Mea culpa, Etienne Amenyido!

Mea culpa, Etienne Amenyido!

Vor etwas mehr als einem Monat habe ich eine steile These aufgestellt. Seitdem wird sie Woche für Woche absurder. Dabei gab es zumindest ein paar Hinweise darauf, dass diese These durchaus angebracht ist. Nun habe ich aber das dringende Bedürfnis mich zu entschuldigen.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Kurz vor Ende der Winterpause haben wir „Still Being Timo Schultz“ aufgenommen. Um Timo Schultz im Gespräch über die Neuzugänge ein wenig aus der Reserve zu locken, wurde für jeden Neuzugang eine These formuliert, die mehr oder weniger steil war. Eine dieser Thesen (hörbar ab Minute 21:50): „Etienne Amenyido ist kein Torjäger“ – Ein paar Wochen später steht fest: Eine gewagte, eine sehr gewagte These.

Natürlich habe ich die aufgestellten Thesen ganz bewusst steil formuliert. Ich dachte mir, man bekommt viel einfacher ein interessantes Gespräch, wenn man seinem Gegenüber was vor den Latz ballert. Aber ob die These zu Etienne Amenyido wirklich so steil war? Ein Blick in die Leistungsdaten des 23-jährigen zeigt: Das Attribut „Torjäger“ trifft traf auf andere Spieler viel eher zu.

Etienne Amenyido spielte in der Jugend bei Borussia Dortmund. Dort erzielte er in der U17- und U19-Bundesliga einige Tore (26 in 57 Ligaspielen). Die Torjäger beim BVB in den Jahrgängen waren aber andere: Janni Serra und Jacob Bruun Larsen zum Beispiel erzielten erheblich mehr Tore als Amenyido.
Blickt man in den Herren-Bereich ist die aufgestellte These alles andere als gewagt. Denn weder in seinem Jahr bei Venlo in den Niederlanden (wo er insgesamt nur viermal auf dem Platz stand), noch in seinen drei Jahren beim VfL Osnabrück erzielte Etienne Amenyido mehr als vier Tore in einer gesamten Saison (inkl. Pokal und Relegation). Klingt nicht so richtig nach einem Torjäger.

So klang dann auch die Antwort von Timo Schultz auf die aufgestellte These: „Ja, muss man zum jetzigen Zeitpunkt der Saison so sagen. Ich kann der These nicht wiedersprechen, auch wenn ich es gerne würde.„.
Seitdem wendet sich das Blatt aber massiv: Vier Tore erzielte Amenyido in den fünf Spielen des Jahres 2022. Dazu legte er noch drei Treffer auf. Macht zusammen sieben direkte Torbeteiligungen in fünf Spielen. Ein weiterer Treffer wäre bereits ein persönlicher Rekord. Vielleicht erleben wir also gerade eine Veränderung. Vielleicht entwickelt sich Etienne Amenyido gerade zum Torjäger.

Etienne Amenyido feiert mit seinen Team-Kollegen ein Tor für den FC St. Pauli.
Vier Tore in den letzten fünf Spielen – läuft bei Etienne Amenyido (hier nach seinem Treffer gegen den SC Paderborn)
(c) Peter Böhmer

In jedem Fall scheint die Zeit für eine Entschuldigung gekommen. Entschuldigung, Etienne Amenyido, für meine gewagte These. Möge diese noch ein großer Lacher werden, dank weiterer Tore von dir diese Saison.
Aber vielleicht wurde durch die These auch das ein oder andere freigesetzt. Ich denke da an eine Phase in der letzten Saison, als Guido „GB9“ Burgstaller in Serie traf und dabei gleich mehrere steile Thesen wiederlegte. Das ist natürlich grober Unfug, aber auch ein großer Spaß, wenn es so läuft wie in diesen beiden Fällen.

Wo wir gerade bei Entschuldigungen sind: Mit etwas Abstand möchte ich darauf hinweisen, dass mein Spielbericht zum Auswärtssieg in Regensburg sehr negativ daherkommt. Ja, das Spiel gewinnt keinen Schönheitspreis. Ja, der FCSP kommt nicht mehr so gut wie noch in der Hinrunde zurecht und die fehlende Lufthoheit ist definitiv eine der Schwachstellen. Trotzdem war der Spielbericht dann doch arg negativ.
Ich bin einfach zu emotional, will unbedingt den maximalen Erfolg. Besonders jetzt bei der aktuellen Tabellensituation wird meine Aufregung von Spiel zu Spiel größer. Ein solches Nervenspiel wie gegen Regensburg sorgt da nicht für Entspannung. In vielen Jahren zuvor wäre so ein Spiel wohl mindestens noch ausgeglichen worden. Nun aber hat das Team drei Punkte geholt, egal wie. Muss auch mal sein. Entschuldige bitte, FC St. Pauli!

Vielleicht sollte ich einfach ne steile These für den restlichen Saisonverlauf aufstellen und dann läuft das von ganz alleine. Aber nee, die werden das schon alleine regeln. Also hoffentlich (am besten knallt ihr einfach ein paar Thesen in die Kommentare – zur Sicherheit). Denn egal, ob durch Tore von Burgstaller oder Amenyido. Egal, ob die Spiele unverdient gewonnen werden oder nicht: I WANT AUFSTIEG! NOW!

//Tim

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13 thoughts on “Mea culpa, Etienne Amenyido!

  1. Nun geh mal nicht zu hart mit Dir ins Gericht.
    Neben den unbestreitbar inhaltlich sehr fundierten Inhalten ist es in meinen Augen gerade eine Qualität eurer und Deiner Beiträge, dass sie eindeutig braun-weiß eingefärbt sind. Das erhöht den Lesespaß deutlich und dann gehört eben auch mal Dampf ablassen dazu. Noch dazu bei so einem Aufreger wie am Samstag.
    Mach(t) mal ruhig weiter so!

    1. Ach, ich würde das gar nicht zu hart nennen. Das Spiel am Samstag hat sicher nicht nur mich emotional enorm mitgenommen. Es fühlte sihc für mich nach SChlusspfiff fast wie eine Niederlage an. Nun am Montag sehe ich aber nur noch drei Punkte, die uns wieder an die Tabellenspitze gebracht haben. Ist dann vielleicht das gleiche, nur zu positiv, aber egal 😉

  2. Ach Tim,
    für mich wirst Du erst richtig emotional, wenn Du nach so einem Spiel den Kopf des Trainers forderst 🙂
    Geschuldet ist es sicherlich auch dem neuen Ansatz von euch, so schnell wir möglich Informationen unter die Leute zu bringen.
    Wer euch gewogen ist, liest auch zwischen den Zeilen.
    Soll heißen: alles gut!
    Greetz

  3. Hi Tim,
    ich habe nach dem Abpfiff genauso gefühlt/ gedacht wie du! Einen Tag später und immer noch auf Tabellenplatz 1, sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Bitte schreibe weiter so authentisch, wie bisher! Was von dir/euch gepostet wird, sind die fachlich besten Analysen, die man über den FCSP lesen kann. Ich persönlich kann auch gut unterscheiden zwischen „direkt nach dem Spiel“ und „eine Nacht drüber geschlafen“. Wir alle sind mit Emotionen dabei und die müssen raus! Unbedingt.
    Grüße

  4. Das hat Stil und Größe, was du hier schreibst.

    Fußball ist so schnelllebig und wankelmütig, da sollte man – gerade bei jungen Spielern – wirklich vorsichtig sein mit „steilen“ Thesen und „endgültigen“ Urteilen, zumal sie gerade bei und mit den jungen Menschen ja oft auch im Kopf was anstellen, wenn die die mitkriegen (und das tun sie in aller Regel).

    Gut gemacht, Tim!

  5. Tja, und da hatte ich nach den ersten – eher misslungenen – Auftritten Ende der Hinrunde was von „Fremdkörper“ und/oder „ist noch nicht angekommen“ als Kommentar geschrieben.
    Was doch so ein Trainingslager bzw generell Eingespieltheit bewirken können….hoffe er macht einfach so weiter.

  6. Beim Warmschießen in Regensburg konnte man sehen, dass der Ausgleich von Amenyido gegen Aue kein Sonntagsschuss war. Das war schon krass zu sehen, wie er die Bälle ansatzlos beschleunigen und präzise versenken kann.

    Ich fand nur einer war beim Warmschießen noch besser und hat bestimmt 9 von 10 Bälle so was platziert, scharf und schnörkellos im Tor untergebracht. Dieser eine hatte ein Duo mit GB9 gebildet und diesen fast alt aussehen lassen. Jackson Irvine!!! Und dann kommen im Spiel solche Abschlüsse wie in der 32. Minute gegen Regensburg („Der Abpraller landet wiederum bei Irvine, der sofort aus 15 Metern schießt, den Ball aber nicht voll trifft.“) oder gegen Aue zustande. Wahnsinn…

  7. Respekt, dass Du so selbst reflektiert bist.

    Ich finde Du solltest weiter einen kurzen Kommentar/Meinung kurz nach Abpfiff schreiben, der darf gerne voll von Emotionen sein! 🙂 Fußball und auch Eure Berichte leben ja von genau diesen Emotionen.
    Die Spielanalyse kann dann sehr gerne nach ner Mütze Schlaf, wenn Du vielleicht auch die Chance hattest das Spiel nochmal im Re-Live anzuschauen, kommen. Ging Dir ja im Derby auch schon so, dass es beim zweiten Mal nicht so schlecht aussah wie mit den Emotionen.

    Ihr macht echt nen Klasse Job und ich freue mich über jeden Artikel von Euch!

  8. Moinsen Tim,
    alles juut! Aber eine Sache bleibt noch: Wie erklärst du bitte schön, dass du beim Tippspiel für Regensburg und gegen St Pauli getippt hast? Ist das vielleicht der Grund, warum es sich wie eine Niederlage angefühlt hat?

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