DFL: „Gewinne, Gewinne, Gewinne!“

DFL: „Gewinne, Gewinne, Gewinne!“

Die DFL möchte nach wie vor einen Investoren-Einstieg möglich machen. Nach einer diskutablen Abstimmung gab es weiter Proteste – und jetzt eine eher peinliche Charme-Offensive.
Foto: Stefan Groenveld

Ein Kommentar von Maik.

Jetzt mal ehrlich, liebe DFL, so ganz unter uns: Wollt ihr uns eigentlich verarschen?
Wenn ich sonst E-Mails mit Überschriften wie „Viele Chancen, keine Nachteile“ erhalte, kommen sie meist von einem angeblichen Verwandten von einem anderen Kontinent, der mir das Erbe überlässt und nur noch schnell ein paar tausend Euro als Überbrückung benötigt, um mir dann Millionen zukommen zu lassen. Klappt dann überraschenderweise meist nicht, hab ich gehört.
Dieses Mal aber ist das tatsächlich die gewählte Überschrift über eurer Stellungnahme. Wie kann sowas denn passieren, wie verzweifelt seid ihr?

The story so far

Wir erinnern uns:

  • Mai 2023
    Bei einer Abstimmung über einen Investoren-Einstieg bei der DFL wird die benötigte Zweidrittel-Mehrheit verfehlt. Hauptkritikpunkt, im Vorfeld unter anderem auch von FCSP-Präsident Oke Göttlich vorgetragen, waren zu viele offene Detailfragen. Aber auch die eher ungerechte Geldverteilung, die die großen Klubs wie beim TV-Schlüssel bevorteilt hätte.
    Im Anschluss an die gescheiterte Abstimmung drohen mehrere Vertreter eben jener großen Klubs mit einer Aufkündigung der angeblichen Solidarität.
  • Dezember 2023
    Es wurde viel verhandelt, ein paar Details nachgebessert. Unter anderem sind die Sofort-Finanzspritzen an die Vereine mit der ungleichen Verteilung herausgestrichen worden. Bei einer geheimen Abstimmung kommt die nötige Zweidrittel-Mehrheit gerade so zustande. Höchstwahrscheinlich inklusive der Stimme von Martin Kind für Hannover 96, der damit die Vorgabe des e. V. ignoriert – was wiederum einen Verstoß gegen die 50+1-Regel darstellen könnte.
    So gerne die DFL auch generell Martin Kind abstrafen würde – wenn es ihr hilft, so wie hier, hält sie offenbar doch lieber die Füße still.
  • Januar 2024
    Die Fanproteste nehmen nicht ab, im Gegenteil. Mit zunehmender Zeit werden die Proteste sogar intensiver. Längere Unterbrechungen einzelner Spiele gibt es jetzt an fast jedem Spieltag, teilweise standen Spiele kurz vor dem Abbruch.
    Dies macht sich gar nicht so gut, wenn man ein familientaugliches Hochglanzprodukt in die Wohnzimmer transportieren möchte.
  • Februar 2024
    „Zeit, dass sich was dreht.“
    Und wie es sich dreht. Immer mehr Vereinsvertreter fordern eine neue Abstimmung (die für die notwendige Satzungsänderung ohnehin noch nötig wäre). Hierbei drängen auch immer mehr darauf, diese nicht geheim durchführen zu lassen.

Viele Chancen, keine Nachteile?

Im Licht dieser Proteste und der zunehmenden Kritik auch von Vereinsvertretern erscheint dann heute diese Stellungnahme der DFL.
Ich fasse (sinngemäß) zusammen:

  • „Fankultur ist uns wichtig. Toll auch, dass Ihr gegen Nazis seid.“
  • „Wir haben die Vereine mit Euch reden lassen, weil wir dachten, das reicht. Aber jetzt laden wir auch Euch ein, weil die Proteste langsam unsere Sponsoren und TV-Partner verärgern.“
  • „Trotz aller Kritik an der TV-Geldverteilung finden wir sie weiter dufte. Und mit dem neuen Partner duftet es bald noch viel mehr!“
  • „Der Partner ist so doof, er gibt uns die Milliarde, aber bei den wichtigen Sachen lassen wir uns nicht reinreden. Das weiß er auch, da hält er sich dran. Ja, auch in zehn Jahren noch. Ganz bestimmt.“
  • „Wir verkaufen keine Anteile, wir verkaufen nur Erlöse.“

Spannend: Saudi-Arabien als einflussreiches Land hinter den potenziellen Investoren – immerhin einer der zentralen Kritikpunkte – wird nicht erwähnt.
Ach, lassen wir doch das Paraphrasieren, zitieren wir direkt:

„Der deutsche Fußball lebt von Clubs, die tief in unserer Gesellschaft verwurzelt sind. Er steht für einen offensiven und fairen Stil auf und neben dem Platz und für Millionen Fans. Das sind Millionen Menschen, die in die Stadien strömen, auf Stehplätze oder in die Logen, ebenso wie Millionen Menschen vor Fernsehern und Mobilgeräten.“

DFL

Ich finde es ja bemerkenswert offen und ehrlich, wenn man Fans auf Stehplätzen mit Logen-Besucher*innen und Menschen vor den TV-Geräten gleichsetzt. Wäre ich bei der DFL für Kommunikation zuständig, hätte ich zumindest in diesem Text eher den Schulterschluss nur mit den Kurven versucht – aber ich bin ja auch nicht bei der DFL.
Doch es wird besser:

„Wir können daher nachvollziehen, wenn Fans sich angesichts eines komplexen und viel diskutierten Themas wie einer strategischen Vermarktungspartnerschaft Sorgen machen. Umso wichtiger ist die zentrale Botschaft: Fans entsteht durch diesen Prozess kein Nachteil.“

DFL

Jahahahaha, fantastisch.
Ich übersetze kurz: „Ihr kleinen Doofies seid ein bisschen bescheuert und überblickt das Thema nicht. Ist aber nicht schlimm, weil es wird alles gut. Pfadfinder*innen-Ehrenwort, echt!“

Ach nee…

Nee, jetzt echt. Und ganz offensichtlich arbeiten da ja auch echt nur komplette Experten. Schließlich haben die ja das Kommunikationsdesaster im Mai 2023 mit vernünftiger Vorbereitung abwenden… ach nee, haben sie nicht.
Aber sie haben danach gut gearbeitet, die Fanszenen eingebunden, Dachorganisationen ins Boot geholt und… ach nee, haben sie nicht.
Zumindest bei der Abstimmung im Dezember aber war das alles klar, offen und transpa… ach nee, war es nicht.
Immerhin jetzt reagieren sie verantwortungsbewusst und veröffentlichen eine Stellungnahme, die man ernst nehmen kann und Hoffnung auf… ach nee, veröffentlichen sie nicht.

Aber hey… wenn das Geld dann da ist, dann wird das von dieser ach so professionellen Truppe sicher im besten Sinne aller Vereine gehandhabt werden. Alle Bedenken der Fanszenen werden ausgeräumt, alle Versprechungen eingelöst, alles wird gut?
Ach nee… wird es ziemlich sicher nicht.

Polemik beiseite:
Es wird Gründe geben, diesen Einstieg zu wollen. Gründe, die man vielleicht tatsächlich nicht in so einer Stellungnahme veröffentlichen kann.
Aber dann seid doch bitte wenigstens so anständig, uns nicht für doof zu verkaufen. Dazu gehören echte Gespräche auf Augenhöhe – und die sind, bei allen eventuell heute versandten Gesprächsangeboten, doch bitte dann auch erst mal in die Tat umzusetzen.

Auskotzende Grüße,
// Maik

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12 thoughts on “DFL: „Gewinne, Gewinne, Gewinne!“

  1. Danke für deine passenden Worte, Maik!
    Schnelle Einsicht und Umkehr erwarte ich von der gierigen DFL leider nicht und vermute daher, dass wir in nächster Zeit in einigen Stadien noch etwas öfter „Fußballtennis“ und „Güldene Flugtaler“ sehen werden.

  2. Danke für den Beitrag. Für mich als Freund der gepflegten Polemik ein Genuss. 🙂
    Nur eine Anmerkung: Die DFL ist doch der Zusammenschluss von den 36 Vereinen bzw. Kapitalgesellschaften der 1. und 2. Männer Fußball Bundesliga und vertritt demzufolge deren Interessen.
    Wenn wir Fans in der Sache Investoren-Einstieg etwas erreichen wollen, müssen wir deshalb da ansetzen. Das tun die Proteste aus meiner Sicht auch. Anders passiert da leider nichts in unserem Sinne.

    1. Völlig richtig.
      Schade, wenn selbst ein Verein wie 96 sich dann demokratisch entscheidet, das dazugehörige Firmenkonstrukt als DFL-Mitglied sich der Weisung aber widersetzt.
      Ganz zu schweigen von den vielen Vereinen, bei denen beim Thema Geld die Mitbestimmung der Mitglieder und Fans eh aufhört.

  3. Hier liegt ein großes Missverständnis vor. Die Stellungnahme verkauft nicht die Fans für dumm – denn an die richtet die sich gar nicht. Sie verkauft ALLE ANDEREN für dumm, denn sie ist nur dazu gedacht, der von Marcel Reif und Co. angestachelten und empörten Öffentlichkeit zu zeigen: Sehr her, wir hören zu und sind total nett zu denen. Es geht nur darum, einen Schulterschluss zwischen den Fernsehzuschauern und der Fanszene zu verhindern.

    1. Ja, das passt auch zu der Nennung der „Menschen […] auf Stehplätze oder in die Logen, ebenso wie Millionen Menschen vor Fernsehern und Mobilgeräten“. Die DFL versucht hier mal wieder zu spalten.

      Sie will vor allem sagen, dass es ja nur eine kleine, radikale Minderheit sei, die einen großen Investor ablehnt.

      Die Protestierenden versucht man so zu demotivieren, weil sie angeblich nur so wenige sind. Den noch weniger Aktiven versucht man so einzureden, dass ja angeblich andere, aktivere ihnen schaden.

      Wo also Maik schreibt, er hätte „eher den Schulterschluss nur mit den Kurven versucht“, da tut die DFL vermutlich dieses genau mit Absicht nicht: Sie wollen spalten und suchen den Schulterschluss auch mit vielen jenseits der Kurven, um einen Teil der Kurven kleiner zu machen.

  4. Zeigt für mich nur: die Proteste sind der richtige Weg. Jetzt nicht nachlassen und weiter nerven. Offensichtlich kommt was in Bewegung und die wackelige Mehrheit bröckelt.

  5. Immer weiter, immer weiter. So dämlich und frech die Stellungnahme der DFL ist. So sieht sie sich doch gezwungen etwas zu schreiben. Das ganze dient wohl auch eher der Beruhigung der potentiellen Investoren. Da jetzt ja auch immer mehr Vereine eine neue tranzparente Abstimmung fordern, haben sie vermutlich :Angst“ um ihr Produkt. Sie sprechen zwar den Zuschauer vor dem TV an und versuchen diesen auf Ihre Seite zu ziehen. „Mitvekauft“ wird aber der Stadionbesucher und die Stimmung. Und wenn die nicht da ist. Verliert es an Wert. Und spinnen wir mal weiter. 1 Spielabbruch können sie vermutlich noch als die Deppen haben es nicht verstanden verkaufen. Was wollen sie machen, wenn es am Spieltag 5 gibt und das. Woche für Woche? Jetzt ist die Zeit der Fans im Stadion gekommen nicht nachlassen.

  6. Danke für die klaren Worte!
    Was mir immer nicht so richtig klar ist: Inwiefern hat der DFB in der Thematik mitzureden?
    Welchen Einfluss haben vernünftige Leute wie Andreas Rettig eigentlich wirklich?

    Ich würde mir wünschen, dass sich auch prominente Leute wie Trainer und Spieler den Protesten klar anschließen.
    Wenn ein Streich die ersten Minuten nicht auf die Bank geht, wird es vielleicht auch von anderen Trainern oder Spielern übernommen und wir hätten eine Art Warnstreik.
    Ein anderer Fußball ist möglich und das klappt nur mit deutlichen Protesten – wenn´s sein muß bis hin zu Spielabbrüchen.

    1. Formal ist die DFL da unabhängig vom DFB, die Entscheidung ist allein die der 36 Vereine die aktuell in den Ligen 1 & 2 spielen.
      Inwieweit man da trotzdem berät oder ähnliches, ist natürlich eine andere Frage.

  7. Ich frag mich ja, wie bei sämtlichen Fans…ähm Fernsehzuschauern keine Nachteile entstehen sollen. Da gibt es doch die Gattungen ‚Ich schaue lieber Konferenz‘, ‚Ich schaue viel lieber Einzelspiele und das von Freitag mittag bis Sonntag Abend‘ und halt irgendwas dazwischen. Von den Stadiongänger*innen mal ganz zu schweigen…die jetzigen Anstoßzeiten sind ja schon teilweise nervig. So bin ich zwar froh, das der Montag abgeschafft ist, aber z.B. der Samstag Abend ist zwar geil, aber irgendwie auch nicht das Gelbe vom Ei, da man dadurch Freunde außerhalb des Fußballkontextes dann an dem Wochenende eher nicht sehen kann…

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