Am Freitag gastiert der FC St. Pauli bei Holstein Kiel. Es ist ein Spitzenspiel und die Kieler werden den FCSP vor maximale Herausforderungen stellen. Der Vorbericht.
(Titelbild: Peter Boehmer)
Ich möchte Euch das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Luca mit Matthias empfehlen, der nicht zum ersten Mal zu Gast war in diesem Podcast-Format. Eine wichtige Info aus dem Gespräch: Gästefarben sind außerhalb des Gästebereichs verboten. Das haben viele Schalke-Fans beim letzten Kieler Heimspiel leidvoll erfahren müssen. Beachtet das bitte, falls Ihr ins Stadion wollt und nicht im Gästebereich seid.
Ein Blick zurück
Spiele zwischen dem FC St. Pauli und Holstein Kiel sind zuletzt eigentlich immer torreich gewesen. Von den letzten 13 Partien (also allen seit Kiel wieder in der 2. Bundesliga spielt) endete nur eines torlos. Zweimal gab es einen 1:0-Erfolg für das Auswärtsteam. In den restlichen zehn Partien fielen immer mindestens drei Treffer. Im Hinspiel gab es ein sattes 5:1 für den FC St. Pauli, das letzte Mal in Kiel stand es am Ende 4:3 für den FCSP.
„Nicht blenden lassen!“
Wer denkt, dass das 5:1 aus dem Hinspiel bereits einen Hinweis auf etwaige Vorteile für den FC St. Pauli gibt, hat sich getäuscht, wie Fabian Hürzeler erklärt: „In dem Spiel hat viel geklappt. Wir haben mit den ersten zwei Torschüssen zwei Tore gemacht. Davon sollten wir uns nicht blenden lassen, weil Kiel auch in diesem Spiel gute Momente hatte, wie auch schon die ganze Saison.“ Wer gesehen hat, wie Holstein Kiel zuletzt den SC Paderborn mit 4:0 besiegt hat, dürfte die mahnenden Worte des FCSP-Cheftrainers sehr gut nachvollziehen können.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Nur Scott Banks und Elias Saad werden dem FC St. Pauli am Freitag sicher fehlen. Fabian Hürzeler erklärte, dass sogar Etienne Amenyido möglicherweise einsatzbereit sein könnte. Amenyido hatte letzte Woche im Training und auch im Kader gefehlt. Ob er aber, wenn er rechtzeitig fit werden sollte, überhaupt einen Kaderplatz ergattern kann, ist eine andere Sache. Denn aufgrund der guten Personalsituation kündigen sich einige harte Entscheidungen an. Allerdings fehlen mit Saad und Banks zwei Spieler für die offensive Außenposition, was wiederum den Bedarf Amenyido dabei zu haben, erhöhen könnte.
Holstein Kiel: Wer kann spielen, wer fehlt?
Die Kieler Pressekonferenz hat noch nicht stattgefunden. Sicher ist aber, dass die Liste an Ausfällen bei Holstein Kiel länger sein wird als beim FC St. Pauli. Die Störche müssen auf drei Stammspieler verzichten: Fiete Arp, Benedikt Pichler (beides Offensivkräfte) und der etatmäßige Kapitän und zentrale Mittelfeldspieler Philipp Sander werden fehlen. Zudem ist Innenverteidiger Carl Johannsson bereits die gesamte Saison und auch aktuell von Verletzungen geplagt und kann nicht die Rolle einnehmen, die man dem 29-jährigen vor der Saison wohl zugedacht hat.
Kiel reagierte auf die langfristigen Ausfälle von Arp und Pichler mit der Verpflichtung von Alexander Bernhardsson im Winter, doch der fällt bereits seit Spieltag 19 aufgrund eines Infekts aus. Sein Einsatz ist ungewiss. Das gilt auch für Finn Porath und Joshua Mees, die beide angeschlagen sind.
Was haben die Störche zu bieten?
Auf Umbruch folgt Herbstmeisterschaft
Vor der Saison begleiteten Holstein Kiel eine Menge Fragezeichen. Denn im Sommer gab es einen ziemlich massiven Umbruch im Kader. Eine ganze Reihe von Leistungsträgern (unter anderem Hauke Wahl) verließen den Verein, viele neue und junge Spieler kamen hinzu. Bereits kurz nach dem Saisonstart, nach vier Siegen aus den ersten fünf Ligaspielen nämlich, war klar: Dieser Umbruch ist gelungen. Weil plötzlich junge Spieler wie Colin Kleine-Bekel, Tom Rothe oder Marko Ivezic zu Leistungsträgern wurden.
Wie gut dieser Umbruch gelingt und wie leistungsstark das Team sein würde, davon dürften selbst kühne Optimist*innen überrascht worden sein. Nach dem guten Saisonstart gab es erst die Niederlage auf St. Pauli. Es folgten Niederlagen gegen Hertha und den FCN, sodass der Höhenflug der Störche beendet schien. Darauf antwortete das Team zum Ende der Hinrunde mit fünf Siegen in Serie. Die brachten ihnen nicht viel weniger als die überraschende Herbstmeisterschaft ein. Der Rückrundenstart hingegen misslang mit nur einem Punkt aus drei Spielen. Aber die beiden Erfolge zuletzt gegen Schalke und in Paderborn haben Kiel wieder auf einen Aufstiegsplatz katapultiert.
Kieler Wucht
Wer nach 22 Spieltagen auf einem der Aufstiegsplätze steht, ist klar zu den Aufstiegfavoriten zu zählen. Wie und mit welchen Mitteln haben die Kieler das geschafft? Der Blick in die Statistiken ist da wenig hilfreich. Mal ist das Team in den Statistiken im oberen, mal im unteren Drittel anzusiedeln, aber es ragt nirgendwo positiv oder negativ heraus. Der visuelle Eindruck macht deutlich, dass Holstein Kiel im Spielaufbau vor allem auf diagonale Verlagerungen setzt, oft von den Schienenspielern ausgelöst. Damit erzielen sie schöne Treffer, wie zum Beispiel das vierte Tor gegen Paderborn. Wichtiger für das Kieler Spiel ist aber eine Eigenschaft, die Fabian Hürzeler wie folgt beschreibt: „Wir treffen auf einen Gegner, der eine enorme Wucht erzeugen kann in seinem Spiel.“
Mit „Wucht“ dürfte Fabian Hürzeler zwei Dinge gemeint haben: Zum einen die Stärke der Kieler in den Defensivzweikämpfen. Holstein Kiel führt davon sehr viele (die viertmeisten der Liga) und liegt auch bei der Erfolgsquote auf Platz vier. Das hat System, denn die Verwicklung der Gegner in Zweikämpfe ist genau so geplant von den Kielern. Entsprechend betont Hürzeler, dass man in genau diesem Bereich besser werden müsse als zuletzt gegen Braunschweig. Und wenn die Kieler den Ball dann gewonnen haben, kommt die nächste „Wucht“ zum Vorschein. Sie forcieren dann ein sehr wildes Spiel, versuchen möglichst schnell nach vorne zu kommen.
Bestes Umschaltteam der Liga?
Es ist sehr schwer, das in Statistiken festzuhalten (da Kontersituation von den Anbietern nur selten richtig als solche erfasst werden), aber subjektiv betrachtet ist Holstein Kiel das beste Umschaltteam der Liga. Die meisten eigenen Torschüsse aus dem Spiel heraus kommen aus Umschaltmomenten. Nur selten dauert es nach Ballgewinn länger als 10 Sekunden, bis man im oder am gegnerischen Strafraum auftaucht. Das Risiko ist hoch, oft sind die Bälle schnell wieder weg. Aber nur 28 Gegentreffer zeigen eben auch, dass man in Kiel bei all der Umschaltwucht sehr wohl darauf achtet, defensiv stabil zu bleiben. Von der Offensivwucht konnte sich auch der FC St. Pauli ein Bild machen, als die Kieler im Hinspiel nach Ballgewinnen gleich mehrfach sehr gefährlich wurden.
Entsprechend gilt es für den FC St. Pauli erneut in besonderem Maße, die Balance zwischen offensiver Power und defensiver Absicherung zu wahren (Hürzeler: „Du darfst dich nicht auf dieses Ping-Pong-Spiel einlassen.“). Das Spiel gegen Braunschweig war dahingehend vermutlich eine sehr gute Vorbereitung, zeigte aber auch, dass die Balance noch nicht ganz vorhanden ist: „Wir müssen noch viel klarer Fußball spielen. Wir haben gegen Braunschweig zwei, drei Mal das Zentrum offen gelassen.“
Zudem mahnt Hürzeler auch, dass man als Spieler mit der richtigen Einstellung, mit der richtigen Intensität in die direkten Duelle gehen müsse: „Wenn Du da hingehst und meinst Du kannst ein bisschen Fußball spielen, dann bist Du fehl am Platz.“
Mögliche Aufstellung
Ohne Personalupdate von der Pressekonferenz ist es schwierig, die Kieler Aufstellung zu tippen. Der Auftritt in Paderborn gäbe aber wenig Anlass, personell etwas zu verändern. Entsprechend ist eine identische Startaufstellung zu erwarten, vorausgesetzt, Finn Porath kann spielen. Sollte sich Kiels Trainer Marcel Rapp dafür entscheiden, mit Bernhardsson oder Mees vorne zu spielen, weil sie wieder fit sind, dann könnte Lewis Holtby von der Zehnerposition auf die Sechs wechseln und dort wohl Remberg ersetzen.
Afolayan nach links
Beim FC St. Pauli wird Dapo Afolayan von der rechten auf die linke Offensivseite wechseln und dort Elias Saad ersetzen. Damit durfte bereits vorher gerechnet werden, Fabian Hürzeler bestätigte das Offensichtliche dann auch noch auf der Pressekonferenz. Die Afolayan-Position auf der rechten Seite dürfte Connor Metcalfe einnehmen, womit Fabian Hürzeler dann wieder mit zwei „Inverted Wingern“ agieren kann.
Weitere personelle Veränderungen sind beim FC St. Pauli nicht zu erwarten. Einzig vielleicht ganz vorne. Allerdings war Simon Zoller so lange raus, dass er vermutlich erstmal von der Bank kommen wird. Und im Hinspiel gegen Holstein Kiel begann der Stern von Johannes Eggestein aufzugehen. Er stand damals recht überraschend in der Startelf. Wobei, so überraschend war das nicht, weil Kiel ausschließlich Spieler mit einer Körpergröße über 1,90m in der Defensive hat und man dieser Physis am besten mit Agilität begegnen kann, was mit Eggestein vorhanden ist. Die Vermutung „Eggestein startet, Zoller wird eingewechselt“ dürfte aber zutreffen.
Herausforderung an der Förde
Zweiter gegen Erster. Spitzenspiel. Welch große Chance sich dem FC St. Pauli bei dieser Partie bietet, dürfte allen klar sein. Das Duell mit Holstein Kiel ist ein klares Sechs-Punkte-Spiel. Der Gedanke daran, dass es nach einem erfolgreichen Freitag des FCSP für andere Vereine nur noch darum geht, im besten Fall den alten Punkteabstand in der Tabelle wieder herzustellen, sorgt bei mir persönlich für mehr als genug Motivation. Die bisherige Saison von Holstein Kiel und ihre Spielweise bedeuten aber für den FCSP eine enorm hohe Hürde, eine Herausforderung. Doch Fabian Hürzeler und das restliche Team haben in dieser Saison bewiesen, dass sie genau solche Herausforderungen lieben.
Forza!
// Tim
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Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.
Would Rapp be a plausible prospect in case of a vacant managerial spot in St Pauli in the Bundesliga ?
As you know: No discussion of rumours from our side 😉
But feel free to continue.
Ah sorry, it was only a rhetorical question. I did not realize it was actually a possibility. I guess it answers my question.
I am considering opening a rumors website , now ! 🙂