Ende in Sicht

Ende in Sicht

Dapo Afolayan steht beim FC St. Pauli auf dem Abstellgleis und vor einem Abgang. Wie konnte es so weit kommen? Eine Spurensuche.
(Titelfoto: Stefan Groenveld)

Am Sonntag tritt der FC St. Pauli zum letzten Pflichtspiel des Jahres an. In Mainz wird das Team versuchen, den jüngsten Aufwärtstrend beizubehalten und sich mit einem guten Erlebnis in die kurze Winterpause zu verabschieden. Ob Andréas Hountondji in Mainz wieder zum Kader zählen wird, ist sehr unsicher. Ebenfalls unklar ist, ob Ricky-Jade Jones, der gegen Heidenheim erst ein- und später wieder ausgewechselt werden musste, einsatzfähig sein wird. Der Kader des FCSP ist in der Offensive also relativ dünn besetzt. Dass das aber dazu führen wird, dass Dapo Afolayan wieder in den Kader rückt, ist ziemlich unsicher. Wenn nicht sogar ausgeschlossen. Was vor einem Jahr noch eine Selbstverständlichkeit war – sofern Afolayan fit ist, gehört er zum Kader, eigentlich sogar in die Startelf – ist nun unwahrscheinlich.

Wo fing das an?

Seit fünf Spielen fehlt Afolayan im Kader des FC St. Pauli. Verletzt ist er nicht, Trainer Alexander Blessin erklärte, dass die Nicht-Nominierung des 28-jährigen „sportliche Gründe“ habe. Stattdessen wurde zuletzt mit Erik Ahlstrand ein Spieler in den Kader geholt, für den auf dem Platz eher keine Rolle vorgesehen sein dürfte. Der Wink mit dem Zaunpfahl ist also völlig eindeutig: Für Dapo Afolayan gibt es auf dem Platz keine Zukunft beim FC St. Pauli. Denn es gibt ja nicht mal eine Gegenwart.
Knapp drei Jahre, nachdem er den Weg zum FC St. Pauli fand, stehen die Zeichen nun klar klar auf Trennung. Wie konnte es so weit kommen? Was ist da schiefgelaufen zwischen Afolayan und dem FCSP?

Afolayan beim FC St. Pauli – anfangs eine Erfolgsgeschichte

Im Januar 2023 wechselte der damals 25-jährige Afolayan zum FC St. Pauli. Meine persönliche Begeisterung damals: Riesengroß. Dapo konnte (und kann!) Dinge mit dem Ball, die man in den Jahren zuvor beim FCSP nur selten zu sehen bekam. Er ist jemand, der auf dem Platz Dinge machen kann, die im Stadion mit „Oh!“ und „Ah!“ bedacht werden. Und er zeigte ziemlich schnell, dass er dem Team offensiv einen entscheidende Impulse geben kann. Fünf Torbeteiligungen gab es von ihm in seinem ersten Halbjahr beim FC St. Pauli. Sofort war klar: Afolayan ist eigentlich etwas zu gut für die 2. Bundesliga. Dem FC St. Pauli war also ein richtig dicker Fisch ins Netz gegangen.

Was damals auch ziemlich schnell klar wurde: Dapo Afolayan ist ein auffälliger Spieler. Positiv, weil er dem Team mit seinen Offensivaktionen in engen Situationen extrem weiterhelfen kann. Er ist körperlich etwas robuster als viele seiner Positionskollegen, hat zudem Zug zum Tor und auch viele gute Ideen auf dem Platz. Negativ fiel er auf, weil er nicht nur gegen Spieler, sondern auch immer gegen den Schiedsrichter zu spielen scheint und in seinem Spiel auch immer wieder Hänger-Phasen drin sind. Damit meine ich nicht, dass ihm viele Aktionen nicht gelangen, dass er den Ball oft verlor. Das ist etwas, was eingepreist werden muss bei offensiven Außenbahnspielern und Afolayan ist da nicht schlechter als der Großteil seiner Positionskollegen. Mit den Hängern meine ich eher Abwesenheiten. Das fordernde „Be active, Dapo!“ kam sowohl aus dem Mund von Fabian Hürzeler, als auch von Alexander Blessin.

Hamburg, Deutschland, 26.02.2023 - Oladapo Afolayan (FC St. Pauli) im Dribbling gegen gleich drei Spieler des FC Hansa Rostock - Copyright: Stefan Groenveld
Verzweifelte Abwehrreihen, begeistertes Millerntor – Dapo Afolayan sorgte 2023 für einen richtigen Qualitätssprung beim FC St. Pauli.
// (c) Stefan Groenveld

„Dann werden wir der perfekte Fußballclub!“

Auffällig ist Dapo Afolayan nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. Im Mai 2023 hatten wir die Möglichkeit, mit ihm einen Podcast aufzuzeichnen. Wir sprachen damals mit einem Fußballprofi, der diesen Beruf über einige Umwege erreichte. Umwege, die ihm aufzeigten, was für ein großes Privileg es ist, für das Fußballspielen üppig bezahlt zu werden. Afolayan hinterließ den Eindruck eines etwas anderen Fußballprofis. Und sagte Dinge, die mir auch heute noch beim Lesen gefallen: „Ich weiß, dass der FC St. Pauli lange Zeit großartig neben dem Platz, aber auf dem Platz nur Durchschnitt war. Dies haben mir Leute über den Verein erzählt. Mir wurde vor meinem Wechsel gesagt, dass der FCSP ein stabiles Zweitliga-Team ist, welches weder auf- noch absteigt.
Und ich habe mich gefragt: Warum sollten wir nicht aufsteigen können? Warum können wir uns nicht verbessern? Ich denke, dass das eine Frage der Mentalität ist. Wenn wir das auf dem Platz erreichen, darauf zuarbeiten und weiter so großartig neben dem Platz sind – dann werden wir der perfekte Fußballclub.“

Aufstiegsheld!

Zeitsprung: Für Dapo Afolayan und den FC St. Pauli ging es in den zwölf Monaten nach diesem Podcast nur bergauf. Fast genau ein Jahr später empfing der FCSP im Mai 2024 den VfL Osnabrück am Millerntor. Ihr wisst natürlich alle, was an diesem Tag passierte. Gerne möchte ich in Erinnerung rufen, dass Afolayan an diesem Sonntag-Nachmittag an allen drei FCSP-Treffern direkt beteiligt gewesen ist: zwei Tore, eine Vorlage. Der Aufstieg des FC St. Pauli ist nicht nur aufgrund dieser einen Partie eng mit den Leistungen von Afolayan verknüpft. Zwölf Torbeteiligungen verbuchte er in dieser Spielzeit, darunter extrem wichtige Treffer wie jener zum zwischenzeitlichen 1:1 in Hannover oder sein Doppelpack beim 4:3 in Kiel. Afolayan ist – und wird das auch immer bleiben – einer der Aufstiegshelden des FC St. Pauli!

Doch die Dinge beim FC St. Pauli änderten sich für Dapo Afolayan. Zum Start der Bundesligasaison 24/25 fand er sich plötzlich auf der Bank wieder. Unter der Leitung des neuen Trainers Alexander Blessin waren zu Saisonbeginn offensive Außenbahnspieler nicht mehr so gefragt wie noch wenige Monate zuvor. Am vierten Spieltag stand er dann erstmals in der Startelf, als der FCSP in Sachen Formation einen Schritt zurück ging. Mit Erfolg: Auf das unglückliche 0:0 gegen Leipzig folgte das fette Ausrufezeichen mit dem 3:0 in Freiburg – Afolayan steuerte einen Treffer und eine Vorlage bei. Auch wenn er sich bis zum Ende der Hinrunde meistens in der Startelf befand (einzig beim Heimspiel gegen Wolfsburg nicht, Blessin erklärte dazu unter anderem, dass Afolayan auf dem Platz „nicht immer online“ sei), so zeigte der Saisonauftakt klar auf, dass sich die Dinge etwas verschoben haben.

Was ist passiert?

Richtig stark veränderte sich die Situation für Dapo Afolayan dann nach der Winterpause zum Rückrundenauftakt in Heidenheim. Kurz zuvor wechselte Noah Weißhaupt zum FC St. Pauli, der Afolayan auf seiner Position direkte Konkurrenz machte und diesen Konkurrenzkampf auch gewann. Afolayan wurde in Heidenheim eingewechselt und trug mit einem Assist zum Erfolg bei. Anschließend gab er dann ein Interview, das extrem tief blicken ließ. Angesprochen auf seine persönliche sportliche Situation sagte er: „Ich bin jetzt seit zwei Jahren im Club. Es gab in dieser Zeit viele offensive Außenbahnspieler und ich habe eine Menge gespielt. Ich bin kein junger Spieler, mit dem rotiert werden muss. Ich kenne meine Qualitäten. Überall wo ich gespielt habe, habe ich es gut gemacht. Auch in dieser Saison habe ich es schon gut gemacht. Ich hatte etwas Pech, dass ich nicht noch mehr Assists habe, wahrscheinlich hätte ich fünf oder sechs haben müssen. Und auch mehr Tore.“

Ab Anfang 2025 kein Startelfspieler mehr

Besonders die Aussage, dass er Pech gehabt habe, nicht noch mehr Torvorlagen beigesteuert zu haben, ist mir im Gedächtnis geblieben. Meinte er Pech in Form von Unvermögen der Mannschaftskollegen, die seine Torschussvorlagen nicht veredeln konnten? Generell ist wichtig festzuhalten: Es ist völlig normal, dass Fußballprofis unzufrieden sind, wenn sie nicht spielen. Schlimmer wäre es, wenn Afolayan sich mit seiner Rolle auf der Bank zufriedengeben würde. Die Frage ist aber, wie diese Situation angenommen wird: Kritik aufnehmen, daran arbeiten und versuchen, noch eine Schippe draufzulegen – das wäre genau das, was man sich als Club in solchen Situationen von den Spielern erhofft.

Wie Afolayan diese Situation wirklich angenommen hat, kann von außen natürlich nicht abschließend bewertet werden. Auffällig ist aber, dass in der Folge öffentlich viel geredet wurde (unter Ausschluss der Öffentlichkeit sicher noch mehr), dabei aber auch viel aneinander vorbei. Afolayan betonte immer wieder selbstbewusst, mit welchen Offensiv-Qualitäten er dem Team helfen kann. Trainer Alexander Blessin machte immer wieder deutlich, dass es ihm primär um Themen bei der Arbeit gegen den Ball geht.

Hamburg, Deutschland, 01.02.2025, Millerntor-Stadion, FC St. Pauli - FC Augsburg Dapo Afolayan (FC St. Pauli) steht auf dem Spielfeld. Sein Trainer Alexander Blessin gibt Anweisungen. Copyright: Stefan Groenveld
(c) Stefan Groenveld

Afolayan gerät in die Kritik

Für Dapo Afolayan brachen jedenfalls sportlich schwierige Zeiten an. Zeiten, in denen seine Leistungen in der Öffentlichkeit teils überkritisch betrachtet wurden, wobei es dann mit der Bewertung eben auch teilweise ziemlich unfair wurde. Jede Aktion von ihm wurde von einigen unter das Brennglas gelegt. Dass es die Regel ist, dass Offensivspieler mehr als die Hälfte ihrer Zweikämpfe verlieren, wurde oft nicht beachtet bei der Bewertung, der Maßstab war ein anderer. Einer, dem Dapo Afolayan schlicht nicht gerecht werden konnte, fast egal, wie er spielte.

In dieser Phase wurde erstmals richtig deutlich, dass sowohl Afolayan als auch Alexander Blessin vor Medien eher kein Blatt vor den Mund nehmen. Ob gewollt oder nicht, das Thema wurde dadurch stets befeuert und so auch in der Öffentlichkeit gehalten, was nicht dazu führte, dass dort die Bewertungskriterien zu Dapos Gunsten ausgelegt wurden.
Denn wenige Wochen, nachdem Dapo Afolayan in Heidenheim mit deutlichen Worten erklärte, dass er kein Spieler sei, der sich als Teil einer steten personellen Rotation sehe und damit deutlich Anspruch auf mehr Spielzeit anmeldete, erklärte Blessin, dass er nicht ganz zufrieden ist mit dem, was Afolayan auf dem Platz zeigte. Zwar nahm er den Namen nicht in den Mund, es war aber klar zu verstehen, dass der FCSP-Cheftrainer Afolayan für den Ausgleichstreffer des FC Augsburg im Februar 2025 am Millerntor in die Haftung nahm.

Wenige Tage nach dem Augsburg-Spiel saß Afolayan in Leipzig 90 Minuten auf der Bank. Den durch die Verletzung von Morgan Guilavogui freien Platz in der Startelf rechts vorne nahm Carlo Boukhalfa ein, was definitiv nicht dazu führte, dass von dieser Position ernsthafte Offensivgefahr ausging. Im Anschluss an die Partie erklärte Blessin, wie wichtig ihm bei der Besetzung dieser Position die defensiven Fähigkeiten gewesen seien. Ein klarer wie deutlicher Hinweis darauf, dass der FCSP-Chefcoach diese Fähigkeiten bei Dapo Afolayan als nicht so ausgeprägt empfindet.

„Es geht um Trainingseinheiten, um bestimmte Situationen und Positionierungen.“

Zeit also, sich die Zahlen mal etwas genauer anzuschauen. Anhand von Daten des Global Soccer Network haben wir damals beim MillernTon eine Einschätzung zur Defensivarbeit von Dapo Afolayan gewagt. Die Zahlen waren dabei durchaus überraschend, denn Dapo Afolayan wurde vom Global Soccer Network als defensiv stärkster offensiver Außenbahnspieler im Kader des FC St. Pauli bezeichnet. Klar ist, dass Statistiken nie das komplette Bild beschreiben und so äußerte sich dann auch kurz danach Blessin dazu: „Zahlen und Statistiken sind das eine, es geht aber immer um das große Ganze. Es geht um Trainingseinheiten, um bestimmte Situationen und Positionierungen. Wenn man in der richtigen Position steht, kommt man als Spieler gar nicht erst zu solchen Zahlen.“ Zudem erklärte der FCSP-Cheftrainer, dass Afolayan, sofern er gegen den Ball aktiver sei und besser nacharbeite, einen großen Mehrwert für das Team haben könne.

An der generellen Situation änderten diese Worte eher wenig. Dapo Afolayan kam im weiteren Verlauf der Rückrunde nur noch viermal in der Startelf zum Einsatz. Restlos überzeugen konnte er dabei nicht. Einzig sein Einsatz samt Treffer nach Einwechslung gegen Mönchengladbach blieb nachhaltig positiv in Erinnerung. So muss leider klar festgehalten werden: Der FC St. Pauli schaffte den Klassenerhalt in der Bundesliga – und Afolayan spielte dabei zwar eine Rolle, aber sicher nicht eine solch zentrale, wie er sie sich gewünscht hätte.

„Nicht die Spielzeit, die ich verdiene“

Zurück zu der Tatsache, dass Dapo Afolayan kein Blatt vor den Mund nimmt und damit zum vorläufigen negativen Höhepunkt der Beziehung zwischen dem FC St. Pauli und Afolayan: Als der FCSP nach dem Heimspiel gegen Bochum den Klassenerhalt feierte, gab er ein bemerkenswertes Interview. Angesprochen auf seine persönliche Situation in den letzten Monaten sagte er: „Um ehrlich zu sein, es war ein wenig beschissen (‚it’s been a bit shitty‘). Die letzten sechs Monate waren nicht großartig. Ich habe das Gefühl, dass ich nicht die Spielzeit bekam, die ich verdiene. Und wenn ich gespielt habe, dann wurde es nicht wertgeschätzt.“

Diese Aussage muss unbedingt im Kontext betrachtet werden, um die Wucht zu verstehen. Da feiert der FC St. Pauli gerade den erreichten Klassenerhalt. Ein Ziel, das vor allem aufgrund des großen Zusammenhalts innerhalb des Teams erreicht wurde. Ein Team, das zusammen stärker war als die Summe seiner Einzelteile. Und Dapo Afolayan sprach in genau diesem Moment davon, wie beschissen seine persönliche sportliche Situation gewesen in der letzten Zeit sei und kritisierte recht unverblümt die Arbeit von Alexander Blessin: „Wir sollten rausgehen und Spiele gewinnen wollen, nicht nur versuchen, sie nicht zu verlieren. Das ist ein großer Unterschied.“ Rumms!

Überraschender Nicht-Abgang im Sommer

Nach diesem Interview schien eigentlich klar zu sein, dass die Zeit von Dapo Afolayan beim FC St. Pauli bald ein Ende findet. Ein Spieler, der in dem Moment, in dem das Team das große Saisonziel erreicht, solche Worte findet, ist niemand, der das Team weiterbringt. Denn der Eindruck ist: Er schaut primär auf sich, weniger auf das Team. Eine Haltung, die ein sportlich von einem intakten Team-Gedanken getragener Verein wie der FC St. Pauli nicht gebrauchen kann, die sich sogar kontraproduktiv auswirken könnte.
Doch überraschenderweise ging es für Afolayan beim FCSP weiter. Aus Vereinskreisen ist zu hören, dass Afolayan sich sowohl bei der Mannschaft, als auch bei Alexander Blessin für seine Worte entschuldigt hat. Und die ersten Wochen der Vorbereitung liefen sehr, sehr gut. Afolayan durfte durchaus als eine der Überraschungen der ersten Testspiele im Sommer 2025 genannt werden, lieferte überzeugende Spiele ab.

Was hat die Beziehung bloß so ruiniert?

Doch dabei blieb es nicht: Gegen Ende der Vorbereitung schien sich der Wind wieder gedreht zu haben. Afolayan war nicht mehr Teil der Startelf, was sicher auch damit zusammenhing, dass der FC St. Pauli in der Offensive noch einmal personell nachgelegt hatte. Zudem erklärte Alexander Blessin nach dem Pokalspiel gegen Norderstedt, dass er mit den gezeigten Leistungen von Afolayan nicht zufrieden war: „Gerade in den ersten drei Wochen war Dapo sehr energiereich, hat der Mannschaft sehr viel gegeben. In den letzten beiden Vorbereitungsspielen, fand ich, hatte er ein bisschen weniger Energie.“ Afolayan hingegen erklärte nach einem Testspiel Anfang September dazu: „Das ist eine Meinung des Trainers, aber mir wurde nichts gesagt.“

Hamburg, Deutschland, 11.03.2023 - Oladapo Afolayan (FC St. Pauli) feiert seinen Treffer zum 2:1 gegen die SpVgg Greuther Fuerth - Copyright: Peter Boehmer
Wohin der Weg auch immer führen wird, Dapo Afolayan hat einen Ehrenplatz beim FC St. Pauli.
// (c) Peter Boehmer

Die Öffentlichkeit des Themas war nicht hilfreich

Ab diesem Zeitpunkt verfestigte sich der Eindruck, dass Dapo Afolayan und Alexander Blessin nicht unbedingt die beste Beziehung zueinander haben. Zudem taten sich beide mit der Medien gegenüber recht offenen Kommunikation zu diesem Thema keinen Gefallen. Wenige Wochen später gab es ein weiteres Beispiel: In Bremen fehlte Afolayan zwar nicht im Kader, wurde aber nicht eingesetzt, durfte sich auch nicht mit den anderen Spielern hinterm Tor warm machen. Blessin erklärte nach Abpfiff, dass es sich dabei um eine „disziplinarische Maßnahme“ gehandelt habe. Dass es kurz zuvor einen körperlichen Zwischenfall mit Beteiligung von Afolayan und Hountondji (fehlte in Bremen im Kader) gegeben hat, blieb unerwähnt. Grund für die Nicht-Berücksichtigung ist dem Vernehmen nach ein verspätetes Erscheinen Afolayans am Spieltag gewesen.

Verspätungen, handfeste Konflikte, disziplinarische Maßnahmen – keines dieser Themen ist unüblich in Fußballteams. Warum auch? Schließlich stehen dort viele in Konkurrenz zueinander. Es wäre ein Wunder, wenn es da nicht zwischendurch mal kräftig knallt oder sich der ein oder andere verspätet, etc. Die meisten dieser Vorfälle werden aber fernab der Medien gelöst, intern sanktioniert und dann begraben. Niemand hat ein Interesse daran, dass so etwas öffentlich wird. Diese Möglichkeit hätte es vermutlich auch in Bremen gegeben. Nochmal: Mit der recht offenen Kommunikation den Medien gegenüber war in dieser Sache niemandem geholfen, außer Redaktionen.

Im Winter wird wohl passieren, was im Sommer nötig gewesen wäre

Spätestens nach diesem Vorfall war dann aber klar: Es wäre wohl für alle Seiten besser gewesen, wenn der FC St. Pauli und Dapo Afolayan im Sommer getrennte Wege gegangen wären. Denn auch wenn die Worte und Aktionen weitere Aufmerksamkeit erzeugten, sie dürften niemanden mehr wirklich verwundert haben. Es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es wieder Krach geben würde. Warum also wurde kein Wechsel im Sommer angestrebt?
Aus dem Verein ist zu hören, dass ein Abgang von Afolayan im Sommer keineswegs ausgeschlossen war, es aber schlicht an ernsthaften Angeboten fehlte. Und das obwohl ihm gegenüber kommuniziert wurde, dass es auch in dieser Saison für ihn schwierig sein würde, auf die gewünschte Spielzeit zu kommen.

Nach dem Bremen-Spiel schien es für Afolayan beim FC St. Pauli dann doch noch einmal aufwärts zu gehen. Erst sammelte er in den Ligaspielen gegen Hoffenheim und Frankfurt rund eine Stunde Spielzeit, und damit mehr als in den sechs Spielen zuvor, dann feierte er sein Startelfdebüt im Pokal gegen Hoffenheim. Dort machte er seine Sache ganz gut und im folgenden Ligaspiel stand er ebenfalls in der Anfangsformation. Doch die 45 Minuten beim 0:4 gegen Mönchengladbach waren seine bisher letzten im Trikot des FC St. Pauli. Und es muss stark bezweifelt werden, dass sich daran noch etwas ändert.

Zuletzt nicht einmal mehr im Kader

Beim folgenden Spiel in Freiburg saß Dapo Afolayan auf der Bank, wurde nicht eingesetzt. In den beiden Partien darauf (gegen Union, in München) verlor er seinen Kaderplatz an Ricky-Jade Jones. Doch als im darauf folgenden Spiel in Mönchengladbach wieder ein Platz frei wurde und anstelle von Afolayan nun Erik Ahlstrand nominiert wurde, waren die Zeichen so eindeutig wie bis dahin noch nicht: Dapo Afolayan hat wohl keine Zukunft beim FC St. Pauli.

Die Frage nach dem „Warum?“ beantwortete Alexander Blessin mit „sportlichen Gründen“. Ahlstrand konnte bei seinen Einsätzen in der U23 überzeugen (dank Brexit darf Afolayan da übrigens nicht spielen) und es ist in gewisser Weise verständlich, dass ein Trainer solche Leistungen auch honorieren muss. Weil sonst die Maxime „Harte Arbeit und gute Leistung wird belohnt“ arg ins Wanken gerät. Und das hätte besonders in sportlichen schwierigen Zeiten, so wie der jetzigen, das Potenzial, ein richtig großes Problem zu werden.
Die Nominierung von Ahlstrand anstelle von Afolayan aus sportlichen Gründen bedeutet aber im Umkehrschluss natürlich auch: Mit dem, was Afolayan im Training anbietet und in den Spielen angeboten hat, ist man nicht zufrieden.

Somit steht aller Voraussicht nach ein nicht so schönes Ende einer Beziehung an, die zu Beginn eine absolute Erfolgsgeschichte gewesen ist. Es ist wirklich extrem schade, wie sich diese Beziehung zwischen Dapo Afolayan und dem FC St. Pauli im Verlauf der letzten zwölf Monate entwickelt hat. Nun ist aber völlig unstrittig: Eine Veränderung noch in diesem Winter wäre für alle Seiten die beste Lösung.
Dapo Afolayan ist ein großartiger Fußballer, den ich persönlich sehr gerne im Trikot des FC St. Pauli gesehen habe. Ja, „gesehen habe“, denn lange Zeit konnte gehofft werden, dass sich das alles noch irgendwie wieder einrenkt. Ein überzeugendes Spiel, der berühmte Moment, in dem es „Klick“ macht und plötzlich alles gut wird. Doch das scheint nach den jüngsten Entwicklungen einfach nicht mehr möglich. Sollte sein Weg nun woanders weitergehen, dann muss das akzeptiert werden, nichts bleibt je so, wie es war. Und völlig egal, wie das hier irgendwann endet und wie die aktuelle Situation ist, Dapo Afolayan wird in der FCSP-Historie immer einen Ehrenplatz einnehmen.
// Tim

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