Der FC St. Pauli verliert mit 1:2 im Stadtderby. Über die gesamte Spielzeit zeigte sich der FCSP zerfahren und konnte nur selten sein eigenes Spiel durchbringen, weil es dem HSV gelang dieses immer wieder entscheidend zu stören. Mit der Niederlage rückt der Stadtnachbar nun bis auf drei Punkte heran, der FC St. Pauli bleibt jedoch zumindest vorerst Tabellenführer und mindestens auf Platz 2.
Titelbild: Peter Böhmer
(Wie schon beim Aue-Spiel hier die Kurzform, im Verlauf des Wochenendes folgt dann noch die ausführliche Analyse von Tim)
Natürlich gibt es Spiele, bei denen man nervöser ist als sonst. Derbys gehören selbstverständlich dazu. Doch mit sechs Punkten Vorsprung und als Tabellenführer geht man sowas natürlich generell entspannter an, als kurz vor Saisonschluss auf einem Abstiegsplatz stehend. Und wenn man nach dem Spiel immer noch drei Punkte Vorsprung hat, lässt es sich bei allem Ärger auch immer noch besser ertragen, als wenn wir jetzt auf Platz 17 stehen würden.
Vor dem Spiel / Die Aufstellungen
Die 2.000 Fans im Stadion verteilten sich beim HSV auf den beiden Geraden, wobei man die unteren Reihen auf der Westtribüne noch für Werbeplanen nutzen konnte, ganz fantastisch.
Die 200 Gästefans wurden in der Kurve untergebracht, neben dem eigentlichen Gästeblock, auch hier unterstützt von Werbeplanen. Der HSV spielte insgesamt das ganz normale Stadionprogramm ab, auch Dino Hermann durfte seine „umjubelte“ Runde drehen.
Die Gastgeber begannen fast mit der gleichen Aufstellung wie beim Pokalerfolg in Köln, lediglich Bakery Jatta ersetzte Manuel Wintzheimer.
Beim FCSP stand Daniel-Kofi-Kyereh nach seiner Rückkehr vom Africa-Cup noch nicht wieder im Kader, bis auf den Torwarttausch von Smarsch zurück zu Vasilj begann die gleiche Elf wie beim Pokalspiel gegen Borussia Dortmund.
Die 1. Halbzeit
Die Anfangsphase gehörte eindeutig dem Nachbarn: Nach einem Missverständnis in der braun-weißen Innenverteidigung eröffnete sich Alidou in der 3.Minute die große Chance zur Führung, aber er schoss völlig freistehend aus zehn Metern über das Tor. Zwei Minuten später war es Moritz Heyer, der bei einer Ecke am langen Pfosten die Verlängerung von Jatta nicht an Vasilj vorbeibringen konnte. Erneut zwei Minuten später lag der Ball erstmals im Netz, Jatta hatte allerdings klar im Abseits gestanden. Und weitere drei Minuten später war es ein Distanzschuss von Muheim, der Gefahr brachte. Alles in den ersten zehn Minuten, in denen der FCSP kaum aus der eigenen Hälfte kam, auch aufgrund von wiederholten Unkonzentriertheiten im Abspiel.
Mit der ersten Ecke für den FCSP (13.Minute) beruhigte sich das Spiel etwas, St. Pauli bekam jetzt etwas mehr Zugriff und hatte mit Guido Burgstaller nach einer Viertelstunde auch den ersten Abschluss. Erneut nach Ecke gehörte die nächste Chance aber wieder dem HSV, Jattas Kopfball strich nur knapp am langen Pfosten vorbei.
Die 30.Minute brachte die Führung für Braun-Weiß: Ein Freistoß von der rechten Strafraumkante segelte an den langen Pfosten, wo Amenyido den Ball zurück brachte und Guido Burgstaller in bester Asamoah-Manier aus kurzer Distanz einnickte. Zwei Minuten später kam Ohlsson in einem Laufduell mit Alidou im Strafraum zu Fall, Stegemann pfiff aber nicht und für den VAR war der Kontakt wohl nicht deutlich genug.
Die große Chance zum Ausgleich gab es dann noch unmittelbar vor der Halbzeit, nachdem Stegemann erst ein Foul an Paqarada und sein Assistent dann eine Abseitsstellung von Glatzel übersah. Den Abschluss der anschließenden Ecke konnte Vasilj allerdings parieren, einen weiteren Abschluss durch Jatta hätte der VAR wohl wegen Abseits einkassiert, wenn Vasilj nicht erneut zur Stelle gewesen wäre.
Somit ging es mit einer 1:0-Führung für den FCSP in die Kabine. Der HSV hatte es mehrfach mit hohen Bällen versucht, diese konnte aber insbesondere Medić regelmäßig souverän klären. Ansonsten entstand die meiste Gefahr aus Standards, führte für den HSV aber eben nicht zum Erfolg.
Die 2.Halbzeit
Während der HSV unverändert aus der Kabine kam, wechselte Timo Schultz Maximilian Dittgen für Etienne Amenyido ein. Amenyido hatte bereits Gelb gesehen und war einmal mit dem Kopf mit einem Gegenspieler zusammengeprallt.
Neben ein paar Halbchancen hüben wie drüben kam es in der 57. Minute zur ersten größeren Chance für den HSV, als Glatzel aus kurzer Distanz abzog und Ohlsson in höchster Not zur Ecke klärte. Diese führte dann zum Ausgleich, Lawrence unterlief die Ecke am kurzen Pfosten, einen Meter hinter ihm nickte Schonlau problemlos ein. Das dritte Ecken-Gegentor der Saison, das erste in Anwesenheit von Medić.
1:1, noch eine gute halbe Stunde zu spielen.
Gerade als ich mir notieren wollte, dass HSV-Coach Tim Walter wirklich über die komplette Spielzeit ein inniges Diskussionsverhältnis mit dem Assistenten vor ihm und dem 4.Offiziellen pflegt, wurde es dann auch eben jenem zu viel und er brachte Sascha Stegemann dazu, Walter mit Gelb zu belegen.
In der 70.Minute erzielte der HSV dann die Führung: Einen eigentlich misslungenen Klärungsversuch von Heuer Fernandes konnte Burgstaller nicht kontrollieren und seinen Abpraller schickte Kittel steil auf Jatta, der aus halbrechter Position im Sechzehner volley ins lange Ecke verwandelte. Nikola Vasilj wollte erst rauslaufen, blieb dann aber etwas weit weg vom Tor stehen und hat dabei womöglich nicht die optimale Position zum Tor gehabt.
Es dauerte bis zur 81.Minute, ehe St. Pauli diesen Schock abschüttelte und über den eingewechselten Daschner und Hartel Burgstaller freispielen konnte, der aus halblinker Position zum Abschluss kam, Heuer Fernandes parierte die bis dahin größte Chance des FC St. Pauli in der zweiten Halbzeit gut. Daschner war es, der nach einem Abpraller nur eine Minute später die nächste Chance bekam, aus 15 Metern abzog und dabei den ihm entgegenstürzenden Schonlau am Kopf traf, der dann auch erst mal behandelt werden musste. In der 95. Minute ergab sich für Dittgen nochmal die große Chance zum Ausgleich, sein Abschluss war aber nicht hart und/oder platziert genug, so dass Heuer Fernandes den Sieg festhalten konnte.
Fazit
Das war zu wenig. Über die gesamte Spielzeit rannte der FCSP eher hinterher und überließ dem HSV die Kontrolle, die dieser auch immer wieder in Torgefahr umwandeln konnte. Kittel und Reis trieben die Rothosen immer wieder an, über Jatta und Alidou brannte es von außen immer wieder. Das der Ausgleich dann nach einer Ecke fiel ist sicherlich bitter, hatte sich aber auch schon aufgrund der großen Chancen nach Ecken in der ersten Hälfte angekündigt.
Der HSV kämpft sich damit zurück an die Aufstiegsplätze, die letzte Niederlage datiert von Anfang Dezember, als es am 16. Spieltag ein 0:1 in Hannover gab.
Vom gleichen Spieltag datiert der letzte Sieg des FC St. Pauli, als es die umjubelten drei Punkte gegen Schalke 04 gab. Seitdem gab es in vier Spielen nur zwei Punkte.
Jetzt ist erst mal spielfrei, wir stehen (unabhängig vom Darmstädter Ergebnis) mindestens weiter auf Rang 2.
Akkus aufladen, weiter geht’s.
Noch ein Wort zur Stimmung: Der lange Rückstand für das Heimteam mag seinen Teil dazu beigetragen haben, aber von der „kleinen Magie“ die sich am Dienstag beim Pokalspiel am Millerntor trotz nur 2.000 Zuschauenden ergeben hatte, war man heute Abend weit entfernt. Der kleine aber feine Gästeblock tat sein Möglichstes, insgesamt hatte die ganze Veranstaltung dann aber doch eher die Atmosphäre eines Parkhauses.
Bleibt zu hoffen, dass wir diese Pandemie bei einem eventuellen nächsten Derby dann hoffentlich schon weit hinter uns haben. Nicht, dass Niederlagen im Derby dann plötzlich Spaß machen würden – tun sie nicht. Aber etwas mehr emotionale Beteilung, etwas mehr drauf hinfiebern, etwas mehr Feuerwerk – das wäre schon schön.
Forza St. Pauli!
// Maik
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Moinsen Maik,
wieder absolut super Deine Zusammenfassung, „das war zu wenig“, oder für mich, es ging da nicht mehr für Uns. Gratulation an den doch „etwas“ besseren Gastgeber, für Uns wäre ein weiterer Punkt („noch keine 42“) in dieser Betonschüssel mit „Parkhaus Atmosphäre“ doch eher glücklich gewesen, oder?! Und wäre das nun schon BuLi oder überhaupt „Aufstiegs“ tauglich, bin da auch auf Tims Analyse hier gespannt. Mir reicht daher aktuell weiterhin perspektivisch Platz IV voll und ganz am Ende der Saison, Sorry und Padon. Mein Traum ist endlich mal ne volle braunweiße bärliner Betonschüssel zu erleben zu dürfen, das wärs.
Und trotz der Niederlage, der einzig wahre Stadtmeister seit MMXI sind(und bleiben) Wir!!!
Forza Sankt Pauli
Moin Micky,
Nach dem bisherigen Verlauf der Saison will ich nicht Platz 4, ich will da jetzt hoch und eine Saison nicht in den Volkspark müssen.
Sollte es am Ende doch Platz 4 werden, dann ist das so und ich werde trotzdem nicht alles schlechtreden – aber noch stehen wir (mindestens) auf Platz 2, also gar kein Grund die Flint auf Platz 4 zu richten.
Und das zu 50% Braun-Weiß Oly nehm ich auch gerne 🙂
Moin,
Danke für die Zusammenfassung. Mittlerweile ist die Enttäuschung auch überstanden. Aber ich frage mich schon, ob wir tatsächlich immer nur eine gute Hin- oder eine gute Rückrunde spielen können ? Und warum uns Gegner einfach so überrollen können und wir dann keine Ideen entwickeln, dies zu unterbinden? Mal sehen, wie es nach der Pause weitergeht. Schönes Wochenende und liebe Grüße
Ob das tatsächlich so ist mit den Halbserien?
Wir werden es in den nächsten Woche sehen. Noch bin ich dafür viel zu optimistisch.