Derbymomente

Derbymomente

Der FC St. Pauli gewinnt das Derby dieser Stadt mit 3:0 gegen den auswärts bisher verlustpunktfreien HSV. Schauen wir uns einzelne Szenen nochmals genauer an.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Schön war’s, keine Frage! Zumindest auf dem Platz und auf den Rängen – überhaupt nicht zuvor von der Polizei, aber dazu haben (nicht nur) wir uns ja schon im Detail geäußert und werden dies auch weiterhin verfolgen.
Tim hat das Spiel ausführlich analysiert, ich picke mir also hier nur ein paar einzelne Szenen raus:

  • 28. Minute – Platzverweis Sebastian Schonlau
    Unstrittig, selbst Schonlau selbst und Tim Walter gaben nach Abpfiff zu, dass man den geben kann. In der Zeitlupe sieht es zwar nach „nur“ einem kleinen Schubser aus, in der Realgeschwindigkeit sieht man aber sehr gut, dass das bei diesem Tempo absolut ausreichend ist, um das Gleichgewicht zu verlieren. Da ist nicht annähernd zu erkennen, dass Amenyido dies „dankbar“ annimmt.
    Die leichte Verzögerung des Pfiffs bei Aytekin dürfte nur einer Absicherung durch Kommunikation mit den Assistenten geschuldet sein.
  • 55. Minute – Zweikampf Medić / Königsdörffer
    Das „dankbare Annehmen“ ist dann wohl auch der große Unterschied zu dieser Szene. Langer Ball, im Strafraum kommt es zu einem minimalen Kontakt an der Hüfte – und Königsdörffer fällt einzig und allein, weil er den Elfmeter haben will. Der normale Bewegungsablauf wird hier nicht gestört, nach der Landung hätte er problemlos weiterlaufen können. Wenn Walter in der Pressekonferenz also von zwei 50:50-Situationen spricht, ist für mich jeweils eher eine 90:10-Szene gegeben – und selbst wenn man bei ihm und mir die Vereinsbrille abzieht, ist das immer noch deutlich zu unseren Gunsten.
  • Kleiner VAR-Einschub: In beiden Situationen geht es um Schubs-/Stoß-/Kontaktvergehen eher im Oberkörperbereich. Da ist die Linie vom DFB recht klar und ein VAR-Eingriff sehr unwahrscheinlich, da die Dynamik jeweils durch den Schiedsrichter besser beurteilt werden kann, die Eingriffsschwelle ist hier sehr hoch. Ich war mir also bei beiden Situationen auch recht sicher, dass die Entscheidung von Aytekin auf dem Platz bestehen bleiben würde. Dies gilt allerdings auch umgekehrt, wahrscheinlich wäre sie auch nicht korrigiert worden, wenn er jeweils anders entschieden hätte – „Tendenz zu unseren Gunsten“ hin oder her.
  • 60. Minute – Balleroberung durch Leart Paqarada
    Durch frühes Pressing und eine leicht verunglückte Ballannahme von Bakery Jatta kommt Paqarada an den Ball, nach einem Seitenwechsel und der Flanke von Manolis Saliakas kommt erneut Paqarada dann zum Abschluss – und wie wichtig Kleinigkeiten in so einem Spiel sind, erkennt man an dieser Szene ganz gut. Denn beim Abschluss touchiert der Ball ganz leicht Jattas Hacke, was das Team um Deniz Aytekin sehr gut erkennt und somit korrekt auf Ecke entscheidet.
    Und ja, aus der Ecke entsteht dann das 1:0.
„Ich zeig Euch beiden jetzt mal etwas, was echt gut zu Euren Trikots passt.“ // (c) Stefan Groenveld
  • 70. Minute – Torhüter Rudelbildung
    Fantastisch! Ich kann mich zumindest nicht erinnern, sowas schon mal gesehen zu haben, aber es sah schon sehr amüsant aus, dass da an der Mittellinie die beiden Herren in Gelb miteinander „diskutierten“.
    Wenn man das nochmal in Ruhe analysiert: Amenyido lag im Strafraum, der HSV spielte den Ball erst spät ins Aus und Saliakas als „aggressive leader“ nimmt dann (bei 1:0-Führung) die kleine Auszeit gerne an und die komplette Mannschaft eilt zur Unterstützung, inkl. Vasilj.
    Clever, kostet alles Zeit… würde uns umgekehrt wahnsinnig machen. Und dementsprechend auch eher nicht so clever von Heuer Fernandes, denn inklusive dem anschließenden Wechsel vergehen von Unterbrechung bis Wiederanpfiff volle drei Minuten – vielen Dank.
  • 74. Minute – Diagonalball vom Afeez Aremu
    Wie schön dieser Pass von Aremu auf Saliakas doch war. Alles was danach kam (Steckpass auf Irvine, geschickt über den Ball schlagen von Igor Matanović und der souveräne Abschluss von Marcel Hartel – 2:0!) runden dieses Gesamtkunstwerk nur ab.
  • 80. Minute – Gelb für Manolis Saliakas
    Was für den Pass von Aremu gilt, kann man 1:1 für diese Gelbe Karte übernehmen – ein Gesamtkunstwerk. Ball ist weg, die Auswechslung steht an… und statt dezent ein bisschen zu halten und zu riskieren, dass Dompé sich womöglich befreit, nimmt er einfach beide Hände und Arme komplett, um auf Nummer sicher zu gehen. Ganz viel Liebe, Manolis! <3
  • 91. Minute – Deniz Aytekin Bossmove
    Luca Zander war gerade ordentlich durchgeschüttelt worden und hatte sichtlich Schwierigkeiten überhaupt Luft zu bekommen, als ein HSVer meinte, sich ihm nähern zu müssen.
    Bei 3:0 und Nachspielzeit…. Deniz Aytekin hatte sehr wohl mitbekommen, dass das alles andere als Schauspielerei von Zander war und klärte das mit einem rigorosen Schubser gegen die Rothose gleich mal selbst. Das Stadion bedankte sich.

Und was war Euer Derbymoment?

Das Team feiert vor der Süd, im Hintergrund sieht man die volle Gegengerade und viel "Nebel".
„Allez, Allez – Allez, Allez, St. Pauli!“ // (c) Stefan Groenveld

In diesem Sinne, Hamburg ist Braun-Weiß!
// Maik

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21 thoughts on “Derbymomente

  1. Als mein mittlerer, 8 Jahre, nach dem 2-0 in Richtung Gästeblock pöbelnd: „Jetzt haben wir euch am Arsch ihr Wichser“ ruft und die mir unbekannte Frau vor uns sich grinsend umdreht und mir ein, „das muss er von seiner Mutter haben“ entlockt.

    Sportlich, dass wir die Überzahl in Ruhe ausgespielt haben und man gemerkt hat, dass die Truppe wusste, dass Ihre Chancen kommen werden, so wunderbar souverän.

    1. Mein Derbymoment am Sonntag ist das Bild eines kleinen achtjährigen Jungen, der mit erhobenem Mittelfinger „Jetzt haben wir euch am Arsch ihr Wixer!“ in Richtung Gästeblock schreit.

      Vielen Dank für diesen zauberhaften Moment. 😂

  2. Moin.
    Das ist doch sicher ironisch gemeint…… „geschickt über den Ball schlagen von Igor Matanović“ ?
    Egal, war auf jeden Fall super dass er ihn nicht getroffen hat 😉

  3. Quasi jedes Anlaufen von Matanović gegen Heuer Fernandes war ein „Heute-geht-was-Moment“. So torungefährlich er auch ist: das war richtig, richtig gut und ich hab ihm alle vergebenen Torchancen dieser Saison instant verziehen.

    – – –
    Und aus der Rubrik „Zu-seiner-Meinung-stehen“:
    „…Ich habe den gegnerischen Torwart nur gefragt, was er da vorne macht, und das war alles. Ich war nur verwundert, denn für mich hat ein Torwart da nichts zu suchen.“

    – sagt der Towart nachdem er den gegnerischen Torwart „da vorne“ aufgesucht hat. (Zitat aus der Mopo)

  4. Mir hat das „verstohlene“ abklatschen auf Hüfthöhe von Aytekin mit Eric Smith am Mittelkreis kurz vor Wiederanpfiff nach dem Kopfball zum 1:0 sehr gut gefallen. Ich meine ein leichtes Lächeln bei Aytekin gesehen zu haben…..

  5. Zum Thema „Momente“: Könnt ihr mir erklären, warum es nach dem hohem Bein (Heyers war es, glaube ich) gegen Matanovic keinen Elfer gab?
    Ich meine, Matanovic ist nun wirklich groß, er hat seinen Kopf nicht gerade unten und wird vom Fuß des Gegners getroffen. Der hat dort oben nichts verloren, da Matanovic direkt neben Heyer lief. Meiner Ansicht nach klar „gefährliches Spiel“, wobei es dann auch egal ist, ob Heyer erst den Ball spielt oder nicht. Da Matanovic in der Aktion auch getroffen wird, hätte es dann Strafstoß geben müssen, oder?
    Ich verstehe ja, dass der Schiri sich schwer tut, nach der Roten auch noch einen Elfer gegen den HSV zu geben (generell war er nach dem Platzverweis in vielen Aktionen doch sehr nachsichtig mit den HSV-Spielern, z.B. Foul an Saliakas, Foul an Amenyido und diverse Aktionen, in denen die HSVer zu spät waren und trotzdem durchgezogen haben) – aber den Regeln nach wäre es doch einer gewesen. Oder sehe ich das falsch?

    1. Es hätte indirekten Freistoß geben müssen (Regel bei gefährlichem Spiel). Daher gibt es auch keinen VAR Eingriff.

      Vor der Rudelbildung hätte es Freistoß für uns und Dunkelgelb für Heyer geben müssen, der nur Amenyidos Sprunggelenk und nicht den Ball trifft.

      1. Nein, gefähriliches Spiel liegt nur vor, solange es keinen Kontakt gibt. Wenn, dann hätte es Strafstoß geben müssen. Da Matanovic aber in den Fuß rein läuft, halte ich das für zu hart.

        1. Hab mir das jetzt mehrfach angeschaut: Es ist ja kein aktiver Tritt gegen den Kopf, sondern er kommt zunächst klar an den Ball und Igor läuft dann so halb gegen den Fuß bzw. dieser geht in der normalen Weiterbewegung seitlich gegen den Kopf.
          Bin da eher bei Mirko – gefährliches Spiel und indirekter Freistoß, daher kein VAR-Eingriff. Aber ist sicher ein Grenzfall.

          1. Nee Maik, sobald Kontakt da ist, der in direkter Folge des gefährlich hohen Beins entsteht, kann es kein gefährliches Spiel mehr sein. Dann ist es nach den Regeln ein direkter Freistoß, im Strafraum dann halt Strafstoß.

          2. Hatte ich auch so in Erinnerung. Mal nachgeschaut:
            „Gefährliches Spiel liegt nur vor, wenn kein Körperkontakt zwischen den Spielern erfolgt. Kommt es jedoch zum Körperkontakt, gilt die Aktion als Vergehen und wird mit einem direkten Freistoß oder Strafstoß geahndet. Bei gefährlichem Spiel mit Körperkontakt hat der Schiedsrichter zudem zu prüfen, ob auch eine Unsportlichkeit vorliegt.“

            Ich vermute mal, dass der Schiri das hohe Bein trotz unmittelbar folgendem Treffer im Gesicht nicht als „gefährliches Spiel“ eingestuft hat: „Als gefährliches Spiel gilt jede Aktion beim Spielen des Balls, durch die jemand verletzt werden könnte (einschließlich des Spielers selbst), die sich in der Nähe eines Gegners zuträgt und diesen aus Angst vor einer Verletzung daran hindert, den Ball zu spielen“ (https://www.weltfussball.de/fussballregeln/12/1/). Letzteres könnte der Knackpunkt sein – andererseits haben bei den berüchtigten Fallrückziehern die Verteidiger regelmäßig auch keine Chance, an den Ball zu kommen. Die Gefahr, vom Gegner getroffen zu werden, reicht aus. Ich bleibe dabei, regelkonform hätte es wohl Strafstoß geben müssen. Zumindest aber unstreitig geben können.

  6. Dass Daschner noch in der 95. Minute beim Stand von 3:0 seinen Gegenspieler an der Mittellinie umgeflext hat. Sinnbild für die nötige Derby-Galligkeit. Der unmittelbar folgende Schlusspfiff rettete ihn vermutlich vor Gelb (wobei, bei Aytekin vielleicht auch nicht, Irvine kam bei einer ähnlichen Szene auch davon).

    Dass Smith bei der Rudelbildung Medic (gelb vorbelastet) sehr bestimmt vom Tatort wegzog. Die Überzahl hätte hier schnell vorbei sein können.

  7. Seit den 80gern habe ich eine Dauerkarte für die GG. Für meine Sohn habe ich noch keine Dauerkarte und er wollte unbedingt ein Derby erleben. Meine Karte habe ich ihm überlassen und bin zum Knust. Nach dem Spiel das breite Grinsen war zumindest für mich genauso wertvoll wie der Sieg.

  8. Mein Derby-Moment:
    Der Seitenwechsel-Pass von Aremu vor dem 2-0. Ein Traum, wie gekonnt hier die Überzahl ausgenutzt wurde.

    Auch schön:
    -Das ewige Anlaufen von Matanovic und Amenido im Vollsprint-Tempo, dass dem HSV den Spielaufbau so erschwerte und sie echt nervte.
    -Amenidos Sprint, der zur roten Karte führt: Sinnbildlich für den Willen einen Sieg erzwingen zu wollen
    -Bei Rudelbildung Gelb für die Torhüter: Irgendeiner muss ja bestraft werden, also sucht sich Aytekin die Spieler raus, die am wenigsten Gefahr laufen Gelb-Rot zu bekommen

  9. Wenn Tim seinen Weihnachtsbaum schmückt und über xG referiert. Freue mich schon darauf. Ist ja Katarrh Pause…
    Und Hamburg ist Braun Weiß, eh klar.

    1. Den Baum kann Tim schmücken, nachdem der Artikel mit den Spielernoten da ist. 😉
      Denn der wird bestimmt ein weiterer großartiger Derbymoment.

  10. Der Aytekin’sche Schubser – den ich im Stadion auch sehr gefeiert habe – ist leider in der fcsp.tv-Fassung des Spiels gar nicht zusehen, gibt’s den wohl woanders in diesem Internet zum goutieren?

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