Heidenheim -das übliche, dies das

Heidenheim -das übliche, dies das

Ok, während ich die letzten Zeilen hier zusammenzimmere, habe ich wirklich nicht viel geschlafen. Es ist Montagmorgen 2.15h und ich bin seit Samstagmorgen 6.30h wach. Zwischendurch ein paar Momente schlechten Schlafs im Bus. Kann also sein, dass der Text etwas chaotisch daherkommt. Ein Versuch der sinnvollen Ordnung meines Trips nach Heidenheim.

Ich bin zwar kein Neuling, aber doch nicht so regelmäßig auswärts, sodass die Fahrt an sich für mich dann doch immer wieder eine Beschreibung wert ist.
Der Fanladenbus fuhr um 2.30. Ich dachte mir, ich ziehe einfach bis dahin durch und malte mir aus, dass ich im Bus schlafen kann. Das war Fehler Nummer 1. Aber immerhin war ich nicht der Einzige, der unter lauten Punkrock-Gehämmer versuchte ein wenig erholsamen Schlaf in den Körper zu hämmern.

Jaja, ich habe die Sonne ausm Bus gesehen: Aufgehend, blendend und untergehend. Zwischendurch war es auch dunkel, aber das Foto könnt ihr Euch sicherlich vorstellen.

Spätestens mit Sonnenaufgang war aber nicht mehr an Schlaf zu denken. Da ich meine Premiere am AFM-Mikro auswärts feiern durfte, habe ich ganz pflichtbewusst auf ein Bier zum Start in den Tag verzichtet. Ich denke, es war die Nüchternheit, die mir mal aufzeigte, mit was für einer Kindergartentruppe der Fanladen sich immer auf Auswärtsfahrten begibt. „Ich muss mal Pipi“ sagt meine Tochter nämlich auch immer. „Paaaauuuuuseee!“, „LAUTER!“ und „Was ist das für eine Scheißmusik?!“ dann eher nicht („Wann sind wir da?“ habe ich aber doch auch recht häufig gehört.) Das alles geht dann meist zu Lasten der Fanladen-Hoschis. Und bevor ich es vergesse: Mit welcher Ruhe Ihr auf sich daneben benehmende 50-jährige Kinder reagiert, verlangt mir echt ne Menge Respekt ab!
Hauptdiskussionspunkt während der Hinfahrt war die Musikauswahl und deren Lautstärke. Dass der bunt zusammengewürfelte Haufen namens Fanladenbus einen recht heterogenen Musikgeschmack hat, kann sich sicher jeder vorstellen. Da geben sich Punkrock, feinster Trash aus den 90ern, grausig schöne Schlager und „SaufiSaufi“-Gröhl Fieslinge munter die Klinke in die Hand. Doch dank der nervlichen Aufreibung ob der Musikauswahl, war die Hinfahrt recht kurzweilig und die knackigen 8 ½ Stunden vergingen fast wie im Flug.

Schon ok, dass die Zeit im Bus so schnell verging – meine Knie haben es mir gedankt!

Schwupps, da hatten wir auch schon Kasseler Berge und Rhön hinter uns gelassen und zielsicher Richtung Ostalb gesteuert. Nach einer ungeplanten Stadtrundfahrt durch Heidenheim erschien sie dann: Die Voith-Arena. Heimat eines Klubs, den der Mythos des fleischgewordenen Traumes vom Provinzfußballklub im Profigeschäft umgibt. Ja, das ist alles irgendwie dörflich in Heidenheim und ja, im Stadion (zumindest auf der Haupttribüne) ist es auch ein Schaulaufen der Dorfprominenz. Trotzdem komme ich nicht umhin, diesem Verein viel Respekt entgegen zu bringen: Die Konstanz von Heidenheim auf wichtigen Positionen ist wünschenswert und genau das, was Oke gern hätte. Da wurde auch dran festgehalten, als es den Klub Ende der letzten Saison noch tief in den Abstiegssog führte.
Und auch wenn ich Fahnenträger vor Anpfiff und Maskottchen doof finde: Wie Schnatterer und andere Spieler mit den Fans nach Abpfiff schnacken hat Verbandsliga-Romantik. Da fehlt nur noch das Bier, dass die Spieler sich dann anreichen lassen. Wenn also die Reise nach Heidenheim ein Gutes hatte, dann, dass ich mal wieder einen Teil meiner vorhandenen und tief manifestierten Vorurteile gegenüber anderen Fußballklubs neu justieren konnte.

Da isser – der Ostalbtraum des FCSP

Ich durfte zusammen mit Wolf das AFM-Radio machen und mein Hirn ist dabei so damit beschäftigt die Situation zu beschreiben, dass das Meiste von dem was auf dem Platz passierte, direkt wieder Platz für die weitere Bildbeschreibung schaffen musste. Daher dieses Mal keine detaillierte Analyse von mir, da mein Hirn gerade ein großer matschiger Haufen ist. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Als nach nicht einmal drei Sekunden Marvin Knoll im Mittelfeld beim Versuch der Ballannahme von etwas getroffen wurde, dass er vielleicht eher für ein mittelschweres Baugerät gehalten hat, da, ja da hätte man eigentlich bereits sicher sein können, dass der FCH dieses Spiel erfolgreich gestalten würde (es war Niklas Dorsch, der Knoll sehr hart, aber fair vom Ball trennte).
Und an diesem Verhältnis der Grundaggressivität beider Teams änderte sich während des Spielverlauf auch nichts. Die Heidenheimer gaben unseren Spielern auf dem Platz die ganze Zeit über das Gefühl, dass sie es mal so richtig Scheiße finden, wenn sie nicht im Ballbesitz sind. Da muss ich ganz ehrlich sein und zugeben, dass das auch mich tief beeindruckt hat. Vor allem, dass die Heidenheimer diese „Gib uns sofort den Ball, Du Arsch!„-Mentalität das ganze Spiel über nicht ablegten. Unsere Spieler hatten eigentlich 90 Minuten lang Stress auf dem Feld. Immer wurden sie Angelaufen und massiv unter Druck gesetzt, hatten wenig Zeit für Entscheidungen. Das führt natürlich zu Fehlern. Macht ja nix, solange die Heidenheimer ähnlich viel Stress auf dem Feld haben. Dann muss so ein Spiel halt auch mal hochkochen. „Die woll’n Stress? Können sie haben!“ wäre da eine Reaktion, die ich mir von uns gewünscht hätte, wenn das eigene Spiel dann aufgrund der Heidenheimer Stresssucher nicht aufgeht.
So in der Art wurde das auf der Pressekonferenz vor dem Spiel auch angekündigt, nämlich wieder mit einem hohen Pressing. Letztendlich agierte der FCSP aber eher verhaltener im 4-1-4-1 und versuchte erst später den Zugriff auf die Heidenheimer zu bekommen. Hierbei agierten Knoll und Buchtmann mannorientiert auf Andrich und Griesbeck, um Anspiele durch das Zentrum zu verhindern (vor allem Griesbeck wich daher häufiger nach rechts aus).
Es blieb jedoch vor allem in der ersten Halbzeit häufig beim Versuch des FCSP einen Zugriff auf das Heidenheimer Spiel zu bekommen. Die Heidenheimer agierten mit einem 3-4-3 im Aufbau, welches in den offensiven Positionen sehr variabel ausgespielt wurde. Das 4-1-4-1 des FCSP greift diese Formation eigentlich gut auf, da die breite Staffelung der Heidenheimer durch zwei Viererketten gut aufgenommen wird.

Das 3-4-3 des 1. FC Heidenheim gegen das 4-1-4-1 des FCSP. Eigentlich steht der FCSP recht gut gegen das 3-4-3, zu knacken ist es nur über direkte Duelle und Diagonalbälle (beides so geschehen)

Problematisch war jedoch, dass der FCSP auf den Chef des Heidenheimer Spiels, Niklas Dorsch, gar keinen Zugriff bekam (hier ein Tipp, wie man auf Dorsch Zugriff bekommt). Und mit dieser vorhandenen Zeit beim Spielaufbau wusste Dorsch ne ganze Menge anzufangen. Häufig waren es Diagonalbälle, mit denen der erst 21-jährige Sechser die Torraumaktionen von Heidenheim initiierte. Man, ich bin echt beeindruckt von diesem Typen. Spiel- und zweikampfstark und dann ging der auch noch in puncto Aggressivität vorneweg. Aus meiner Sicht ist die Tatsache, dass der 1. FC Heidenheim zu diesem Saisonzeitpunkt noch vom Aufstieg träumen kann, ganz eng mit der Verpflichtung von Niklas Dorsch zu Saisonbeginn verknüpft. Und natürlich mit der Form von Robert Glatzel. Genauso groß wie z.B. Meier, aber ein ganz anderer Spielertyp. Sehr wendig, holt sich Bälle auch tief ab und entwickelt die Chancen mit (wie z.B. beim 1-0). Diese beiden werden nächste Saison sicher in Liga 1 spielen, egal ob Heidenheim nun aufsteigt oder nicht.

Mein persönlichen Highlights waren zum einen der Abtritt von Finn Ole Becker. Schwingt sich erst zum Dreh- und Angelpunkt des FCSP auf, bekommt dann Gelb-Rot (klar, wenn man Gelb-vorbelastet ist, dann sollte man sicher nicht mehr so energisch dem Ball hinterhergehen) und verbeugt sich beim Verlassen des Platzes noch. Das war wieder ein Auftritt der Lust auf mehr macht. Sicher nicht fehlerlos, aber mit dem Mut die Pässe zu spielen. Schade, dass es nun nix mit ’nem Auftritt beim nächsten Heimspiel wird. Zum anderen war es der Gästeblock, der mich, auf der Pressetribüne sitzend, in der 2.Halbzeit stolz machte. „Hier in Heidenheim, schenken wir uns einen ein“ schallte lange laut vernehmbar durch die Arena und ist ne Ansage, die in beiden Auslegungen zu verstehen war. Zumindest, wenn ich nach den Geschehnissen auf dem Feld und auf den Pegel vor dem Gästeblock nach dem Spiel schaue.

So bitter es ist, aber mit diesem Spiel wurde das von Kauczinski mantraartig gepredigte „Wir sind kein Spitzenteam“ bestätigt. Da können wir uns nicht drumherum winden. Vielleicht liegt es daran, dass man in den bisher zwei Wochen unter Luhukay, die zersplitterten Zutaten für Mut noch nicht wieder auffinden konnte, vielleicht fehlt uns auch einfach die Qualität. Ich weiß es doch auch nicht.

Wir sollten nun auf die Weiterentwicklung für die neue Saison setzen, denn die nächsten Spiele tun niemandem mehr weh, da weder Auf- noch Abstiegskandidat als Gegner auftritt. Jaja, die Fernsehgeldtabelle, blabla. Wichtiger ist aus meiner Sicht die Möglichkeit unter Wettkampfbedingungen das eigene Fußballspiel weiterzuentwickeln. Problematisch ist irgendwie, dass schon 26-27 Spieler einen Kaderplatz für die neue Saison haben und nicht viel Raum für Variation bleibt, wenn für die Idee von Fußball Spielertypen im Kader fehlen.

Auf der Rückfahrt fiel mir dann auch auf, dass die Vorbereitung auf die neue Saison im Bus jedenfalls schon läuft. Und ich bin mehr als beeindruckt vom Fachwissen der Mitfahrer, wann der letzte Sieg in Osnabrück war und das unter Angabe des Torschützen und der Minute.
Außerdem hatten wir dann noch festgestellt, wo sich Fahrer der Strecken Heidenheim-Hamburg und Kaiserslautern-Rostock treffen können: auf einer Raststätte in Göttingen. Da sind dann doch auch die sonst so besonnenen Fanladen-Hoschis laut geworden und verlangten das sofortige Durchtreten des Gaspedals.

//Tim

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