Rückblick, Einblick und Ausblick beim FC St. Pauli

Rückblick, Einblick und Ausblick beim FC St. Pauli

Am Tag nach der Aufstiegsfeier ordneten die drei hauptverantwortlichen Köpfe des FC St. Pauli die Ereignisse ein und warfen einen Blick auf die kommende Bundesligasaison.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Bemerkenswert aufgeräumt präsentierten sich Fabian Hürzeler, Andreas Bornemann und Oke Göttlich einen Tag nach der tränen- und jubelreichen Aufstiegsfeier des FC St. Pauli. In einer üppigen Medienrunde gab Hürzeler einen kleinen Rückblick auf die Saison. Bornemann schaute bereits nach vorne, wenn der FCSP in der Bundesliga spielen wird und Göttlich gab einen Einblick in finanzielle Veränderungen und Herausforderungen, die der Aufstieg mit sich bringt.

Umgang mit Rückschlägen große Stärke des FCSP

Fabian Hürzeler war die Entspannung am Montagnachmittag anzumerken. Auch an ihm dürfte die Saison nicht spurlos vorbeigegangen sein. Das nun entscheidende Spiel am Sonntag gegen Osnabrück war für ihn ein „Sinnbild der Saison“. Denn der FC St. Pauli sei dominant mit dem Ball gewesen, habe zudem defensiv sehr stabil gestanden (nur drei Osnabrücker Torschussversuche zeugen davon). Aber wie auch im Saisonverlauf sei eben auch am Sonntag „nicht alles perfekt“ gelaufen für den FC St. Pauli.

Gerade dieser Umgang seines Teams mit der Unperfektion, mit Herausforderungen und Rückschlägen, ist für Fabian Hürzeler ein entscheidendes Detail für den Erfolg gewesen: „Wir haben aus Rückschlägen Kraft gezogen, sei es nach dem Aus im DFB-Pokal oder dem verlorenem Stadtderby.“ Genau dieser Umgang mit Rückschlägen ließ in Hürzeler dann auch den Glauben endgültig reifen, dass der FC St. Pauli den Aufstieg tatsächlich schaffen kann: „Nach dem Pokalspiel, als wir gegen Düsseldorf verloren haben und drei Tage später mit Greuther Fürth der damals Zweitplatzierte zu uns ans Millerntor kam, war so ein besonderer Moment. Weil wir da so eine Leistung gezeigt haben, nach zuvor 120 Minuten, so dominant Fußball gespielt haben. Es stand ja 2:2 und in der Endphase haben wir Angriffspressing spielen können und dadurch das 3:2 erzielt. Da habe ich schon gemerkt, dass die Mannschaft mit Rückschlägen und Widerständen sehr gut umgehen kann, dass sie eine extreme Einheit geworden ist.“

Aufstieg gewähltes Ziel der Spieler

Dass der FC St. Pauli den Aufstieg schaffen kann, davon war Fabian Hürzeler allerdings bereits zu Saisonbeginn überzeugt gewesen, erklärte er. Dass der FC St. Pauli den Aufstieg als internes Ziel ausgegeben hat, wusste er direkt zu Beginn der Sommervorbereitung. Hürzeler berichtet, dass diese Vorgabe nicht von ihm oder der sportlichen Leitung kam, sondern die Spielerseite sich dieses ambitionierte Ziel selbst gesetzt hat: „Die Ziele wurden nicht von mir vorgegeben. Den Aufstieg hat die Mannschaft intern selbst als Ziel gesetzt. Das war für mich gut, weil sie dadurch hohe Standards an sich selbst gesetzt haben.“
Das letzte Saisonziel kam dann aber doch sehr direkt von Hürzeler selbst, direkt am Tag nach dem Aufstieg: „Jetzt gilt: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Wir wollen Meister werden.“

Bornemann kündigt Transfers an

Ähnliche Worte, die den Wunsch nach einer Meisterschale beinhalteten, verlor auch Andreas Bornemann tags zuvor. Im Stadion nämlich, gerichtet an die vielen Fans, die sich auf dem Rasen des Millerntors tummelten. Am Montag dann richtete er den Blick noch ein wenig weiter über den Termin des möglichen Titelgewinns hinaus.

Bornemann erklärte, dass er sich sehr darüber freue, nun Planungssicherheit zu haben. Und sicher auch darüber, dass die Saison in der Bundesliga gute drei Wochen später startet, was dann auch den Start der Vorbereitung nach hinten verschiebt. „Wir haben jetzt acht Wochen zur Planung und Vorbereitung,“ erklärte er. Dann, Mitte Juli, startet die Bundesliga für den FCSP. Mit Blick auf den Kader erklärte der Sportchef: „Hierfür haben wir ein gutes Fundament, eine gute Basis.“ Aber natürlich werde man die Mannschaft auch „punktuell so gut wie möglich verstärken.“

Verhandlungen mit Hartel nach Aufstieg aufgenommen

Natürlich richtet sich der Blick dabei nun nicht nur auf potenzielle Neuzugänge, sondern auch mögliche Vertragsverlängerungen. Eine Entscheidung bezüglich der Vereinszugehörigkeit von Topscorer Marcel Hartel steht nämlich noch aus. Ursprünglich hatte man sich im Winter mal den April als Monat der Entscheidung ausgeguckt. Das sei, so Bornemann mit einem Lächeln, „vielleicht zu optimistisch“ gewesen. Denn der Wunsch von Hartel, um die Verhandlungen über einen neuen Vertrag ernsthaft aufzunehmen, sei „Klarheit über die Spielklasse“ gewesen, erklärt Bornemann. Diese Klarheit gibt es nun, steht also ein neuer Vertrag für Hartel kurz bevor? So einfach ist das leider nicht.

Andreas Bornemann erklärte, dass für Spieler in Hartels Alter „neben sportlichen Aspekten auch andere Dinge wichtig“ sind. Der Elefant im Raum: Das Gehalt. Für Marcel Hartel, 28 Jahre alt, dürfte der kommende Vertrag eben der berühmte „letzte große Vertrag“ seiner Profilaufbahn sein. Wie „groß“ dieser beim FC St. Pauli sein kann? „Es gibt gewisse Grenzen – auch bei ordentlichen bis guten wirtschaftlichen Möglichkeiten,“ so Bornemann, der damit klarmachte, dass man das Gehaltsgefüge innerhalb des Teams nicht sprengen werde, um Hartel zu halten. Andererseits kann angesichts der Leistungen des Mittelfeldspielers davon ausgegangen werden, dass der FC St. Pauli bereit sein wird, ziemlich viel Geld für Hartel in die Hand zu nehmen.

Hamburg, Detuschland, 13.05.2024, Millerntor-Stadion, FC St. Pauli FCSP-Sportchef Andreas Bornemann gab am Tag nach dem Aufstieg einen Ausblick auf die kommende Saison Copyright: Stefan Groenveld
Am Tag nach dem Aufstieg präsentierte sich Andreas Bornemann bestens gelaunt im Pressebereich des Millerntor-Stadions. // (c) Stefan Groenveld

Knoop vor Verlängerung

Bevor sich beim FCSP etwas in Sachen Vertrag von Marcel Hartel tun wird, dürfte eine andere Personalie geklärt sein. Andreas Bornemann erklärte, dass die Gespräche mit Marco Knoop fortgeschritten sind: „Wir sind mit ihm in guten Verhandlungen. Die Eckdaten und Parameter sind klar besprochen.“ Eine baldige Einigung mit dem Torwart-Trainer, der zudem für defensive Standards verantwortlich zeichnet, ist wohl zu erwarten.

Baldige Entscheidungen sind auch bei jenen Spielern zu erwarten, über deren Verbleib noch Unsicherheit herrscht, unter anderem, weil ihre Verträge auslaufen. Beim letzten Heimspiel der Saison wurden – aufgrund der sportlichen Brisanz absolut verständlich – noch keine Spieler verabschiedet. Das sei auch gar nicht möglich gewesen, weil einige Entscheidungen noch ausstehen, Gespräche noch laufen, wie Bornemann erklärte. Als perfekten Rahmen für mögliche Verabschiedungen von Spielern nannte er die Saisonabschlussfeier am 20.05. auf dem Spielbudenplatz. Ob dann auch die beiden Leihspieler Scott Banks und Aljoscha Kemlein dem FC St. Pauli „Tschüss“ sagen werden? Denkbar. Aber ebenfalls ist es gut möglich, dass es sich dabei nur auf eine Verabschiedung auf Zeit handelt. Andreas Bornemann bekräftigte im Gespräch am Montag, dass man sich bei beiden Spielern gut vorstellen könne, mit ihnen auch in der kommenden Saison zusammenzuarbeiten.

FCSP mit Interesse Banks und Kemlein zu halten

Sollten Banks und Kemlein auch in der kommenden Saison beim FC St. Pauli bleiben, so werden sie sich trotzdem mehr denn je strecken müssen. Denn „die Bundesliga ist auf einem anderen Level,“ erklärte Andreas Bornemann, der in gleicher Funktion in der Saison 18/19 für den 1. FC Nürnberg in der Bundesliga tätig war. Entsprechend müsse man „wenn wir in der Bundesliga bestehen wollen,“ dem Maximum noch näher kommen, die Möglichkeiten noch besser ausschöpfen, als es in dieser Saison bereits der Fall gewesen sei. Aus diesen Worten wird deutlich: Andreas Bornemann wird auch in der Bundesliga nicht locker lassen und weiterhin versuchen, alles aus dem FC St. Pauli herauszuholen.

FCSP vor deutlichem Umsatzplus

Das Maximale herausgeholt hat der FCSP auf jeden Fall erneut aus dem Millerntor-Stadion, zumindest was die Auslastung betrifft. Daran wird sich auch in der Bundesliga nichts ändern. Das Interesse am FC St. Pauli dürfte sogar noch weiter zunehmen. Oke Göttlich erklärte, dass für den Bundesliga-Spielbetrieb nur kleine Veränderungen am Stadion notwendig seien. Ein zwischendurch mal angedachter Umbau des Ballsaals in der Haupttribüne findet nun doch nicht diesen Sommer statt. Dass sich an den Ticketpreisen etwas verändern wird, schloss Göttlich nicht aus, er deutete aber an, dass eine mögliche Erhöhung der Ticketpreise eher in einem kleinen Rahmen stattfinden könnte.

Klar, der FC St. Pauli wird durch den Aufstieg nun massive Mehreinnahmen vor allem im Bereich der TV-Gelder generieren. Das wird den Umsatz erhöhen, aber: „Mehr Umsatz bedeutet nicht automatisch mehr Gewinn“ – die Kostenseite werde eben auch deutlich steigen, so Göttlich. Und sowieso müsse man bei der Freude über gestiegene Einnahmen bedenken, dass andere Teams in der Bundesliga noch weit mehr Einnahmen haben, der FCSP ans untere Ende der Liga in Sachen Umsatzstärke andocken wird. Generell ist das finanzielle Gefälle in der Bundesliga deutlich größer.

Meisterschale, dann Durchatmen, dann Mission Klassenerhalt

Der FC St. Pauli will nun also auch noch den letzten Schritt gehen, um die Saison perfekt zu machen. Die Meisterschale soll her, am besten mit einem Erfolg in Wiesbaden. Danach haben sich alle eine kleine Auszeit verdient, ehe es dann mit vollem Engagement auf die Mission Klassenerhalt 2025 geht.
// Tim

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17 thoughts on “Rückblick, Einblick und Ausblick beim FC St. Pauli

    1. Das sehe ich in der Tat anders… Aus meiner Sicht hatten wir im Defensivbereich schon in der 2. Liga ein leichtes Geschwindigkeitsdefizit, dass sich in der 1. Liga nochmal ganz anders auswirkt.

      Ich finde aber, dass jetzt nicht der Zeitpunkt ist über ungelegte Eier zu diskutieren, sondern jetzt sind ausschließlich die Verdienste dieser Mannschaft in dieser Saison zu huldigen.

  1. Wir brauchen dringend einen Linksverteidiger, weil Treu voraussichtlich bis Ende des Herbstes nicht einsatzfähig ist. Ich tippe ein bisschen auf Paqaradas Rückkehr.

    Ansonsten brauchen wir in allen drei Mannschaftsteilen je einen Stammspieler dazu. Das ist klar.

    1. Moin Robert,
      ich denke Köln, wird wegen der Transfersperre sicher keine Spieler abgeben. 😉 Sonst habe sie ja gar keinen Kader mehr.
      Ich träume ja eher von einer Rückkehr von Leo…

      1. Es stellt sich natürlich aber auch die Frage, wer in Köln im noch immer wahrscheinlichen Falle des Abstiegs überhaupt einen gültigen Vertrag für die zweite Liga hätte.

    2. LV benötigen wir, aber bitte nicht Paqarada. Die Arbeit gegen den Ball wird für uns essentiell sein und das ist nicht seine Stärke. Das hat Köln ja auch feststellen müssen. Dazu kommt die bereits erwähnte Transfersperre.

    1. ok, hab’s grad selber entdeckt… schade, ich finde, darüber könnte man durchaus nachdenken, so als kleinen seitenhieb nach stellingen…

  2. Klassenerhalt als Ziel halte ich auch für vernünftig, aber man weiß ja nie, siehe Heidenheim, der Hauptteil deren Kaders war auch noch aus der 2. Liga. Allerdings sehe ich da schon Schwächen, Spieler wie Albers oder Ameniydo sind leider nicht für die erste Liga geeignet. Ohne gezielte Verstärkungen wird es schwer. Der Rest wächst dann evtl. mit den Aufgaben. Hauptsache keine Darmstadt-Saison. Aber nun erstmal die Felge holen!

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