Am Sonntag empfängt der FC St. Pauli die SpVgg Greuther Fürth am Millerntor. Ich führe es später im Text ein wenig genauer aus, aber schreibe es hier schon einmal runter: Dieser Gegner liegt dem FC St. Pauli nicht. Entsprechend wird es ein richtig schweres Stück Arbeit die drei Punkte am Millerntor zu behalten. Paradox ist auch, dass die beiden offensivstärksten Teams der Liga aufeinander treffen werden, ich aber nicht unbedingt ein echtes Spektakel erwarte.
(Titelbild: Peter Böhmer)
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Die Liste der Spieler, die sicher nicht gegen Fürth auflaufen können, ist ein wenig länger als zuletzt. Allerdings kann das auch einfach daran liegen, dass Timo Schultz auf der letzten Pressekonferenz nicht ganz so detailliert die Einsatzfähigkeit einiger Spieler beschrieben hat.
Christopher Buchtmann und Ryō Miyaichi fehlen weiterhin. Zwar sind beide voll im Training, aber noch nicht einsatzfähig. Ob das in dieser Saison noch was wird? Zwischendurch hatte ich gedacht, dass es noch passt, aber nun, vier Spiele vor Saisonende, scheint es doch eng zu werden. Wohl sicher nicht mehr in dieser Saison zum Einsatz kommen wird Christopher Avevor. Er ist der einzige Spieler, der auch auf dem Trainingsplatz nicht dabei ist.
Ausfallen wird gegen Fürth auch Sebastian Ohlsson, der noch Probleme mit dem Innenband hat. Voll belastbar scheint wieder Eric Smith zu sein. Aber da er erst am Freitag wieder richtig ins Training eingestiegen ist, scheint ein Einsatz am Sonntag ausgeschlossen. Denn Timo Schultz betonte auf der PK, dass nur Spieler auf dem Platz stehen werden, die „zu 100% fit sind„. Daher müssen wir wohl oder übel noch ein wenig länger auf Smith & Co verzichten.
SpVgg Greuther Fürth: Wer kann spielen, wer fehlt?
Auf der sehr kurzen Pressekonferenz vor dem Spiel berichtete SGF-Trainer Stefan Leitl aus dem Lazarett:
Mergim Mavraj, Emil Berggreen, Robin Kehr fehlen dem Team weiterhin. Des Weiteren könnte Innenverteidiger Paul Jaeckel ebenfalls fehlen. Eine Blessur aus dem Spiel gegen Braunschweig verhinderte bis Freitag die Teilnahme am Team-Training. Leitl gab sich aber zumindest optimistisch, dass er mit nach Hamburg fahren wird und setzte hinter der Personalie Jaeckel ein „kleines Fragezeichen„.
Was hat Fürth zu bieten?
Einen der besten Sportchefs der Liga, wenn es nach meinem Empfinden geht. Was Rachid Azzouzi in den letzten Jahren in Fürth mit einem sehr bescheidenen Budget geschafft hat, ist einfach klasse. So hat er aus einem Abstiegskandidaten von vor zwei Jahren eine richtig schlagkräftige Truppe geformt. An Arbeit mangelt es ihm auch in erfolgreichen Zeiten nicht: Bereits drei Stammspieler haben ihren Wechsel zur neuen Saison verkündet. David Raum und Paul Jaeckel wechseln in die 1.Liga (Hoffenheim und Union), Sebastian Ernst zieht es nach Hannover (alle ablösefrei). Auch weitere Verträge laufen im Sommer aus, sodass sich das „Titelfenster“ nach dieser Saison erstmal wieder schließen könnte und wohl einem abermaligen Neuaufbau weichen muss. Für einen Klub, der sich selbst als reiner Ausbildungsklub versteht nichts Neues, aber in Corona-Zeiten und ohne generierte Ablösesummen eine echte Mammutaufgabe.
Die Truppe, die Azzouzi zusammengestellt hat, kann sich aber richtig sehen lassen. Sie ist aus statistischer Sicht das Maß der Dinge der 2.Liga. Basierend auf den xG-Werten in den Top3 und defensiv ebenfalls dort zu finden. Daraus ergibt sich, dass Fürth nach xPoints aktuell das beste Team der Liga ist.
Das beste Team ist übrigens auch das jüngste: Mit einem Durchschnittsalter von 25,2 Jahren knüpft Fürth an seine traditionelle Kaderplanung an und setzt vornehmlich auf sehr junge Spieler.
Der Erfolg ist nicht nur an Platz 2 in der Tabelle messbar: Greuther Fürth gibt durchschnittlich pro Spiel die meisten eigenen Torschüsse ab und lässt auch die wenigsten gegnerischen Torschüsse zu. Diese Kombination, sowohl defensiv als auch offensiv Maßstäbe zu setzen, ist schon ziemlich selten für Fußballteams. Ich mache da keinen Hehl draus: Ich gönne Greuther Fürth den Aufstieg. Sehr sogar.
Entscheidend für das Spiel sind auch die wenigen Ballverluste, die Fürth produziert (drittwenigste der Liga). Das dürfte zum Teil auch daran liegen, dass Fürth zwar die viertmeisten Pässe der Liga spielt, aber die viertwenigsten langen Bälle, also vereinfacht gesagt, eher den einfachen Ball bevorzugt.
Den Grundstein für die erfolgreiche Spielweise legt aber die individuelle Klasse der einzelnen Spieler. Da wären zum Beispiel Branimir Hrgota, Havard Nielsen und Julian Green, die alle bereits zehn oder mehr Torbeteiligungen haben und laut kombinierter xG/xA-Statistik deutlich mehr aus ihren Möglichkeiten machen, als der Durchschnitt.
Gerade Hrgota sticht wirklich heraus in der Liga. Ein guter Dribbler (etwa sechs pro Spiel und mehr als die Hälfte erfolgreich), dazu mit vielen wichtigen Pässen (1.3 Schnittstellenpässe pro Spiel, 40% erfolgreich – Platz 5 in der Liga; ähnlich gut sind die Werte bei den Pässen, mit denen die gegnerischen Ketten überspielt werden (smart passes)).
Das Pass-Monster von Greuther Fürth spielt aber auf der Halbposition im Mittelfeld: Paul Seguin hat die beste Quote aller Zweitligaspieler bei den Schnittstellenpässen und bei den smart passes).
Auch die Außenbahnen sind richtig gut besetzt und voller Offensivdrang: David Raum schlägt die meisten Flanken der Liga und ist nach expected Assists auf Platz vier zu finden. Auf der gegenüberliegenden Seite schlägt Marco Meyerhöfer zwar deutlich weniger Flanken, aber liegt auf Rang sechs der xA-Tabelle. Kein Wunder, dass Raum und Meyerhöfer beide in den Top5 der Liga zu finden sind, wenn es um Torschussvorlagen geht.
Mögliche Aufstellung
Auf eine Prognose der Aufstellung verzichte ich. Die Mühe brauche ich mir einfach nicht machen, da ich so oder so meist kollossal daneben liege. Noch dazu hat Timo Schultz auf der PK angekündigt, dass es einige Wechsel geben wird. Welche das sind, kann natürlich nur gemutmaßt werden:
In der Innenverteidigung dürfte Philipp Ziereis wieder starten. Das würde ich nicht einmal als Mutmaßung betiteln, da gehe ich fest von aus. Weitere Veränderungen sind zu erwarten. Ich rechne mit Rico Benatelli auf der Sechs in der Startelf. Auch Maximilian Dittgen könnte wieder ins Team rücken. Allerdings bin ich mir da nicht sicher, welchen Stürmer er ersetzen könnte.
Weitere mögliche Veränderungen könnten im Mittelfeld passieren: Lukas Daschner könnte Daniel-Kofi Kyereh ersetzen. Nach seiner überzeugenden Leistung gegen Würzburg könnte Christian Viet auf einer der beiden Halbpositionen in die Startelf gespült werden.
Oder es kommt zu einer noch größeren Veränderung:
Auch Greuther Fürth spielt mit einer Mittelfeldraute, hat also gleich drei Spieler bei gegnerischem Ballbesitz im Mittelfeldzentrum. Spiele gegen solche Teams liegen dem FC St. Pauli nicht. Denn der Raum vor der gegnerischen Abwehr ist von zentraler Bedeutung für das eigene Aufbauspiel. Von diesem Raum wird es gegen Fürth nicht viel geben. Daher ist es auch denkbar, dass der FCSP die Formation komplett umstellt und sich mal wieder im 5-3-2 ausprobiert. Aber ehrlichgesagt habe ich keine Ahnung.
Ist ja aber auch egal in welcher Formation angetreten wird, den FC St. Pauli erwartet ein ganz schweres Spiel. Denn die SpVgg Greuther Fürth wird bis in die Haarspitzen motiviert sein, mit einem möglichen Aufstieg vor Augen. Nachdem der Vizestadtmeister am Donnerstag recht deutlich zeigte, dass er nicht aufsteigen möchte, wurden auch sofort ein paar Stimmen laut, dass der FCSP mit einer Niederlage gegen Fürth dem Nachbarn bei diesem Vorhaben doch ein wenig helfen könnte. Soweit wird es natürlich nicht kommen. Der FCSP schreddert einfach alles bis Saisonende nieder und wird dann selbst dafür sorgen, dass dem Vize-Stadtmeister beim Klassenverbleib geholfen wird.
Forza!
// Tim
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