FCSP-freie Zone

FCSP-freie Zone

Ich ärgere mich immer noch und ich werde das vermutlich auch noch den ganzen Sommer über tun. Da ich Samstag auf einer Hochzeit weilte (wie viele andere aus Block 1 der Gegengerade auch), ist meine Stimmung momentan sowieso im Keller. Nicht weil die Hochzeit großer Mist war, nein, im Gegenteil, es war ein großes Fest. Ein Fest das in meinem Kopf den ganzen lieben langen Sonntag weiter klingelte. Und darum bin ich halt etwas reizbarer als sonst. Und deshalb ärgere ich mich, dass weniger als 60 Punkte reichen um direkt in die 1.Liga aufzusteigen und wir Deppen da nicht dabei sind! Welch unglaubliche Chance wir hatten! Eigentlich wurden schon viele Chancen verspielt und die Plätze an der Sonne in steter Regelmäßigkeit während der letzten Spieltage abgeschrieben. Und trotzdem öffnete sich dann doch immer und immer wieder eine Tür, durch die der FCSP jedoch nicht hindurchging. Wie das besser geht, zeigte der SC Paderborn, der nach der Niederlage gegen uns und der darauffolgenden Niederlage in Aue nach 25 Spielen satte 9 Punkte Rückstand auf Platz 3 aufwies und gar 12 auf den 2.Platz. Nun, nach dem Sieg gegen den hsv (hahahahahahahahahahahahahahaaaaaaaa), träumen die Ostwestfalen vom direkten Aufstieg und sind mindestens Teil der Relegation. Egal, hätte, hätte, Fahrradkette und so.

Die Chancen auf einen Aufstieg wurden bekanntlich nicht gestern gegen Bochum sondern gegen Dresden, Bielefeld, Duisburg, Sandhausen, Heidenheim… (ich könnte diese Liste noch gefühlt endlos weiterführen und allein das zeigt das ganze Dilemma unserer Rückrunde) verspielt. Stattdessen durften wir einem Spiel beiwohnen, welches getrost als Vorbereitung auf die neue Saison betrachtet werden kann:

Neben der bereits häufig vorgeworfenen Mutlosigkeit und den Gerüchten um den maladen Charakter des Teams, darf eine weitere grausige Auflistung nicht vergessen werden, die teilweise das brutale Einbrechen in der Rückrunde mitbegründet: Ziereis, Veerman, Sobota, Avevor, Knoll, Zander, Buchtmann… und so weiter und so fort. Die Liste des FCSP-Lazaretts ist lang. Während der Hinrunde habe ich noch abfeiern können, wie gut es ist, wenn man diesen und jenen Spieler von der Bank bringen kann. Nun muss die Bank des FCSP jedoch mit einigen Spielern aufgefüllt werden, die im Laufe der Saison nicht wirklich eine große Rolle gespielt haben. Einer davon ist Brian Koglin, den es als IV sogar in die Startelf gespült hatte (und er machte seine Sache gut). Zusätzlich durften Lankford und Park die äußeren Mittelfeldpositionen besetzen, welches bei aller Liebe für diese Spieler einfach nicht die erste Wahl für diese Position ist.

Trotz dieser doch recht dünnen Personaldecke hatte der FCSP eine erste Halbzeit gespielt, die mir persönlich Lust auf die neue Saison macht. Der FCSP startete mit Möller Daehli und Becker im Zentrum. Hatte ich noch zu Beginn von Luhukay’s Tätigkeit eher fürchtend festgestellt, dass seine bei anderen Teams bevorzugte Formation, das 4-4-2 flach (also mit zwei Sechsern) ist, so wurde ich gestern eines Besseren belehrt und stellte fest, dass man damit richtig guten Fußball aufziehen kann. Einen interessanten Einblick in die taktischen Begebenheiten und die Formationswechsel während des Spiels gaben Jos Luhukay und vor allem Bochum-Trainer Robin Dutt auf der Pressekonferenz nach dem Spiel (auf die ich mit dem Verweis auf meine Vorliebe für Rasenschach freundlicherweise aufmerksam gemacht wurde – zu sehen auf der fb-Seite des FCSP).

Das 4-4-2 des FCSP gliederte sich ganz klassisch: Meist ließ sich Möller Daehli zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, welche dadurch weit auf die Außenpositionen schieben konnten. Hierbei wurden die Außenverteidiger Buballa und Kalla quasi nach vorne „verdrängt“. Beide hielten dabei ihre Außenposition, sodass der horizontale Druck auf die Bochumer recht hoch war. Die beiden äußeren Mittelfelder wichen nicht in die Mitte aus, wie es in anderen Spielen durchaus schon gemacht wurde, sondern gesellten sich zu Allagui und Diamantakos in die letzte Reihe.

Der FCSP in der Spieleröffnung. Meist kippte Möller Daehli ab und auch Becker agierte weit in den eigenen Reihen, sodass die Bochumer Zentrumsspieler keinen Zugriff auf den Spielaufbau des FCSP hatten.

Die Bochumer ihrerseits agierten defensiv in einem ebenso klassischen und auf St.Pauli durchaus nicht unbekanntem 4-4-2 mit klarer Raumorientierung. Dadurch, dass Becker und Möller Daehli eher als Doppelsechs agierten und keiner von Beiden zwischen der Mittelfeld- und Verteidigungskette der Bochumer, entstand eine Art „FCSP-freie Zone“ auf dem Spielfeld genau im Zentrum. Die beiden zentralen Spieler der Bochumer, Eisfeld und Losilla wurden dadurch quasi defensiv arbeitslos, waren jedoch als Teil der Viererkette im Mittelfeld „gefangen“. Das führte dazu, dass der FCSP zu Beginn des Spiels recht simpel aufbauen konnte, da sie eine Überzahl in Ballnähe und wenig Gegnerdruck hatten. So konnte recht häufig Becker im Zentrum aufdrehen und die Mittelfeldkette der Bochumer andribbeln, während sich alle vier FCSP-Spieler in vorderster Reihe versuchten zwischen der Abwehr und Mittelfeldkette der Bochumer anzubieten. Das funktionierte verdammt gut und vor allem über die Seite von Park ergaben sich immer wieder Räume, die der FCSP bespielen konnte.

Das stark raumorientierte 4-4-2 des VfL Bochum.

Diese Formation des FCSP darf durchaus als sehr mutig bezeichnet werden, da ein Ballverlust im Spielaufbau aufgrund der hohen Positionierung der äußeren Spieler zu unschönen Kontersituationen der Bochumer hätte führen können. Tat es aber nicht und wir sollten uns daran erfreuen, wie fantastisch Becker und Möller Daehli das in den ersten 30 Minuten gespielt haben.

Was jedoch fehlte waren die Abschlüsse. Na klar, Fußball ist immer ein Ergebnissport und ich kann kritische Stimmen verstehen, die sich fragen, was denn bitte daran gut ist, wenn das eigene Team zwar dominant auftritt, sich aber nicht so richtig zwingende Torchancen erspielen kann (das klingt hier übrigens nicht nur zufällig nach einem Spielbericht des Dresden-Spiels, denn auch dort konnte der FCSP sein Übergewicht nicht in Torchancen ummünzen). Nur ist der Fußball halt auch nicht zu 100% planbar. Selbst Pep Guardiola, immerhin am selben Tag englischer Meister geworden, sorgt „nur“ dafür, dass seine Teams im letzten Drittel eine Überzahlsituation erschaffen oder einen Durchbruch erzielen. Um den Rest sollen sich die Spieler dann selbst kümmern. Die Aussagen von Luhukay in der PK zeigen aber auch, dass das Team eben das Spiel im letzten Drittel intensiv unter der Woche trainiert hat, nur leider war davon ehrlichgesagt nicht wirklich viel von zu sehen.

So endete die sehr gute Anfangsphase des FCSP torlos und Robin Dutt erklärte auf der PK, dass der VfL dann sein 4-4-2 nach etwa 30 Minuten auflöste und im 4-2-3-1 agierte. Hiermit sollte mehr Zugriff auf das Aufbauspiel des FCSP geschaffen werden. Ehrlichgesagt habe ich diese 3-1 – Stellung der offensiven Spieler von Bochum nicht so gesehen (was natürlich nicht bedeutet, dass es sie nicht gab). Sehr wohl habe ich aber festgestellt, dass sich Losilla bei Ballbesitz FCSP nun an Möller Daehli anheftete und damit die Ketten der Bochumer aufbrachen, um den Spielaufbau des FCSP intensiver zu stören. Aus stark raumorientierten Ketten wurde also ein eher mannorientiertes System.

Bis zur Halbzeit hatten die Bochumer jedoch auch bei eigenem Ballbesitz massive Probleme und brachten sich häufig in schwierige Situationen bzw. bescherten dem FCSP gute Umschaltmomente. Das lag vor allem an dem schönen hohen Pressing des FCSP, bei dem alles in Manndeckung genommen wurde, was ein blaues Trikot trug. War dies mal nicht der Fall, so agierte auch der FCSP in einem 4-4-2, jedoch mit viel stärkerer Mannorientierung als die Bochumer, wodurch Möller Daehli auch mal in der Angriffsreihe auftauchte und Lankford und Park von ihren Gegenspielern in die Abwehrreihe „gezogen“ wurden.

Der FCSP im Agriffspressing. Als Reaktion folgte bei Bochum ausschließlich der lange Ball.

Leider konnte der FCSP das Tempo des hohen Pressings nicht dauerhaft halten, welches aufgrund der Intensität aber völlig normal ist. Zusätzlich stellte Bochum in der 2.Halbzeit auf ein 4132 um (Aussage Dutt) und hatte damit endgültig die ansehnlichen Spieleröffnungen des FCSP im Keim ersticken können. Als Reaktion darauf oder eher trotz der nun höheren Stellung der Bochumer agierte Möller Daehli nun deutlich offensiver, welches zu einigen vielversprechenden Umschaltmomenten führte, jedoch eine Unterzahl im Zentrum nach sich zog. Dadurch hatte der VfL Bochum nun mehr vom Spiel, wenngleich das eher bedeutete, dass weder der FCSP noch die Bochumer für Ordnung auf dem Platz sorgen konnten. Es waren eher Ballgewinne der Bochumer in besseren Positionen, die letztendlich auch zu mehr Chancen auf Seiten der Bochumer führten.

Die Umstellung der Bochumer auf ein 4-1-3-2 in der 2.Halbzeit führte zu massiven Störungen des Spielaufbaus beim FCSP. Hier ist die 3-2 – Staffelung gezeigt, welche den Spielaufbau des FCSP größtenteils unterband.

Und da weder der FCSP, noch die Bochumer, die noch von einer Doppelverletzung in Halbzeit 2 gebeutelt wurden, so richtig zwingend Chancen erspielen konnten, blieb es dann beim gerechten Unentschieden. Was aus FCSP-Sicht bleibt ist die Erkenntnis, dass da aus taktischer Sicht durchaus was im Gange ist. Jedenfalls muss sich der FCSP nicht vorwerfen lassen, dass er mutlos agieren würde. Ich wünsche mir sehr, dass das so bleibt.
Bei allen, die diesen Text noch lesen und nicht bereits genervt abgebrochen haben, möchte ich mich entschuldigen. Heute nur Taktik, mein Kater lässt keine kurzweilige Nebengeschichte zu. Aber ich könnte nun noch einen intensiven und gehässigen Text zu den vom Derby verfluchten Großkotzen schreiben. Aber vorerst belasse ich es dabei, mir unablässig lachend Popcorn reinzustopfen und warte auf die Einladung zum Grillfest…

//Tim

Stefan Groenveld – Belangloser Saisonabschied

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5 thoughts on “FCSP-freie Zone

  1. Eigentlich lesen ich deine Einschätzungen gerne, aber du ärgerst dich, dass DIESE „Mannschaft“ den Aufstieg nicht geschafft hat?
    Nein, mit DIESER Mannschaft wäre mir die 1. Liga viel zu peinlich gewesen!
    Sorry, und dann das „Taktikgequatsche“: wenn die viele unserer Spieler zu wenig Format haben und Spielintelligenz und oft auch Spielverständnis und situationelle Ideen vermissen lassen, ist doch jedes Gerede über Taktik völlig überflüssig, oder?

    Wir stehen da, wo wie hingehören: im Mittelfeld einer immer schlechter werdenden 2. Liga
    (Köln steigt mit mind. 9 Niederlagen als 2.Liga-Meister auf, Paderborn wird als Aufsteiger aus Liga 3 mind. 3., Nürnberg steigt sang und klanglos als Aufsteiger „mal wieder“ aus Liga 1 ab – Okay, Düsseldorf hat sich behauptet, aber die haben auch einen Guten als Trainer)

    Für mich bleibt die einzige Hoffnung auf die nächste Saison, dass wirklich einer oder mehrere unsere Nachwuchsspieler (Becker, Zehir, Carstens …) den Sprung auf das Zweitliga-Niveau schafft (was ja eigentlich nicht so hoch liegt ;-)).
    Das Veerman wieder fit und zur alten Stärke zurückfindet.
    MMD zeigt, dass er zumindest die 2. Liga „rocken“ kann.
    Das Knoll regelmäßige Spiele besser „verkraftet“ und sein Potential abrufen kann und und und
    Zu uns wird sich von außen sicher keine Verstärkung „verirren“, da bieten andere Vereine irgendwie immer ein besseres Umfeld oder mehr Perspektiven.

    1. Moin Endres,

      vielen Dank für deine Rückmeldung.

      Ja, ich ärgere mich, dass dieses Team nicht aufsteigt. Das liegt vor allem daran, dass sie nach 24 Spielen satte 43 Punkte auf dem Konto hatte und nun, nach 33 Spielen, nur unmerklich mehr. Ich habe nie gesagt, dass der Kader die Qualität für die 1.Liga mitbringt. Aber frag gern mal in Düsseldorf nach. Da wurde dem Team auch die Qualität abgesprochen, aber es wurde im Sommer sehr klug verstärkt (aus meiner Sicht liegt der Düsseldorfer Klassenerhalt also nicht nur am Trainer) und darf sich auf eine weitere Saison in der 1.Liga freuen. Oder meinst Du, dass Teams wie Mainz, Augsburg, Freiburg bereits mit 1.Liga-Kadern damals aufgestiegen sind und seitdem die Liga halten? Und ganz nebenbei: Mir wäre das nicht peinlich zu verlieren und aus der 1.Liga wieder abzusteigen. Ich verstehe gar nicht, wieso man sich für Niederlagen schämen sollte, aber da gibt es sicher individuell unterschiedliches Empfinden.

      Und ja, Taktik ist nicht alles. Aber die gewählte Taktik ist halt wichtig, um die Stärken einzelner Spieler richtig einzusetzen. Deshalb schreibe ich „Taktikgequatsche“. Dem Kader komplett die Spielintelligenz und das -verständnis abzusprechen, halte ich übrigens für sehr gewagt. Genauso gewagt finde ich die Infragstellung von Umfeld und Perspektiven im Verein, aber da ich keinen Blick ins Detail habe, werde ich sicher nicht darüber mutmaßen.

      Ich denke übrigens auch, dass wir ins Mittelfeld der 2.Liga gehören. Ob die Liga nun immer schlechter wird weiß ich nicht. Sicher wird der Abstand zwischen 1. und 2.Liga immer größer (Geld, Geld, Geld). Umso mehr hätte mich ein „zufälliger“ Aufstieg gefreut.

  2. Moin Tim,
    vielen Dank für eine weitere interessante taktische Aufarbeitung eines Spiels unseres FCSP.
    Wenn man die Monatssendung und deine regelmäßigen Entschuldigungen in den Beiträgen hier verfolgt, kann man leicht den Eindruck gewinnen die Mehrheit wäre von deinen taktischen Exkursen leicht genervt. Ich wollte daher mal die Hand heben als einer, dem dieser Blickwinkel sehr gut gefällt (Highlights der VDS / NDS Sendungen dieser Saison waren für mich die Sendungen zum Rückrundenspiel in Paderborn, sehr hoher Taktik Anteil, super Gast).
    Die sich andeutende taktische Flexibilität unter unserem neuen Coach (zumindest kann man seine Experimentierfreude hinsichtlich der Grundordnung und Positionierung einzelner Akteure dahingehend deuten) stimmt mich leicht optimistisch für die neue Spielzeit. Freue mich nächste Saison hoffentlich noch deutlich mehr taktische Ausführungen von Dir zu lesen und zu hören.
    Beste Grüße Till

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