Auf dem Zahnfleisch

Ausgerechnet in der Crunchtime der Saison sorgen Verletzungen für Sorgenfalten beim FC St. Pauli. In der Defensive könnten kreative Lösungen notwendig sein.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Fußball ist ein Tagesgeschäft. Und so ist es auch die Berichterstattung darüber. Noch am Montag wurde der Artikel „Hat hier jemand ‚Panik‘ gesagt?“ formuliert. Am Dienstag wurde in der 101. Episode der Monatssendung fröhlich das Restprogramm durchgerechnet. Beides beinhaltete eine sehr positive Sicht auf die kommenden Spiele, trotz des am Montag verkündeten langfristigen Ausfalls von Philipp Treu. Die Geschehnisse am Mittwoch auf dem Trainingsgelände des FC St. Pauli haben diese Sicht allerdings gehörig getrübt.

Eric Smith schwer verletzt?

Denn dem FCSP gehen langsam aber sicher die Optionen in der Defensive aus. Eric Smith musste die Trainingseinheit am Mittwoch abbrechen, konnte den Platz nur gestützt verlassen. Die Berichte von Trainingsbeobachter*innen lassen Ungutes erahnen. Ein weiterer langfristiger Ausfall des 27-jährigen droht. Zudem konnte Lars Ritzka nicht an der Einheit mitwirken, drehte nur einige Laufrunden.

Somit droht dem FC St. Pauli, dass er am kommenden Sonntag in Hannover die Besetzung der Position links hinten komplett neu denken muss. Denn Ritzka ist, in Abwesenheit Treus, der einzige verbliebene nominelle Linksverteidiger im Kader. Zudem wäre ein langfristiger Ausfall von Smith ein weiterer herber Verlust in der Defensive des FCSP. Welche Optionen gibt es, um diese Ausfälle aufzufangen?

Drei Optionen bei Smith-Ausfall

Fangen wir mit Smith an: Der 27-jährige verpasste in der Rückrunde bereits drei Partien. Zwei aufgrund einer Adduktorenverletzung, eine aufgrund einer Gelbsperre. Vertreten wurde er stets von Adam Dźwigała, der allerdings bei seinen letzten beiden Auftritten nicht vollends überzeugen konnte. Somit könnten auch Tjark Scheller und David Nemeth mehr in den Fokus rücken. Allerdings hat Scheller, der nach dieser Saison zum SC Paderborn wechselt, bisher erst sehr wenige Zweitligaminuten gesammelt, kam erst zu zwei Kurzeinsätzen. Davon hat David Nemeth zwar mehr vorzuweisen. Allerdings hat er zuletzt im September 2023 Pflichtspielminuten gesammelt, ist seitdem ziemlich außen vor. Auf den ersten Blick ist also keine der Optionen überzeugend für einen Ersatz von Eric Smith.

Dem FCSP fehlen die Linksverteidiger

Während es zumindest nicht an Optionen in der Innenverteidigung mangelt, sieht das auf der linken Außenbahn anders aus: Es gibt hinter Treu und Ritzka einfach niemanden, der sofort als Ersatz infrage käme. Als es vor wenigen Wochen beim Spiel in Nürnberg personell auf dieser Position eng wurde, feierte Eric da Silva Moreira sein umjubeltes Zweitligadebüt. Als Rechtsfuß mit viel Dynamik taugt er aber eigentlich eher weniger, um als Ersatz für Treu und Ritzka zu dienen.

So könnten sich am Sonntag in Hannover Spieler auf dieser Position wiederfinden, die dort länger (oder noch nie) zu finden waren. Das Schweizer Taschenmesser a.k.a. Connor Metcalfe wäre als Linksfuß denkbar. Zumindest gibt es positive Erinnerungen an seinen Auftritt im DFB-Pokal letzte Saison als Rechtsverteidiger. Metcalfe war es auch, der am Mittwoch im Trainingspiel die Position links hinten einnahm. Mit Danel Sinani und Erik Ahlstrand (sicher keine Optionen) sowie Karol Mets ist er bei einem Ausfall von Ritzka einer der wenigen Linksfüße im Kader.

Metcalfe? Oder Mets samt Viererkette?

Neben Metcalfe wäre noch ein Einsatz von Karol Mets auf dieser Position grundsätzlich denkbar. Allerdings würde das wohl zu einem klaren Ungleichgewicht an offensiven Tempoläufen zwischen der rechten und linken Außenbahn führen. Zudem gehört zum Profil dieser Position, dass man sich im Spielaufbau auch immer wieder ins defensive Mittelfeld einschaltet. Nicht unbedingt eine Rolle, die zu Mets passen würde, eher zu Metcalfe.

Trotzdem sollte die Idee mit Karol Mets als Linksverteidiger nicht verworfen werden. Denn auch eine Abkehr von der Fünferkette wäre denkbar. Ein 4-2-3-1 wäre mit einem Linksverteidiger namens Mets zumindest auf dem Papier passender. Und dabei könnte das leistungsstarke Trio Hartel-Irvine-Kemlein gemeinsam auf dem Platz stehen. Passend dazu, dass der FC St. Pauli kurzfristig die ursprünglich öffentliche Trainingseinheit für Donnerstag „aus internen Gründen“ für Zuschauer*innen gesperrt hat. Offiziell ist ein Zusammenhang natürlich (noch) nicht erklärt worden, er liegt aber nahe.

Somit wird man wohl erst am Sonntag mit Anpfiff sehen, wie der FC St. Pauli auf die neuesten Ausfälle reagiert. Vielleicht wird Lars Ritzka ja doch rechtzeitig einsatzbereit sein. In jedem Fall aber zeigt es, dass das Team zum Saisonende hin doch noch von personellen Problemen heimgesucht wird, nachdem die Verfügbarkeit im Kader bisher enorm hoch war. Diese Probleme kommen, anders kann man es nicht formulieren, zur absoluten Unzeit. Nun wird sich also ungewollt zeigen, ob der gesamte Kader des FC St. Pauli aufstiegsreif ist.
// Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube