Greuther Fürth – FC St. Pauli 2-1: Kraft gespart gegen desolat

Greuther Fürth – FC St. Pauli 2-1: Kraft gespart gegen desolat

Der FC St. Pauli verliert unverdient mit 1:2 in Fürth – es hätte eine viel höhere Niederlage werden müssen. Für eine völlig uninspirierte, leblose Vorstellung gab es völlig zurecht null Punkte. Die SpVgg Greuther Fürth musste nicht einmal alles abrufen, um das Spiel zu dominieren und letztlich ungefährdet zu gewinnen. Es war furchtbar!
(Titelbild: Sportfoto Zink/imago images/via OneFootball)

Der FC St. Pauli rotiert im Vergleich zu den letzten Spielen: Knoll, Dzwigala (ein solides und unauffälliges Debüt), Aremu, Daschner, Lankford und Makienok rückten rein in die Startelf. Es bildete sich dann offensiv ein 4-2-3-1, wobei das in der ersten Halbzeit eher meine Vermutung ist, da der FCSP sich quasi nie geordnet in einer Offensivformation befand.
Greuther Fürth veränderte seine Elf im Vergleich zu den letzten Spielen nicht und startete in einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute.

Zu Beginn agierte Greuther Fürth abwartend. Es war zu merken, dass Stefan Leitl seine Ankündigung nach „mehr Defensive, mehr Balance“ wahrgemacht hatte. Es war ein recht müder Kick zu Beginn, was für den FCSP sicher erstmal eine gute Nachricht war.
Der FCSP setzte sehr viel mehr auf lange Bälle als in den Spielen vor Jahreswechsel. Auch deshalb, da Fürth mit recht wenig Aufwand offensiv zustellte (aber dabei nichtmal hohes Tempo anschlagen musste).

Fürth baute im 4-3-1-2 auf (fast ne Art WM-System – fast ein 4-3-3, Ernst rückt nach links, Leweling nach rechts). Der FCSP stellte sich im 4-4-2 dagegen. Schultz fordert partiell richtig Dampf und hohes Pressing (hörbar über Außenmikros), aber meist agierte der FCSP im tiefen 4-4-2.
Mit diesen Formationen gegeneinander ergab sich eine recht deutliche Neutralisation. Fürth hatte mehr vom Spiel, ging aber nicht ins letzte Risiko. Dem FCSP gelang es immer wieder Bälle zu gewinnen, aber es folgte in der ersten Halbzeit ausnahmslos der schnelle Ballverlust.

Mit jeder Minute mehr auf der Uhr verschob sich das Gefüge immer klarer in Richtung Fürth, da diese viel passsicherer agierten und dem FCSP keine längeren Ballbesitzphasen gelangen.

Es kommt, was bei diesem Spielverlauf kommen musste: Der FCSP gerät durch eine unglückliche Aktion in den Rückstand. Knoll wirft sich in den Schuss, der Ball prallt von seinen Rippen gegen seinen Arm. Ich dachte das es deshalb keinen Elfmeter mehr geben würde (und erinnere mich an die Situation von Buballa in Bielefeld, wo der Elfmeter zurückgenommen wurde). (Anm. Maik: der Unterschied ist die Armhaltung. Bei Knoll ist sie so weit über dem Kopf, dass man hier trotz der sonstigen „wenn er vom Körper abprallt, ist es eher kein Hand“-Faustregel den schon so vertreten kann, wenn nicht sogar muss.)

Aber anscheinend waren sich Feldschiedsrichter und VAR einig und so erzielte Green per Elfmeter das verdiente 1:0.

Nur kurze Zeit später folgte eine Aktion, die leider sehr viel mehr Probleme verursacht, als das sie nur zum 0:2 aus Sicht des FCSP führte: Svend Brodersen, bereits bei einigen Flanken zuvor unsicher, greift bei einer Flanke daneben. Da haben wir sie wieder, die Torwart-Diskussion. Zwar hält Brodersen kurz vor der Halbzeit noch überragend gegen Meyerhöfer, aber sein Spiel wird wohl gänzlich auf den Fehler zum 0:2 reduziert werden.

Da stehste doof da nach der ersten Halbzeit in Fürth.
(Sportfoto Zink / imago images / via OneFootball)

Dabei war dieser Fehler nur einer von ganz, ganz vielen des FC St. Pauli in der ersten Halbzeit:
Es gab keine Ballphasen über mehr als drei Stationen, weil irgendwer, irgendwo einen Fehler machte. Dittgen versprangt ein Ball nach dem anderen bei der Annahme. Zalazar verhedderte sich in den Dribblings, Daschner spielte ständig ungenaue Pässe, Aremu verlor Bälle in zentraler Sechserposition und Lankford, wo war der eigentlich? Und das war nur das Mittelfeld!

Die Spielvereinigung Greuther Fürth, mit dem Selbstbewusstsein der letzten Spiele im Rücken, spielte nicht einmal einen guten Ball. Es war recht inspirationslos, aber gegen den FCSP in dieser Form reichte es, denn sie mussten nur auf Fehler des FCSP warten. Und die kamen recht verlässlich.

So ging es in die Halbzeit. Mit 14 zu 0 Torschüssen! Eine komplette Demontage des FCSP durch Fürth, die dafür nicht einmal alles zeigen mussten.

Zur zweiten Halbzeit dann die Einwechslung von Buballa, der Leart Paqarada ersetzte. Aus Leistungsgründen? Zumindest war mit Leweling über die linke Seite des FCSP relativ viel Betrieb und so ergaben sich viele Flanken und Querpässe von dieser Seite. Aber aus Leistungsgründen wären mir da noch viele andere eingefallen.

Eine Führter Flanke von der rechten Seite – ein häufiges Bild der ersten Halbzeit.
(Sportfoto Zink / imago images / via OneFootball)

Die komplette Harmlosigkeit in der Offensive zeigte sich dann auch in der zweiten Halbzeit. Ein Aufbäumen, ein klares Vorhaben etwas an dem Rückstand zu ändern war nicht ansatzweise zu erkennen.
So änderte sich am Spielverlauf nichts: Greuther Fürth lag mit wenig Aufwand vorne und der FCSP bekam kein Bein auf den Boden.

Nach einer Stunde dann die Auswechslung von Daschner und Makienok. Zu diesem Zeitpunkt hatte Daschner bei 22 Ballkontakten 11x den Ball verloren…

Im besten Fall können wir davon sprechen, dass der FCSP den Rückstand in Grenzen hielt und ein paar Kräfte für das Spiel am Mittwoch sparte. Im schlechtesten Fall können wir festhalten, dass der FCSP völlig plan-, ideen- und führungslos auf dem Platz umherirrte. Beschämend.

Völlig aus dem Nichts knallt Leon Flach dann den ersten Ball gen Fürther Tor, da stand es auch schon nur noch 1-2. Mit dem ersten Torschuss überhaupt in diesem Spiel! Ging da noch was? Es wäre maximal unverdient. Fürth hätte sich im Anschluss vorwerfen müssen, dass sie den FCSP nicht viel früher, viel höher eingeschenkt hätten.

Wir haben nur mit einem Tor Unterschied verloren!? Wie war das möglich?
(HMB Media / Julien Becker / imago images / via OneFootball)

Stattdessen entwickelte sich so etwas wie eine Schlussoffensive des FC St. Pauli, die ich nicht mehr für möglich gehalten hätte und es gab sogar noch einen zweiten „Torschuss“ durch Zalazar. Doch so richtig Gefahr strahlte der FCSP nicht aus, es ergaben sich eher noch mehr Räume für die Kleeblätter.

Es muss sich was ändern!

Es wäre zwar nicht nötig gewesen, aber dieses Spiel zeigte einmal mehr, dass dringend an der Kader-Zusammensetzung gearbeitet werden muss. Gerade aufgrund der Tatsache, dass der FCSP mit einer Englischen Woche ins Jahr 2021 startet und allein im Januar sieben Spiele bestreiten muss, wäre es zwingend nötig gewesen, dass es bereits jetzt Neuzugänge gibt. Gibt es aber nicht. Das muss sich schnellstmöglichst ändern, der FC St. Pauli braucht Spieler, die in schwierigen Phasen Verantwortung übernehmen und dafür sorgen, dass es sich nicht um einen leblosen Haufen handelt, wie abermals gegen Fürth zu sehen war.

Am Mittwoch folgt dann das Do-or-Die – Spiel gegen Würzburg. Dank schwachen acht Punkten aus 13 Spielen, muss der FCSP dort gewinnen. Mit einer Leistung wie gegen Fürth wird er das ganz sicher nicht. Trotzdem: Der FC St. Pauli ist die einzige Möglichkeit! Wir werden das schaffen! Irgendwie. Glaubt an Euch! Gebt alles! Forza!

// Tim

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12 thoughts on “Greuther Fürth – FC St. Pauli 2-1: Kraft gespart gegen desolat

  1. „der FC St. Pauli braucht Spieler, die in schwierigen Phasen Verantwortung übernehmen und dafür sorgen, dass es sich nicht um einen leblosen Haufen handelt, wie abermals gegen Fürth zu sehen war.“

    Was mich pessimistisch stimmt: Da coronabedingt die Kasse leer ist, dürfte es nahezu unmöglich sein, mitten in der Saison einen Leistungsträger zu verpflichten. Und der enge Terminplan würde die Eingewöhnung auch noch sehr erschweren (außer bei Mats!). Ich fürchte deshalb, dass die Lösung nicht auf dem Transfermarkt liegt, allerdings sehe ich sonst auch kaum eine…

  2. Oh oh oh….
    hier nur kurz ein paar „Gefühlsduselei“Worte : mein Bauch sagt mir ,ohne Himmelmann geht nix,er hält wenigstens trotz Patzer die Truppe zusammen….bislang.Ich hoffe er hat nicht aufgegeben.Irgendwie ist der FC.St.Pauli nicht „Brodersen“.

    1. Sorry, aber dieser Kommentar ist wirklich traurig. Als wenn beim FCSP irgendwer Interesse daran hätte, dass das Team absteigt.
      Der FCSP hat noch nie ein Spiel gewonnen oder verloren, weil nebenher Merchandising betrieben wird. Das zu behaupten ist schlicht falsch

  3. Wo sind die jungen Hoffnungsträger vom Ende der letzten Saison geblieben. Schlechter als einige Etablierte können die nicht sein. Aber vielleicht mehr Paulianer.

  4. Vor dem (berechtigten) Elfmeter bitte auch die Entstehung der Ecke beachten. Völlig unnötig schon an der Stelle. Doppelfehler.
    Über das 2-0 braucht man nicht reden. Fehler passieren, kein Grund jetzt wieder zu wechseln.
    Aber – wir brauchen Führungsspieler. Paqarada könnte vom Typ eigentlich einer sein, geniesst aber scheinbar Null Vertrauen. Warum? Hab ich etwas verpasst? Habe auch die Auswechslung nicht verstanden. Klar kam viel über die Seite – das hatte Buballa später aber auch nicht besser im Griff. Hätte man da nicht besser eher reagiert, den schwachen Dittgen rausgenommen und Paqarada vorgezogen? Buballa rein wäre dann ok. Hatte mich sowieso gewundert, dass statt ihm Knoll gespielt hat.
    Dann verstehe ich nicht, warum Zalazar keine Pause bekommt. Völlig überspielt und wenig mannschaftsdienlich. Natürlich könnte man jetzt noch 7-8 andere Spieler nennen, die auch schlecht waren …
    Zum Thema Neuverpflichtungen: MMD schön und gut, aber auch er ist verletzungsanfällig und auf einer Position zuhause, auf der es nicht am meisten drückt. Wir brauchen einen Leader – seit dem Abgang von Nehrig ist diese Stelle vakant. Aber woher nehmen, wenn es selbst im Sommer zumeist nur für Spieler von Absteigern und / oder Drittligisten gereicht hat. So einen wie Ohlsson bräuchte man nochmal – nur in etwas „lauter“.
    In Summe habe ich aktuell das Gefühl, dass Schulle & Team zu viel wollen und zu viele Stellschrauben verdreht haben. Und jetzt läuft gar nichts mehr. Wie früher meine Mofa – die war irgendwann auch „überfrisiert“ und wurde wieder langsamer 🙂

    Aber trotz allem bin ich weiter Team Schulle – nicht falsch verstehen. Wir brauchen aber frisches Blut im Kader.
    (Mein Tipp für eine Verpflichtung wäre übrigens Erras als Leihe von Werder. Die Nummer dürfte Bornemann auch noch haben. Wohlgemerkt mein Tipp, nicht mein Wunsch. )

  5. Tim, was ist übrig geblieben von unseren positiven Einschätzungen vom Saison Beginn bezüglich des Potentials der Neuverpflichtungen. Waren wir zu blauäugig, einäugig oder kar von Wunschdenken geprägt blind?

    Aremu erster Auftritt, Dittgen und Kyereh, Paqarada in den ersten Testspielen…

    Alle doch nur Drittklassig?

  6. Wenn nicht jetzt wann dann ? Kann leider nix sehen, höre das nur von Leuten aus St.Pauli die die Spiele gucken. Kommentar gestern: Kann man sich bald nicht mehr angucken. Sagt glaube ich alles. Dennoch, aufgeben gilt nicht. Forza ST.PAULI

  7. Moin,
    was mich wundert, ist, dass von der zu Beginn der Saison holprigen, aber dennoch vorhandenen Spielidee sowohl was das System als auch was die Taktik angeht, gefühlt nach und nach abgerückt wurde.
    Aus dem 3-5-2 oder 3-4-3- oder 3-4-2-1, das v.a. offensiv Tempo angeboten hatte, wurde nach 4-4-2 bzw. 4-5-1 auf ein gefühltes System Kauczinksi (oder erfolgreicher Lienen) zurückgerudert, zwar mit mehr individueller Klasse bzw. mehr Dribblings, aber es werden wieder sehr viel mehr lange Bälle geschlagen als zu Saisonbeginn.
    Was mich wundert ist, dass bei anderen Teams immer zu beobachten ist, wie schnell und zielgenau Bälle direkt weitergeleitet werden, dass anscheinend die Abstimmung der Lauf- und Passwege woanders funktionieren – es bei uns aber seit Jahren diesbezüglich keine erkennbare Weiterentwicklung gibt/gab.
    Anfangs hatte ich das Gefühl, dass es Schultz besser gelingt – die klare Spielvorstellung ist aber im Laufe der Zeit eher abhanden gekommen als sich zu verfestigen – hier wünsche ich Timo Schultz mehr Mut, an seinen eigenen Vorstellungen festzuhalten/zu arbeiten.

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