Thees: Lockdown-Luck am Spritzenplatz

Thees: Lockdown-Luck am Spritzenplatz

Thees Uhlmann ist schon zurück, nach „Bitte hau mir jetzt keine Rhein II…“ und „Braun-Weißer Wicca Kult“ kommt hier seine dritte Kolumne.

Goodspeed, Speedy Hemmoor!

Liebe Alle!
Trotz euphorischer Zeiten muss der Text heute hier mit einer sehr traurigen Nachricht beginnen.
Hemmoor ist ja nun wahrlich nicht eine Stadt, in der die Coolen an der Tankstelle abklatschen, wenn sie sich dort in großen Gruppen treffen.
Das macht nichts. Das war schon immer so und genau so soll es sein.
Aber wenn es einen Coolen gab in Hemmoor, dann war das „Speedy Hemmoor“.
Wie gerne hab ich immer HSV-Spiele in der Zusammenfassung im TV gesehen und das nur aus einem Grund:

Ich habe so gerne HSV Spiele gesehen, weil ich dann manchmal aufspringen konnte, wenn die Banner in den Kurven bei Ecken gefilmt wurden, um dann vor meinen Freunden und vor dem Fernseher zu schreien:
„DA IST DAS BANNER VON SPEEDY HEMMOOR! Und darauf steht ‚SPEEDY HEMMOOR‘ UND DER WOHNT BEI MIR GLEICH UM DIE ECKE!“

Junge, das hab ich immer geil gefunden.
Wie so zwei Leute, die sich im australischen Outback treffen.
Und der eine so: „Wo kommst du denn her?“
Und der andere: „Ich komm aus Drangstedt! Und du?“
Und dann der andere dann: „Wirklich? Ich komm aus Flögeln!“
Und beide dann zusammen: „DAS PERVERSE DREIECK!“
Der unverhoffte Moment der Erkenntnis im anderen des anderen.
Das ist eine Sache, der sich kein Mensch über 25 entziehen kann.

Ich weiß gar nicht, warum ich mich immer so gefreut habe, aber gefreut habe ich mich immer sehr.
Vielleicht deswegen:
Vielleicht, weil es im Hirn gar nicht so weit weg ist voneinander, so auf Zentimeter gerechnet, an welchen Stellen jetzt da die Synapsen brezeln.
Ob da jetzt so ein Hoschie aus Hemmoor-Süd ist, wie ich, der beschließt, irgendwie Künstler zu werden und sich da dann so 20 Jahre lang durchbeißt oder dass da eben einer aus Hemmoor-Nord sich überlegt: „Ich werde jetzt einer der fünf größten HSV Fans!“
Das ist beides relativ ungewöhnlich für die Art, wer wir sind und woher wir kommen, dass wir auf solche Ideen kommen, der Speedy Hemmoor und ich.

Vermutlich ist das im Hirn irgendwie dasselbe. Und ich glaube, das ist es, was mich da immer ein wenig angeschallert und stolz gemacht hat. Und das ist dann eben ein Gefühl, was einen dann doch wundert, dass man irgendwie plötzlich stolz ist auf einen HSV`er.
Wenn Freunde von mir aus Bielefeld oder HSV irgendwo hingefahren sind, um 1887 auswärts zu glotzen und den gesehen haben, dann die immer auf den drauf.
Und die dann so: „Ööööödi! Wir kenn Thees, Diggi, wir machen jetzt 1 Foto für den!“
Und dann hat das bei mir gebrummt auf dem Telefon und dann hab ich mich gefreut.

Und dann schaut man sich das an und kennen Sie das Gefühl, wenn Sie alleine sind, aber ihr Maul geht zum Lächeln trotzdem so weit auf, dass man die Zähne sehen kann, also fast so doll, dass der Kiefer knackt, aber nicht mit lachen, sondern still, sondern einfach so aus warmer Freude, weil da Leute an einen gedacht haben und jemand anders involviert haben.

Ich hab da noch nicht komplett drüber nachgedacht, aber jetzt fällt mir gerade auf, dass meine Tochter das auch genau so macht.
Zum Beispiel, als Louise ihr einen lebensgroßen Kanye West Pappaufsteller geschenkt hat zur verfrühten Bescherung. Und dann kam sie mit Kanye vor sich so reingegangen ins Zimmer und das Letzte, was meine Tochter noch sagen konnte, als sie das sah, bevor die so den Mund aufmachen musste, war: „Oha! ALS OB!“ 

Throwback Freitag, als meine Tochter mir einfach mal so ein St Pauli Bier gebraut hat.  EAT DRINK THIS @kehrwieder_kreativbrauerei und @berliner.pilsner !
Throwback Freitag, als meine Tochter mir einfach mal so ein St Pauli Bier gebraut hat. EAT DRINK THIS @kehrwieder_kreativbrauerei und @berliner.pilsner!

Und immer, wenn ich nachts an Speedys` Haus vorbeigegangen bin, habe ich ohne Blitz die HSV-Fahne fotografiert und sie an Axel Formeseyn geschickt und dazu geschrieben „Speedy Hemmoor!“ und Axel hat zurückgeschrieben: „Speedy Hemmoor!“ Und das waren gefühlt irgendwie 1.000 Worte und das waren 1.000 schöne Worte.

Einmal fuhr ich im besten Auto der Welt, dem Opel Meriva, an ihm vorbei in Hemmoor und meinte: „Viel Glück für die neue Saison.“ und ich meinte das ernst irgendwie, weil Leid und Missgunst keine guten Gefühle sind und man sich solche Gefühle in Hemmoor sowieso fast nicht erlauben kann und das war dann die Saison da… die eine da…
Und irgendwie fühle ich mich immer noch ein wenig schuldig deswegen.

Man, Speedy, eh! Das ist doch scheiße.
Wenn ich mit Turbo und dem Rest wirklich mal undercover aus Cadenberge mit zum Volkspark fahre mit einer Mische in der Hand („Thees! Ab Himmelpforten – Kola Korn!“) dann stoßen wir auf Dich an und denken an Dich.

Wenn dein Verein aufsteigt, dann gehe ich nachts zu deinem Haus und mache dann ein Selfie ohne Blitz und schicke das Axel.
Du wirst nicht vergessen werden.
Godspeed GTI, lieber Speedy Hemmoor!

Derby mit Wiebusch im Lockdown

Marcus Wiebusch ist echt noch mal einfach ein Corona Freund von mir geworden. Also wir waren vorher ja auch schon Freunde, aber der Covid hat uns irgendwie noch mal doller zusammen gemacht.
Nerven-Kollaps in Berlin, dreimal durchgetestet. Selber, Bürgertest und bei einem Tierarzt, der sich auf verschorfte Naseninnenhöhlen bei versteinerten Tieren spezialisiert hatte und ab zum ICE nach DÜSSELDORF Altona.
Wiebusch begrüßt mich mit einem fröhlichen „Ödi!“und wir bereiten uns auf das Spiel vor in einer Stadt, die kein Geräusch macht.
Völlig verrückt!

Daniel Thioune safe einer der zehn besten Deutschen. Weiß jeder, sagt jeder. Jedenfalls so cool und super, dass man sich schon geärgert hat, dass jemand so cooles und superes jetzt HSV-Trainer wird, weil das klar ist, dass die mit dem aufsteigen.

Und dann gucke ich so Fernsehen mit Wiebusch, also jetzt Derby auf „Premiere“ und dann dreht sich da so das Rad auf dem 10qm großen Fernseher, weil der das Internet nicht findet oder das nicht gut genug ist oder sowas.
Und ich so: „Wiebusch!!! Soll ich dir ein Hotspot aufmachen, oder was? Das kann doch nicht angehen.“
Und wenn Wiebusch in seelischen Nöten ist, dann macht der seine Stimme nach oben und sagt:
“Ich weiß doch auch nicht was ich machen soll!“
Wiebusch also so: “Ich weiß doch auch nicht was ich machen soll!“
Man, man, man, wenn die in Altona „Glasfaser!“ sagen, dann meinen die immer noch ein asiatisches Gericht mit ganz dünnen Nudeln.

Hat dann ruckelnderweise doch noch so ca. geklappt.
Erinnert mich an einen Witz von meinem Freund Oliver Polak (berühmt aus Funk und Fernsehen und dem Aue Vorbericht), als der zu mir meinte, dass er eine neue Lieblingssexposition habe.
Das ist natürlich erstmal ein super Satz.
„Thees, ich habe eine neue Lieblingssexposition!“
Da fragt man gerne nach.
Und ich so: „Welche?“
Und er so: „Buffering.“
Junge!!! (so belgisch ausgesprochen… da wie bei „THE NEW KIDS“)

Auf Mofas werden wir kommen, und wir werden hinten lange Haare haben, weil wir es können. Und wie ein Donner werden wir die Thadenstrasse runterrollen, und wir werden Musik hören, und sie wird schlecht sein, aber uns gefällt das so. Und sie wird aus einem Kassettenrekorder kommen, und auf einer Seite ist Slime und einer sagt dann: „Das ist indiziert!“ und wir wissen gar nicht so richtig, was das heißt. 

Jetzt aber noch mal wegen Thioune:
Aber dann haben die vier Brandmeisterinnen von USP da ein Pyro-Spektakel in den Himmel geschossen, als die Mannschaften auf den Platz gegangen sind und dann sind Thioune und Schultz auf den Platz gemeinsam gekommen und das sind ja nun mal wirklich schöne Männer und dann gehen die so zusammen auf den Platz und Schultz guckt Thioune an und beide schauen sich das Feuerwerk an und Thioune sagt, laut meines befreundeten Lippenlesers: „Schööööön!“ 
Oder irgendwie sowas, was man eben sagt, wenn es Feuerwerk gibt und Thioune schaut in den Himmel, wie ein kleiner Junge der sowas zum ersten Mal sieht. Voller Freude und diesem Ausdruck im Englischen den ich so sehr liebe: „Sense of Wonder!“.
Und da habe ich gedacht: “Oh man, der Arme. Der wird hier heute nicht gewinnen.“

Da ist kein Vorwurf zu nichts. Das ist einfach nur aus der Mitte meines Gehirnes, wenn ich mir Bands anschaue auf der Bühne und mir einbilde, dass ich weiß, wer als erstes aussteigen wird.
Naja, aber Recht habe ich dann meistens auch behalten.

Einmal habe ich aus dem Fenster gerufen, dass St. Pauli gewonnen hatte, weil ich mich gefreut habe und die Antwort war wie, als hätte ich im All geschrien. Das war verrückt und wird immer einer meiner definierenden Lockdown Momente sein.

Wir schreiben an Oke, den wir wegen Musik viel länger kennen als wegen Fußball und freuen uns und ich sage: „Spritzenplatz!  Maximaler Abstand und sich dann gegenseitig aus 3 Meter Entfernung anschauen. Es ist auch nicht Nichts heute passiert.“
Oke zurück: „Party und Bier ist schwierig, ist ja dieses Virus. Aber für Borne, Luisa und mich liegt es auf dem Heimweg und meinen Hoschie von Premiere bringe ich dann auch mit. Der pennt bei uns!“
Okay ich sag, wie es ist, ich habe meine geliebte Gitarre mitgenommen, aber Wiebusch wollte das auch das ich das mache, und dann haben Wiebusch und ich noch ein kleines „Das hier ist Fußball“ ganz leise gesungen in der kleinen Runde.
Und dann meinte Borne: „Ich beginne zu verstehen!“

Und sowas steht ja sonst wirklich nur in Der Herr der Ringe und dann muss das gut sein und dann ist mir aufgefallen, dass Borne und Wiebusch die gleiche Haarstruktur haben und das hat mich dann auch schon wieder so angemacht, weil Noel Gallagher mal gesagt hat, dass all die geilen Typen, die es im Rock noch mit über 50 schaffen, festen Haarwuchs haben. Er, Mick Jagger, Paul McCartney und dann eben auch Wiebusch und dann jetzt eben auch der Bornemann.  Und das ist ja nun auch mal Fakt.
Rock ´n Roll Fußball „Geschäftsleiter Sport“. Schön!

„Wild ist die Liebe, denn sie tut manchmal weh – vorletzte Minute – Daniel-Kofi Kyereh“
hab ich dann noch dazu gedichtet. Okay, es holpert ein wenig, aber es war auch echt schon spät.

Dann wieder nach Hause und wenn ich völlig in Liebe mit den Dingen bin, die ich liebe, muss ich es kaputtmachen. Also nahm ich meine geliebte Gitarre und schob sie einfach vor mir her, wie einen Straßenbesen, bis Wiebusch sagte: „SACH MA SPINNST DU EIGENTLICH?“. Da ist mir das aufgefallen, dass das echt absoluter Schwachsinn ist.
Aber das da jetzt ein paar Derbyschrammen sind, darüber freue ich mich auch jedes Mal.
Apropos – der griechische Gott der spontanen Idee!

Give me Bügelperlen or give me DEATH!

LOS JETZT! ES IST DERBY! FUCK OFF!
Alles andere hätte Speedy auch Quatsch gefunden.
Euer Thees

Nächste Kolumne mit den Topthemen: 
– Interview mit Marcus Wiebusch
– mein neuer Freund von Dynamo Dresden
– Ich ruf mal bei Congstar an und frag wegen Wiebuschs Internet Anschluss

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