SaaaangT POW!-LEEEHEE!

SaaaangT POW!-LEEEHEE!

„Man kann Euch bis zu uns hören!“ Diese Nachricht erreichte mich um 21.50. Und zwar von meinem Nachbarn in der Rothestraße in Ottensen (immerhin satte 3km vom Ort des Geschehens entfernt). Er meinte den Wechselgesang in der zweiten Halbzeit und das anschließende 2-0. Ich denke, wenn mal gefragt wird, was für FCSP-Momente einem so in Erinnerung bleiben, dann wird dieser sicher einen Platz in der Ruhmeshalle bekommen. Packt diesen Moment bitte ins Museum! Selten habe ich das Millerntor lauter erlebt als bei diesem Wechselgesang, der erst ewig anhielt und seinen Höhepunkt dann mit dem 2-0 erreichte. Ohnehin war es mega intensiv, ich hatte schon beim ‚Herz von St.Pauli‘ Gänsehaut und schon da war spürbar viel Feuer in den Kehlen. Einfach magisch! Alter, Sankt Pauli ey, bitte, bitte, geh nie vorbei!

Ja, wir gewinnen dieses mega intensive Spiel. Und das sicher nicht, weil wir in der zweiten Halbzeit das bessere Team gewesen sind, sondern eher, weil wir unsere Chancen nutzten und weil wir das Team von den Rängen unglaublich gepusht haben. Das sah in der ersten Halbzeit noch ganz anders aus:

Der FCSP beginnt gleich mit beiden Neuzugängen, James Lawrence und Matt Penney. Und als wäre das nicht genug gewesen, präsentierte der FCSP in der ersten Halbzeit zum ersten Mal in einem Heimspiel eine Dreierkette (zumindest fällt mir nachts um 1.40 nicht ein, wann wir das sonst mal gespielt haben zuhause). Und das funktionierte gar nicht mal so schlecht. Durch das konsequente Aufrücken der Flügelverteidiger Penney und Miyaichi auf Höhe der Kieler Viererkette, wurde enorm viel Raum im Aufbau geschaffen. Teilweise agierte der FCSP aber nicht wirklich mit einer Dreierkette, wenn Himmelmann mit aus seinem Strafraum auf die rechte IV-Position rückte.

Das Aufbauspiel des FCSP in der ersten Halbzeit. Während Mats Möller Daehli sich konsequent auf die Außenbahn bewegt (vorzugswqeise rechts), rückt Himmelmann teilweise auf die RIV-Position. Dadurch konnten die Flügelverteidiger Penney und Miyaichi weit aufrücken.

Nur selten ließen sich Knoll oder Becker aus dem Sechserraum fallen. Knoll tat es meist, um in seinem Rücken Raum für Becker zu schaffen, der sich trotz recht enger Bewachung immer wieder freie Räume schaffte und aufdrehen konnte. Meist waren es aber die Aufbausituationen über die Flügelverteidiger, die besser funktionierten. Der FCSP überlud häufig die rechte Seite, indem Möller Daehli mit einrückte und so für gute Dreieckssituationen sorgte. Kiel versuchte diesem FCSP-Aufbauspiel mit einem 4-4-2 zu entgegnen. Doch durch die hohe Stellung der Flügelverteidiger und das Ausweichen von MMD auf die Außenbahnen, wurde nur sehr selten ein guter Zugriff für vielversprechende Umschaltsituationen der Kieler geschaffen.

Klares 4-4-2 auf Kieler Seite gegen St.Paulis Aufbauspiel in der ersten Halbzeit.

Es blieb in der ersten Halbzeit jedoch meist nur bei guten Ansätzen seitens des FCSP, wenngleich einige Durchbrüche vor allem auf der rechten Seite erzielt werden konnten. Bei Kieler Ballbesitz wurde in der ersten Halbzeit entweder ebenso in einem 4-4-2 agiert oder aber, und das ist quasi die ultimative Störung des Aufbauspiels, die Formation der Kieler wurde gespiegelt, indem alle Spieler in Manndeckung genommen wurden. Damit hatten die Kieler so ihre liebe Müh. Und da die Ansätze des FCSP in der ersten Halbzeit zwar vielversprechend, aber nicht zwingend genug waren (was vor allem an vielen abgeblockten Schüssen lag) und die Kieler nicht so richtig ihren Stiefel spielen konnten, blieb nur der bereits bekannte Abnutzungskampf: Viele lange Bälle, viel Druck auf die zweiten Bälle, aber eben immer mit einigen Gräten dazwischen.

Sicherlich ärgerlich für die Kieler, dass Sander, der im zentralen Mittelfeld agierte, bereits nach einer halben Stunde raus musste. Aber Schubert konnte diesen Wechsel für eine generelle Systemumstellung nutzen, die sich dann vor allem in der zweiten Halbzeit zeigte und zumindest chancentechnisch bezahlt machte. Mit Janni Serra brachte er nämlich einen zweiten Stürmer ins Spiel. Während das in der ersten Halbzeit dazu führte, dass Lee und Özcan sehr viel tiefer agierten, wurde in der zweiten Halbzeit das Kieler Zentrum quasi aufgelöst. Die beiden zentralen Spieler Mühling und vor allem Özcan ließen sich nämlich nun bei Ballbesitz auf die Positionen der Außenverteidiger fallen und die beiden Außenverteidiger rückten deswegen weit mit nach vorne. Punktuell setzte Innenverteidiger Hauke Wahl zu seinen bereits in der Vorsaison berüchtigten Vorstößen ins Mittelfeld an. Und aus der anderen Richtung setzten sich die Stürmer Serra und vor allem Lee immer wieder ins Mittelfeld ab. Ein richtig schickes Positionsspiel, dass Kiel da aufzog. Das stellte den FCSP vor einige Probleme und es führte dazu, dass Kiel eigentlich die gesamte zweite Halbzeit sehr dominant gestaltete. Der FCSP reagierte auch in der Halbzeit und machte aus einer Dreier- eine Viererkette. Das hatte aber sicherlich nicht nur taktische Gründe, denn Kalla war gegen Baku, zumal auch gelb-vorbelastet, echt auf verlorenem Posten (Nebenbei: Einfach krass das Scouting von Kiel; was für ein Hammer-Transfer dieser Baku ist!). Der FCSP brachte Lankford und mit ihm folgte die Umstellung auf ein 4-1-4-1, mit Miyaichi auf der rechten Abwehrseite, fast schon seiner neuen Stammposition. Das war ganz klar eine Reaktion auf das Tempo von Baku, dem nun Tempo entgegengesetzt wurde. Blöd nur, dass Kiel mit Atanga auf der anderen Seite ebenfalls massiv auf’s Tempo drückte.

Das Aufbauspiel von Holstein Kiel in der ersten Halbzeit (links): Der FCSP spiegelt das Spiel der Kieler, sodass nur wenig Optionen für Kiel bleiben. In der zweiten Halbzeit (rechts) agiert Kiel dann mit ansehnlichem Positionsspiel und wenig Zentrumsfokus, indem Özcan und Mühling hinten auf die AV-Position fallen, die Außenverteidiger dadurch sehr weit aufrückten.

Trotzdem gehen wir durch einen Kopfball von Lawrence in Führung (Standardtor!!!) und es fehlte nicht viel und der Kieler Torwart Reimann wäre auch noch mit ins Tor geflogen. Was ne Urgewalt! Die Kirsche auf der Sahne eines gelungenen Debüts. Der hat hinten echt ganz schön was weggeackert. Während Lawrence ein Debüt mit Kirsche erlebte, sah Penney leider was anderes Rotes. Die gelb-rote Karte war ziemlich ärgerlich, da so ein Ball-Wegschlagen bei bereits gesehener Gelber Karte echt nicht so die klügste Idee ist. Egal, zum Derby ist er dann wieder einsatzbereit und bis dahin hat er auch sämtliche Anpassungsprobleme überwunden, die gestern durchaus ersichtlich waren. Und hey, von der Stimmung am Millerntor darf auch gerne jeder überwältigt sein, der zum ersten Mal hier spielt.

Ich mag es selbst eigentlich überhaupt nicht schreiben, aber Kiel hätte sich eigentlich eher zwei Tore verdient. Bereits vor, aber besonders nach dem 1-0 hatte Kiel eine Reihe gut herausgespielter Chancen. Das davon keine das Ziel findet war schon echt bemerkenswert (und gut von Himmelmann). Das war sicherlich ne ganz schwierige Phase, in der Kiel den FCSP immer weiter in die eigene Hälfte drückte und nahezu jeden zweiten Ball gewann. Aber: Wir sind immer für dich da, FCSP! Klar, Dima bereitet das 2-0 echt richtig gut vor, den Scorerpunkt nehmen trotzdem Südkurve und Gegengerade im Wechsel entgegen (hier nochmal zum Nachhören). Achja, fällt mir gerade ein: Alles Gute zum Geburtstag Christian Conteh! Möge der Verein dir einen Profi-Vertrag schenken.

Nach dem 2-0 ist vor dem 2-0, dachten sich dann wohl alle Anwesenden auf dem Platz und spielten weiter als wäre nichts gewesen. Folglich musste es dann ja irgendwann auch mal klingeln. Es wäre ja auch viel zu langweilig gewesen, wenn wir stattdessen so ein Ding easymobisy nach Hause schaukeln.
Mit viel Kampf und wortwörtlich viel Krampf wurden die ersten drei Punkte der Saison eingefahren. Puh, die Erleichterung ob dieser Punkte war spürbar. Und so durften wir tatsächlich ein Lächeln über Jos‘ Gesicht huschen sehen. Es war nur eines von vielen gestern im Stadion. Und ich hoffe sehr, dass wir das noch häufiger diese Saison sehen werden.

//Tim

Bilder: Stefan Groenveld: Lauthals zum Sieg

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4 thoughts on “SaaaangT POW!-LEEEHEE!

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