Vorbericht: 1. FC Nürnberg – FC St. Pauli (15. Spieltag, 21/22)

Vorbericht: 1. FC Nürnberg – FC St. Pauli (15. Spieltag, 21/22)

Am Sonntag tritt der FC St. Pauli bei der vermeintlich besten Defensive der Liga in Nürnberg an, um die Spitzenposition zu verteidigen. Sicher ist, dass zwei Teams mit ähnlicher, aber doch unterschiedlicher Formation aufeinandertreffen. Sicher ist auch, dass mit dem FCN ein individuell sehr starker Gegner wartet. Aber sicher ist auch, dass der FC St. Pauli gute Chancen hat im Frankenland Punkte zu holen.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Zur Vorbereitung auf das Spiel möchte ich euch gerne das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Casche mit Florian Zenger empfehlen. Flo kam auch bereits im Blog das ein oder andere Mal zu Wort und kennt sich mit Statistiken und Formationen der Nürnberger, aber auch der gesamten 2. Liga, ziemlich gut aus.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Viel geändert hat sich nicht im Vergleich zum Spiel gegen Sandhausen: Christopher Avevor, Jannes Wieckhoff, Lukas Daschner und Franz Roggow fallen sicher aus. Auch Jakov Medić wird gegen Nürnberg fehlen, wie Timo Schultz auf der PK vor dem Spiel berichtete.

Zudem müsse man schauen, wie die Spieler aus dem Spiel gegen Sandhausen herausgekommen sind, betont Schultz. Er äußerte sich aber vorsichtig optimistisch, dass es da keine größeren Blessuren gab. Auch bei Luca Zander, der gegen Sandhausen fehlte, könnte es für das Nürnberg-Spiel reichen. Er steigt am Freitag wieder ins Training ein. Gleiches gilt für Etienne Amenyido, der für das Sandhausen-Spiel pausierte, nun aber wieder in den Kader rücken könnte.

1. FC Nürnberg: Wer kann spielen, wer fehlt?

Die Pressekonferenz des 1. FC Nürnberg vor dem Spiel gegen St. Pauli ist noch nicht verfügbar. Daher greife ich mal auf den personellen Überblick zurück, den Flo Zenger im VdS gegeben hat:
Bereits lange und vermutlich auch noch längere Zeit fallen Pascal Köpke und Felix Lohkemper aus. Das gerät aufgrund der Länge der Ausfallzeit eigentlich so ein bisschen in Vergessenheit, aber dem FCN fehlen da in der Offensive zwei Spieler, die mindestens gehobenes Zweitliga-Format mitbringen. Wenn die beiden Spieler fit sind, dann dürfte Nürnberg echt nochmal eine ganze Ecke besser sein.
Kleines Update: Köpke ist für das Spiel „eine Option“, wie FCN-Trainer Klauß auf der PK berichtete.

Zudem fehlten dem Club letzte Woche mit Konstantin Rausch und Linus Rosenlöcher zwei Linksverteidger, die allerdings an Stamm-LV Tim Handwerker aktuell nicht vorbeikommen. In der Innenverteidigung muss Nürnberg auch bereits seit dem 2. Spieltag auf Florian Hübner verzichten, der mit einer Schulterverletzung ausfällt. Hübner dürfte, wenn er fit ist, ebenfalls zum Stamm-Personal zählen.

Was hat der FCN zu bieten?

Ich tue mich sehr schwer damit, die Leistungsstärke des FCN einzuschätzen. Auf der einen Seite ist da ein Team, das einen sehr stabilen Eindruck macht und die wenigsten Gegentore der Liga gefangen hat. Auf der anderen Seite zeigen die xG-Daten, dass der FCN ein doch relativ krasser Überperformer ist. Besonders defensiv haben sie sich erheblich weniger Tore gefangen als nach xG wahrscheinlich. Aber auch offensiv machen sie mehr aus ihren Chancen.

Ganz sicher ist aber, dass der FCN Probleme mit dem eigenen Offensiv-Spiel hat. Dem Team gelingt es noch zu selten sich in gute Abschlusspositionen zu bringen. Platz 11 bei der Anzahl der Torschüsse bestätigt das. Die Tatsache, dass der FCN mehr als die Hälfte seiner Schüsse außerhalb des 16ers abgibt (die höchste Quote aller Zweitligisten), manifestiert diesen Eindruck.

Eröffnet werden die Angriffe meist von Johannes Geis, der aus einer tieferen Position als in den Vorjahren das Spiel aufbaut (Geis spielt ligaweit die meisten Pässe ins Angriffsdrittel). Im Offensivdrittel angekommen, versucht sich der FCN meist an Dribblings – und das sehr erfolgreich: Das Team dribbelt am vierthäufigsten und hat die zweithöchste Erfolgsquote. Einer der wichtigsten Spieler dabei ist, wie könnte es anders sein, Mats Møller Dæhli, der zu besten Dribblern der Liga gehört und damit seinem Team enorm weiterhilft aus der Zehner-Position.
Diese vielen erfolgreichen Dribblings sind notwendig, da das Team eher weniger erfolgreich im Passspiel ganz vorne ist. Zwar versucht sich der FCN häufig an Schnittstellen-Pässen, hat dabei aber die niedrigste Erfolgsquote aller Zweitligisten (nur einer von fünf kommt an). Es hapert also in der Offensive. Das Spiel des FCN ist äußerst abhängig von den individuellen Leistungen von Geis und Møller Dæhli.

Johannes Geis ist der Taktgeber im Aufbauspiel des FCN.
(c) Peter Böhmer

Basierend auf der Anzahl an Gegentoren kann man den 1. FC Nürnberg als beste Defensive der Liga bezeichnen. Schaut man aber in die weiterführenden Statistiken, wird dieses Bild ein wenig unrunder: Nürnberg lässt die viertwenigsten gegnerischen Torschüsse zu, aber wenn der Gegner zum Abschluss kommt, dann nicht selten aus sehr guter Position (bei den xG-Werten liegt Nürnbergs Defensive nur auf Rang 13). Die bisher erst zwölf Gegentore sprechen zwar dafür, dass der FCN defensiv sicher alles andere als einen Hühnerhaufen darstellt, aber das Prädikat „beste Defensive“, ich würde es nicht verleihen. Dazu passen dann auch die doch eher mittelmäßigen Zahlen bei Defensiv-Zweikämpfen (Platz 12) und bei der Anzahl abgefangener Bälle (Platz 15).

Die Art und Weise wie Nürnberg verteidigt, dürfte einigen beim FC St. Pauli bekannt vorkommen. Denn auch Nürnberg spielt mit einer Mittelfeldraute und hat, zumindest teilweise, ein ähnliches Anlaufverhalten. Das bedeutet, dass die Außenverteidiger der Gegner von den Achtern in der Raute angelaufen werden. Der doch recht deutliche Unterschied im Vergleich zum FC St. Pauli ist aber, dass Nürnberg dieses Anlaufverhalten sehr viel defensiver interpretiert. Denn während es beim FCSP entweder die Achter oder aber die eigenen Außenverteidiger sind, die die gegnerischen Außenverteidiger anlaufen, sind es bei Nürnberg die Achter und fast sogar eher die beiden Stürmer, die sich enorm weit nach außen bewegen und den Gegner anlaufen. Mats Møller Dæhli schiebt dabei zwischen die beiden Stürmer und so bildet sich defensiv eher ein 4-3-3 als das 4-4-2 mit Raute, welches der FC St. Pauli zu bieten hat.
Diese defensivere Interpretation des Anlaufverhaltens zeigt sich auch klar in den Daten: Nürnberg hat den zweithöchsten PPDA-Wert (gespielte gegnerische Pässe, bis es zu eigener Defensivaktion kommt) und die niedrigste „challenge intensity“ (Anzahl an Defensivaktion pro Minute). Beides zusammen zeigt, dass Nürnberg eher spät ins Pressing einsteigt.

Mögliche Aufstellung

Beim 1. FC Nürnberg vermute ich (nach Rücksprache mit Flo Zenger), dass es im Vergleich zum Spiel gegen Sandhausen nur zu einer Veränderung in der Startaufstellung kommt. Erik Shuranov könnte für Taylan Duman in die Startelf rücken. Denkbar ist auch, dass Manuel Schäffler oder Dennis Borkowski die Position von Shuranov einnehmen.
Auf der linken Halbposition könnte anstelle von Lino Tempelmann der vor der Saison eigentlich gesetzte Fabian Nürnberger starten. Nürnberger zeigte zuletzt gegen Sandhausen eine gute Leistung nach seiner Einwechslung und meldete Ansprüche auf mehr Einsatzzeit an. Allerdings gibt es Gründe dafür, dass Tempelmann nun schon seit dem fünften Spieltag immer in der Startelf stand: Sechs Scorer-Punkte hat die Leihgabe aus Freiburg seitdem beigetragen. Er ist sicher eine der Überraschungen der Saison.

Timo Schultz deutete auf der PK zwar an, dass es zu einigen Veränderungen in der Startelf kommen könnte, aber ich würde darauf tippen, dass sie identisch bleibt, wenn alle Spieler fit aus dem Sandhausen-Spiel gekommen sind. Das ist aber gerade bei denen, die nun das erste Mal seit längerer Zeit wieder in der Startelf standen, durchaus fraglich (ich denke da an Eric Smith und Sebastian Ohlsson). Sollte Smith nicht ganz fit sein, dürfte Afeez Aremu für ihn ins Team rücken. Wenn Ohlsson eine Pause braucht und Zander noch nicht wieder einsatzfähig ist, dann wird Adam Dźwigała in die Startelf rotieren.
Im Angriff hat die Besetzung mit Simon Makienok als Zielspieler zuletzt sehr gut funktioniert. Da Nürnberg meist recht tief steht, bieten sich auch nicht zuviele Räume für die Läufe von Dittgen. Ob Amenyido wieder im Kader steht, scheint nicht einmal sicher, da auch Igor Matanović mit einer guten Leistung gegen Sandhausen Ansprüche auf Einsatzzeiten anmelden kann. Ich tippe auf Makienok.

Was wir sicher erwarten dürfen, ist ein reger Spielfluss. Denn mit Nürnberg und dem FCSP treffen die beiden Teams der Liga aufeinander, die am wenigsten Fouls begehen. Besonders das doch recht tiefe Pressing der Nürnberger, eigentlich ein Grund für die Stabilität, könnte sich für sie zu einem Problem entwickeln. Denn wenn der FC St. Pauli eines in dieser Saison gezeigt hat, dann, dass sie mit ihrem Spiel Probleme bekommen, wenn sie relativ hoch gepresst werden. Ein hohes Pressing ist bei Nürnberg jedoch nur partiell zu beobachten. Man darf gespannt sein, ob sich FCN-Trainer Klauß da von seiner Marschroute ein wenig entfernt und etwas offensiver anlaufen lässt. Ich bin mal mutig und forsch und meine, wenn der FCN tief steht, dann gilt:

„Hier im Frankenland, spielen wir euch an die Wand!“

Forza!

//Tim

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