Vorbericht: FC St. Pauli – Holstein Kiel (15.Spieltag, 20/21)

Vorbericht: FC St. Pauli – Holstein Kiel (15.Spieltag, 20/21)

Nur knapp 64 Stunden werden zwischen dem Abpfiff in Würzburg und dem Anpfiff des Spiels zwischen dem FC St. Pauli und Holstein Kiel am Millerntor liegen. Nicht nur deswegen wird es aus Sicht des FCSP eine verdammt schwere Aufgabe zu punkten. Denn Holstein Kiel ist eines der besten Teams der Liga.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Vorab: Während Ihr diesen Bericht lest, könnt Ihr Euch auch parallel das „Vor dem Spiel“-Gespräch in Euren Podcatcher laden, für den dann gleich folgenden Winterspaziergang. Bobby sprach mit mit Holstein-Fan Thore.

Eine einzige richtige Trainingseinheit hat der FCSP zwischen beiden Spielen gehabt. Am Donnerstag nach dem Spiel in Würzburg wurde hauptsächlich regenerativ gearbeitet und am Samstag ist dann, wenn überhaupt, frühmorgendliches Anschwitzen angesagt. Zur Vorbereitung auf das Spiel bleibt somit nur der Freitag. Das ist wenig.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Hat jemand noch ’nen Rechtsverteidiger übrig? Der FC St. Pauli könnte einen gebrauchen. Denn durch die Gelb-Sperre von Sebastian Ohlsson ist ein echtes Loch auf der Seite entstanden (wie und ob das geflickt werden kann, schauen wir uns später an). Ebenfalls gesperrt wird Marvin Knoll fehlen. Durch diese beiden Ausfälle stellt sich die Verteidigung komplett von alleine auf.

Gegen Kiel gesperrt und teils schmerzlich vermisst: Marvin Knoll und Sebastian Ohlsson
(c) Peter Boehmer

Zwar trainieren einige der länger verletzten Spieler schon wieder, aber weder James Lawrence, noch Luca Zander oder Jannes Wieckhoff, noch Christopher Avevor werden zur Verfügung stehen.
Zudem vermeldete Timo Schultz auf der Pressekonferenz vor dem Spiel, dass auch der Einsatz von Daniel Buballa fraglich sei. Die Luft ist dünn in der Defensive.

Gleiches gilt im Mittelfeld, wo weiterhin ohne Christopher Buchtmann und Ryo Miyaichi geplant werden muss. Zumindest bei Buchtmann ist aber Licht am Ende des Tunnels zu sehen, er trainiert wieder mit dem Team.
Einzig im Angriff kann Timo Schultz aus den Vollen schöpfen, wenngleich Guido Burgstaller sicher noch nicht bereit für die Startelf sein wird.

Holstein Kiel: Wer kann spielen, wer fehlt?

Etwas anders ist die Lage bei Holstein Kiel, wie Trainer Ole Werner auf der Pressekonferenz berichtete. Mittelfeldspieler Niklas Hauptmann fehlt aufgrund eines Infekts und Aleksandar Ignjosvki (gefühlt überall einsetzbar) wegen anhaltender muskulärer Probleme. Des Weiteren fehlt bereits seit längerem Noah Awuku (Achillessehnenriss).

Das war es auch bereits mit den verletzten Spielern. Alle anderen Spieler sind voll im Training. das ist natürlich sehr luxuriös.

Somit wird auch Fin Bartels wieder ans (leider leere) Millerntor zurückkehren. Der ist in nicht weniger als einer bestechenden Form, hat nach kurzer Anlaufphase mit 3 Toren und 4 Vorlagen maßgeblichen Anteil am aktuellen Erfolg der Störche und wird zurecht von WyScout als aktuell zweitbester offensiver Außen der Liga geführt.
(Und Ihr könnt für ihn beim Tor des Monats Dezember abstimmen.)

Leicht ergraut steht Fin Bartels vor der Rückkehr ans Millerntor.
(Alexander Scheuber/Getty Images/via OneFootball)

Was hat Holstein Kiel zu bieten?

Fünf Siege in Folge zum Jahresende: Holstein Kiel startete bereits gut in die Saison, aber die fünf Siege zum Jahresende ließen sie sogar auf Platz 1 ins neue Jahr rutschen. Die aufkommende Euphorie erhielt jedoch kürzlich einen Dämpfer: Gegen Osnabrück verloren die Störche mit 1-2 und dadurch auch Platz 1 in der Tabelle.

Trotzdem: Holstein Kiel ist eines der stärksten Teams der Liga. Aber anders als viele und auch ich dachte, ist es vor allem die Defensive, die das Team nach dort oben gebracht hat. Mit einem xG-Wert von knapp über 16 stellt Holstein Kiel die drittbeste Defensive der Liga. Das liegt zum Teil an meinem defensiven Lieblingsspieler der Liga: Hauke Wahl. Was das für ein Spieler ist, wow. Defensiv ziemlich kompromisslos und offensiv einer der besten Spielmacher der Liga.

Viel wichtiger für die funktionierende Defensive der Kieler sind aber die wenigen personellen Wechsel. Die Viererkette muss nur ganz selten verändert werden und sämtliche Spieler sind bereits länger im Klub. Die sind schlicht richtig gut eingespielt.

Holstein Kiel besticht aber besonders durch gepflegtes Kurzpassspiel (alle Daten von WyScout). Sie haben mit einigem Abstand die meisten Pässe der gesamten Liga gespielt, relativ kurze Ballhaltezeiten einzelner Spieler (Passing rate), aber relativ lange Ballbesitzzeiten bzw. erfahren relativ wenig Druck im Ballbesitz (nennt sich PPDA (Passes per defensive action)).

Ein starkes, eingespieltes Team: Holstein Kiel
(Alexander Scheuber/Getty Images/via OneFootball)

Das ist zwar alles schön und gut, aber Holstein Kiel ist alles andere als ein Über-Team und steht, ganz anders als zum Beispiel Greuther Fürth und der HSV, nicht ganz zurecht so weit oben. Denn sowohl bei den eigenen expected Goals (23 Tore bei xG von 17.7), als auch bei den gegnerischen expected Goals (13 Gegentore bei xG von 16.1) ist Kiel ein Überperformer und müsste mit 21 expected points eher im Tabellenmittelfeld liegen (21 statt 28 – der FCSP übrigens bei 18 statt 9!!!).

Und nicht zuletzt die 1-2 Heimniederlage gegen Osnabrück hat gezeigt, dass Holstein Kiel zwar ein eingespieltes und äußerst effektives Team sein mag, aber alles andere als unschlagbar ist.

Mögliche Aufstellung

Holstein Kiel dürfte wenig verändern in der Defensive und auch weiterhin mit der oben genannten Viererkette spielen. Auch Lee und Mühling zentral, sowie Bartels und Serra dürften gesetzt sein.
Einzig auf der rechten Seite, bei Joshua Mees (den ich übrigens gerne beim FCSP gesehen hätte), könnte es zu einem Wechsel kommen. Aber so richtig Ahnung habe ich von Kiel ja nun auch wieder nicht, daher kann auch alles ganz anders sein. Richten wir den Blick lieber auf die eigene Elf:

Es ist davon auszugehen, dass morgen Neuzugang Dejan Stojanović sein Debüt im Tor des FC St. Pauli geben wird. Timo Schultz wollte auf der PK zwar noch nicht sagen, wer im Tor stehen wird, aber sagte „Wenn wir Spieler in der Winterpause verpflichten, dann gehen wir davon aus, dass sie uns besser machen.“ – Entsprechend gehe ich davon aus, dass dies der Fall ist und Schultz nach Leistungsprinzip aufstellt.

Durch die Sperren von Ohlsson und Knoll wird es zwangsläufig zu einigen Änderungen in der Startelf kommen. Den Ausfall von Knoll hätte Timo Schultz noch relativ simpel mit Adam Dźwigała oder Daniel Buballa auffangen können. Allerdings lacht die Sperre von Ohlsson über diese Pläne.
Denn Timo Schultz muss sich fragen, ob er eine Vierkette mit zum Beispiel Dźwigała als Rechtsverteidiger aufbietet oder ob er von einer Viererkette abweicht.

Ich halte ersteres für wahrscheinlicher, aber rechne nicht damit, dass Buballa spielen wird. Stattdessen denke ich an Leon Flach als Rechtsverteidiger, der auch in Sachen Geschwindigkeit gut gegen z. B. Bartels spielen könnte. Timo Schultz brachte auf der PK vor dem Spiel neben Flach auch Lankford und Dźwigała für den Rechtsverteidiger ins Spiel. Dźwigała wird es nur, wenn Buballa fit ist und ihn im Zentrum vertritt. Lankford kann ich mir in einer Fünferkette vorstellen, aber nicht in einer Viererkette. In jedem Fall ziemlich kompliziert.

Davor rechne ich mit Afeez Aremu auf der Sechs. Timo Schultz gab auf der PK nur bekannt, dass Neuzugang Eric Smith nicht direkt nach nur einer richtigen Trainingseinheit spielen wird und wich der Frage nach der Sechs für morgen aus. Das wird aber sicher das letzte Saisonspiel sein, bei dem ein fitter Eric Smith nicht in der Startelf stehen würde.

Um es beim FCSP in die Startelf zu schaffen, muss man aber gar nicht so häufig mit dem Team trainiert haben: Ich rechne mit Omar Marmoush als Rechtsaußen. Daniel-Kofi Kyereh dürfte auf die linke Seite rücken und dort die Position von Max Dittgen übernehmen.

Rückt Omar Marmoush vom Transfermarkt direkt in die Startelf?
(c) Peter Boehmer

Zentral scheinen Becker und Benatelli, der in neuer offensiver Rolle in Würzburg tatsächlich überzeugte, gesetzt. Zurecht.
Bleibt noch das Sturmzentrum. Das wird wohl wieder Igor Matanovic besetzen. Simon Makienok hat gegen Würzburg leider so gar keine Eigenwerbung betrieben. Ich vermute sogar eher, dass Kyereh ganz vorne alleine aufgestellt wird und Dittgen dafür in die Startelf rutscht, als dass Simon dort spielen wird.

Allerdings: Gerade gegen die ballverliebten Kieler erscheint ein Fokus auf Umschaltsituationen sinnvoll. Und da würde sich eine Doppelspitze mit Makienok und Kyereh anbieten. Oder Kyereh als einzige Spitze. Ich habe doch auch keine Ahnung…

Es wird schwer, aber nicht unmöglich

Ich wende übrigens sämtliche mir zur Verfügung stehenden Methoden an, um mal wieder zu gewinnen. Vielleicht ist euch bereits aufgefallen, dass das Titelbild dieses Mal irgendwie so negativ daherkommt? Klarer Fall von fieser Masche: Denn ich habe keine Lust mehr in die Berichte nach dem Spiel so Bilder von hängenden Köpfen unserer Spieler zu packen und mache das jetzt einfach vorher. Dort, wo ich bisher immer was motivierendes gepackt hatte, ist jetzt ein Downer und am Samstag dann… ne?! Versteht Ihr? Das wird! Ganz sicher.

Auf der Pressekonferenz wurde Kiel-Trainer Ole Werner bereits gefragt, wie er seine Spieler gegen den FCSP motivieren kann, da sie ja als haushoher Favorit nach Hamburg reisen. Wenn solche Fragen FCSP-Trainern gestellt werden, dann endete das meist in einer epischen Klatsche. Machen wir das also auch mal so und hauen Kiel einfach 5-0 weg. Ehrlichgesagt nehme ich aber auch alles andere an Punkten sehr gerne mit.

Forza!

// Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

Print Friendly, PDF & Email

4 thoughts on “Vorbericht: FC St. Pauli – Holstein Kiel (15.Spieltag, 20/21)

  1. Ist schon der Wahnsinn, wenn man sich unsere mögliche Aufstellung so anguckt. Wer das alles nicht so intensiv verfolgt, kann mit vielen Namen gar nichts anfangen. Im Vergleich zum Derbysieg vor knapp über 10 Monaten wären bei deiner Aufstellung mit Becker und Benatelli gerade mal zwei Spieler in beiden Startaufstellungen dabei. Hoffentlich schaffen wir es über die nächsten Jahre auch mal ein eingespieltes Team zu bekommen. Aber immerhin kann sich Kiel dadurch nicht besonders gut auf uns einstellen.

    1. Ja, es wäre wirklich wünschenswert, wenn sich da mal personelle Konstanz auf allen Ebenen durchsetzen kann. Gerade Kiel zeigt, dass das Erfolg bringen kann (Schau mal wer da schon wie lange spielt, das ist schon richtig konstant).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert