Der FC St. Pauli tritt am Samstagabend bei Schalke 04 zum ersten von hoffentlich zwei Endspielen im Aufstiegskampf an. Die Gastgeber sind Spitzenreiter und könnten unter Umständen mit einem Sieg direkt aufsteigen. Aber auch der FCSP hat, trotz fünf sieglosen Spielen in Serie und einigen Coronafällen im Team, große Lust auf das Spiel in Gelsenkirchen, wie Timo Schultz erzählt.
(Titelbild: Peter Böhmer)
Hört zur Vorbereitung auch gerne das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Yannick mit Anne an.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Einmal tief Luftholen, dieser Abschnitt wird leider sehr lang. Es gibt im Kader drei langzeitverletzte Spieler, die ausfallen werden: Christopher Avevor (der am Montag beim Reha-Training an der Kollausstraße war), Jannes Wieckhoff und Sebastian Ohlsson. Zudem fehlen auch Guido Burgstaller und Eric Smith (beide mit Muskelverletzung). Des Weiteren wurden insgesamt zehn Spieler positiv auf das Coronavirus getestet. Wer es genau ist, hat der Verein, abgesehen von Philipp Ziereis, nicht kommuniziert. Am Montag und Dienstag fehlten, zusätzlich zu den verletzten Spielern, folgende Spieler beim Training, was die Gruppe der Infizierten stark eingrenzt:
- Nikola Vasilj
- Lars Ritzka
- James Lawrence
- Finn Ole Becker
- Etienne Amenyido
- Maximilian Dittgen
- Lukas Daschner
- Adam Dźwigała
- Niklas Jessen
Ja, das sind neun Spieler auf der Liste und zusammen mit Ziereis könnten das die zehn Spieler sein, die positiv getestet wurden. Aber es könnten eben auch andere Spieler sein, Burgstaller und Smith zum Beispiel, die nahe am Team waren kurz bevor die Fälle aufgetreten sind.
Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel erzählte Timo Schultz, dass von den positiv getesteten Spielern theoretisch alle noch am Donnerstag aufgrund der neuen Quarantäne-Regeln wieder ins Training einsteigen könnten. Er betonte aber zugleich, dass das Ende der Quarantäne nicht bedeutet, dass die Spieler auch genesen sind und erst recht nicht, dass diese dann direkt spielfähig seien. Eine Entscheidung darüber, wer dieser Spieler für den Kader auf Schalke eine Option sein kann, ist noch am Donnerstag nach dem Nachmittags-Training, auch in Verbindung mit medizinischen Untersuchungen, gefallen. Ich bin sehr gespannt, ob und wenn ja, welche Spieler es in den Kader schaffen, rechne aber für diesen Vorbericht erst einmal mit keinem einzigen.
FC Schalke 04: Wer kann spielen, wer fehlt?
Sehr viel besser sieht die personelle Situation beim FC Schalke 04 aus, wie Mike Büskens auf der Pressekonferenz erzählte: „Wir haben einen vollbesetzten Kader, der voller Vorfreude in die letzten beiden Spiele geht.“. Den Satz hätte ich auch gerne auf der FCSP-PK gehört.
Das bedeutet auch, dass die zuletzt angeschlagenden Malick Thiaw und Thomas Ouwejan wieder eine Option für einen Einsatz sind. Büskens sagte, dass beide unter der Woche wieder voll ins Team-Training eingestiegen waren.
Was hat Schalke zu bieten?
Anderes, als noch in der Hinrunde. Der FC Schalke 04 hat sich trotz eines qualitativ enorm starken Kaders zu Saisonbeginn schwer getan in der 2. Bundesliga. Das ist nichts Neues, denn viele Absteiger, die personell viel verändern vor Saisonbeginn tun sich in der Hinrunde schwer. Da sind dann auch klare Parallelen zum anderen Absteiger, Werder Bremen, zu erkennen, die sich ebenfalls nach holprigen Beginn zu richtig guten Leistungen aufgeschwungen haben. Auch Schalke 04 hat sich gefangen und aktuell als Spitzenreiter der Liga die beste Ausgangsposition im Aufstiegskampf.
Aufstieg dank Büskens?
Der Grund für diesen enormen Aufschwung stellt eine weitere Parallele zu Werder Bremen dar: Der Trainerwechsel. Nach dem 3:4 zuhause gegen Hansa Rostock Anfang März wurde Dimitrios Grammozis entlassen. Mike Büskens übernahm seinen Posten und der S04 konnte seitdem sechs von sieben Spielen gewinnen und sich so vom sechsten bis auf den ersten Tabellenplatz vorarbeiten. Timo Schultz betont vor allem die emotionale Komponente, die sein Trainer-Kollege eingebracht hat:
„Mike Büskens steht für eine gewisse Art der Begeisterung und den Verein. Ich glaube, dass er es gerade in den ersten ein-zwei Spielen geschafft hat die Mannschaft an den richtigen Stellen zu packen, das ein oder andere Rädchen zu drehen, um dann das Quäntchen Glück auf seine Seite zu ziehen. Dann hat die Mannschaft von Spiel zu Spiel mehr Selbstvertrauen und mehr Selbstverständnis in die eigenen Aktionen bekommen.“
Timo Schultz über den Einfluss seines Schalker Trainer-Kollegen.
Sechs Siege aus sieben Spielen – das ist schon eine sehr ordentliche Serie und wir werden gleich noch dazu kommen, was sich unter Büskens verändert hat. Erstmal muss ich aber etwas ernüchtert an das Hinspiel erinnern. Der FC St. Pauli tütete damals mit einem 2:1-Heimsieg die Herbstmeisterschaft ein und grüßte mit acht Punkten Vorsprung auf den vierten Platz von der Tabellenspitze. Seitdem hat Schalke (damals Platz sechs) 14 Punkte auf den FCSP gut gemacht und liegt nun entsprechend fünf Punkte voraus.
Der Wechsel auf der Trainerbank hat auch maßgeblichen Einfluss auf sämtliche Saison-Statistiken. Denn Büskens hat die Formation umgestellt, ist von der zuvor gespielten Dreierkette abgerückt und lässt sein Team stattdessen in einem 4-2-3-1 oder einem flachen 4-4-2 auflaufen („Erstmal ist es für uns gut, dass sie nicht mehr mit einer Dreierkette spielen“ war die spontane Antwort von Timo Schultz auf die Frage nach den Unterschieden der Formationen). Beide neuen Formationen unterscheiden sich aber nur marginal voneinander, denn es kommt dabei auf die Positionierung von Marius Bülter an (ob er neben Simon Terodde oder leicht abgesetzt hinter ihm spielt).
Diese Formationen unter Büskens seien zwar neu, aber Schultz betonte, dass das Team weiterhin „von ihren Flanken und ihren Außen“ lebe. Die größte Gefahr entwickle das Team weiterhin nach Standards und Flanken, auch aus dem Halbfeld. Trotzdem gibt es auch Unterschiede: So gibt es laut Schultz nun „etwas mehr Präsenz im Mittelfeldzentrum„, was dem Team dank spielintelligenter Kicker wie z.B. Danny Latza enorm weiterhelfe.
Enorme individuelle Qualität
Nicht nur Latza, Timo Schultz hob die individuelle Qualität im gesamten Schalker Kader hervor („die haben schon ne gute Band da zusammen„), betonte, dass das Team gespickt sei mit Nationalspielern und über viel Erstliga-Erfahrung verfüge. Schauen wir uns den Kader also einmal genauer an:
Natürlich konzentriert sich das Offensivspiel von Schalke 04 klar auf ihren Zielspieler: Simon Terodde. Der inzwischen 34-jährige ist seit Wochen wieder in Topform, hat in den letzten fünf Spielen acht Tore erzielt und ist mit insgesamt 31 Torbeteiligungen (27 Tore, vier Vorlagen) an fast der Hälfte aller Schalker Tore (insgesamt 67) beteiligt. Zusammen mit Marius Bülter (zehn Tore, zwölf Vorlagen) hat Schalke ein enorm starkes Angriffs-Duo. Beide Spieler seien laut Schultz zwar „wuchtig„, agieren aber trotzdem sehr unterschiedlich auf dem Platz. Terodde ist ein klarer „Strafraumspieler„, der „eine gewisse Torquote garantiert“ und Bülter jemand, der „sich auch mal Außen rumtreibt und sich die Räume sucht„, führt er aus.
Im Hinspiel fehlten Bülter und Terodde und man darf gespannt sein, ob der FCSP die Schalker Offensive mit diesen beiden Spielern wieder so gut in den Griff bekommen wird. Diese Aufgabe dürfte ungleich schwerer sein.
Wirklich viel besser geworden als noch unter Grammozis sind aber zwei andere Spieler: Ko Itakura, der in neuer Position auf der Sechs zu gefallen weiß (Schultz: „Ein Spieler, der eigentlich für die zweite Liga zu schade ist.„) und Rodrigo Zalazar, der, wie auch schon letztes Jahr beim FCSP, in der Rückrunde nochmal ein gehöriges Stück stärker geworden ist.
Besonders Zalazar müssen wir uns da ein bisschen genauer anschauen. Seit Mike Büskens Trainer ist, hat er fast den größten Anteil an der erfolgreichen Offensive des S04. Er hat in dieser Zeit die meisten Offensivduelle aller Schalker Spieler gewonnen, die meisten Torschussvorlagen gegeben, die meisten Dribblings geführt und gewonnen und ist allgemein an enorm vielen Offensivaktionen beteiligt, obwohl er nur rund zwei Drittel der Spielzeit auf dem Platz stand. Zwei Tore und drei Vorlagen hat er unter Büskens beigetragen und wir wissen sicher alle, wie schwierig es für Gegenspieler ist, einen freidrehenden Zalazar zu verteidigen.
Aber bevor wir uns hier nur auf die Offensive konzentrieren: Schalke 04 stellt, bezogen auf die gesamte Saison, eine der besten Defensiven der Liga. Ich wähle hier aber extra einen etwas umständlich eingebauten Nebensatz, da ich diese Statistik nicht mehr für so ganz aussagekräftig in Bezug auf die aktuelle Spielweise von Schalke 04 erachte. Denn auffällig ist, dass das Team unter der Leitung von Büskens mehr gegnerische Torschüsse als vorher zulässt. Timo Schultz möchte in diesem Fall nicht von einer „großen Schwäche“ sprechen, betont aber auch, dass Schalke 04 mehr Großchancen als der FCSP zulasse und, dass man das Schalker Spiel gegen Werder Bremen (1:4) als „Blaupause“ nutzen könne.
Mögliche Aufstellung
Es dürfte auf Seiten von Schalke 04 eher wenig Grund für Veränderungen im Kader geben. In der Viererkette sind aber zwei Veränderungen denkbar: Wenn Thomas Ouwejan und Malick Thiaw wieder einsatzbereit sind, dann dürften sie auch wieder in die Startelf zurückkehren. Sie würden dann höchstwahrscheinlich Kerim Calhanoglu (linke Abwehrseite) und Florian Flick (defensives Mittelfeld) ersetzen. Flick müsste in diesem Fall dann wohl für Ko Itakura weichen, der zuletzt gegen Sandhausen in der Innenverteidigung spielte, aber, wie auch von Schultz erwähnt, auf der Sechs seine Stärken noch besser ausspielen kann.
Zudem ist zu erwarten, dass Dominick Drexler nach seiner Gelbsperre wieder in die Startelf zurückkehrt und dadurch Darko Churlinov von der rechten Außenbahn auf die Bank verdrängt.
Viele Fragezeichen beim FCSP
Beim FC St. Pauli habe ich jetzt einmal eine Startelf aus den Spielern gebastelt, die Dienstag am Team-Training teilnahmen. Sollten da keine weiteren Spieler aus der Quarantäne zurückkehren, dann ist der Kader an der einen oder anderen Stelle sicher etwas sehr dünn besetzt. Im Angriff zum Beispiel gäbe es hinter dem Duo Matanovic/Makienok keinen Ersatz, da Burgstaller, Daschner, Amenyido und Dittgen zuletzt fehlten. Gleiches würde auch für die gesamte Viererkette gelten, da Avevor, Lawrence, Ziereis, Jessen, Ritzka, Wieckhoff und Dźwigała fehlten.
Sollten keine oder nur sehr wenige Spieler, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, am Samstag einsatzbereit sein, dann dürften die U23- und U19-Spieler, die unter der Woche Teil des Trainings waren, im Kader für das Spiel landen. Es bleibt also sehr spannend, wer von den Spielern mit dem Bus nach Gelsenkirchen fahren wird.
Come on, FCSP, be a Partycrasher!
Keine Frage, das Spiel ist für beide Teams enorm wichtig. Immerhin geht es um nicht weniger als den Aufstieg in die Bundesliga. Damit das bereits am Samstag für Schalke gelingt, muss das Team nicht nur gewinnen, sondern auch auf einen Punktverlust von Darmstadt am Freitag in Düsseldorf hoffen. Darauf hofft der FC St. Pauli natürlich auch, möchte aber zusätzlich als Party-Crasher im Einsatz sein und Schalke eine mögliche Aufstiegsfeier vermiesen. Ich nehme beides: Punktverlust von Darmstadt und Auswärtssieg des FCSP.
Forza!
// Tim
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Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.
Hab mir mal die verbliebenen Lizenzspieler markiert & versucht,
daraus noch ein schlagfertiges Team zu bauen. Da das ja quasi ein
allerletztes Knockout-Match für SP ist, würde ich eher defensiver
als sonst agieren. Wichtig wäre ja erstmal nur ein Sieg, drei Punkte
gibt es auch für ein 1-0 oder 2-1. Die Startformation sieht man ja,
leider hab ich aber keinen Überblick bezüglich der U23, weil mich
dieses Jahr allein schon der Modus der RL Nord abgeturnt hat.
Auf dem Schirm hab ich aber noch die Nachwuchsspieler Jessen
und Brandt (beide Mittelfeld). Ansonsten sind mir noch Park (RV),
Bednarczyk (RV), Loubongo (RA) und Dursun (ST) von der zweiten
Mannschaft ein Begriff. Ein spielfähiger Eric Smith wäre natürlich
Gold wert. Ein Knoll täte uns jetzt bestimmt auch gut, wäre er nicht
transferiert worden.
Depth Chart/Startelf vs. S04:
TW Smarsch
————–
LV Buchtmann/Benatelli
IV Medic /Benatelli
IV Beifus
RV Zander
————–
LM Kyereh /Paqarada
ZM Hartel
ZM Aremu/Benatelli
ZM Irvine
RM Paqarada /Kyereh
—————
ST Makienok / Matanovic /Medic
Buchtmann/Benatelli als dauerhafte LV ist natürlich gewagt, aber Du meinst das Positionsspiel, welches sie gegen den FCN zeigten, oder? Defensiv würde ich sonst mein Veto einlegen 😉
Die Abwehr stellt sich diesmal ja quasi allein auf. Buchtmann =
LV/LWB: Hab es mal bei FIFA22 probiert, hat funktioniert. War
der gg. FCN nicht auch schon mehr defensiv auf links aktiv?
Buchti als LV wäre dann der nächste Schritt. Außerdem gibt es
ja kaum Alternativen (max. Park vllt.), obwohl ich gar nicht weiß,
ob der fit ist…
S04 startete zuletzt ja im 4231 od. 442 (do6), da könnte ein
451/433 recht sinnvoll sein, zumal S04 wahrscheinlich eh die besseren
Individualisten im Kader hat. Außerdem nimmt es etwas Paqarada
und Kyereh aus dem Fokus. Auch Makienok/ Matanovic müssten
endlich mal zeigen, zu was sie als MS wirklich in der Lage sind.
Benatelli ist ansonsten sehr erfahren und ballsicher – das kann ein
Team eigentlich immer gebrauchen, wir heute abend soundso.
Wird spannend. Man könnte ähnlich wie Schalke agieren und defensiv ein 4-5-1 mit zentral Simon und Matanovic, der die rechte Seite verstärkt, so dass Irvine als 2. Sechs noch mehr ins Zentrum rückt. Die rechte Seite ist die umkämpfte Seite defensiv. Da wird Schalke vorstossen und Zalazar ist dann ja auch ein Spieler, der den Raum bespielen kann.