxen, Kegeln, Schach, Darts, Tischfußball usw.) eine neue und größere Heimat finden. Das ganze Stadion könnte von der Pike auf so nachhaltig wie möglich gebaut und als „Passivstadion“ betrieben werden, selbstredend inklusive autarker Energieversorgung. Es wäre ein optischer Hingucker, innen wie außen gestaltet und designed von Künstlern aus dem Viertel und der Fanszene.

Der Dom und die Telekom

„Schön und gut, aber was ist mit jetzt dem Dom?“ Jetzt muss ich mal kurz ausholen. Ich weiß, dass viele von uns den Dom nicht sonderlich mögen, und in vielen Wunsch-Visionen ist er komplett vom Heiligengeistfeld verschwunden, so dass es restlos von Sportflächen aller Art belegt ist. Aber seien wir mal realistisch: Der Dom wird auf sicher nicht verlegt. Wo soll er denn auch hin? Eine mit dem ÖPNV gut erreichbare Fläche dieser Größe im Stadtgebiet zu finden, erscheint aussichtslos. Gut, Spötter könnten jetzt einhaken: „Unrealistischer als dein Millerntor-Utopia wäre das auch nicht“. Sagen wir so: Ein unrealistisches Szenario ist immerhin doppelt so realistisch wie zwei, ha! Also, den Dom habe ich weiterhin auf dem HGF eingeplant. Der Haken: Wenn unser Stadion das südliche Drittel des Feldes einnimmt, würde es die dem Dom zur Verfügung stehende Fläche immens verkleinern. Aber auch dafür gibt es eine Lösung, und jetzt kommt’s: Sogar eine mit einem regionalligafähigen Stadion, in dem die U23, die U19, die 1. Frauen, die Rugby-Bundesligateams und andere spielen könnten; mit einer weiteren Dreifelder-Sporthalle und zwei Sportplätzen wie die hinter der Nordkurve. Eine Lösung, bei dem der Dom kaum Fläche verliert. Huch, wie soll das denn gehen? Folgendes: Die Glacischausse wird nicht mehr Straße, sondern Teil des HGF sein. Und das Telekom-Hochhaus kommt weg.

So würde das dann aussehen: Das Millerntor-Stadion steht an der südöstlichen Ecke des HGF. Daneben (wo sich jetzt das Telekom-Haus und der Südkurvenvorplatz befinden) das kleine Stadion mit einer Kapazität von 5.000 Zuschauern. Nördlich davon könnten nebeneinander die beiden Plätze und die Sporthalle stehen. Die Halle gern mit Tribünen für mindestens 1.000 Zuschauer – unsere Handball-Teams würden sich freuen. Der Clou wäre, dass die dem Dom zur Verfügung stehende Fläche in etwa gleich groß wäre. Das, was er durch die Sportstätten verliert, gewinnt er durch die Glacischausse, die Nutzung des Parkplatzes in der Ecke Glacischausse/Feldstraße und dem Bereich nördlich der zukünftigen Sportstätten. Ein positiver Nebeneffekt wäre, dass es für die Bewohner südlich und südwestlich des HGF endlich Lärmschutz vom Dom gäbe. Glaubt mir, ich wohne da – 100 Tage im Jahr Dom à 9-10 Stunden nervt echt. Da stünden zukünftig die Stadien zwischen.

Ich habe das mal etwas laienhaft im Stadtplan eingezeichnet. Nagelt mich nicht auf ein paar Quadratmeter fest, aber in etwa sollten die Maße stimmig sein:

Plan des neuen Millerntors im Jahre 2050

Sportstadt Hamburg

Das alles funktioniert nur mit Unterstützung der Stadt Hamburg. Okay, das ist ja immer so. Aber in diesem Falle müsste sie sich schon stärker einbringen. Sie müsste der Telekom einen alternativen Standort anbieten, die HGF-Fläche teilweise umbauen und mit dem Domreferat verhandeln. Da kommt die völlig berechtigte Frage auf: Warum sollte sie das tun? Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Die Schaffung neuer Sportstätten im innerstädtischen Raum wäre ein dicker Punkt für eine Stadt, die „Active City“ sein will und in der Sportflächen in Konkurrenz zum Wohnungsbau stehen. Das kleine Stadion könnte für zahlreiche hochkarätige Sportveranstaltungen genutzt werden, mit denen sich Hamburg schmücken will, wie zum Beispiel Beachvolleyball oder andere Trendsportarten. Wenn dieses Stadion ein verschließbares Dach bekäme, könnten darin auch große Indoor-Sportevents stattfinden, internationale Meisterschaften diverser Sparten. Und sollten es die 1. Frauen des FCSP mal in die Bundesliga schaffen, wäre das sicher ein Pfund, mit dem Hamburg punkten kann. Punkten kann die Stadt auf jeden Fall mit dem FC St. Pauli. Ein Bundesligist ist ein exzellenter Standortfaktor, der direkt und indirekt in die Kasse der Stadt einzahlt. Durch Marketingeffekte, Imagetransfer und Besucherströme an und außerhalb von Spieltagen. Letztlich sind solche Stadtentwicklungs-Projekte für Hamburg nichts Ungewöhnliches. Im Vergleich zur Hafencity, den neuen Stadtteilen Grasbrook und Oberbillwerder, den Autobahndeckeln oder der Science City wäre der Eingriff bei unserem Projekt überschaubar.

Nochmal zur Erinnerung: Es ist eine langfristige Vision. Da muss man sich auch ein bisschen vom Hier und Jetzt lösen. Es werden andere Menschen das Sagen haben. Die Gesellschaft wird sich verändert haben. Eine Straße wie die Glacischaussee auflösen? Im Jahr 2024 vielleicht noch undenkbar. Aber bereits jetzt zeichnet sich ein Trend zur autoarmen oder autofreien Innenstadt ab. Wir reden hier über 2040 oder 2050. Vielleicht ist es dann auch möglich, die Budapester Straße menschenfreundlich zurückzubauen, im Moment wirkt diese Straße wie eine Barriere zwischen dem HGF und dem Viertel. Beide Teile könnten mehr zusammenwachsen.

Finanzierung?

„Schön und gut, aber wer bezahlt den Spaß?“ Tja, dafür müsste man auch erst mal wissen, was der Spaß denn kostet. Mir fällt es schwer, das zu kalkulieren. Deshalb kann ich diesen Aspekt auch nicht tiefergehend ausführen. Vielleicht können andere das besser. Ziel dieser Vision ist sowieso, erst mal ein Ideenbündel zu skizzieren, möglichst ohne Beschränkungen. Hindernisse und Probleme aller Art würden eh kommen, für die muss man dann Lösungen finden, wenn sie da sind. Aber machen wir uns nichts vor: Das Preisschild dürfte etwas größer sein. Aber auch hier spielen uns die Faktoren Zeit und Entwicklung in die Hände.

Ich kann verstehen, dass solche Visionen nur schwer vorstellbar sind. Der Zauber befindet sich gerade darin, dass es eben nur Ideen sind, ohne Anspruch darauf, per sofort alle „Geht nicht“-Einwände auszuräumen oder eine zu 100% verlässliche Prognose auf die Entwicklung des Vereins aufzuzeigen. Und nicht zuletzt gibt es viele Stimmen, die ein weiteres Wachstum generell ablehnen. Und es gibt viele Anwohner, die Sorgen vor einer weiteren „Belastung“ des Viertels haben (diesen Komplex würde ich an anderer Stelle gern behandeln, damit könnte man nämlich locker einen eigenen Artikel füllen). Letztlich geht es hier um die Zeit 2050 bis 2100. Das ist noch lange hin, wobei zumindest meine Kinder den Jahrhundertwechsel eventuell noch erleben werden. Wir haben rund 20 Jahre Zeit, vom ersten Runden Tisch bis zum berühmten Spatenstich. Vermutlich brauchen wir diese Zeitspanne auch. Und je früher wir damit anfangen, uns mit der Zukunft zu befassen, desto besser.

Anmerkungen? Her damit!

Ich freue mich auf kritisches Feedback (gern in der Kommentar-Funktion), denn damit lässt sich arbeiten. Und selbst wenn das alles nur eine unrealistische Spinnerei bleibt, so hat die Beschäftigung mit dem Thema einen Riesenspaß gemacht. Es ist einfach spannend, sowas zu projizieren, bevor die Bedenkenträger alles plattwalzen. Was ich mir aber auf jeden Fall wünsche, wäre eine Beschäftigung mit der langfristigen Zukunft des Vereins. Hier kann und sollte sich jede/r gern mal Gedanken zu machen.

„Für einen, der nicht weiß, nach welchem Hafen er steuern will, gibt es keinen günstigen Wind.“

Lucius Annaeus Seneca

// Gastartikel von Raphael

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

36 thoughts on “Think big: Das Millerntor im Jahre 2050

  1. Moin,

    interessant und erstaunlich weit gedacht.

    Zähle mich bitte trotzdem zur Fraktion, die kein Wachstum als Pflicht will. Nicht für den Verein, nicht für die Stadt Hamburg und sowieso nicht für die Gesellschaft insgesamt. Sicher wäre es schön, wenn der Verein mehr für den Sport in der Stadt tun könnte. Aber das geht auch ohne den Verein und für mich ganz wichtig: dezentral.

    Wachstum als Gesellschaftsprinzip hat uns einen großen Teil der Probleme eingebrockt, mit denen Deine Kinder zu tun haben werden.

    1. Moin Ingo, danke fürs Feedback. Grundsätzlich finde ich die Kritik am „Wachstum als Gesellschaftsprinzip“ richtig. Grundsätzlich ist auch der Kapitalismus als Wirtschaftsprinzip in seiner derzeitigen Form abzulehnen. Nur wird dieser so schnell leider nicht abgeschafft oder zumindest fundamental verändert, so dass einem da leider nur zwei Möglichkeiten bleiben: Mitmachen und seinen Weg darin finden, oder sich abmelden. Was das „Wachstum“ betrifft, es gibt ja diesen schönen Spruch: Man wächst mit seinen Aufgaben. Wachstum kann auch bedeuten: Sich verbessern, also qualitatives Wachstum, Entwicklung.

      Der FC St. Pauli ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bereits gewachsen, aber gar nicht unbedingt, weils „Pflicht“ war oder irgendwer dies so ausgerufen hat. Menschen – Fans und Sportler – haben den Club aufgesucht, weil sie sich mit dem Verein identifizieren können.

      Die Sporttreibenden Abteilungen suchen händeringend nach Sportstätten. Die U23 und andere Teams wünschen sich eine Heimat. 12.000 Fans stehen auf der Warteliste für eine Dauerkarte. Denen jetzt zu sagen: „Nee sorry, seht zu, wo Ihr bleibt, denn wir lehnen Wachstum ab“, ist womöglich keine gute Idee. Deshalb: Konkrete Lösungen müssen her!

  2. Ein Hinweis zur Vergleichbarkeit der Trainingsplätze: Für den HSV sollte hier nur der Campus im Volkspark gezählt werden, da dort Profis und NLZ trainieren. Die Plätze in Norderstedt sind dem Amateurbereich vorbehalten (also so wie unsere Feldarena). Dann ist die Platzanzahl auch nahezu identisch (6,5 Volkspark).

    Dein Hauptthema haben wir an anderer Stelle ja schon häufiger diskutiert. Als Vision sehr schön, der Hammer kommt auf der Finanzierungsseite, da die Vision vermutlich mehrere Hundert Millionen Euro kosten und ohne Investor nicht realisierbar sein dürfte. Die komplizierte Statik auf einem uralten U-Bahntunnel zu bauen ist dann vermutlich nur ein kleiner Beitrag zum Preisschild. Die Komplexität und die Kosten einer solchen Maßnahme werden schon beim Bau des Struenseecampus nach mehrjähriger Verzögerung vermieden, da einfach zu aufwändig und teuer.

    Als letzten Punkt habe ich die historische Perspektive einzuwenden. Die heute existierende Fanszene bei uns ist auch aus dem Widerstand gegen genau diese (zumindest fast) Vision entstanden. Der Stadtteil hat sich natürlich massiv verändert und eine Arena wäre nur noch ein weiterer Schritt auf dem Weg. Aber etwas ironisch wäre es trotzdem.

    1. Zum NLZ: Kann sein, vielleicht ist mein Vergleich nicht stimmig. Wobei es schon krass ist, wieviele Plätze deren Amateurbereich zur Verfügung stehen, und wie viele unserem. Ist jetzt aber auch nur Randthema.

      Geld: D´accord in allem. Der Spaß kostet schon ne Mark Fuffzig.

      Historie: Spannender Punkt. Du solltest allerdings bedenken, dass 1989 und 2024 kaum vergleichbar sind. Da liegen 35 Jahre zwischen, das sind Welten, gerade bei unseren Verein. Und wir reden ja hier über 2050. Zudem finde ich es etwas fies, meine Stadionvision mit dem „Sport-Dome“ auf eine Stufe zu stellen. Der sollte ja eine Art riesige Multifunktionsarena nach amerikanischem Vorbild werden, mit Randbebauung wie Hotels usw. Meine Idee ist ein reines Fußballstadion unter dessen Tribünen ausschließlich Abteilungen und Projekte etc. des FCSP Platz finden sollen. Und zur Sache mit dem Stadtteil, Gentrification, Belastung usw., wie ich ja schrieb: Ein großes, komplexes Thema voller Widersprüche. Wäre einen eigenen Artikel wert, wenn mich Maik ganz höflich drum bittet 😉

    2. Das NLZ des hsv trainiert erst ab U16 am Volkspark. Die jüngeren Teams (U11 bis U15 Regio) haben durchaus großzügige Strukturen in Norderstedt zur Verfügung.

  3. Moin grundsätzlich eine schöne Idee und wir werden bis 2050 so oder so ein neues Stadion benötigen. Womit ich jedoch nicht mitgehen möchte „So ein Stadion baut man auch, um Spitzen abdecken zu können. Mit anderen Worten: Es wäre fahrlässig, nicht etwas größer zu planen, selbst auf die Gefahr hin, dass es nicht immer ausverkauft sein wird. “ Ich persönlich möchte kein Stadion, dass darauf ausgelegt ist, dass 20-30% der Kapazität nur ausgelastet ist, wenn Bayern oder Dortmund oder wer 2050 gerade so zieht kommen. Die Kosten inkl. Infrastruktur, die dadurch entstehen, werden durch 2-3 ausgelastete Spiele bei weiten nicht wieder reingeholt. Und ein zu 1/3 leeres Stadion ist auch nicht unbedingt förderlich für die Stimmung. Und eine sehr persönliche Meinung von mir, Menschen, die zu 15 spielen nicht kommen, weil der Gegner unattraktiv ist, möchte ich in diesen 2 Spielen dann auch nicht neben mir haben. Wir haben derzeit einen Mangel zu verwalten, dass steht außer Frage. Jedoch finde ich schon jetzt 2 Sachen spannend und sollten in die Überlegung mit reingenommen werden. Beim Heimspiel gegen die Vorstadt ist es fast unmöglich an eine (weitere) Karte zu kommen. in den entsprechenden Gruppen usw. findet sich kaum ein Angebot und die Nachfrage ist riesig, weil es schick ist erzählen zu können Mensch war bei Derby. (da bekommst du locker ein Stadion mit 70000 voll) Bei anderen Spielen, kannst du ganz entspannt in den Ticketshop gehen und bekommst eine Karte und das Angebot und die Nachfrage in entsprechenden Gruppen ist relativ ausgeglichen. Wir sollten also erst einmal schauen, wie groß die Nachfrage tatsächlich im Schnitt ist und nicht in der Spitze. Und dann werden wir vermutlich bei um und bei 35000-40000 landen. Mit den Sportstätten bin ich zu 100% bei dir

    1. Ja, da gebe ich dir Recht: Ein Stadion, das nur zu 2/3 voll ist, sieht blöd aus. Wobei 80 % ja schon recht voll wirkt. Letztlich ist schwer einschätzbar, wie groß das Interesse im Jahr 2050 sein wird. Letztlich habe ich die Nachfrage-Entwicklung der letzten 20 Jahre einfach mal in die Zukunft weitergedacht. Und dann muss man ja noch den Effekt einrechnen, sollten wir wirklich mal im Oberhaus spielen und das eventuell auch noch erfolgreich. Und ganz ehrlich, wenn unser doofer Stadtrivale es schafft, in der 2. Liga auf einen Schnitt von 56.000 zu kommen, dann sollten wir das in der 1. Liga ja wohl erst Recht schaffen, oder?

  4. Wenn wir schon träumen dürfen, dann werfe ich mal folgende Idee in den Raum: Neues Stadion auf der Fläche des (natürlich etwas begradigten) Alten Elbparks. Der Ausblick wäre wohl der schönste im mitteleuropäischen Fußball und ganz nebenbei wären wir das Bismarck-Denkmal los!

    Aber im Ernst, der Plan gefällt mir. Ich würde nur anmerken wollen, dass für die Halle gilt, was auch für das Stadion gilt: Es muss dem Bedarf der Zukunft entsprechen. Bei Handball und Basketball hat der FC St. Pauli, wenn er ernst macht, das Potential locker 2.000 Menschen in die Halle zu locken.

    Ich sehe die Zukunft des Vereins klar beim für Balkan, Türkei, Griechenland und Israel typischen System des alle Teams Supportens. Alles andere ist schlicht nicht wirklich ultrà! 😉

    1. Ja, 2.000 oder mehr wäre super. Aktuell ist die Halle an der Budapester ja bereits bei 400 Zuschauern ausverkauft.

      Die Idee mit dem Bismarck-Denkmal ist großartig! 🙂

  5. Moin, ein spannende Thema und viele gute Ideen, welche du da beschreiben und in deinen Planungen umgesetzt hast.
    Keine Ahnung, ob Fußball im Jahre 2050 überhaupt noch der wahnsinnige Publikumsmagnet ist oder ob da deutlich geringere Zuschauerzahlen realistisch sind….
    Angenommen, ein Stadion für 50.000 Menschen ist in der Größe angemessen, frage ich mich, wie die Parkproblematik bei deinem Vorschlag gelöst werden soll? Wobei ich auch nicht beurteilen kann, ob im Jahre 2050 der PKW noch in dem Maße genutzt wird wie heute oder ob sich das doch alles noch einmal mehr in Richtung ÖPNV verschiebt.
    Zumindest an „DOM-Spieltagen“ ist die Parkplatzkapazität jetzt schon sehr knapp, bei 50.000 Zuschauern bedeutet das ja noch einmal ein um 2/3 höheres Verkehrsaufkommen und benötigte Parkfläche.
    Mit der Einbeziehung der Glacischaussse in das Stadion bzw. Domgelände, würden auch die dort derzeit vorhandenen Parkflächen noch wegfallen, was die Parkplatzsituation eher noch verschlimmern dürfte. Eine Tiefgarage zwischen den U-Bahngleisen dürfte nicht realisierbar sein; ein Parkhaus auf dem Heiligengeistfeld eher auch nicht gewollt sein (nutzbare Freifläche).

    1. Ich denke, auch da wird es hilf- und aufschlussreich sein, nach Köpenick zu schauen. Bei Union gibt es auch kaum Parkplätze und keine Möglichkeit welche zu bauen. Und deren ÖPNV-Anbindung ist im Gegensatz zu der des Millerntors auch eher bescheiden. Was da konkret geplant ist, weiß ich allerdings auch nicht. Ich versuche nämlich, so wenig wie nur irgend möglich an diesen Verein zu denken 😉

    2. Man muss sich ein bisschen davon lösen, dass stets Parkplätze zur Verfügung stehen müssen. Das ist eine anachronistische Vorstellung aus den 60er Jahren, die aber immer noch in vielen Köpfen nachwirkt. Es gibt nicht genug Parkplätze und auch nicht genug Platz für die vielen Autos, egal ob da 20.000 oder 50.000 kommen, weder für den Dom, noch für die Spiele des FCSP. So einfach ist das. Das Bewusstsein ändert sich zum Glück gerade, langsam, aber kontinuierlich, bis zum Jahr 2050 wird einiges passiert sein. Die Besucher müssen das eigene Auto stehen lassen, ansonsten laufen sie Gefahr, nach einer Stunde erfolgloser Parkplatzsuche abbrechen zu müssen. Das muss auch einhergehen mit sehr hohen Parkgebühren für Fremd-Fahrzeuge (vielleicht kann man damit ja den Bau refinanzieren ;-)).

  6. Moin zusammen,

    Visionen sollte man immer haben, egal wie diese Aussehen. Ohne Wachstum, in welcher Form auch immer, geht es in unserer Welt leider nicht. Nach dem Prinzip lebt die Menschheit seit man denken kann.

    Zum Thema Stadion: selbst in der 2. Liga ist die Hütte immer ausverkauft, was schön ist. Teil der Wahrheit ist auch, wenn erfolgreich gespielt wird, geht man lieber ins Stadion als andersherum. Weil man von positiven Emotionen begleitet wird.
    Jetzt mal zur Realität: es ist aktuell schier unmöglich an Karten zu kommen, ohne Mitglied oder Bestandskunde zu sein. Selbst als Mitglied ist das Stadion aktuell binnen Minuten ausverkauft. Und St. Pauli hat nunmal eine überregionale Strahlkraft und Fans außerhalb Hamburgs, die ebenfalls den FCSP mal live sehen möchten. Hier einen Filter zu setzen, nur die die 15 Heimspiele besuchen sind willkommen oder sich in die Fanszene einbringen sehe ich ebenfalls für den falschen Weg, wie ich zwischen den Zeilen gelesen habe.
    Auch geht es um immer mehr Auflagen seitens Stadtenrwicklung (Lärmschutz, Nachhaltigkeit, etc.) aber auch DFL/DFB/UEFA und wie sie alle heißen.

    Es geht hier um die Vision, Richtung, Ziele. Und da kann alles auf einen Tisch gebracht werden, was einem in den Träumen hoch kommt. Daher ist das ein „Träumchen-Artikel“, der schön zu lesen ist.

    PS: an den Kommetaren sieht man, wie komplex und kontrovers das Thema diskutiert werden kann 😊

    1. Danke für die Antwort und das Lob. Eine kurze Nachfrage, du schreibst „Hier einen Filter zu setzen, nur die die 15 Heimspiele besuchen sind willkommen oder sich in die Fanszene einbringen sehe ich ebenfalls für den falschen Weg, wie ich zwischen den Zeilen gelesen habe.“ Zwischen welchen Zeilen meinst du?

      1. Der „Filter“ kam aus Torbens Kommentar und nicht im Zusammenhang mit dem Artikel. War auch Torben‘s persönliche Meinung.
        Nicht dass es zu Missverständnissen kommt 😊

  7. Ich fasse mich mal kurz:
    Man ist dat n geiler Vorschlag!! Und auch schon sehr weit gedacht, mir gefällt der Gedanke „Autoarmes Viertel“, denke aber auch das das kleine Stadion etwas größer gedacht werden sollte.
    Zarter Hinweis: beim Umbau der GG stand besagte „Balkonlösung“ zur Abstimmung ……

    Nicht nachlassen, weiterdenken!!!!!

    Danke

    Brodi

    1. Danke für das positive Feedback. Du meinst sicher den Entwurf „Welle“ (oder „La Ola“?), der dann zugunsten des jetzigen GG-Baus verworfen wurde. Das waren ja gleich vier oder fünf Balkone. Mit Balkon-Tribüne raufsetzen meinte ich ja „nur“ eine. Wenn es in der Tiefe nicht genug Platz gibt, dann macht so ein Überhang durchaus Sinn. Aber das habe ich in dem Artikel ja eh verworfen.

  8. Ergänzung deines Vorschlags:
    Das Millerntorstadion bleibt stehen und wird fast komplett mit Sitzplätzen ausgestattet und wird damit zu der „mittelgroßen“ Arena mit vielleicht 18-20.000 die sich Ottensen, HSV-Frauen und Sea Devils wünschen.
    Daneben wird dann deine Stadionvision umgesetzt. Aus dem Verkauf oder der Vermietung könnte dann der Neubau teilfinanziert werden. Der Nachteil dabei ist, dass das dann deeeutlich schneller geschehen müsste als von dir anvisiert, da die 3 genannten vermutlich innerhalb der nächsten 5 Jahre Ergebnisse sehen wollen. Für den Übergang könnte das Stadion aber auch gemeinsam genutzt werden. Vielleicht geht es ja aber auch alles ganz schnell, wenn wir schon kommende Saison nach dem Pokalsieg international spielen.. 😉
    Aber ein sehr spannender Fantasieartikel, der mir viel Spaß gemacht hat! 🙂

    1. Das ist eine gute Idee, die es absolut wert ist, weitergesponnen zu werden. Wobei sich die Frage stellt, ob man diese Football-Heinis, die Raut*innen oder die beleidigten Leberwürste aus Ottensen hier haben will… 😉

  9. „Haste Visionen, geh zum Arzt“, sagte mal so ähnlich ein anderer Hamburger.
    Aber im Ernst, wenn ich mich noch richtig an die Diskussionen zum jetzigen Stadionneubau erinnere ist es ja keineswegs so, dass das Stadion mit einem Fassungsvermögen von 30 Tsd. Leuten nicht damals schon als wohl zu klein angesehen wurde. Vielmehr gibt es, meine ich mich jedenfalls zu erinnern, vom Ordnungsamt eine Lärmschutzauflage da das Stadion im angrenzenden Wohngebiet liegt.
    Und irgendwie bin ich froh, dass der ganze unruhige Bauwahnsinn (ich war und bin mit dem Umbau Polizeiwache/Museum beschäftigt) gefühlt gerade erst in funktionierenden Strukturen verläuft als das ich schon über ein neues Stadion nachdenken könnte.
    Das ist meiner Meinung nach zu früh weil Kräfte- und Ressourcen verbraucht werden die im Moment doch eher für die Erweiterung des NLZ gebraucht werden, was auch noch Jahre in Anspruch nehmen wird.
    Würde man so etwas in Zukunft aber angehen, sollte das Heiligengeistfeld meiner Ansicht nach komplett als Sportbereich einbezogen werden.
    Wobei, eine Stadtplanung die bestes Wohngebiet für (fast immer) leere Messehallen vergeudet wird man zur Umsiedlung des Doms natürlich nur schwer überreden können aber die Gedanken sind ja bekanntlich frei und Spinn..äh Träumen ist erlaubt!

  10. Schöne Phantasie, der Artikel. Ich würde annehmen, dass eine Kapazität von 40.000 genügen kann da die Bevölkerungszahl zukünftig eher rückläufig sein wird. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass sich „das DOM-Problem“ mittelfristig erledigen könnte weil sich das Freizeitverhalten der Menschen ändert hin zu VR oder Freizeitparks statt Jahrmarktbesuch, zumal sich das energieverschwendende umweltschädigende Reisegewerbe/Schaustellerei drastisch verteuern dürfte.

    1. Ja, möglicherweise. Selbst ich alter Sack bin schon mal mit ner VR-Brille bequem auf dem heimischen Sofa die krassesten Acherbahnen gefahrenen…

  11. Vielen Dank für den Artikel! Viele interessante Aspekte und coole Ideen, finde ich. Den Mutigen gehört die Welt!
    Ich wohne nicht in Hamburg und kann die ganzen Auswirkungen auf Anwohner*innen und Verkehr deshalb nicht beurteilen.

    Was die Zukunftsaussichten betrifft: Dass die Innenstädte verkehrsberuhigter werden, davon gehe ich aus. Insofern würde dein Konzept gut dazupassen. Skeptischer bin ich, was die Zuschauerzahlen betrifft. Ich bemerke in meinem Umfeld, dass die jungen Kids (leider) immer mehr Fans von einzelnen Topstars sind und die Vereine in den Hintergrund rücken. Befürchte, dass das so weiter geht. Mit einem Verein durch Dick und Dünn zu gehen und auch im Misserfolg dabeizubleiben, scheint nicht mehr so gefragt zu sein. Hoffe, wir können diesem Trend trotzen … Nochmals danke!

  12. Also lasst uns ein wenig rechnen:
    Der letzte deutsche Stadionneubau war das Europaparkstadion in Freiburg mit einer Kapazität von 34.700 Plätzen. Baustart November 2018, Fertigstellung 2021, Baukosten 76 M€, inklusive Infrastruktur 131 M€ (laut Wikipedia). Skaliert man den letzten Wert linear auf 50.000 Plätze und berücksichtigt man die Baukostensteigerung von 2018 auf 2028 mit durchschnittlich 5%, benötigt man ein Budget von 131 M€ x 50.000 / 34.700 x 105%^10 = 307 M€.

    Kostenrisiken bleiben eine dauerhaft hohe Inflation, die fehlenden Parkplätze und der Überbau der U-Bahn-Trasse. Dafür wären wir aber dann das erste deutsche Stadion mit einem eigenen U-Bahnhof im Keller!
    Bei der Finanzierung bin ich raus: Ob man solche Größenordnung ohne maßgebliche Beteiligung der Stadt Hamburg oder eines (Achtung Unwort!) Investors mit z.B. einer Fananleihe zu stemmen ist, kann ich nicht beurteilen. Evtl könnte man sich an die (Achtung noch ein Trigger) nächste Hamburger Olympiabewerbung dranhängen, aber dann wird es mit der Fertigstellung sehr viel später.

    Der optimistischste Rahmenterminplan sähe etwa so aus: Zwei Jahr Projektvorbereitung, Bedarfsplanung, Gespräche mit der Stadt und Sicherstellung der Finanzierung. Parallel vereinsinterne Diskussion, Einbindung von Fanladen, Fanräume, Clubheim, Vereinsmuseum, aktiver Fanszene und Bürgerbeteiligung. Zwei Jahre für den Bebauungsplan, Architekturwettbewerb, Bauplanung, Baugenehmigung und Ausschreibung der Baufirma. Und drei Jahre Bauzeit mit Fertigstellung in 2031.
    Schaut man sich allerdings die ewige Hängepartie um den Stadionneubau in Diebsteich für Altona 93 an, kann man bei dem Zeitplan durchaus kritisch sein.

    Generell wäre ich bei Stadionneubauten immer äußerst vorsichtigt bei der Abschätzung der umfangreichen Risiken. Und ich rate jedem, sich mal mit dem traurigen Schicksal von Alemannia Aachen zu beschäftigen. Unser etappenweiser Stadionumbau war aus guten Gründen von großer wirtschaftlicher Vorsicht begleitet. Aber wer keine Langfristplanung macht, wird mittelfristig nur den Status Quo verwalten.

    1. Wow, danke für die Kalkulation! Das ist ja ein hübsches Sümmchen… Habe da eine Idee: Wenn jedes Mitglied jeden Tag nur einen Euro beiseite legt, können wir das Teil in 20 Jahren bezahlen! Ohne Kredite und Investoren. Die Hütte gehört dann uns allen, per Genossenschaftsmodell.

    2. Moin Andy, habe noch eine Nachfrage: Was steckt hinter dem 131 Mio Euro Kosten für „Infrastruktur“ des Freiburger Stadions?

  13. Moin, spannende Phantasie und die Diskussion dazu ebenfalls. Aber eine Anmerkung: die internationale Strahlkraft wurde zuletzt massiv beschädigt. Das gebe ich mal so ohne Wertung wieder aber das ist leider Fakt. Forza

    1. Das ist jetzt ein anderes Thema, zudem ich gar nicht sagen möchte, außer: Wir sind, wer wir sind. Dafür lieben uns die einen und hassen uns die anderen. Es ist deren Entscheidung. Verbiegen lassen wir uns nicht.

  14. Falls die Statik mit dem U-Bahn-Schacht einen Bau des Stadions in der südlichen Ecke unmöglich macht, könnte auch ein Bau im Norden zwischen Bunker und Zivilgericht eine Option sein.

    Klar, hat mehrere Nachteile, u.a. der Lärm für das Karoviertel und dass das Stadion nicht am alten, namensstiftenden Ort stünde. Aber falls das U-Bahn-Problem zu groß ist, wäre es gut diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

  15. Die Meldung, dass am Wochenende mehr die 2. Liga mehr Zuschauer hatte als die 1., ließ mich ja wieder an diesen Artikel denken. https://www.kicker.de/erstmals-mehr-zuschauer-in-den-zweitligastadien-als-im-oberhaus-997338/artikel

    Klar, „schneller, höher, weiter“ ist kein Selbstzweck und es wäre richtig zu gucken, wie man ein größeres Stadion auch nachhaltiger entwickeln kann, was eine schwere Aufgabe ist. Aber genau deswegen ist es hilfreich, darüber frühzeitig nachzudenken.

    Und auch wenn wir bestimmt die nächsten 10 Jahre in der 1. Liga sein werden, könnte ja die Zeit kommen, dass wir von Europa gelangweilt mal wieder in der 2. Liga spielen wollen. Dafür ist es doch sinnvoll im Blick zu behalten, wie realistisch auch dort Zuschauerzahlen von deutlich über 30.000 sind.

  16. Gestern habe ich mir das Stadion von Hannover 96 (das irgendeinen bekloppten Namen hat) vor Ort genauer angeguckt. Die Überdachung hat mich begeistert. Sie ist sehr tief, hat keine Säulen auf/in den Rängen, trotzdem wirkt die Konstruktion filigran. Sie kommt ohne große Stützpfeiler oder Pylonen aus. Und sie verbraucht nach hinten heraus kaum Platz. Das wäre für ein mögliches neues Millerntor-Stadion ein großer Vorteil. Super teuer kann das Dach nicht gewesen sein, denn der gesamte Um- und Neubau des ehemaligen Niedersachsenstadions hat insgesamt gerade mal 63 Millionen Euro gekostet. Und es kommt noch besser: Der Innenring ist mit ETFE-Folie bespannt. Diese lässt über 90 Prozent des UV-Lichts durch. Schlecht, wenn man vergessen hat, sich einzucremen, aber gut für den Rasen. Der muss wesentlich seltener ausgetauscht werden als in vergleichbaren Arenen. Übrigens haben die Architekten Schulitz & Partner für das Dachtragewerk 2006 den Ingenieurbaupreis bekommen. Zu Recht!

  17. Ja ich war auch begeistert von der Dachkonstruktion in Hannover! Sollte man im Hinterkopf haben bei einem möglichen Teil- Neubau am Millerntor.

    Wenn man von der „Stadion-Träumerei“ mehr in das wahre Leben am Millerntor eintaucht, sehe ich nur eine realistische Möglichkeit die Kapazität des Stadions in der Größenordnung von ca. 10% zu erhöhen: Eine Überbauung der heutigen Gegengeraden. Natürlich müsste dies von der Statik genau berechnet werden aber ich sehe die Wahrscheinlichkeit da über 50%. Der Weg hinter der GG für Krankenwagen, Polizei und Entfluchtung müsste dann überbaut werden und Stützpfeiler gesetzt werden.

    Die Bebauung der restlichen Ecken bringt wenig zusätzliche Plätze und ist dazu recht teuer.

  18. Ich glaube aber mal gelesen zu haben, dass das Stadion nicht größer als jetzt sein darf, weil es dazu zu wenig Infrastruktur gibt (Parkplätze, Strassen, Bahn, Bus usw.) Ein Ausbau würde also nicht genehmigt werden. Weiß jemand was darüber?

    1. Das ist ein Mythos aus den 90ern, der laut Baugenehmigung ein Fassungsvermögen nur bis 30.000 erlaubt. Der wird in erster Linie mit den Parkplätzen begründet.
      Bei einer geplanten Vergrößerung oder gar einem Neubau muss das alles neu beantragt und geplant werden, eh klar.

      Wie von Raphael im Artikel ja auch ausgeführt, ändert sich die Mobilität aber ja gerade – Parkplätze werden weniger relevant. Und so viel direkten ÖPNV, verbunden mit so einer zentralen Lage, hat eh fast kein anderes Stadion in Deutschland, da dürfte es also keine Probleme geben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert