The last Montagsspiel. Time to say: Verpiss Dich!

The last Montagsspiel. Time to say: Verpiss Dich!

Es ist vorbei. Am kommenden Montag wird zum vorerst letzten Mal ein Spiel der 2.Bundesliga an einem Montagabend ausgetragen. Mit dem Hamburger SV und dem 1.FC Nürnberg vollenden zwei Traditionsvereine der Liga in Stellingen jenes Kapitel, welches knapp 28 Jahre vorher nur ein paar Kilometer südöstlich seinen Anfang nahm. Wird jetzt alles gut? Nein, noch lange nicht, aber es ist Anlass genug, sich dieses unrühmliche Kapitel nochmals in Ruhe anzuschauen.

Wie alles begann

Ein Montagabend im Oktober 1993, Hamburg-St.Pauli, Millerntor. Das Stadion ist hell erleuchtet, der Rasen im gewohnten Matschgrün dieser Zeit – und in der 35.Minute schießt Uwe Wegmann den VfL Bochum mit 1:0 in Front, FCSP-Torwart Andreas Reinke ist geschlagen. In der 2.Halbzeit wechselt Seppo Eichkorn dann Markus Sailer für Holger Stanislawski ein und „Toni“ erzielt in der 67.Minute den 1:1-Endstand.
Dieses Spiel am 12.Spieltag war das erste „Montagsspiel“, welches das damalige Deutsche Sportfernsehen (DSF) live in die Haushalte übertrug. Zu jener Zeit war das noch ein Testballon und kein wöchentliches Event, erst am 15.Spieltag wurde dann mit VfL Bochum – Hertha BSC (3:1) das nächste Spiel gezeigt.

Das dritte Montagsspiel fand erneut am Millerntor statt, im März erzielte Dirk Zander das goldene Tor zum 1:0-Sieg gegen den SV Meppen. Auch die vierte Auflage gab es mit Beteiligung des FCSP, bei unseren Freunden von Hansa Rostock gelang durch ein Tor von Carsten Pröpper in der 77.Minute ein 1:0-Auswärtssieg.
Ratet mal, wo das fünfte Montagsspiel stattfand? Kooooorrekt, am Millerntor! Marcus Marin und Andreas Mayer trafen beim 2:1 gegen 1860 München.
Vor Saisonende wurden dann noch 1860 – Hertha und FC Homburg – 1860 übertragen, das war’s.
Sieben Spiele in der Saison, vier mit Beteiligung des FCSP – falls sich mal wieder jemand fragt, warum die Proteste gegen diese Spiele bei uns besonders ausgeprägt waren.

Die Proteste

Waren es 93/94 also nur einzelne Spiele, sah der TV-Vertrag dann ab der Saison 94/95 ein festes Montagsspiel im Spielplan vor – und die Proteste nahmen konkretere Formen an. Das DSF sah sich hier natürlich völlig zu Unrecht im Fokus, denn schließlich sollten die Fans doch froh über diese neue Aufmerksamkeit sein und es wäre ja auch toll für all die Werbepartner und überhaupt für all jene, die gerne ins Stadion wollen würden, es aber auch aufgrund der Entfernung nicht könnten, beispielsweise auch die Auswärtsfans. Bei den Vereinen fand dies durchaus Gehör, denn damals wurde noch für die einzelnen Spiele eine Prämie gezahlt.
Übrigens erschien ja 1993 erstmals auch der ÜBERSTEIGER und Ausgabe 2 gab es tatsächlich an jenem 18.Oktober, dem ersten Montagsspiel. Ich zitiere aus dem Vorwort:

[…] Zuguterletzt war die Verschiebung des heutigen Spiels gegen Bochum von Freitag auf Montag zugunsten der Live-Übertragung auf DSF Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen. Zum Einen stellen Montagsspiele eine unzumutbare Belastung vor allem der auswärtigen Fans dar, klare Sache. Zum Anderen sagt der Verein, kann man sich, hochverschuldet wie wir sind, die Fernsehkohle nicht entgehen lassen. Zwei für sich gesehen richtige Meinungen. Nur: Reißt das jetzt ein? Spielen wir demnächst um 6.45 Uhr für’s Frühstücksfernsehen oder wie oder was? Fragen über Fragen, schreibt uns Eure Meinungen dazu!

ÜBERSTEIGER Nr. 2 vom 18.10.1993, Vorwort

Und was das Allertollste an jener Zeit war: Die Leute schrieben tatsächlich Meinungen! Per Brief!!! Die Leserbrief-Rubrik des ÜBERSTEIGER war damals noch Tummelplatz echter Diskussionen und einer der Hauptprotagonisten jener Zeit war „Andre/Osnabrück“ (viele Grüße).
In Ausgabe 3 (3.12.1993) schreibt er dann zum Thema DSF:

[…] Hier hilft ein Boykott gar nix, weil dann der Verein erst Recht diese Einnahmequelle braucht. Vor allem, wenn der Verein sowieso ca. 12 Mio. Schulden hat. Gevatter Kommerz lässt grüßen. Wie wäre es z.B. mit geänderter Anstoßzeit? Sonntag, 16.00, 16.30 oder 17.00 Uhr? Oder den Sonntag total freihalten, bei einer Übertragung? Auf jeden Fall ist die Montagslösung für Gästefans total inakzeptabel. Vielleicht kann man ja im nächsten ÜS andere Meinungen hierzu lesen?! Gleichgültigkeit ist aber wohl total fehl am Platz.

ÜBERSTEIGER Nr. 3 vom 3.12.1993, Leserbrief von Andre/Osnabrück

Der ÜBERSTEIGER selber äußerte sich in der gleichen Ausgabe im Vorwort wie folgt:

Zu gerne hätten wir auch noch was über die absolut blöde DSF-Liveübertragung gebracht: Nicht nur, dass sie im peinlichen Vorbericht den Oberspekulanten Becker als typischen St.Paulianer hinstellten und all die mit uns gedrehten, inhaltlichen Sachen rausschnitten, nein, im Stadion hatten sie die Außenmikros offensichtlich nur vor der Bochum-Kurve befestigt.

ÜBERSTEIGER Nr. 3 vom 3.12.1993, Vorwort

Tja, die Außenmikros. „Mit Feedback beglücken“, nannte Wilko bei uns einmal die verbalen Äußerungen von Fans in Richtung Spielfeld und dies machten die FCSP-Fans jetzt in Richtung des Senders oft und lautstark. „Scheiß DSF!“ etablierte sich als Unmutsäußerung und sollte auch auf die Terminplanung des DSF später noch stärker Einfluss nehmen. In Ausgabe 4 des ÜBERSTEIGER wurde das dann schon deutlicher thematisiert:

Da haben sie das Spiel gegen Meppen doch auch noch auf Montag verlegt, um es live übertragen zu können. So sehr es uns ehrt (daß St.Pauli so attraktiv ist) und freut (daß der Verein eine zusätzliche Einnahme hat): Diese Verlegungen sind aus Fan-Sicht rigoros abzulehnen, da unsere Interessen erneut hinter kommerziellen Gesichtspunkten zurückstehen müssen. Montag ist nunmal kein Fußball-Tag. Ganz abgesehen von den vielen auswärtigen St.Pauli-Fans (und denen des Gegners!), die gerne ins Stadion gekommen wären, es zeitlich aber nicht schaffen. Der Fan-Laden, die Fan-Clubs und auch wir haben schon Schritte eingeleitet, um DSF zu überzeugen, von diesen Montags-Spielen Abstand zu nehmen. Wir werden sehen, ob’s was nützt.

ÜBERSTEIGER Nr.4 vom 7.März 1994, Vorwort

Überspringen wir ein Jahr, kommen wir zu Ausgabe 13 vom 9.April 1995:

Das Cover zeigt den (etwas verwehten) Protest vom Heimspiel zuvor gegen Fortuna Düsseldorf vom 27.März 1995. Das war in dieser Saison erst das zweite Mal, dass sich das DSF ans Millerntor traute. 80 mit Gas gefüllte Luftballons sollten mit Anpfiff von der Mitte der Gegengeraden an Schnüren hochsteigen, um die Hauptkamera zu stören.
Geiler Plan, eigentlich… aber Hamburger Wetter im März enthält leider zu viel Wind. In der gleichen Ausgabe veröffentlichte der ÜS dann aber auch eine Liste an Werbepartnern des DSF und forderte dazu auf, diese zu boykottieren. Und diese zeigte Wirkung.

Alle bekloppt – Die Medien drehen frei

Am Tag nach Erscheinen lag das Fanzine dann auch der DSF-Geschäftsleitung vor und eine solche Boykott-Liste trifft die Beteiligten ja wo es weh tut, am Geld – das konnte nun wirklich niemand wollen. Man bemühte sich um Schadensbegrenzung: Sven Brux, damals noch Fanbeauftragter und im Fanladen tätig, wurde vor dem Spiel beim 1.FC Nürnberg live und ungeschnitten interviewt und durfte seine Sicht darlegen – und ausgerechnet bei der anschließenden Live-Übertragung des Spiels gab es einen einstündigen Bild- und Tonausfall.

Am Folgetag klingelte dann die Sport-BILD im Fanladen durch und vermutete, die Fans des FCSP wären für die Störungen verantwortlich. Weitere zwei Tage später vermeldete dann das DSF selbst der Presse, man rechne bei der geplanten Übertragung des Spiels gegen Hertha BSC mit gewalttätigen Angriffen von St.Pauli-Fans auf Techniker und Ausrüstung, denn dies hätte Sven Brux nach dem Interview angedroht. Tatsächlich hatte Sven wohl nur im Gespräch mit einem Techniker gesagt, es wäre doch im Interesse aller, dieses Thema nun schleunigst zu lösen, „ehe es knallt“ und hatte dabei auch einige Anrufe erboster Fans im Fanladen erwähnt.
Wie zu erwarten war, passierte dann… nichts.

Der FCSP entschwand dann in die 1.Liga und erst in der Saison 97/98 musste man sich wieder selbst mit dem Thema beschäftigen. So kam es im Oktober 1997 zu einem meiner Lieblingscover:
(Ja, heutzutage würde man wohl von „Eltern“ sprechen.)

Wenn Ihr diese Ausgabe noch besitzt, nehmt Euch die Zeit den Hauptartikel zu lesen. Auf fünf Seiten breitet die Redaktion Zahlen, Daten und Fakten über die Übertragung aus, weist die einzelnen Einnahmeposten des Vereins mit so einem Spiel aus, stellt verlorene Zuschauereinnahmen gegenüber und vergleicht dies vor allem mit den Konsequenzen für den Stadtteil drumherum, die Kneipen etc., die bei einem Spieltag am Montag eben deutlich weniger Einnahmen haben als an einem Wochenendspieltag.
Der gesamte Artikel (fünf DIN A4-Seiten) ist aus meiner Sicht eine Sternstunde von Fanzine-Kultur und zeigt Sportjournalismus, wie er sein sollte.
Klar ist aber auch: So gut er recherchiert war, so wenig hat er de facto gebracht. Dafür brauchte es dann eben doch noch weitere 20 Jahre und Montagsspiele in der 1.Liga, doch dazu später mehr.

Immerhin: Beim DSF zeigten die Proteste zumindest indirekt Wirkung. Auch in den Folgejahren gab es kein Spiel, bei dem nicht Banner im Stadion präsentiert wurden oder so lautstark „Scheiß DSF!“ gegrüßt wurde, dass selbst darüber redende Kommentatoren oder heruntergedrehte Außenmikros es nicht mehr verbergen konnten. Mit der Konsequenz, dass der (medial ja weiter sehr attraktive) FCSP in der gesamten Saison 99/00 nur ein einziges Montagsspiel austragen musste – und dies auch noch auswärts. Keine Live-Bilder also vom Millerntor.

Selbst in der folgenden Aufstiegssaison gab es nur drei Montags- sowie ein Donnerstagsspiel mit dem FCSP im DSF, dafür aber den nächsten kleineren Skandal:
Sven Brux war inzwischen schon als Sicherheitschef beim Verein angestellt und „not amused“ darüber, was sich dann beim Heimspiel am 5.März 2001 gegen Borussia Mönchengladbach ereignete. Die „Passanten“ hatten eine Choreo mit Luftballons angekündigt, die dann einfach so in den Himmel aufsteigen sollten, weil… sieht schön aus. Nicht überzeugend? Nun ja.
Tatsächlich befanden sich an den mit Helium gefüllten Ballons Schnüre zum festhalten und die Berechnungen des Windes und der Größe der Ballons hatte man dieses Mal deutlich besser hinbekommen. Natürlich sollten die Ballons erst mit Anpfiff aufsteigen, um dem übertragenden Sender und den Ordnern möglichst wenig Gelegenheit zum reagieren zu geben.
Aber wie das halt so ist mit den lustigen Paulis, hörten viele nicht auf die Anweisungen und die Ballons stiegen teilweise viel zu früh auf. Das DSF drohte mit Übertragungsabbruch, der Ordnungsdienst schritt ein. Ordner machten sich also mit Messern(!) bewaffnet in der Gegengerade(!!) dazu auf, die Schnüre zu kappen – doch wenn das mit Choreo-Anweisungen lesen bei uns auch eher Glückssache ist, so kann man sich doch immer auf den Widerstand gegen Obrigkeiten „verlassen“. Es kam zu Handgreiflichkeiten und zum Glück wurde niemand ernsthaft verletzt.
Lasst es mich so formulieren: Hätte es damals schon Social Media gegeben, die Braun-Weiße Welt hätte für Wochen gebrannt.
Aber auch so wurde im Nachgang heftig gestritten, u.a. ging es darum, den Fangruppen Privilegien wie Arbeitskarten zu entziehen.

Zwei Monate später stiegen wir in Nürnberg in die 1.Bundesliga auf.
In dieser Zeit (2001) entstand auch Pro15:30 (hier ein Kommentar aus dem April 2001 im Tagesspiegel), inzwischen in ProFans umbenannt, bis heute eine wichtige Vernetzungsorganisation der Fanszenen hierzulande. Doch so ehrlich muss man auch sein, das Montagsspiel hatte sich mehr und mehr etabliert, es kamen neue Vereine in die Liga die eine Liveübertragung als Ehre empfanden, während sich der FCSP für ein Jahr nach oben verabschiedete – und kurz darauf für vier Jahre in die Regionalliga Nord. Der Widerstand war in der Folge zwar nicht gänzlich gebrochen, doch er wurde in den Folgejahren mehr und mehr zur lästigen Pflicht. Auch, weil andere Vereine oder Fanszenen deutlich weniger Interesse an derlei Protest zeigten. Es gab Aktionen wie den Stimmungsboykott, den auch unsere Fanszene über Jahre pflegte. Es wurde wahlweise auf jede optische Unterstützung verzichtet und/oder auch mal für die ersten zwanzig Minuten geschwiegen – doch wirklich erreichen konnte man zu diesem Zeitpunkt nichts mehr, mit der Zeit ergab man sich in sein Schicksal.
Wie also kam es zum (späten) Ende?

Interview mit Matthias Bettag (BAFF)

Im August 1993 wurde BAFF gegründet, damals noch als „Bündnis Antifaschistischer Fußball Fans“, 1995 nannte man sich aufgrund der Themenvielfalt in „Bündnis Aktiver Fußball Fans“ um – der Protest gegen Montagsspiele und die Zerstückelung des Spieltags blieb ein steter Begleiter.
Zum letzten Montagsspiel sprach ich mit Matthias Bettag von BAFF:

Hallo Matthias, knapp 28 Jahre Montagsspiele gehen am Montag vorerst zu Ende. Auch BAFF wurde 1993 gegründet – ist das jetzt wie ein Bannerklau und Ihr könnt Euch endlich beruhigt auflösen?

Ja, das Bild mit dem Bannerklau stimmt natürlich. Peinliche Sache, das. Aber wir waren darauf vorbereitet. Unsere zeitlich geschickt platzierte Kampagne mit der SuperLeague hat das Ende der Montagsspiele locker übertönt. Davon redet keiner mehr. Wir machen natürlich weiter. BAFF lässt gerade von externen Beratern evaluieren, wie wir unsere Profiabteilung in eine GmbH auslagern können. Dann wären Proteste gegen Dienstagsspiele der logische nächste Schritt.

Das klingt tatsächlich gut durchdacht.
Aber Spaß beiseite: 2017 wurde das Montagsspiel in der 1.Liga eingeführt, was nochmal zu einer Wiederbelebung der Proteste führte. Hatten die Fanszenen der 1.Liga das Thema bis dahin verschlafen? Und würde es die Montagsspiele Eurer Meinung nach in Liga 2 auch weiterhin geben, wenn es diese Veränderung nicht gegeben hätte?

Rückblickend kann man es dann wohl tatsächlich als „Glücksfall“ bezeichnen, dass es die 1.Liga getroffen hat. Dadurch bekam das Thema, welches man mit der Zeit in der 2.Liga nach über 20 Jahren resignierend mehr oder weniger akzeptiert hatte, nochmal eine neue und vor allem höhere Aufmerksamkeit. Es waren jetzt ganz neue Vereine betroffen und vor allem auch viel mehr Fans direkt, denn es sind in der 1.Liga einfach auch mehr Menschen im Stadion.
Außerdem muss man das auch von zwei weiteren Seiten im Kontext der zeitlichen Entwicklung sehen: Bei den Funktionären und den Fanorganisationen.
Als das Montagsspiel 1993 eingeführt wurde, wurde, wie du ja auch sagst, BAFF gerade gegründet. 2017 gab es da schon auf breiter Ebene einen viel höheren Organisationsgrad, sowohl in den jeweiligen Fanszenen als auch vereinsübergreifend, mit BAFF, ProFans, F_In und Unsere Kurve in Deutschland oder auch Football Supporters Europe (FSE) auf europäischer Ebene.
Und auch wenn bei den Funktionären noch viel im Argen liegt, so gibt es doch auch dort ein viel größeres Verständnis für Fanthemen als noch Anfang der 90er.
Die Verantwortlichen für die Einführung des Termins in der 1.Liga haben wahrscheinlich komplett die Wucht der Fans unterschätzt. Die Resignation über die Existenz der Montagsspiele bezog sich offenbar nur auf die 2.Liga und die Einführung in Liga 1 belebte die Proteste mit einem Schwung wieder, den wohl so niemand kommen sah. Gleichzeitig hat das Montagsspiel aber auch im TV nie die Akzeptanz erhalten, die man sich erhofft hatte und konnte so mit den neuen TV-Verträgen auch als Verhandlungsmasse recht leicht wieder hergeschenkt werden, ohne dass es wirklich jemandem weh tat.

Ab kommender Saison weicht die 1.Liga teilweise auf den späten Sonntag (19.30h) aus, die 2.Liga bekommt einen neuen festen Termin am Samstag um 20.30h. Dieser Termin ist sicher besser als der Montag – aber wartet TV-Deutschland wirklich so sehr auf diesen Termin, dass sich diese erzwungene Anstoßzeit rechtfertigen lässt?

Es liegt wohl im Auge des Betrachters, ob man das nun als „vom Regen in die Traufe“ oder „das kleinere Übel“ bezeichnet. Klar ist aber: Für den Großteil der Heim- als auch Auswärtsfans ist der Samstagabend sicher besser als der Montag. Er ist eher mit dem Freitag vergleichbar und für viele ist am Folgetag frei. Aber „besser“ heißt natürlich trotzdem lange noch nicht „gut“ und es bleibt damit natürlich beim Kampf gegen die Zerstückelung der Spieltage. Für die Fans der 1.Liga wurde ja der zusätzliche Spieltermin nicht abgeschafft, sondern „nur“ vom Montag auf Sonntag um 19.30h verlegt, es ergibt sich dadurch zumindest für die Rückreise fast die gleiche Problematik wie am Montag.
Und für die 3.Liga bleiben die Montagsspiele ja sogar komplett bestehen.
Um auf die Einstiegsfrage zurückzukommen: Das Banner wurde also nicht geklaut und für Fanorganisationen wie BAFF gibt es somit auch weiterhin viel zu tun.

Vielen Dank, Matthias.

Die Wende

Wie im Interview mit Matthias zu lesen, wurden zur Saison 2017/18 dann auch Montagsspiele in der 1.Liga eingeführt. Offiziell, um die EuropaLeague – Teilnehmer terminlich zu entlasten, die ja am Donnerstag spielen mussten und denen daher der Montag so sehr helfen würde.
Die Proteste bekamen jetzt eine neue, immense Wucht. Erinnert sei beispielsweise an die Tennisbälle der Fanszene von Eintracht Frankfurt im Spiel gegen RaBa Leipzig (auf dem Foto mit mehreren gelben Punkten in der Luft zumindest gut zu erahnen).

Februar 2018, Montagsspiel in Frankfurt
(c) nordphoto Bratic / via Imago Images / OneFootball

Das Thema wurde jetzt breit diskutiert, auch im Ausland bekam man die Proteste mit und die DFL fürchtete wohl um ihre „Marke“, um ihr Familienevent. Und so dauerte es nur noch bis zum Herbst 2018, ehe die DFL dann auch offiziell das Ende der Montagsspiele beschloss – und zwar gleich für die 1. und die 2.Bundesliga, mit Beginn des neuen TV-Vertrags ab 2021.
Wie von Matthias schon erwähnt, konnte man dieses Zugeständnis wohl auch ohne allzu schlimme Bauchschmerzen geben, denn wirklich angenommen worden war der Termin nicht, auch die TV-Anstalten werden ihn kaum vermissen.
25 Jahre Montagsspiele – endlich nähern sie sich ihrem Ende.

Und wie geht es weiter?

Die Montagsspiele sind also vorerst Geschichte. Oder doch nicht?
Nein, in der 3.Liga gibt es sie weiterhin. Die Telekom hält die Übertragungsrechte noch für die kommende Saison 21/22 und wird hier diesen dann noch viel exklusiveren Sendeplatz natürlich beibehalten.
Zumindest aber für die beiden Bundesligen ist das Ende erreicht. Die 2.Liga zieht auf einen komplett neuen Sendeplatz um, zukünftig wird es am Samstag um 20.30h ein Spiel geben, welches ab der kommenden Saison dann auch wieder live im Free-TV gezeigt wird (Sport1, der Nachfolgesender des DSF). Ob der asiatische TV-Markt jetzt wirklich auf Heidenheim gegen Aue nachts um drei gewartet hat, sei mal dahingestellt, zumindest ist der Termin aber für Auswärtsfans mit weniger Urlaubstagen verbunden als der Montag.
Die bisherigen Erstligaspiele am Montag waren ja offiziell eingeführt worden, um die EuropaLeague-Teilnehmer zeitlich zu entlasten. Die neue Conference League spielt zeitgleich mit der Europa League, drei Vereine der Bundesliga werden beteiligt sein, es wird also zukünftig Spiele am Sonntag um 19.30h geben, der 13.30h-Termin fällt dafür weg.
Ob die Übersteiger-Redax im Oktober 1993 das alles auch nur im entferntesten geglaubt hätte, wenn man ihr das alles so prophezeit hätte?

Wer sich für die sportlichen Statistiken des FCSP bei diesen Montagsspielen interessiert, sei auf die Vereinshomepage verwiesen.
// Maik

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7 thoughts on “The last Montagsspiel. Time to say: Verpiss Dich!

  1. Am vorausberechneten Tag der Geburt meines Sohnes, dem 18.10.1993 fand das Spiel Sankt Pauli gegen Bochum am Millerntor statt, und selbstverständlich ging ich ins Stadion. Handys gab es damals noch nicht, also begab ich mich zur Sicherheit noch vorher zu Rainer Wulf in die Sprecherkabine, der mir seine Telefonnnummer gab, damit meine Frau dort für den Notfall hätte anrufen können. Dann im Spiel die Durchsage: „Herr (…) möge sich bitte auf den Weg machen…“, Stadiongesänge: „Jetzt geht’s lo-hos“, Fahrrad hat einen Platten, U-Bahn fällt aus, Taxis stehen alle am Flughafen, das Kind muss alleine auf die Welt kommen, wird deswegen krumm und schief, usw., das volle Programm.
    So jedenfalls der Plan, an den sich mein Sohn dankenswerterweise so ganz und gar nicht gehalten hat.
    Jetzt lese ich bei bei euch, dass dieses Spiel auch unter einem weiteren Aspekt ein historisches war, weil es das erste Montagsspiel überhaupt war. Am kommenden Montag beendet nun endlich die Missgeburt der Montagsspiele ihr Dasein, während die damals genau eine Woche später erfolgte Frohgeburt voll im Saft und in normalen Zeiten inzwischen alle vierzehn Tage in der Gegengeraden steht. Ihrem Erzeuger bereitet sie fast so viel Freude wie die mit der Geburt einsetzende Serie von 18 ungeschlagenen Spielen, darunter ein 1:0 in Rostock.
    Nachtrag: das Tor von Toni Sailer zum 1:1 fiel in der 67.Minute. Ich war also wahrscheinlich Bier holen, weil ich IMMER in der 66.Minute Bier hole.

  2. Schöner und interessanter Artikel. Danke!
    Sogar das Hamburger Abendblatt erwähnt euch und das Übersteiger Cover aus 1997 heute.

  3. Och schade…

    …schade, dass die Montagsspiele nun vorbei sind. Ich bin zutiefst egoistisch und mir kamen diese Spiele in der zweiten Liga gerade recht. Muss ich doch wochentags bis 18h und sonnabends bis 14h arbeiten. Und wann ist Anpfiff am Freitag, am Sonnabend? Genau, von meiner Arbeitsstelle nicht zu schaffen, was mich gar dazu bewog, meine Dauerkarte abzugeben.

    Ich Idiot…!

    Schöner Bericht, wie so viele von Euch. Und klar, Montagsspiele waren kacke, sind kacke und werden immer kacke bleiben.

    Alles Gute für Euch, macht weiter so

    Beste Grüße,

    Volker

    1. Ja, Volker, ich kann das gut verstehen. Mit einem Arbeitsplatz in Stadionnähe (wenn nicht grad Pandemie ist) waren die Montags(heim)spiele für mich (subjektiv und egoistisch) terminlich auch gar nicht so schlimm.
      Aber mit dem etwas neutralerem Blick sind sie halt ganz große Scheiße – und da sind wir uns ja auch alle einig.
      Danke Dir!

  4. Sehr guter Artikel, danke.

    Ich hatte im Kopf, dass nach dem Boykottaufruf im Übersteiger vom 9.April 1995 die Montagsspiele tatsächlich ausgesetzt wurden für die restliche Saison und dann erst nach unserem Aufstieg wieder angesetzt wurden.
    Hmm, ich werde wohl alt…
    Auf jeden Fall schön dass die Montagsspiele wenigstens für die ersten beiden Ligen vorbei ist.

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