Die Tabelle macht Choo-Choo!

Die Tabelle macht Choo-Choo!

Satte 42 Punkte hat der FC St. Pauli nach 20 Spieltagen geholt. Der Aufstieg ist damit ein (fast) todsicheres Ding. Statistiken, die aus FCSP-Sicht Spaß machen.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Wer mit drei Siegen aus drei Spielen in die Rückrunde startet, hat die besten Argumente auf seiner Seite. Diese Art von Start kennt der FC St. Pauli ja bereits aus der Vorsaison. Da waren es am Ende zehn Erfolge in Serie. Gar nicht auszumalen, wie die Tabelle aussehen würde, wenn der FCSP das wiederholt und nach 27 Spieltagen dann entsprechend bereits 63 Punkte auf dem Konto hat. Denn diese 63 Punkte reichten in 25 von 28 Saisons, um mindestens den dritten Tabellenplatz zu erreichen. Aber der Reihe nach.

Konkurrenz eingeholt und distanziert

Denn bleiben wir erstmal im Hier und Jetzt: Drei Siege zum Start in die Rückrunde bedeuten, dass man teilweise massiv viele Punkte auf die direkte Konkurrenz gutgemacht hat. Drei Punkte auf den HSV, drei auf Fürth, sodass sich das Polster auf diese beiden auf fünf bzw. sieben Punkte vergrößerte. Herbstmeister Holstein Kiel ist mit nur einem Punkt aus den drei Partien auf den dritten Platz zurückgefallen. Aus zwei Punkten Vorsprung wurden sechs Punkte Rückstand. Das Torverhältnis (FCSP: +20, Kiel: +8) ist quasi ein weiterer Punkt – und da hat man sowieso das beste aller Aufstiegsaspiranten. Bereits etwas abgehängt hat der FCSP die Fortuna aus Düsseldorf. Die konnte zwar das Pokalspiel gewinnen, verlor in der Liga aber erneut und hat ebenfalls nur einen Punkt aus drei Rückrundenspielen geholt.

Viele bereits abgehängt

So zeigt die Tabelle aktuell ein Bild, bei dem sich der FC St. Pauli etwas von der Konkurrenz abgesetzt hat. Der Vorsprung auf den dritten Platz beträgt sechs Punkte (mit Torverhältnis: sieben). Die Teams auf Platz fünf bis sieben, Düsseldorf, Paderborn und Hannover, haben bereits elf Punkte Rückstand. Hier wäre eine kleine Serie auf beiden Seiten notwendig, damit der FCSP von ihnen noch eingeholt wird. Alle anderen Teams haben 14 oder mehr Punkte Rückstand und würden wohl nur noch bei wirklich außergewöhnlichen Ereignissen am FC St. Pauli vorbeiziehen können.

Klar, im Fußball ist alles möglich. Und die Situation beim FC St. Pauli vor zwei Jahren hat gezeigt, wie schnell aus einem Team, welches schon als sicherer Aufsteiger gehandelt wurde, ein Haufen Elend werden kann. Aber der FCSP ist (defensiv) stabiler als vor zwei Jahren. Bisher lief die Saison so, dass das gesamte Team wirklich einen schlechten Tag brauchte, damit überhaupt ein Unentschieden in Frage kommt. Und auch wenn es irgendwann mal die erste Niederlage setzen wird: Das Grundrauschen ist unfassbar hoch. Nichts deutet auf einen Einbruch hin.

Jetzt Spitzenreiter = sicherer Aufsteiger?

So ein Einbruch müsste schon episch sein. Denn der Blick in die letzten 28 Jahre 2. Bundesliga (also seit Einführung der Drei-Punkte-Regel) zeigt, dass man zumindest statistisch schon wie der sichere Aufsteiger aussieht. Denn von jenen 28 Teams, die seit der Saison 95/96 am 20. Spieltag Tabellenführer der 2. Bundesliga waren, stiegen am Saisonende satte 24 auf (einmal per Relegation, sonst immer direkt). Einzig der SV Darmstadt (21/22), Rot-Weiß Oberhausen (03/04) und der HSV (18/19 + 20/21) schafften es nicht. Aufstiegswahrscheinlichkeit auf dieser Basis: 86 Prozent!

Die aktuelle Platzierung stimmt also bereits positiv und dieses Gefühl wird auch statistisch unterstützt. Wie sieht es bei der Punktzahl aus? 42 oder mehr Punkte nach 20 Spieltagen hatten in der 2. Bundesliga bisher 17 Clubs auf dem Konto (unter anderem der FCSP in der Saison 09/10 mit 42 Punkten). Abgesehen vom SC Paderborn in der Saison 11/12, stiegen alle diese Clubs am Saisonende auch auf. Das Problem für Paderborn damals: Mit Frankfurt und Düsseldorf hatten zwei Vereine gleiche viele oder bereits mehr Punkte gesammelt. Das ist jetzt beim FC St. Pauli nicht der Fall, der das 18. Team ist, welches nach 20 Spieltagen 42 oder mehr Punkte auf dem Konto hat. Aufstiegswahrscheinlichkeit auf dieser Basis: 94 Prozent!

Hamburg, Deutschland, 05.08.2023, Fussball, 2. Bundesliga - Hauke Wahl und David Nemeth (beide FC St. Pauli) nach dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf - Copyright: Peter Boehmer
Hauke Wahl und David Nemeth scheinen etwas am Horizont auszumachen. Ja, da fahren wir am 32. Spieltag hin!
(c) Peter Boehmer

42 Punkte nach 20 Spieltagen? Ein fast todsicheres Ding!

Mehr noch! Viel mehr noch! Denn zu einer großen Feier am Saisonende gehört im besten Fall auch etwas zum Hochhalten. Und da das leider nicht der DFB-Pokal sein wird, soll es verdammt nochmal die komische Zweitligafelge sein. Stellt Euch mal vor, wenn wir die irgendwann bei uns im Museum bestaunen können! Natürlich neben dem Gipsabdruck von Erics rechtem Fuß und den Staubpartikeln, die Saads Gegenspieler immer fressen müssen.
Jedenfalls stehen die Chancen dafür, also für das Hochhalten der Felge, gar nicht mal so schlecht. Von den 28 Spitzenreitern seit der Saison 95/96 schafften es immerhin 18 auch am Saisonende noch ganz oben zu stehen. Felgenwahrscheinlichkeit auf dieser Basis: 64 Prozent!

Diese Statistiken helfen dem FC St. Pauli natürlich überhaupt nicht weiter. Weil es völlig egal ist, wie der MSV Duisburg 2005 oder der FC Ingolstadt 2014 aufstiegen, wenn es kommenden Samstag in Magdeburg um Punkte geht. Die aktuelle Tabelle und jede Statistik dazu ist komplett wertlos, wenn die Spieler des FC St. Pauli nun das Kicken einstellen und ihrem Trainer etwas von „Wir steigen sowieso zu 94 Prozent auf!“ entgegnen, wenn dieser zur Trainingseinheit ruft. Dass diese Gefahr nicht besteht, bestätigte Hauke Wahl nach Abpfiff gegen Fürth: „Die Tabelle sagt aus, dass wir auf einem guten Weg sind. Aber auch, dass wir jetzt nicht lockerlassen dürfen. Wir müssen diesen Weg weitergehen.“

Fabian Hürzeler erinnerte direkt nach dem Sieg gegen Fürth daran, dass man sich wenige Tage zuvor, nach dem Pokal-Aus, eher wie ein Absteiger gefühlt habe. „Daher ist es wichtig, dass Du das Momentun mitnimmst, aber wir wissen auch genau, wie wir da hingekommen sind,“ erklärt der 30-jährige Cheftrainer und führt weiter aus: „Wir wissen ganz genau, dass die Spiele immer auf Messers Schneide stehen und sich Erfolg immer erstmal erarbeitet werden muss. Klar ist das eine Momentaufnahme, die gut und positiv ist. Aber der Weg ist noch lang und wir versuchen die Dinge zu beeinflussen, die wir in der Gegenwart beeinflussen können.“

Volkspark am Horizont

Die Gefahr eines Einbruchs ist natürlich immer vorhanden. Aber je länger dieser auf sich warten lässt, umso unwahrscheinlicher ist, dass er einen signifikanten Einfluss auf den Saisonverlauf haben wird. Und weder Spieler noch Trainer erwecken den Eindruck, dass sie auch nur einen Millimeter vom aktuellen Kurs abweichen werden in naher Zukunft.

Aus Sicht des FC St. Pauli sagt die Tabelle auf jeden Fall gerade „Choo-Choo!“
Und am Horizont erkennt man auf dieser Zugfahrt langsam die Silhouette eines Stadions, in dem der FCSP am 32. Spieltag zu Gast sein wird. Da hüpft mein Herz bereits jetzt wild hin und her, drei Monate vorher. Was? Wie viele Vereine mit 42 oder mehr Punkten nach 20 Spieltagen am 32. Spieltag (oder vorher) bereits den Aufstieg feierten? 15 von 17 hatten zumindest bereits die Relegation sicher, zehn den direkten Aufstieg. Für die kommenden Spiele sind diese Zahlen komplett wertlos. Aber sie sind Teil der Kohle, die wir in den bereits prallgefüllten Kessel einer pfeifenden Dampflok werfen. Immer weiter vor!

// Tim

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8 thoughts on “Die Tabelle macht Choo-Choo!

  1. Choo Choo!

    Was ich mich ja seit… dem Fürth-Spiel, ehrlich gesagt…und den diversen „Mit 42 Punkten am 20. Spieltag sind so und so viele Teams aufgestiegen“-Artikeln (von denen dieser hier selbstverständlich der mit Abstand beste ist!) frage: Wäre es nicht deutlich interessanter und ggfs. auch statistisch naheliegender, sich zu fragen, wie viele Teams mit 6 Punkten und 12 Toren Vorsprung auf Platz 3 am Saisonende auch die Plätze 1 oder 2 belegen? Hypothese meinerseits wäre jedenfalls, dass der Abstand nach unten entscheidender ist, als das Gesamtniveau in der jeweiligen Saison.

    Und ja, ich bin zu faul, das selber rauszusuchen. Nur so’n Gedankenspiel. 😀

    1. Seit 2011 haben alle Teams (8), die am 20. Spieltag als Tabellenführer 5 oder mehr Punkte Vorsprung hatten, auch den direkten Aufstieg geschafft. 6 Punkte hatte nur Hertha 2011 Vorsprung (+13 Tore). Braunschweig 2013 hält übrigens den Rekord in dieser Zeit mit 12 Punkten Vorsprung. Sie wurden allerdings am Ende nur 2. hinter Hertha. 8 Punkte Vorsprung hatten Darmstadt und Leipzig, die ebenfalls nur 2. wurden. Nur Ingolstadt 2015 (9 Punkte) kam nach mehr als 6 Punkten Vorsprung auch als 1. im Ziel an.

  2. Danke Mirko!

    Ich war jetzt auch noch mal Neugierig und hab mich durch Tabellen gewühlt. Seit 2000 gab es insgesamt neun Teams mit 6 oder mehr Punkten Vorsprung auf #3 am 20. Spieltag (Darunter Hertha und Braunschweig 2013). Alle dieser Teams sind am Ende auch direkt aufgestiegen.

    Choo Choo!

  3. Wow! Tim ist weg! Klaut den Kindern die Luftballons und schwebt gen Himmel, hat ihn jemand festgebunden?
    Oder war was in den Frühstücksflocken?
    Hätte ich gewußt, dass Statistiken dermaßen euphorisieren können hätte ich was anderes gelernt…
    Bitte ab heute jeden Tag so einen Artikel, da scheint sogar bei Regen die Sonne!

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