Eric da Silva Moreira verlässt den FC St. Pauli und wechselt zu Nottingham Forest. Damit verliert der FCSP sein aktuell wohl größtes Talent.
(Titelbild: Peter Boehmer)
Es ist gar nicht so lange her, als wir uns beim MillernTon dazu entschieden, dass wir ein Spielerprofil von Eric da Silva Moreira anfertigen. Kurz zuvor feierte der damals 17-jährige im Trikot des FC St. Pauli sein Debüt in der 2. Bundesliga: Kurz vor Schluss der Partie gegen den 1. FC Nürnberg im März 2024, wurde da Silva Moreira eingewechselt.
FCSP-Debüt mit 17 – Welt- und Europameister
Der Name Eric da Silva Moreira war damals aber unter Fans des FCSP bereits weithin bekannt. Das hing vor allem mit seinen Erfolgen in den U-Nationalmannschaften zusammen. Im Sommer 2023 wurde er mit der U17 Deutschlands Europameister, im Spätherbst folgte sogar der Weltmeistertitel. In der Folge gab es eine ganze Reihe von Ehrungen, Eric da Silva Moreira schüttelte die Hände hochrangiger Politiker*innen – und machte das Beste daraus.
Es wäre zwar etwas übertrieben zu behaupten, dass sich ein regelrechter Hype um Eric da Silva Moreira entwickelte. Aber ziemlich vielen Personen in und um den FC St. Pauli herum war völlig klar, dass der 17-jährige eines der größten Talente ist, die das hauseigene NLZ jemals durchlaufen haben. Noch dazu schien das Drumherum zu passen: Eric da Silva Moreira wohnt(e) auf St. Pauli, unweit des Millerntors, die Identifikation mit dem Verein war groß, da Silva Moreira war ein großes Versprechen für die Zukunft. Ein Perfect Match also?
Wechselgerüchte bereits 2023
Dass diese Geschichte nicht ganz so rosarot verläuft, wurde bereits im vergangenen Sommer deutlich. Es rankten sich hartnäckige Wechselgerüchte um da Silva Moreira, damals frischgebackener U17-Europameister. Union Berlin soll dem Vernehmen nach bereit gewesen sein, eine „hohe Ablöse“ (Abendblatt, €) zu bezahlen. Eric da Silva Moreira war wohl an einem Wechsel interessiert, blieb aber beim FC St. Pauli – und war dort erstmal außen vor. Erst im Herbst 2023 gab es wieder Einsätze in U19 und U23. Als Fabian Hürzeler damals auf da Silva Moreira angesprochen wurde, erklärte er vielsagend: „Ich arbeite gerne mit Talenten zusammen. Es gehören aber beide Seiten dazu.“
Spätestens im Januar drehte sich der Wind aber wieder. Eric da Silva Moreira hinterließ im Wintertrainingslager der Profis einen sehr starken Eindruck und verdiente sich damit auch seine ersten Profiminuten. Seit diesem Kurzeinsatz in Nürnberg schien die Entwicklung nur eine Richtung zu kennen. Mit seinem 18. Geburtstag verlängerte sich sein Fördervertrag mit dem FC St. Pauli automatisch um zwei weitere Jahre („3+2-Regel“) – eine gängige Praxis in Deutschland, die allerdings den FIFA-Statuen widerspricht. Möglich, dass dieser Umstand der unklaren Rechtslage in den Verhandlungen auch Thema gewesen ist.
Im Bann der Transferlobbyisten
Die Verhandlungen fanden dann in den letzten Tagen statt. Angeheizt wurde das Thema einmal mehr durch einen „Transferjournalisten“, der das Gerücht vermeldete. Solche Personen beziehen ihre Infos größtenteils von Berateragenturen. Eric da Silva Moreira wechselte kürzlich die Berateragentur, wird nun von „Gestifute“ beraten, eine der größten Agenturen überhaupt bezogen auf den Marktwert aller Klienten. Hier wurde nun das bereits beim Transfer von Fabian Hürzeler bekannte Spiel „Transferjournalisten erzeugen durch Meldung öffentlichen Druck auf abgebenden Verein“ gestartet. Das ist eigentlich immer zum Nachteil des abgebenden Vereins, wenn solche Meldungen kommen. Alle anderen haben hingegen Interesse an einem Transfer, weil das Geld fließt, die Klickzahlen stimmen oder der Spieler zu einem kommt. So gesehen passt auch die Bezeichnung „Transferjournalist“ nicht so richtig – „Transferlobbyist“ wäre besser.
Bedarf auf der Außenbahn
Ob dieser Wechsel für Eric da Silva Moreira Sinn ergibt, ist fraglich. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er seine ersten richtigen Schritte im Profibereich im gewohnten Umfeld beim FC St. Pauli gemacht hätte. Ein Wechsel in die Premier League ist auf jeden Fall ein sehr, hoffentlich nicht zu großer Schritt.
Durch diesen Transfer ist klar: Mit Philipp Treu, Lars Ritzka und Manos Saliakas gibt es aktuell nur drei Spieler im Kader, die realistisch in der Bundesliga auf den Außenverteidiger-Positionen spielen könnten. Der FC St. Pauli hat also auf diesen Positionen noch relativ dringenden personellen Bedarf und dürfte hier noch in Form von Transfer(s) aktiv werden.
Nun geht die sportliche Karriere von Eric da Silva Moreira also nicht beim FC St. Pauli weiter. Nottingham Forest zahlt an den FCSP dem Vernehmen nach eine Ablöse im siebenstelligen Bereich. Für einen Spieler, der im Herrenbereich gerade einmal ein paar Minuten in der 2. Bundesliga kickte, ist das auf den ersten Blick eine wahnsinnig hohe Summe. Und grundsätzlich ist dieser Verlust deshalb zwar bitter, aber auch ein Riesenerfolg für das NLZ des FC St. Pauli.
Ein guter Deal?
Die kolportierte Ablösesumme könnte sich aber in kurzer Zeit auch als zu niedrig herausstellen. Dann nämlich, wenn es Eric da Silva Moreira gelingt, das Versprechen, welches er seit Jahren ist, auch einzulösen. Diese Wette geht Nottingham nun mit einer Ablöse in Millionenhöhe ein. Sein Potenzial ist jedenfalls sehr groß (GSN-Index-Prognose: 68,3 – das ist sehr gutes Bundesliganiveau, ab Werten über 70 beginnt die internationale Klasse). Ein schlechter Deal für den FC St. Pauli also?
Nein. Denn man sollte davon ausgehen, dass der FC St. Pauli auch im Fall von Eric da Silva Moreira dafür vorgesorgt hat, sollte er nun bei seinem neuen Club richtig durchstarten – in Form einer Beteiligung an weiteren Ablösesummen nämlich. Ungewöhnlich ist das nicht für Transfers mit Andreas Bornemann am Verhandlungstisch, es ist sogar die Regel. Eine solche Beteiligung gibt es auch bei Igor Matanovic, gerüchteweise auch bei Jakov Medic und Fabian Hürzeler. Dazu passend dürfte es Vereinbarungen zu möglichen Bonuszahlungen geben, welche die Ablösesumme weiter ansteigen lassen könnte. Und das alles bei unsicherer Rechtslage aufgrund der „3+2-Regel“. Ein schlechter Deal ist das für den FC St. Pauli eher nicht.
Sicher ist ein kleiner oder größerer Geldregen für den FC St. Pauli bei weiteren Wechseln sowieso: Durch die festgeschriebenen Ausbildungsentschädigungen. So dürfte man sich beim FCSP nicht nur aus persönlicher Sicht freuen, sollte Eric da Silva Moreira noch einige größere Schritte in seiner Karriere gehen.
Ebenfalls ganz unabhängig von finanziellen Möglichkeiten: Der MillernTon wünscht Eric da Silva Moreira viel Erfolg in England und dort, wo ihn seine hoffentlich große Karriere noch hintreiben wird!
You’ll never walk alone, Eric!
// Tim
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Schade, dass Eric nicht mehr weiter am Millerntor seine nächsten Schritte der Profi-Karriere machen wird. Für seinen weiteren Werdegang ist ihm natürlich nur das Beste zu wünschen.
Dass man aber zu einem Verein wechselt, der in dieser Saison sage und schreibe 35 Zugänge und 32 Abgänge zu verzeichnen hatte und von Punktabzügen aufgrund seines Finanzgebarens bedroht ist, spricht für mich nicht dafür, dass es (vor allem seinen Beratern) darum geht, dem Spieler den nächstbesten Entwicklungsschritt zu ermöglichen, sondern nur darum wieder möglichst viel Kohle zu machen. Es würde mich daher nicht wundern, von der nächsten Leih-Odyssee eines Talents durch unterklassige englische Ligen zu lesen und einer Karriere, die sich doch nicht so wie gedacht entwickelt hat.
Ich lasse mich aber gern eines besseren belehren.
Leider scheinen die meisten Agenturen Spieler und Trainer nicht gut beraten. Da sind unterschiedliche Interessenlagen. Es ist ein Trauerspiel vor allem für die Spieler. Ich glaube schon, dass für Eric ein Tapetenwechel angebracht ist, aber trotz des Ausfalls von 2 Linksverteidigern wurde er da nicht reingeworfen. Er ist halt noch nicht so weit. Bei Nottingham gibt es bald ein Hauen und Stechen. Im Haifischbecken werden zuerst die kleinen Fische gegessen.
I have absolutely no idea about what will happen to him at Forest, but I believe he thinks St Pauli is not the best place for his development, or else he would have signed a professional contract at his hometown club much earlier. This, or Sankt Pauli have been too greedy in the contract negotiations, or did not show to him that he would be valued in the first team.
Drücken wir ihm die Daumen, dass es gut ausgeht – weil dies dauerhaften Geldsegen für uns bedeuten würde bei jedem weiteren Wechsel mit einer Ablösesumme. Wäre er jetzt geblieben, hätten wir doch spätestens im Winter erneut Wirbel und Gerüchte gehabt – dann für einen ablösefreien Wechsel. Erscheint mir so allemal besser.
Wäre auch nächstes Jahr nicht ablösefrei gewesen, da er noch Vertrag bis 2026 gehabt hätte. Wir ersparen uns trotzdem etwas Stress, falls er weiterhin keine bzw. nur wenige Einsätze bei den Profis bekommen hätte. Jetzt muss das eben Nottingham regeln und wir stehen mit etwas mehr Budget für gestandenere Spieler da.