Vorbericht: FC St. Pauli – RaBa Leipzig (4. Spieltag, 24/25)

Vorbericht: FC St. Pauli – RaBa Leipzig (4. Spieltag, 24/25)

Am Millerntor erwartet der FC St. Pauli mit RaBa Leipzig ein echtes Schwergewicht. Die Gäste dürften den FCSP fußballerisch ganz anders fordern, als zuletzt. Der Vorbericht.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Im „Vor dem Spiel“-Gespräch hat sich Michael mit Ronny unterhalten und dabei nicht nur über die aktuelle sportliche Situation, sondern auch über das „Konstrukt RaBa“ gesprochen. Hört gerne rein.
Sehr lesenswert ist auch das, was Ultrà Sankt Pauli vor der Partie veröffentlicht hat: RB Leipzig – Feind des Fußballs

Ein Blick zurück

Die Bilanz des FC St. Pauli gegen RaBa Leipzig ist positiv. Vier Spiele absolvierten die Clubs gegeneinander, satte dreimal gewann der FCSP. Das letzte Aufeinandertreffen ist allerdings auch schon einige Jahre her: In der Saison 15/16 erzielte ein gewisser Marc Rzatkowski den entscheidenden Treffer am Millerntor zum 1:0-Erfolg gegen Leipzig.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Puuh, das zentrale Mittelfeld wankt bedenklich. Alexander Blessin erklärte auf der Pressekonferenz zwar, dass es mit einer Rückkehr von Connor Metcalfe in den Kader wohl ganz gut aussieht. Allerdings wird Robert Wagner aktuell von einer Mandelentzündung geplagt, muss Antibiotika nehmen und wenn ich an meine letzten Mandelentzündung denke, dann kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er am Sonntag spielen kann.

Guilavogui, Wagner und Metcalfe fraglich

Ebenfalls fraglich ist, ob sich Morgan Guilavogui von dem Pferdekuss aus dem Augsburg-Spiel rechtzeitig erholt. Der 26-jährige hatte unter der Woche die Belastung zwar wieder steigern können, trainierte aber noch am Freitag nicht wieder voll mit dem Team. Von einem Ausfall des Angreifers muss daher leider ausgegangen werden. Auch um Elias Saad gab es am Donnerstag ein paar Fragezeichen, da er das Training abbrechen musste, weil er im Rasen hängen geblieben war. Blessin gab am Freitag aber Entwarnung, Saad konnte bereits wieder voll mittrainieren und wird somit wohl am Sonntag auch auf dem Platz stehen.

RaBa Leipzig: Wer kann spielen, wer fehlt?

RaBa-Trainer Marco Rose muss auf zwei Spieler im zentralen Mittelfeld verzichten: Xaver Schlager fällt bereits längere Zeit aufgrund eines Kreuzbandrisses aus. Am Donnerstag hat sich zudem Kevin Kampl an den Adduktoren verletzt und wird ebenfalls am Millerntor fehlen. Auch Neuzugang Assan Ouédraogo fehlt aufgrund einer Knieverletzung.

Hamburg, Deutschland, 25.08.2024, Fussball, Bundesliga, FC St. Pauli - 1. FC Heidenheim Connor Metcalfe läuft zurück auf den Rasen nach einer verpassten Chance im Spiel gegen den 1. FC Heidenheim. Copyright: Stefan Groenveld
Zwei Tage vor Anpfiff ist unklar, ob Connor Metcalfe gegen RaBa Leipzig für den FC St. Pauli auflaufen kann. // (c) Stefan Groenveld

Was hat Leipzig zu bieten?

Aus sportlicher Sicht dürfte es nur sehr wenige schwerere Gegner in der Bundesliga geben als RaBa Leipzig. Das Team verlor zwar am Donnerstag die Partie in der Champions League bei Atletico Madrid, doch das war die erste Niederlage seit Februar (gegen den FC Bayern München). Das Team ist gespickt mit einer ganzen Reihe von Spielern, die man in wenigen Jahren in ganz Europa bei absoluten Spitzenclubs sehen wird. Viele schauen dabei vor allem auf die Offensive, ich persönlich halte Innenverteidiger Castello Lukeba für das größte Talent. Somit konzentrieren wir uns in diesem Vorbericht lieber auf die Niederlage in Madrid und dem, was der FC St. Pauli machen muss, damit man Leipzig schlagen kann.

Was der FC St. Pauli von Atletico Madrid lernen kann

Was also kann der FC St. Pauli lernen von Atletico Madrid, Alexander Blessin? „Brutale Intensität. Sie haben in jeden Zweikampf über 90 Minuten annähernd 100 Prozent reingehauen. Absolute Körperlichkeit, Präsenz, Aggressivität, Intensität – das ist das, was man braucht gegen so eine Mannschaft. Das hat mir imponiert.“
Dass die Leipziger Spieler diese Niederlage länger in ihren Köpfen halten werden, glaubt Blessin nicht: „Ich erwarte sie körperlich und im Kopf sehr frisch.“
Auffällig war, dass es Atletico vor allem im ersten Abschnitt immer wieder gelang, die Leipziger durch intensives und hohes Pressing in größte Verlegenheit zu bringen. So vertändelte Leipzig einige Bälle noch im eigenen Drittel und konnte ehrlich gesagt etwas glücklich sein, dass es trotz zwischenzeitlicher 1:0-Führung mit einem 1:1-Unentschieden in die Pause ging.

Interessant ist, dass RaBa Leipzig beim Blick auf tieferstehende Statistiken gar nicht so stark daherkommt, wie es der Kader und die Ergebnisse vermuten lassen würden. Auf gerade einmal 38 Torschüsse bringt es das Team, der xG-Wert ist mit 4,4 im unteren Ligadrittel zu finden. Mit 12,9 Ballkontakten im gegnerischen Strafraum liegen sie auf Platz 15. Passend dazu erklärte Blessin auf der PK, dass Leipzig sowohl gegen den VfL Bochum (störte Leipzig früh) als auch Union Berlin (stand, wie immer, sehr tief) Probleme hatte, die gegnerische Defensive zu knacken.

Aufpassen in Umschaltmomenten!

Auch auf der Gegenseite ist das alles andere als überzeugend: Nur Bochum und Hoffenheim haben einen höheren xG-Wert des Gegners zugelassen. Mit 13,8 Torschüssen pro Partie hat Leipzig deutlich mehr zugelassen als zum Beispiel der FC St. Pauli (9,7). Lücken hat auch Atletico Madrid am Donnerstag gefunden. Zugegeben: In den Statistiken gibt es einen großen Ausreißer, weil Leipzig am 2. Spieltag gegen Leverkusen eigentlich nach Strich und Faden auseinandergespielt wurde (xG von Bayer laut Wyscout: 4,7!), die Partie aber 3:2 gewann. Wie sie das taten, hat man sich beim FC St. Pauli ganz sicher genau angeschaut.

Denn RaBa Leipzig ist brutal stark in offensiven Umschaltmomenten. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass sie seit Jahren das stärkste Team in dieser Spielphase sind. Blessin: „Gerade im Umschaltverhalten können sie ihre Schnelligkeit ausspielen. Da müssen wir aufpassen.“ Entsprechend möchte er sich auch nicht auf ein „Ping-Pong-Spiel“ einlassen, bei dem beide Teams den Fokus auf Umschaltmomente legen, denn „da ist Leipzig besser.“

Ballverluste vermeiden, Xavi „gegen die Wand“ rennen lassen

Der Fokus auf Umschaltmomente ist auch klar daran zu erkennen, welche Spieler sich in der Offensive einfinden. Mit Xavi Simons, Benjamin Sesko, Lois Openda und Antonio Nusa verfügt das Team über extrem schnelle Spieler. Für die Dreierkette des FC St. Pauli bedeutet es, dass diese „immer extrem wachsam“ sein müsse, erklärt Blessin, der ausführte, dass die Kette „im Verbund“ entscheiden müsse, ob man vorwärts verteidigt oder sich fallen lässt. Doch Blessin sieht auch Chancen in der Leipziger Spielweise: „Xavi ist eher der Typ, der gerne ins Dribbling geht. Wenn wir gut stehen und ihn unter Druck setzen, dann rennt er auch mal mit dem Kopf gegen die Wand. Das sind Momente, wo wir Ballgewinne generieren können.“

Es ist zu hoffen, dass der FCSP die Leipziger in solche Situationen verwickeln kann, in denen jemand wie Xavi dann auch den Ball verliert. Denn leider ist das Spiel von ihm auch genau so kalkuliert, dass er zwar häufiger den Ball verliert, aber aufgrund seiner individuellen Qualität ganz besondere Momente und damit große Chancen für sein Team erspielen kann. Für den FC St. Pauli komme es laut Blessin im eigenen Ballbesitz extrem darauf an, dass man die Anzahl an Ballverlusten minimiere, besonders gegen so ein umschaltstarkes Team wie Leipzig. Beides dürfte schwer genug werden.

Mögliche Aufstellung

Einige große Fragezeichen umgeben das Leipziger Team. Zum einen ist unklar, ob es kleinere oder größere Rotationen geben wird aufgrund der englischen Woche. Diese, so Blessin, dürfte die Spieler aktuell eher wenig Kraft kosten, da man sich noch am Anfang der Saison befinde. Es ist trotzdem davon auszugehen, dass Marco Rose sein Team an der ein oder anderen Stelle verändern wird (ich tippe auf Seiwald statt Vermeeren in der Startelf). Da aber zum Beispiel die Optionen hinter Sesko auf der Stürmer-Position Andre Silva und Yussuf Poulsen heißen, sollte klar sein, dass die individuelle Qualität trotzdem weiterhin enorm hoch bleibt.

Unklare Leipziger Formation

Ein zweites Fragezeichen gibt es bei der Formation. Leipzig hat gegen Atletico in einem 4-2-2-2 gespielt, eine Formation, die sie auch schon in der Liga gezeigt hatten. Am letzten Wochenende gegen Union Berlin probierte es das Team aber in einem 3-4-1-2, sodass Alexander Blessin ein „da müssen wir abwarten“ auf die Frage nach der Formation von sich gab. Möglich ist, dass der Ausfall von Kevin Kampl eine gewichtige Rolle bei der Entscheidung der Formation spielen wird. Am Donnerstag stellte sich das Team ohne Kampl im 4-2-2-2 auf, zuvor gegen Union (mit Kampl) mit einer Dreierkette. Ich tippe daher mal auf die Viererkette.

Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen RaBa Leipzig FCSP (3-4-2-1): Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas, Boukhalfa, Irvine, Treu - Afolayan, Saad - Eggestein RaBa (4-2-2-2): Gulasci - Henrichs, Orban, Lukeba, Raum - Haidara, Seiwald - Nusa, Xavi - Openda, Sesko
Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen RaBa Leipzig FCSP (3-4-2-1): Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Boukhalfa, Irvine, Treu – Afolayan, Saad – Eggestein; RaBa (4-2-2-2): Gulasci – Henrichs, Orban, Lukeba, Raum – Haidara, Seiwald – Nusa, Xavi – Openda, Sesko

Afolayan und Saad in der Startelf?

Somit kommen wir zu den großen Fragezeichen rund um das Personal des FC St. Pauli. Der Startelfeinsatz von Manos Saliakas anstelle von Lars Ritzka gehört da für mich übrigens nicht dazu. Wenn man davon ausgeht, dass sowohl Morgan Guilavogui, als auch Robert Wagner und schlimmstenfalls sogar noch Connor Metcalfe am Sonntag nicht zur Verfügung stehen werden, dann wird sich das Team auf einigen Positionen in der Startelf verändern.

Für Guilavogui kam in Augsburg Dapo Afolayan in die Partie. Er dürfte auch gegen Leipzig die erste Option sein. Größer ist das Fragezeichen bei einem Ausfall von Wagner und Metcalfe. Fallen beide aus, dann könnte es zum ersten Mal in dieser Saison zu einer Veränderung der Formation kommen. Dann nämlich, wenn für Metcalfe erneut Carlo Boukhalfa und für Wagner Elias Saad auf dem Platz stehen. Nein, eine Umstellung auf das „alte“ 3-4-3 ist da nicht unbedingt zu erwarten (zu der „System-Frage“ veröffentlichen wir noch einen separaten Artikel). Viel eher könnten wir vielleicht das auf dem Platz sehen, was Blessin anstelle einer Formation mit zwei Spitzen bei Union Saint-Gilloise spielen ließ: Ein 3-4-2-1.

Neue Formation denkbar

Im 3-4-2-1 würde Boukhalfa zusammen mit Irvine die Doppelsechs bilden. Saad und Afolayan würden als „breitziehende Zehner“ um die zentrale Spitze (Eggestein) herumschwimmen. Gut möglich, dass man dann die beiden öfter auch auf den Außenbahnen findet. Das aber dann vermutlich weniger klar als in der Vorsaison, mit mehr Bewegungen ins Sturmzentrum und auch in den Achterraum. Auch wenn diese Formation und die personelle Aufstellung sicher eher etwas risikoreicher ist als das 3-5-2, weil man eben personell eher offensiv als defensiv präsent ist, tippe ich darauf, dass wir sie Sonntag sehen werden. Denn sagen wir es mal, wie es ist: Der FC St. Pauli hat gegen RaBa Leipzig eigentlich keine Chance. Und die einzige Einschränkung, das „eigentlich“, kann nur dann relevant werden, wenn man etwas ins Risiko geht.

Bei so einem Gegner ist auch klar: Du kannst ein super Spiel abliefern und trotzdem 0:3 verlieren. So oder so ähnlich hätte ich das auch schon in den Vorberichten der letzten Aufeinandertreffen zwischen dem FC St. Pauli und RaBa Leipzig formuliert (wenn es damals schon Vorberichte gegeben hätte) – der Ausgang dieser Partien ist bekannt. Nutzen wir also die nicht vorhandene Chance!
Forza!
// Tim

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6 thoughts on “Vorbericht: FC St. Pauli – RaBa Leipzig (4. Spieltag, 24/25)

  1. Danke für den Vorbericht Tim! Spannend fand ich (wie du ja auch 😉 bei der PK die Einlassungen von Blessin zum Rückfall in alte Muster gegen Augsburg, sprich das kontrolliert hinten rum spielen aus der Vorsaison, das eigentlich eher nicht mehr gewollt ist, wo die Jungs aber dann laut Blessin in Stressmomenten automatisch wieder reinfallen. Die taktischen Umstellungen scheinen leider deutlich mehr Zeit zu brauchen als erhofft, irgendwie hängen wir jetzt zwischen der letzten Saison und der neuen Herangehensweise fest und brauchen Erfolgserlebnisse damit sich der neue Ansatz dann auch in den Köpfen der Spieler festsetzt. Am besten fangen wir gleich Sonntag damit an.

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